SachbuchREZENSIONEN

Vom "Tunichtgut" zum "Mann Gottes"...

Deutscher; über den Russen Rasputin
Rasputin
Teufel im Mönchsgewand
Ehrenwirth Verlag, München 1997, 235 S.

Franzose; über den Russen Rasputin
Rasputin
Aus dem Französischen von Yla Margrit von Dach
Artemis & Winkler Verlag, Düsseldorf / Zürich 1998, 224 S.

Russe; über den Russen Rasputin
Die Geheimakte Rasputin
Neue Erkenntnisse über den Dämon am Zarenhof
Aus dem Russischen von Annelore Nitschke
Albrecht Knaus Verlag, München 2000, 543 S.

(Rezensiert, entsprechend dem Gästebuch-Eintrag von Petra Schürer.)

Frau Petra Schürer fragt mich am  03.01.2008 in meinem Gästebuch, ob ich in das Moskauer Gastspiel "Rasputin" gegangen sei. Ja, Frau  Schürer, ich war dort am 29.12.2007. Tanz und Gesang (ein Singeballett in 2 Akten) fand ich ausnehmend gut, nur die Tiroler auf einem russischen Markt kamen mir unpassend vor. Aber aus dem Programmheft erfuhr ich, dass sich um 1915 Tiroler Lieder in St. Petersburg großer Beliebtheit erfreuten. Also nichts Unwahres im Singeballett? Doch, und zwar immer dann, wenn es sich um Grigori Rasputin und die Zarenfamilie handelt. Nachdem ich die drei Rasputin-Bücher gelesen habe, zweifle ich daran, dass Rasputin - wie es im Programmheft steht - tatsächlich einer Sekte angehörte; das er vergiftet, erschlagen, erschossen und ertränkt wurde; dass der ungebildete Bauer Rasputin in die Zarin verliebt war und sie in ihn; dass der Zarewitsch Alexej gegenüber Rasputin  "einerseits hörig und dankbar" war (was stimmt), er andererseits Angst vor ihm hatte (was nicht stimmt)...

