Belletristik REZENSIONEN | |
Und alles wegen einer Brosche | |
Polina Daschkowa | Russin |
Russische Orchidee | |
Aus dem Russischen von Margret Fieseler Aufbau-Verlag, Berlin 2003, 435 S. | |
Und das alles wegen einer Brosche, allerdings wegen einer kostbaren Brosche in Form einer Orchidee mit
dem sagenhaften Diamanten "Pawel", märchenhaft schön und
außergewöhnlich, vererbt von einer gräflichen Großmutter.
Wir kennen Polina Daschkowa schon durch ihren außerordentlich spannenden Krimi "Die leichten Schritte des Wahnsinns", durch den (für mich) weniger spannenden Kriminalroman "Club Kalaschnikow" und durch das interessante Jugendbuch "Die Stadt mit dem blauen Tor". Der Roman Russische Orchidee tritt, was die Spannung anbelangt, in die Fußstapfen ihres ersten Buches - mit vielen handelnden Personen, sofern sie am Leben bleiben: mit einer Heerschar Böser (mit dem Fernsehjournalisten Artjom Butejko, der viele Menschen mit Schmutz beworfen hat; mit den Malzew-Brüdern, einem Kunsthistoriker, einem stellvertretenden Außenminister; mit Wowa Muchin, Masseur in einem neuen Sportcenter; mit dem erfolgreichen Geschäftsmann Klim, der bereits fünf Attentate überstanden hat; mit Anatoli Krassewtschenko, einem angeblichen Mitarbeiter des Außenministeriums, der ein Erzgauner ist) und mit einer Heerschar Guter (mit Alexander-Sanja Anissimow, Vater eines neunjährigen Kindes und mordverdächtig; mit Natascha, seiner Frau; mit Jelisaweta Beljajewa, einer hochgeschätzten Fernsehmoderatorin; mit Michail, ihrem Mann; mit einem Grafen; einer sechzehnjährigen Gymnasiastin). All diese und den ehemaligen Juwelier und seine undurchsichtige Frau, einen ruchlosen Milizionär und einen Rache übenden entlassenen Kriminellen... hat der unermüdliche Ilja Borodin - Hauptuntersuchungsführer und Chef der Kriminalabteilung bei der Bezirksstaatsanwaltschaft - scharf im Auge. Bereits im gesetzten Alter, liebt er die komplizierten Fälle. Immer dieselben Motive - Geld, Wohnung, geschäftliche Rivalität ... - ärgern ihn. Aber: "Starke, echte Gefühle - Haß, Neid, Eifersucht, Liebe, Ehrgeiz, Idealismus - existierten entweder gar nicht [mehr] oder waren irgendwo in der fernen Vergangenheit geblieben." Nun, Ilja Borodin hat kein Grund zur Klage; denn in diesem Krimi spielen sowohl die immer wiederkehrenden Motive als auch die hehren, echten Gefühle eine Rolle. Russische Orchidee spielt in Moskau und in Montreal, erstaunlich, wie Polina Daschkowa - die Hausfrau und Mutter zweier Töchter ist - die mindestens fünfzig Personen in der Gewalt hat. Auf irgendeine Art stehen sie alle in Beziehung zueinander und zur Orchideenbrosche, deren Spur sich in den Revolutionswirren von 1917 verliert und die es - koste es, was es wolle - wieder zu finden gilt. Russische Orchidee erzählt vom Glanz und Untergang des alten russischen Adels und von der Wirklichkeit des modernen Russland, von betörend schönen Frauen und zwielichtigen Geschäftsmännern, von den Intrigen der Medienwelt, von Korruption, Liebe und Verrat. Es scheint so, dass Polina Daschkowa (geboren 1960) - die am Gorki-Literatur-Institut in Moskau studiert hat - der Alexandra Marinina (geboren 1957) die Krimi-Krone mit Erfolg streitig macht. | |
Gisela Reller / www.reller-rezensionen.de | |
Weitere Rezensionen zu "Kriminalliteratur": | |
Am 03.02.2005 ins Netz gestellt. Letzte Bearbeitung am 20.11.2019. Das unterschiedliche Schreiben von Eigennamen ist den unterschiedlichen Schreibweisen der Verlage geschuldet. | |
Wäre ein Kopf da, würde man sich bis zum Schwanz schon durchfinden. | |
Sprichwort der Russen |