Mit Picknick auf dem Eis erschien von
Andrej Kurkow erstmals ein Buch in deutscher Sprache. Es wurde (wie vorher schon in der
Ukraine
und in Russland) ein außergewöhnlicher Erfolg. Medien und Leser sind hingerissen.
Ich auch.
Andrej Kurkow, 1961 in
Leningrad geboren, wuchs in
Kiew
auf, wo er am Fremdspracheninstitut neun Sprachen lernte; er wollte
Diplomat werden, was ihm aber mangels Beziehungen nicht gelang. Nach dem
Studium arbeitete er kurz als Herausgeber einer Ingenieurszeitschrift,
bis er den Chefredakteur bei einem Plagiat erwischte. Es folgte der
Militärdienst, den er als Gefängniswärter im Gefängnis von Odessa ableistete. Danach wurde er
Kameramann, bis er selbst Drehbücher zu schreiben begann, nach denen bisher
siebzehn Filme gedreht wurden. Doch besonders als Schriftsteller
ist Kurkow bekannt geworden. Neben vielen Erzählungen schrieb er bisher vier Kinderbücher und
acht Romane. (Schon als Siebzehnjähriger war er mit seinen
Kurzgeschichten zum Vorlesen bei Hochzeiten und anderen Festen
eingeladen worden.) Die Medien feiern Picknick
auf dem Eis als unwiderstehlich komisch und spannend, als zauberhaftes, poetisches Buch zwischen "Don Quijote" und "Schwejk", Tucholsky
und Kafka. Die "Kiewer Nachrichten" nennen es "das professionellste Werk, das seit einigen Jahren bei uns erschienen ist", der Londoner
"The Guardian" nennt
Kurkow "einen der interessantesten russischsprachigen Schriftsteller, die heute leben". Das ist er ohne Frage - trotz
Pjotr Aleschkowski,
Viktor Pelewin,
Ljudmila Ulitzkaja,
Viktor Jerofejew...
Kurkows Held heißt Viktor. Von seiner Freundin verlassen, lebt er zusammen mit dem
depressiven Königspinguin Mischa - der Kiewer Zoo hatte alle Tiere
verschenkt, die er nicht mehr ernähren konnte. Die "beiden Einsamkeiten" leben in trauter Zweisamkeit zusammen. Viktor ist ein Schriftsteller,
der zwischen journalistischen Versuchen und kleinen Prosaarbeiten stecken geblieben ist. Von seinen Kurzgeschichten kann er nicht leben, Mischa
auch nicht. Was tun im Kiew der Neureichen und der
Mafia? Eines Tages bietet ihm der Chefredakteur der "Hauptstadtnachrichten" eine gut
bezahlte, streng vertrauliche Arbeit an. Viktor soll Nekrologe schreiben über Leute in verantwortungsvollen Positionen - die noch nicht
gestorben sind. Viktor macht sich an die Arbeit, sie macht ihm sogar Spaß. Endlich der erste Tote, und Viktors brillanter Nachruf erscheint.
Dann geht es Schlag auf Schlag - Beerdigung folgt auf Beerdigung.
Eine Planwirtschaft des Todes?
Viktor wird angst und bange, aber er steckt schon zu tief drin. Wie er - der inzwischen sozusagen über Nacht zu einem vierjährigen Kind gekommen
ist und zu einer Geliebten, die keineswegs die Mutter dieses Kindes ist - sich obergeschickt aus dem Staub macht, dass ist schon eine Lobeshymne
auf den Autor wert.
Zu einer Lesung, organisiert von der Pankower Buchhandlung SAAVEDRA, waren viele begeisterte Leser Kurkows gekommen, die schon lachten, wenn er
den Gedanken noch gar nicht zu Ende gelesen hatte - übrigens in Deutsch, dass er nach eigener Aussage in knapp vier Wochen beim Goethe-Institut
als zehnte Fremdsprache erlernte. Auf Mischa, den Pinguin, angesprochen, sagt der sympathisch-verschmitzte Kurkow: "In fast jedem meiner Bücher
spielt ein Tier mit, in meinem ersten Roman ist es eine Ratte." Angesprochen auf seine humorvoll-realistische Art, über die fürchterlichen
Machenschaften der gefürchteten
Mafia zu schreiben, antwortet er: "Ich bin realistisch-surrealistisch und liebe den schwarzen Humor. Ja, so bin ich."
Beeindruckend, wie Kurkow, oft in Nebensätzen, vom Wirtschaftselend
erzählt, von der Korruption, vom listigen Kampf ums Überleben, vom
Antisemitismus. Da ist zum Beispiel der Revierpolizist, der zwar
Stepanenko heißt, sich aber Fischbein nennt. Er hatte sich auf dem
Papier zum Juden gemacht, weil er emigrieren wollte. "Dann habe ich
erfahren, wie die Emigranten im Ausland leben", vertraut er Viktor bei
einem Abendessen an. Nämlich miserabel. "So habe ich beschlossen, hier
zu bleiben, und um als Jude nicht unbewaffnet rumzulaufen, bin ich zur
Polizei gegangen."
Zwei weitere Romane von Andrej Kurkow werden gegenwärtig ins Deutsche übertragen. Die Ansprüche der Medien und Leser sind nach seinem Erstling in
deutscher Sprache außerordentlich hoch. Man darf gespannt sein.