Grigori Rasputin, der vom "Tunichtgut" zum "Mann Gottes" wurde, wird 1869 im Dorf Pokrowskoje am Rande des Urals geboren. Seine Eltern sind Bauern, die eigenes Land besitzen und mehrere Kühe und Pferde. Grigori, der mit acht Jahren eine Marienerscheinung hatte, gilt als Jugendlicher als "Tunichtgut". Ihm - 1,82 Meter groß, helle strähnige Haare, längliches Gesicht, dunkelroter Vollbart, ungepflegt - wird Trunksucht, Mädchenschändung und Diebstahl vorgeworfen. Zeitgleich zu diesem liederlichen Lebenswandel entwickelt sich bei ihm jedoch eine starke Religiosität. 1886, da ist er siebzehn Jahre alt, bricht er zu seiner ersten Pilgerreise auf, um "das wahre Heil zu finden". Von 1886 bis 1901 ist Rasputin - "mit den durchdringenden Wolfaugen" und den "elektrischen Händen", mit denen er seine Gesprächspartner während des Redens geschickt berührte - nur selten bei seiner Familie, in diesen fünfzehn Jahren ist er meist auf Pilgerreise "auf der Suche nach Erleuchtung und Wahrheit". Nach seiner Pilgerreise nach Jerusalem 1903 glaubt er - der sich wie ein Chamäleon verändern konnte - "in die Geheimnisse der göttlichen Heilkraft eingeweiht zu sein...". - 1887 hatte Rasputin - von seinen Altersgenossen "der dumme Grischka" genannt - Parskjewa Dubrownina geheiratet, 1895 wird sein Sohn Dimitrij, 1897 seine Tochter Matrjona (Maria), 1900 seine Tochter Warwara geboren. - 1901 will Rasputin, der "Volksprophet aus Sibirien", einen Andachtsraum einrichten, weshalb er vom Dorfpfarrer beim Bischof von Tobolsk wegen Sektengründung* und Schmähung der wahren Kirche angeklagt wird. Rasputin - den die Zarin in Briefen an den Zar nur "unser (neuer) Freund" nennt -  konnte eine Mitgliedschaft in der Chlysten-Sekte nie nachgewiesen werden! - 1903 findet in St. Petersburg eine Veranstaltung von Kirchenvertretern aus ganz Russland statt. Rasputin - der "Strannik" (Landstreicher) - wandert deshalb nach St. Petersburg, wo er bei Johann von Kronstadt -  dem führenden Geistlichen in Russland und Beichtvater des Zaren Nikolaus II. - schon bald hoch geachtet ist. Erstaunlich der schnelle gesellschaftliche Aufstieg Rasputins, der kaum lesen und schreiben kann und keine anerkannte religiöse Ausbildung hat. Dennoch wird Rasputin -" Sein Blick hat einen stählernen Glanz und eine magnetische Starre" - bald schon in den Salons der Petersburger Gesellschaft und in verschiedene politische Zirkeln eingeladen und als Wunderheiler berühmt. - 1905 stellen angeblich die montenegrinischen Großfürstinnen Militza und Anastasia Rasputin dem Zaren vor. Nikolaus II. schreibt in sein Tagebuch: "Lernten einen Mann Gottes kennen - Grigori aus dem Gouvernement Tobolsk." 1905 bis 1907 wird Rasputin - "der überzeugt ist, allein im Besitze der Wahrheit zu sein" -  zum Star und zum Liebling einflussreicher Damen. Aber auch wichtige Personen aus Wirtschaft und Politik gehören zu seinem Freundeskreis. 1906 wird Rasputin - um den sich ein "erotisch-religiöser Mythos gesponnen hat - vom Zaren in seinem Palast empfangen. Bedeutsam für seine weitere Zukunft wird 1907 ein Zusammentreffen mit der Hofdame Anna Tanejewa (verheiratete Wyrubowa), die eine enge Vertraute der Zarin ist. Im gleichen Jahr hat der dreijährige Zarensohn einen kleinen Unfall, der bedingt durch die Bluterkrankheit des Jungen bedrohliche Ausmaße annimmt. Die Ärzte können die innere Blutung nicht stillen, sondern nur die Schmerzen durch Morphium lindern. Rasputin, der Wunderheiler, wird geholt und: Die Blutung kommt zum Stillstand. Für die Zarin und Mutter Alexejs ist Rasputin nun für alle Zeit "der ihr von Gott geschickte Heilige", der oft am Hofe eingeladen wird. Bald schon kommt das Gerücht einer intimen Beziehung mit der Zarin auf. Ein Gerücht, das ein unwahres Gerücht ist, die Zarin liebte immer nur ihren "Nicky" (Nikolaus II.).  In den folgenden Jahren von 1908 bis 1912 wird Rasputin - der "fröhliche Zecher und weibstolle Draufgänger" - öffentlich sexueller Entgleisungen bezichtigt, freundet sich mit dem Mönch Iliodor aus dem Kloster Zarizyn an - was Jahre später sehr unangenehme Folgen für Rasputin haben wird -, erfolgt der erste Mordversuch - fünf Männer versuchen Rasputin 1910 mit einem Auto zu überfahren. Um über alles Gras wachsen zu lassen, pilgert Rasputin - der seine rätselhafte Kraft auf den heiligen Simeon von Werchoturje** zurückführt - nach Jerusalem, 1911 kommt er zurück nach St. Petersburg.

