SACHBUCH REZENSIONEN

Aus zweiter Hand

Über den Russen Putin
Wladimir Putin
Der "Deutsche" im Kreml
Universitas Verlag, München 2000, 269 S.

Nach dem kürzlich erschienenen Buch "Aus erster Hand, Gespräche mit Wladimir Putin" sei nachfolgenden Biographien der Wind aus den Segeln genommen worden, so Alexander Rahr. Wie wahr!

In drei Abschnitte untergliedert, berichtet der erste Teil "Drei Gesichter" über Putins Kindheit, Jugend, seine KGB-Tätigkeit, seinen fast fünf Jahre währenden Aufenthalt in Dresden, seine Arbeit beim Bürgermeister Antatoli Sobtschak in Leningrad. Vom Autor viel geschmäht, benutzt Rahr für diese 74 Seiten dennoch unentwegt die Aussagen des sehr faktenreichen Buches "Aus erster Hand". Ich weiß gar nicht, was Alexander Rahr ohne diese Vorlage hätte schreiben können... Zu Unrecht übrigens nennt Rahr das aus Interviews und Erinnerungen von Putins Lehrerin, Ehefrau, seinen Freunden und Kollegen bestehende Buch hartnäckig eine Autobiographie - vielleicht, um seine (objektive?) Biographie vorteilhaft abzuheben?

Der zweite Teil "Das große Spiel" schildert die politischen Ereignisse in Russland, vorrangig seit 1996. Der Autor bedankt sich hier für die umfangreichen Text- und Recherchebeiträge bei dem freien Journalisten und Russlandspezialisten Stefan Melle. Das ist schon interessant, die Jahre mit dem sich immer schneller drehenden Personalkarussell an sich vorüberziehen zu lassen. Und wenn dann jeweils erläutert wird, was Wladimir Putin zu den verschiedenen Anlässen gerade getrieben hat, so ist das gut gemacht und aufschlussreich. Nur: Man muss sehr guten Lesewillens sein, um die ungeheuer trocken geschriebenen 111 Seiten nicht einfach zuzuklappen.

Der dritte Abschnitt dann will auf ganzen zehn Seiten Antwort auf die Frage geben "Wer ist Putin?" Was nun kommt hat uns schon der mehr als verblüffende (und natürlich nicht zutreffende) Untertitel des Buches vorausgesagt: Der "Deutsche" im Kreml - weil Putin deutsch spricht, sich in Deutschland wohl fühlt, kein anderes Land so oft besucht hat wie Deutschland, einen deutschen Freundeskreis hat (was die "Autobiographie" verneint).

Alexander Rahr (1959 geboren), ist Programmdirektor für Russland und die GUS der deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik in Berlin; er wird von der Hamburger Körber-Stiftung gefördert. Und da hat er einen Freund, bei dem er sich für die langjährige Förderung bedankt...

An keiner Stelle ist dem Buch zu entnehmen, wo, wann und ob der Autor selbst vor Ort dabei gewesen ist. Man muss den Eindruck haben, dass er alle Fakten und Histörchen nur vom Hörensagen kennt - ausschließlich also aus zweiter Hand berichtet.

Gisela Reller / www.reller-rezensionen.de

 

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Weitere Rezensionen  zu "Biographien und Autobiographien":

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  • Gidon Kremer, Zwischen Welten.
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  • Jewsej Zeitlin, Lange Gespräche in Erwartung eines glücklichen Todes.

Am 18.01.2002 ins Netz gestellt. Letzte Bearbeitung am 12.01.2017.

Das unterschiedliche Schreiben von Eigennamen ist den unterschiedlichen Schreibweisen der Verlage geschuldet.

Was Gott nicht gibt, kann das Schwein nicht fressen.
Sprichwort der Russen

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