Frau Petra Schürer fragt mich am 03.01.2008
in meinem Gästebuch, ob ich in das
Moskauer Gastspiel "Rasputin"
gegangen sei. Ja, Frau Schürer, ich war
dort am 29.12.2007. Tanz und Gesang (ein Singeballett in 2 Akten) fand
ich ausnehmend gut, nur die Tiroler auf einem russischen Markt kamen
mir unpassend vor. Aber aus dem Programmheft erfuhr ich, dass sich um 1915 Tiroler Lieder in
St. Petersburg großer Beliebtheit erfreuten.
Also nichts Unwahres im Singeballett? Doch, und zwar
immer dann, wenn es sich um Grigori Rasputin und die Zarenfamilie handelt.
Nachdem ich die drei Rasputin-Bücher gelesen habe, zweifle ich
daran, dass Rasputin - wie es im Programmheft steht - tatsächlich
einer Sekte angehörte; das er vergiftet, erschlagen, erschossen und
ertränkt wurde; dass der ungebildete Bauer Rasputin in die Zarin verliebt war und sie in
ihn; dass der Zarewitsch Alexej gegenüber Rasputin "einerseits hörig
und dankbar" war (was stimmt), er andererseits Angst vor ihm hatte (was nicht stimmt)...
Grigori Rasputin, der vom "Tunichtgut" zum "Mann Gottes" wurde, wird 1869
im Dorf Pokrowskoje am Rande des Urals
geboren. Seine Eltern sind Bauern, die eigenes Land besitzen und
mehrere Kühe und Pferde. Grigori,
der mit acht Jahren eine Marienerscheinung hatte, gilt als
Jugendlicher als "Tunichtgut". Ihm - 1,82 Meter groß, helle strähnige
Haare, längliches Gesicht, dunkelroter Vollbart, ungepflegt - wird
Trunksucht, Mädchenschändung und Diebstahl vorgeworfen. Zeitgleich zu
diesem liederlichen Lebenswandel entwickelt sich bei ihm jedoch eine starke
Religiosität. 1886, da ist er siebzehn Jahre alt, bricht er zu seiner
ersten Pilgerreise auf, um "das wahre Heil zu finden". Von 1886
bis 1901 ist Rasputin - "mit den durchdringenden Wolfaugen" und den
"elektrischen Händen", mit denen er seine Gesprächspartner während des
Redens geschickt berührte - nur selten bei seiner Familie, in diesen
fünfzehn Jahren ist er meist auf Pilgerreise "auf der Suche nach
Erleuchtung und Wahrheit". Nach seiner Pilgerreise nach Jerusalem 1903
glaubt er - der sich wie ein Chamäleon verändern konnte - "in die Geheimnisse
der göttlichen Heilkraft eingeweiht zu sein...". -
1887 hatte Rasputin - von seinen Altersgenossen "der dumme Grischka"
genannt - Parskjewa Dubrownina geheiratet, 1895 wird sein Sohn Dimitrij, 1897 seine Tochter Matrjona
(Maria), 1900 seine Tochter Warwara geboren. - 1901 will Rasputin, der
"Volksprophet aus Sibirien",
einen Andachtsraum einrichten, weshalb er vom Dorfpfarrer beim Bischof
von Tobolsk wegen Sektengründung* und Schmähung der wahren Kirche
angeklagt wird. Rasputin - den die Zarin in Briefen an den Zar nur
"unser (neuer) Freund" nennt - konnte eine Mitgliedschaft in der Chlysten-Sekte
nie nachgewiesen werden! - 1903 findet in St. Petersburg eine
Veranstaltung von Kirchenvertretern aus ganz
Russland statt. Rasputin
- der "Strannik" (Landstreicher) - wandert deshalb nach
St. Petersburg, wo er bei Johann von Kronstadt -
dem führenden Geistlichen in Russland und Beichtvater des Zaren