Alle diese Fakten stimmen in den drei Werken über Rasputin überein. Die folgenden Ereignisse - das Zerwürfnis bei der Bischofsernennung für Tobolsk (1911), die große Schlägerei in der Wohnung des Bischofs (1912), aus der Rasputin schwer blutend die Flucht gelang, die Veröffentlichung eines gestohlenen Briefes der Zarin an Rasputin (1912)... wird ein wenig unterschiedlich dargestellt, auch etwas unterschiedlich interpretiert. - 1912 kehrt Rasputin in sein Dorf zurück. Im gleichen Jahr werden in Spala (heute Polen) üppige Feierlichkeiten anlässlich des hundertsten Jahrestages des Sieges über Napoleon bei Borodino gefeiert, denen auch die Zarenfamilie beiwohnt. Hier verunglückt der Zarewitsch, wochenlang kann ihm kein Arzt helfen, schließlich wird an Rasputin ein Telegramm geschickt: "Ärzte hoffnungslos. Unsere einzige Hoffnung sind Ihre Gebete." Rasputins Tochter Maria beschreibt das Verhalten ihres Vaters nach Eintreffen des Telegramms so: "Rasputin sagte, er werde jetzt versuchen, den schwierigsten, geheimnisvollsten aller Riten durchzuführen (...). Rasputin kniete vor der Ikone der Gottesmutter Maria und verfiel danach in eine Art Schwächezustand. Dann begann er sein Gebet: `Heile Deinen Sohn Alexej, wenn es dein Wille ist. Verleih ihm meine Kraft, Gott, auf dass sie seiner Genesung diene.´ Vater sah so sonderbar aus - so krank, dass mich Furcht ergriff (...). Schließlich versagte ihm die Stimme, und er musste einhalten. Sein Gesicht, das weiß war wie ein Laken, war von Anstrengung entstellt, sein Atem ging stoßweise. Der Schweiß rann ihm von der Stirn über die Wangen. Seine gläsernen Augen blickten leer. Er stürzte rücklings auf den Boden, das linke Bein angezogen. Es schien, als wehrte er sich gegen einen Todeskampf. Ich glaubte, dass er sterben würde, zwang mich aber, den Raum zu verlassen. Dann brachte ich meinem Vater Tee. Er war noch immer bewusstlos. Ich kniete an seiner Seite nieder und betete. Nach einer Ewigkeit schlug er die Augen auf und lächelte. Gierig trank er den erkalteten Tee. Nach wenigen Augenblicken war er wieder ganz zu sich gekommen. Er weigerte sich jedoch, über das Vorgefallene zu sprechen und sagte nur: `Gott hat die Genesung gewährt.´ Tatsächlich stabilisiert sich der Zustand des Zarewitsch... 1913 wird Rasputin wieder zum Zarensohn gerufen, um eine Blutung zu stillen. Wieder heilte der "Teufel im Mönchsgewand" den Jungen und das wird noch einige Male passieren. - 1913 mischt sich Rasputin das erste Mal öffentlich in politische Angelegenheiten ein, die Herren Minister und die Angehörigen des Zaren sind empört. Um die Probleme mit dem ungebärdigen Rasputin zu beenden, werden - angeblich vom Innenminister Chwotow - mehrere Mordversuche geplant. 1914 wird Rasputin von Kinia Gussowa, welche von dem Mönch Iliodor angeleitet wird, niedergestochen und lebensgefährlich verletzt. Er wird acht Stunden lang operiert. Nach seiner Rettung schickt er dem Zaren etwa zwanzig Telegramme, um ihn vor dem (ersten Welt-) Krieg zu warnen. Damit übertritt Rasputin das Gebot der Nichteinmischung in die politischen Angelegenheiten des Zaren; auch die Öffentlichkeit ist empört. Da die Öffentlichkeit von der Bluterkrankheit des Zarewitsch nichts weiß, empört sie auch das innige Verhältnis der Zarin zu Rasputin. Der, nach dem Attentat nie mehr schmerzfrei, sucht Zuflucht im Alkohol, betrinkt sich oft bis zur Besinnungslosigkeit, auch seine Besuche bei Prostituierten werden immer häufiger. Während der Kriegszeit hält sich Rasputin meistens in St. Petersburg auf. 1915 wird er zu der Hofdame Anna Wyrubowa gerufen, die bei einem Zugunglück schwer verunglückt ist. Als sie schon die Sterbesakramente erhalten hat, erscheint ihr verehrter Freund Rasputin. Sie erwacht aus dem Koma und bleibt am Leben. 1915 trinkt Rasputin zügellos, die Presse berichtet vor allem von der Orgie im Restaurant "Jar" in Moskau. Der Staatssicherheitsdienst und die Presse veröffentlichen den unglaublichen Vorfall, der Skandal ist landesweit. Der Zar ist gezwungen, dem Schwerenöter Rasputin zu befehlen, nach Pokrowskoje zurückzukehren. Doch 1915 und auch 1916 bekommt der Zarewitsch wieder Blutungen, Rasputin hilft. Die behandelnden Ärzte Derevenko und Fedoroff erklären, dass die Heilung eine Tatsache sei, sie sie sich aber nicht erklären können. Nach der Heilung des Zarensohnes 1915 ermuntert die Zarin "den allwissenden" Rasputin, zu allen politischen Fragen Stellung zu nehmen. Über das Jahr 1916 steht im Zusammenhang mit Rasputin in "wikipedia": "Im Jahr 1916 eskalierte die Kriegskatastrophe. Das Land war den Anforderungen eines Krieges nicht gewachsen. Es häuften sich die militärischen Niederlagen. Zwei Millionen Tote, vier Millionen Verletzte, keine Perspektive. So hatten es sich die Politiker in ihrer anfänglichen Kriegsbegeisterung nicht vorgestellt. Die Niederlagen wurden auch nie mit den realen Transportproblemen, der schlechten Ausrüstung der Armee und fehlender Rüstungsindustrie begründet, sondern man suchte die Schuld bei dunklen Kräften und Spionen. Auch die Versorgungslage der Städte verschlechterte sich immer mehr. Die Arbeiter in St. Petersburg litten Hunger und demonstrierten gegen die hohen Brotpreise und weitere Truppenaushebungen. Es wurde nach einem Schuldigen gesucht und die politische Klasse war sich im Herbst 1916 weitgehend einig: Schuldig war Rasputin mit seinem Einfluss auf die Zarin und den Zaren. Rasputin musste weg, egal wie." - Im November 1916 gibt es in der Duma wegen des angeblichen Verräters und politischen Drahtziehers Rasputin tumultartige Szenen, und auch der Zar wird massiv angegriffen. Am 17.12.1916 wird Rasputin ermordet! Die Haupttäter waren Felix Jussopow, der der reichsten Familie Russlands entstammte und der Ehemann einer Nichte des Zaren war, und der Dumaabgeordnete Wladimir Purischkewitsch und der Lieblingsneffe der Zarenfamilie Großfürst Dimitri Pawlowitsch. Einst hatte der "Hellseher" Rasputin gesagt: "Wenn ich sterbe oder wenn ihr mich fallen lasst, werdet ihr euren Sohn und die Krone verlieren, bevor sechs Monate vergangen sind." - 1918 wird auf der Landstraße nach Swerdlowsk die Zarenfamilie durch Pokrowskoje an Rasputins Haus vorbei fahren - in den Tod.