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- Swetlana Alexijewitsch, Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft.
- Ljubko Deresch, Kult.
- Ljubko Deresch, Die Anbetung der Eidechse oder Wie man Engel
vernichtet.
- Merle Hilbk, Tscherrnobyl Baby. Wir wir lernten, das Atom zu lieben.
- Wladimir Jaworiwski, Maria mit der Wermutspflanze. Roman um die
Havarie von Tschernobyl.
- Igor Kostin, Tschernobyl. Nahaufnahme.
- Wladimir Kaminer, Die Reise nach Trulala.
- Wladimir und Olga Kaminer,
Küche totalitär. Das Kochbuch des Sozialismus. Darin: Ukraine.
- Andrej Kurkow, Petrowitsch.
- Andrej Kurkow, Ein Freund des Verblichenen.
- Andrej Kurkow, Herbstfeuer. Erzählungen.
- Andrei Kurkow, Myzelistan.
- Marina Lewycka, Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch.
- Alexander Pjatigorski, Erinnerung an einen fremden Mann.
- Reiner Riedler, Ukraine.
- Günter Rosenfeld (Hrsg.), Skoropadskyj, Pavlo. Erinnerungen 1917 bis 1918.
- Hans Thill (Hrsg.), Vorwärts, ihr Kampfschildkröten. Gedichte aus
der Ukraine.
- Anatoly N. Tkachuk, Ich war im Sarkophag von Tschernobyl. Der
Bericht des Überlebenden.
- Semjon S. Umanskij, Jüdisches Glück. Bericht aus der Ukraine 1933-1944.
- Julia Wosnessenskaja, Der Stern Tschernobyl. Schicksal einer
Familie. Ein fast dokumentarischer Roman.
- Serhij Zhadan, Depesche Mode.
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- Boris Akunin, Fandorin.
- Boris Akunin, Türkisches Gambit.
- Boris Akunin, Mord auf der Leviathan.
- Boris Akunin, Der Tod des Achilles.
- Boris Akunin, Russisches Poker.
- Boris Akunin, Die Schönheit der toten Mädchen.
- Boris Akunin, Der Magier von Moskau.
- Boris Akunin, Die Entführung des Großfürsten.
- Boris Akunin, Der Tote im Salonwagen.
- Boris Akunin, Die Diamantene Kutsche.
- Boris Akunin, Die Liebhaber des Todes.
- Boris Akunin, Pelagia und die weißen Hunde.
- Boris Akunin, Pelagia und der schwarze Mönch.
- Boris Akunin, Pelagia und der rote Hahn.
- Boris Akunin, Die Bibliothek des Zaren.
- Boris Akunin,
Der Favorit der Zarin.
- Kristina Carlson, Das Land am Ende der Welt.
- Sophia Creswell, Der Bauch von Petersburg.
- Anna Dankowtsewa, So helle Augen.
- Anna Dankowtsewa, Ein Haus am Meer.
- Anna Dankowtsewa, Ein Haus am Mee
- Polina Daschkowa, Die leichten Schritte des Wahnsinns.
- Polina Daschkowa, Club Kalaschnikow.
- Polina Daschkowa, Russische Orchidee.
- Polina Daschkowa, Für Nikita.
- Polina Daschkowa, Nummer 5 hat keine Chance.
- Polina Daschkowa, Keiner wird weinen.
- Polina Daschkowa, Lenas Flucht.
- Polina Daschkowa, Der falsche Engel.
- Darja Donzowa, Ein Hauch von Winter.
- Darja Donzowa, Spiele niemals mit dem Tod.
- Darja
Donzowa, Bis dass dein Tod uns scheidet.
- Darja
Donzowa, Nichts wäscht weißer als der Tod.
- Darja Donzowa, Perfekt bis in den Tod.
- Marek Halter, Die Geheimnisse von Jerusalem.
- Elfi Hartenstein, Moldawisches Roulette.
- Leonid Jusefowitsch, Im Namen des Zaren.
- Andrej Kurkow, Petrowitsch.
- Andrej Kurkow, Ein Freund des Verblichenen.
- Andrej Kurkow, Pinguine frieren nicht.
- Anna Malyschewa, Tod in der Datscha.
- Alexandra Marinina, Mit verdeckten Karten.
- Alexandra Marinina, Tod und ein bisschen Liebe.
- Alexandra Marinina, Auf fremdem Terrain.
- Alexandra Marinina, Der Rest war Schweigen.
- Alexandra Marinina, Die Stunde des Henkers.
- Alexandra Marinina, Der gestohlene Traum.
- Alexandra Marinina, Widrige Umstände.
- Alexandra Marinina, Im Antlitz des Todes.
- Alexandra Marinina, Mit tödlichen Folgen.
- Viktoria Platowa, Die Frau mit dem Engelsgesicht.
- Viktoria Platowa, Ein Püppchen für das Ungeheuer.
- Viktoria Platowa, Die Diva vom Gorki-Park.
- Tatjana Stepanowa, Der dunkle Hauch der Angst.
- Tatjana Stepanowa, Der süße Duft des Blutes.
- Bernhard Thieme, Russisch Roulette.
- Sergej Ustinow, 12 Uhr Majakowski Platz, Hörbuch.
- Tatjana Ustinowa, Blind ist die Nacht.
- Robin White, Sibirische Tiger.
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