Nikolaus II. - schon bald hoch geachtet ist. Erstaunlich der schnelle
gesellschaftliche Aufstieg Rasputins, der kaum lesen und schreiben
kann und keine anerkannte religiöse Ausbildung hat. Dennoch wird
Rasputin -" Sein Blick hat einen stählernen Glanz und eine magnetische
Starre" - bald schon in den Salons der Petersburger Gesellschaft und in
verschiedene politische Zirkeln eingeladen und als Wunderheiler
berühmt. - 1905 stellen angeblich die montenegrinischen Großfürstinnen Militza
und Anastasia Rasputin dem Zaren vor. Nikolaus II. schreibt in sein
Tagebuch: "Lernten einen Mann Gottes kennen - Grigori aus dem
Gouvernement Tobolsk." 1905 bis 1907 wird Rasputin - "der
überzeugt ist, allein im Besitze der Wahrheit zu sein" - zum Star und zum
Liebling einflussreicher Damen. Aber auch wichtige Personen aus
Wirtschaft und Politik gehören zu seinem Freundeskreis. 1906 wird
Rasputin - um den sich ein "erotisch-religiöser Mythos gesponnen hat - vom Zaren in seinem Palast
empfangen. Bedeutsam für seine
weitere Zukunft wird 1907 ein Zusammentreffen mit der Hofdame Anna Tanejewa (verheiratete Wyrubowa), die
eine enge Vertraute der Zarin
ist. Im gleichen Jahr hat der dreijährige Zarensohn einen kleinen
Unfall, der bedingt durch die Bluterkrankheit des Jungen bedrohliche
Ausmaße annimmt. Die Ärzte können die innere Blutung nicht stillen,
sondern nur die Schmerzen durch Morphium lindern. Rasputin, der
Wunderheiler, wird geholt und: Die Blutung kommt zum Stillstand. Für die
Zarin und Mutter Alexejs ist Rasputin nun für alle Zeit "der ihr von
Gott geschickte Heilige", der oft am Hofe eingeladen wird. Bald
schon kommt das Gerücht einer intimen Beziehung mit der Zarin auf. Ein
Gerücht, das ein unwahres Gerücht ist, die Zarin liebte immer nur ihren "Nicky"
(Nikolaus II.). In den folgenden Jahren von 1908 bis 1912 wird
Rasputin - der "fröhliche Zecher und weibstolle Draufgänger" - öffentlich
sexueller Entgleisungen bezichtigt, freundet sich
mit dem Mönch Iliodor aus dem Kloster Zarizyn an - was Jahre später
sehr unangenehme Folgen für Rasputin haben wird -, erfolgt der erste
Mordversuch - fünf Männer versuchen Rasputin 1910 mit einem Auto zu
überfahren. Um über alles Gras wachsen zu lassen, pilgert Rasputin -
der seine rätselhafte Kraft auf den heiligen Simeon von Werchoturje**
zurückführt - nach Jerusalem, 1911 kommt er zurück nach
St. Petersburg.
Alle diese Fakten
stimmen in den drei Werken über Rasputin überein. Die
folgenden Ereignisse - das Zerwürfnis bei der Bischofsernennung für Tobolsk (1911), die große Schlägerei
in der Wohnung des Bischofs (1912), aus der Rasputin schwer blutend die Flucht gelang, die
Veröffentlichung eines gestohlenen Briefes der Zarin an Rasputin
(1912)... wird ein wenig unterschiedlich dargestellt, auch etwas
unterschiedlich interpretiert. - 1912 kehrt Rasputin in sein Dorf
zurück. Im gleichen Jahr werden in Spala (heute Polen) üppige
Feierlichkeiten anlässlich des hundertsten Jahrestages des Sieges über
Napoleon bei Borodino gefeiert, denen auch die Zarenfamilie beiwohnt.