Wer sich über den "sibirischen Unhold" - "manche sehen ihn ihm einen der letzten wahren Heiligen***, anderen gilt er als Inbegriff des Bösen" - belesen möchte, kann sich entweder für Steins oder für Troyats Rasputin entscheiden. Die  beiden Biographien unterscheiden sich im Stil (Troyat ist literarischer), aber nirgendwo bei den Fakten. Der Deutsche Stein nimmt für sich in Anspruch, erstmals den Versuch unternommen zu haben, ein schwieriges Kapitel der russischen Geschichte anhand von Dokumenten und Tausenden von offiziellen und privaten Informationen mit kritischer Distanz zu den Quellen (die erst seit der Ära Gorbatschows zugänglich sind) aufgearbeitet zu haben. Der Franzose Troyat geht ausführlicher auf den politischen Einfluss Rasputins ein und behauptet, dass die Ausschweifungen Rasputins, seine Anmaßung und sein Machtmissbrauch "den Sturz des Zarentums beschleunigten". Des Russen Radsinskis Buch Die Geheimakte Rasputins, nur drei bzw. zwei Jahre später erschienen, bringt gegenüber den beiden anderen Werken außerordentlich viele neue Fakten und viele neue Interpretationen; denn dieser Autor konnte auf eine neue Quelle zurückgreifen: auf das vom Autor lange vergeblich gesuchte "Dossier". Er bekam es eines Tages überraschend von dem berühmten Cellisten und Dirigenten Mstislaw (Slawa) Rostropowitsch überreicht: "Ich habe ein Geschenk für dich, da wirst du glatt überschnappen!" Rostropowitsch hatte das "Dossier" - Verhöre der Kommission der Provisorischen Regierung - für seinen Freund Radsinski bei Sotheby**** ersteigert. "Es waren", schreibt Radsinski, "alle Protokolle der Verhöre, von den Verhörten unterschrieben.(...). Das war eine Lektüre!" Außerdem konnte Radsinski bis dahin unveröffentlichte Dokumente, die in sibirischen Archiven verwahrt waren, auswerten.

Edward Radsinski, Autor des weltweit sehr erfolgreichen Buches "Nikolaus II. - Der letzte Zar und seine Zeit", ist Dramatiker und Fernsehproduzent, er lebt in Moskau. Sein Buch strotzt den beiden anderen Werken gegenüber vor Neuigkeiten. Zum Beispiel las ich das erste Mal, dass der russische Schriftsteller Alexander Blok die Protokolle des Dossiers für den Druck bearbeitet hatte; dass der berühmte russische Schriftsteller Alexej Tolstoi (der häufig betrunkene "rote Graf"), der mit den Bolschewiken aktiv zusammenarbeitete, eine Fälschung des Tagebuchs der Hofdame Wyrubowa schuf ("Ganz Russland las wie berauscht dieses Tagebuch, das geheime und sehr intime Einzelheiten des Zerfalls sowohl der Zarenfamilie als auch des Regimes, das Russland noch vor kurzem regiert hatte, enthüllte."); dass Anna Wyrubow als einer der wenigen Menschen, die der Zarenfamilie nahe standen, die Flucht aus dem roten Russland nach Finnland gelang, wo sie Nonne wurde; wie der Mord an Rasputin wirklich geschah und vieles, vieles mehr, vor allem auch ganz neue politische Interpretationen, z. B. zum Ministerpräsidenten Stolypin...