Hier verunglückt der Zarewitsch, wochenlang kann ihm kein Arzt
helfen, schließlich wird an Rasputin ein Telegramm geschickt: "Ärzte
hoffnungslos. Unsere einzige Hoffnung sind Ihre Gebete." Rasputins
Tochter Maria beschreibt das Verhalten ihres Vaters nach Eintreffen
des Telegramms so: "Rasputin sagte, er werde jetzt versuchen, den
schwierigsten, geheimnisvollsten aller Riten durchzuführen (...).
Rasputin kniete vor der Ikone der Gottesmutter Maria und verfiel
danach in eine Art Schwächezustand. Dann begann er sein Gebet: `Heile
Deinen Sohn Alexej, wenn es dein Wille ist. Verleih ihm meine Kraft,
Gott, auf dass sie seiner Genesung diene.´ Vater sah so sonderbar aus
- so krank, dass mich Furcht ergriff (...). Schließlich versagte ihm
die Stimme, und er musste einhalten. Sein Gesicht, das weiß war wie
ein Laken, war von Anstrengung entstellt, sein Atem ging stoßweise.
Der Schweiß rann ihm von der Stirn über die Wangen. Seine gläsernen
Augen blickten leer. Er stürzte rücklings auf den Boden, das linke
Bein angezogen. Es schien, als wehrte er sich gegen einen Todeskampf.
Ich glaubte, dass er sterben würde, zwang mich aber, den Raum zu
verlassen. Dann brachte ich meinem Vater Tee. Er war noch immer
bewusstlos. Ich kniete an seiner Seite nieder und betete. Nach einer
Ewigkeit schlug er die Augen auf und lächelte. Gierig trank er den
erkalteten Tee. Nach wenigen Augenblicken war er wieder ganz zu sich
gekommen. Er weigerte sich jedoch, über das Vorgefallene zu sprechen
und sagte nur: `Gott hat die Genesung gewährt.´ Tatsächlich
stabilisiert sich der Zustand des Zarewitsch... 1913 wird Rasputin
wieder zum Zarensohn gerufen, um eine Blutung zu stillen. Wieder
heilte der "Teufel im Mönchsgewand" den Jungen und das wird noch
einige Male passieren. - 1913 mischt sich Rasputin das erste Mal
öffentlich in politische Angelegenheiten ein, die Herren Minister und
die Angehörigen des Zaren sind empört. Um die Probleme mit dem ungebärdigen Rasputin zu
beenden, werden - angeblich vom Innenminister Chwotow - mehrere
Mordversuche geplant. 1914 wird Rasputin von Kinia Gussowa, welche von
dem Mönch Iliodor angeleitet wird, niedergestochen und
lebensgefährlich verletzt. Er wird acht Stunden lang operiert. Nach
seiner Rettung schickt er dem Zaren etwa zwanzig Telegramme, um ihn
vor dem (ersten Welt-) Krieg zu warnen. Damit übertritt Rasputin das
Gebot der Nichteinmischung in die politischen Angelegenheiten des
Zaren; auch die Öffentlichkeit ist empört. Da die Öffentlichkeit von
der Bluterkrankheit des Zarewitsch nichts weiß, empört sie auch das
innige Verhältnis der Zarin zu Rasputin. Der, nach dem Attentat nie
mehr schmerzfrei, sucht Zuflucht im Alkohol, betrinkt sich oft bis zur
Besinnungslosigkeit, auch seine Besuche bei Prostituierten werden
immer häufiger. Während der Kriegszeit hält sich Rasputin meistens in
St. Petersburg auf. 1915 wird
er zu der Hofdame Anna Wyrubowa gerufen,
die bei einem Zugunglück schwer verunglückt ist. Als sie schon
die Sterbesakramente erhalten hat, erscheint ihr verehrter Freund
Rasputin. Sie erwacht aus dem Koma und bleibt am Leben. 1915
trinkt Rasputin zügellos, die Presse berichtet vor allem von der Orgie im Restaurant "Jar" in
Moskau. Der Staatssicherheitsdienst und die
Presse veröffentlichen den unglaublichen Vorfall, der Skandal ist
landesweit. Der Zar ist gezwungen, dem Schwerenöter Rasputin zu befehlen, nach Pokrowskoje
zurückzukehren. Doch 1915 und auch 1916 bekommt der Zarewitsch wieder
Blutungen, Rasputin hilft. Die behandelnden Ärzte Derevenko
und Fedoroff erklären, dass die Heilung eine Tatsache sei, sie sie
sich aber nicht erklären können. Nach der Heilung des Zarensohnes 1915
ermuntert die Zarin "den allwissenden" Rasputin, zu allen politischen
Fragen Stellung zu nehmen. Über das Jahr 1916 steht im Zusammenhang
mit Rasputin in "wikipedia": "Im Jahr 1916 eskalierte die
Kriegskatastrophe. Das Land war den Anforderungen eines Krieges nicht
gewachsen. Es häuften sich die militärischen Niederlagen. Zwei
Millionen Tote, vier Millionen Verletzte, keine Perspektive. So hatten
es sich die Politiker in ihrer anfänglichen Kriegsbegeisterung nicht
vorgestellt. Die Niederlagen wurden auch nie mit den realen
Transportproblemen, der schlechten Ausrüstung der Armee und fehlender
Rüstungsindustrie begründet, sondern man suchte die Schuld bei dunklen
Kräften und Spionen. Auch die Versorgungslage der Städte verschlechterte sich immer mehr. Die Arbeiter in
St. Petersburg litten
Hunger und demonstrierten gegen die hohen Brotpreise und weitere
Truppenaushebungen. Es wurde nach einem Schuldigen gesucht und die
politische Klasse war sich im Herbst 1916 weitgehend einig: Schuldig
war Rasputin mit seinem Einfluss auf die Zarin und den Zaren. Rasputin
musste weg, egal wie." - Im November 1916 gibt es in der Duma wegen
des angeblichen Verräters und politischen Drahtziehers Rasputin
tumultartige Szenen, und auch der Zar wird massiv angegriffen. Am
17.12.1916 wird Rasputin ermordet! Die Haupttäter waren Felix Jussopow,
der der reichsten Familie Russlands entstammte und der Ehemann einer
Nichte des Zaren war, und der Dumaabgeordnete Wladimir Purischkewitsch
und der Lieblingsneffe der Zarenfamilie Großfürst Dimitri Pawlowitsch.
Einst hatte der "Hellseher" Rasputin gesagt: "Wenn ich sterbe oder
wenn ihr mich fallen lasst, werdet ihr euren Sohn und die Krone
verlieren, bevor sechs Monate vergangen sind." -
1918 wird auf der Landstraße nach Swerdlowsk die Zarenfamilie
durch Pokrowskoje an Rasputins Haus vorbei fahren - in den Tod.
Wer sich über den "sibirischen Unhold" - "manche sehen ihn ihm einen
der letzten wahren Heiligen***, anderen gilt er als Inbegriff des Bösen" - belesen möchte,
kann sich entweder für Steins oder für Troyats
Rasputin entscheiden. Die beiden Biographien unterscheiden
sich im Stil (Troyat ist literarischer), aber nirgendwo bei den
Fakten. Der Deutsche Stein nimmt für sich
in Anspruch, erstmals den Versuch unternommen zu haben, ein
schwieriges Kapitel der russischen Geschichte anhand von Dokumenten
und Tausenden von offiziellen und privaten Informationen mit
kritischer Distanz zu den Quellen (die erst seit der Ära
Gorbatschows
zugänglich sind) aufgearbeitet zu haben. Der Franzose Troyat geht
ausführlicher auf den politischen Einfluss Rasputins ein und
behauptet, dass die Ausschweifungen Rasputins, seine Anmaßung und sein
Machtmissbrauch "den Sturz des Zarentums beschleunigten". Des Russen Radsinskis Buch
Die Geheimakte Rasputins,
nur drei bzw. zwei Jahre später erschienen, bringt gegenüber den
beiden anderen Werken außerordentlich viele neue Fakten und viele neue
Interpretationen; denn dieser Autor konnte auf eine neue Quelle
zurückgreifen: auf das vom Autor lange vergeblich
gesuchte "Dossier". Er bekam es eines Tages überraschend von dem
berühmten Cellisten und Dirigenten
Mstislaw (Slawa)
Rostropowitsch überreicht: "Ich habe ein Geschenk für
dich, da wirst du glatt überschnappen!" Rostropowitsch hatte das
"Dossier" - Verhöre der Kommission der Provisorischen Regierung - für
seinen Freund Radsinski bei Sotheby**** ersteigert. "Es
waren", schreibt Radsinski, "alle Protokolle der Verhöre,
von den Verhörten unterschrieben.(...). Das war eine
Lektüre!" Außerdem konnte Radsinski bis dahin unveröffentlichte
Dokumente, die in sibirischen Archiven verwahrt waren, auswerten.