Am 05./6.01.2008 veröffentliche die "Berliner Zeitung auf ihrer Wissenschaftsseite unter der Überschrift "Wunder der Heilung" einen umfänglichen Artikel, in dem unerklärliche Genesungen beschrieben werden. Diese Wunderheilungen, die in der heutigen Medizin Spontanremissionen - Spontanheilungen - genannt werden, "widersprechen", meint der Autor Martin Lindner, "einer modernen Weltsicht nicht".


Gisela Reller / www.reller-rezensionen.de

       * In den Welt abgeschiedenen Klöstern lernte Grigori Rasputin schon zu Beginn seiner Pilgerfahrten eine neu spirituelle Praxis kennen, die Hunderte von Menschen anlockte und insgeheim ganze Klöster eroberte. Es waren geheime Gemeinschaften, die durch den fanatischen Glauben ihrer Mitglieder große Macht hatten. Es waren erstaunliche Sekten, die es nur in Russland gab. Sie vereinten auf lästerliche Weise Brutalität, Unzucht und den Glauben an Gott. Sie spielten eine große Rolle im russischen Imperium. Kamen andere christliche Sekten aus dem Westen, so sind die Chlysten und Skopzen ein ausschließlich russisches Phänomen. Sie tauchten im 17. Jahrhundert auf, unter der Herrschaft der ersten Romanows. Die Lehre der Chlysten- oder Geißlersekte besagte: Jeder Mann kann Christ, jede Frau die Gottesmutter werden. "Im Geißlertum", schreibt Radsinski, "kommt der gefährliche Wagemut der russischen Seele zum Ausdruck: Sie hat keine Angst vor der Sünde." Die Sünde durch die Sünde austreiben, das ist die Offenbarung der Geißler. Daher lehren sie: "Werden in dieser [ausschweifenden] Nacht Kinder gezeugt, dann nicht vom Fleisch, sondern vom Heiligen Geist. Mitte des 18. Jahrhunderts spaltete sich die Sekte der Skopzen von den Geißlern ab. Sie verteufelten die sexuelle Freizügigkeit der Chlysten und predigten die absolute Askese, die nur durch die "Feuertaufe" erreicht wurde - durch die Kastration. Bis zu seinem Tode haftet Rasputin der Name Chlyst (Geißler) an, obwohl es keine Beweise für seine Mitgliedschaft gibt.

     ** Im selben Sommer, in dem die Zarenfamilie umkommen wird, werden auch die Gebeine des heiligen Simeon von den Bolschewiken aus der Kirche entfernt und vernichtet.

   *** Der letzte Heilige? Den wird es wohl nie geben. Jüngst erfuhren wir aus der "Berliner Zeitung" vom 16.01.2008, dass der Kapuzinerpater Padre Pio (1887-1968) exhumiert werden soll. Der italienische katholische Mönch gilt den einen als zweiter Jesus, den anderen als besonders verwerflicher Scharlatan. Schon heute ist die Kirche von San Giovanni Rotondo, wo Padre Pio bisher begraben ist, als einer der größten Wallfahrtsorte Europas, sie hat bereits das französische Lourdes überrundet.

  **** Sotheby´s ist eines der traditionsreichsten Aktionshäuser der Welt. Es wurde im Jahre 1744 vom Buchhändler Samuel Baker in London gegründet. In Deutschland ist Sotheby´s seit 1976 als eigene GmbH mit heute sechs Büros (Frankfurt/Main, München, Köln, Hamburg, Berlin, Hannover) vertreten.

 

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Am 31.03.2008 ins Netz gestellt. Letzte Bearbeitung am 12.01.2017.

Das unterschiedliche Schreiben von Eigennamen ist den unterschiedlichen Schreibweisen der Verlage geschuldet.

Wenn ein Sünder weint, ist im Himmel Feiertag.
Sprichwort der Russen


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