Edward Radsinski, Autor des weltweit sehr erfolgreichen Buches
"Nikolaus II. - Der letzte Zar und seine Zeit", ist Dramatiker und Fernsehproduzent, er lebt in
Moskau. Sein Buch strotzt den beiden
anderen Werken gegenüber vor Neuigkeiten. Zum Beispiel las ich das
erste Mal, dass der russische Schriftsteller Alexander Blok die
Protokolle des Dossiers für den Druck bearbeitet hatte; dass der
berühmte russische Schriftsteller Alexej Tolstoi (der häufig
betrunkene "rote Graf"), der mit den Bolschewiken aktiv
zusammenarbeitete, eine Fälschung des Tagebuchs der Hofdame Wyrubowa
schuf ("Ganz Russland las wie berauscht dieses Tagebuch, das geheime
und sehr intime Einzelheiten des Zerfalls sowohl der Zarenfamilie als auch des Regimes, das
Russland noch vor kurzem regiert hatte,
enthüllte."); dass Anna Wyrubow als einer der wenigen Menschen, die
der Zarenfamilie nahe standen, die Flucht aus dem roten
Russland nach
Finnland gelang, wo sie Nonne wurde; wie der Mord an Rasputin wirklich
geschah und vieles, vieles mehr, vor allem auch ganz neue politische
Interpretationen, z. B. zum Ministerpräsidenten Stolypin...
Am 05./6.01.2008 veröffentliche die "Berliner Zeitung auf ihrer
Wissenschaftsseite unter der Überschrift "Wunder der Heilung" einen
umfänglichen Artikel, in dem unerklärliche Genesungen beschrieben
werden. Diese Wunderheilungen, die in der heutigen Medizin
Spontanremissionen - Spontanheilungen - genannt werden,
"widersprechen", meint der Autor Martin Lindner, "einer modernen
Weltsicht nicht".
|
Gisela Reller /
www.reller-rezensionen.de
* In den Welt abgeschiedenen Klöstern lernte Grigori Rasputin schon zu
Beginn seiner Pilgerfahrten eine neu spirituelle Praxis kennen, die
Hunderte von Menschen anlockte und insgeheim ganze Klöster eroberte.
Es waren geheime Gemeinschaften, die durch den fanatischen Glauben
ihrer Mitglieder große Macht hatten. Es waren erstaunliche Sekten, die es nur in
Russland gab.
Sie vereinten auf lästerliche Weise
Brutalität, Unzucht und den Glauben an Gott. Sie spielten eine große
Rolle im russischen Imperium. Kamen andere christliche Sekten aus dem
Westen, so sind die Chlysten und Skopzen ein ausschließlich russisches Phänomen.
Sie tauchten im 17. Jahrhundert auf, unter der Herrschaft der ersten
Romanows. Die Lehre der Chlysten- oder Geißlersekte besagte: Jeder
Mann kann Christ, jede Frau die Gottesmutter werden. "Im Geißlertum",
schreibt Radsinski, "kommt der gefährliche Wagemut der
russischen Seele
zum Ausdruck: Sie hat keine Angst vor der Sünde." Die Sünde durch
die Sünde austreiben, das ist die Offenbarung der Geißler. Daher
lehren sie: "Werden in dieser
[ausschweifenden] Nacht Kinder gezeugt, dann nicht vom Fleisch,
sondern vom Heiligen Geist. Mitte des 18. Jahrhunderts spaltete sich die
Sekte der Skopzen von den Geißlern ab. Sie verteufelten die sexuelle
Freizügigkeit der Chlysten und predigten die absolute Askese, die nur
durch die "Feuertaufe" erreicht wurde - durch die Kastration. Bis zu
seinem Tode haftet Rasputin der Name Chlyst (Geißler) an, obwohl es
keine Beweise für seine Mitgliedschaft gibt.
** Im selben Sommer, in dem die Zarenfamilie umkommen wird, werden auch die
Gebeine des heiligen Simeon von den Bolschewiken aus der Kirche
entfernt und vernichtet.
***
Der letzte Heilige? Den wird es wohl nie geben. Jüngst erfuhren wir
aus der "Berliner Zeitung" vom 16.01.2008, dass der Kapuzinerpater Padre Pio
(1887-1968) exhumiert werden soll. Der italienische
katholische Mönch gilt den einen als zweiter Jesus, den anderen als
besonders verwerflicher Scharlatan. Schon heute ist die Kirche von San
Giovanni Rotondo, wo Padre Pio bisher begraben ist, als einer der
größten Wallfahrtsorte Europas, sie hat bereits das französische
Lourdes überrundet.
**** Sotheby´s ist eines der traditionsreichsten Aktionshäuser der Welt. Es
wurde im Jahre 1744 vom Buchhändler Samuel Baker in London gegründet.
In Deutschland ist Sotheby´s seit 1976 als eigene GmbH mit heute sechs
Büros (Frankfurt/Main, München, Köln, Hamburg, Berlin, Hannover)
vertreten.
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- Sabine Adler, Russenkind. Eine Tochter auf der Suche nach ihrer Mutter.
- Tschingis Aitmatow, Kindheit in Kirgisien.
- Ellen Alpsten, Die Zarin.
- Anton Bayr, Vergessene Schicksale. Überlebenskampf in sowjetischen
Lagern - ein Kriegsgefangener erinnert sich.
- Ivan Bunin,
Čechov, Erinnerungen eines Zeitgenossen.
- Juliet Butler, Masha & Dasha. Autobiographie eines siamesischen Zwillingspaares.
- E. H. Carr, Romantiker der Revolution. Ein russischer
Familienroman aus dem 19. Jahrhundert.
- Alexandra Cavelius, Die Zeit der Wölfe.
- Marc Chagall, Mein Leben.
- Jerome Charyn, Die dunkle Schöne aus Weißrußland.
- Kurt Drawert / Blaise Cendrars, Reisen im Rückwärtsgang.
- Werner Eberlein, Geboren am 9. November.
- Irina Ehrenburg, So habe ich gelebt. Erinnerungen aus dem 20. Jahrhundert.
- Ota Filip, Das Russenhaus.
- Natalija Geworkjan / Andrei Kolesnikow/Natalja Timakowa, Aus erster Hand. Gespräche mit Wladimir Putin.
- Natalia Ginzburg, Anton Čechov, Ein Leben.
- Michail Gorbatschow, Über mein Land.
- Friedrich Gorenstein, Malen, wie die Vögel singen. Ein Chagall-Roman.
- Friedrich Gorenstein, SKRJABIN.
- Daniil Granin, Das Jahrhundert der Angst. Erinnerungen.
- Madeleine Grawitz, Bakunin. Ein Leben für die Freiheit.
- Viktor Jerofejew, Der gute Stalin.
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- Andreas Meyer-Landrut, Mit Gott und langen Unterhosen. Erlebnisse
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- Anatoli Rybakow, Die Kinder vom Arbat.
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