Belletristik REZENSIONEN | |
Zwei Städte und ihre Schicksale | |
Kay Borowski (Hrsg.) | Baltendeutscher |
Petersburg - die Trennung währt nicht ewig | |
Eine Stadt im Spiegel ihrer Gedichte Ausgewählt und übertragen von Kay Borowski Barbara Staudacher Verlag, Stuttgart 1996, 205 S. | |
Kay Borowski (Hrsg.) | Baltendeutscher |
Bei mir in Moskau leuchten die Kuppeln | |
Eine Stadt im Spiegel ihrer Gedichte Ausgewählt und übertragen von Kay Borowski Barbara Staudacher Verlag, Stuttgart 1997, 207 S. | |
In der Regel bilden in den Gedichten die Stadt oder einzelne Merkmale der Stadt den Hintergrund, vor dem
sich menschliche Schicksale abspielen. Da sind die reinen Erwähnungen in Liebesgedichten, in einem
Gebetsgedicht, in Stimmungsgedichten, und da sind auch Verse, die mit der Stadt verknüpftes historisches
oder politisches Geschehen bewusst machen. Nachhaltig beeindruckend die Gedichte über die Leningrader Blockade
(Achmatowa, Ehrenburg, Druskin), das Gedicht über die Knäste
und Lager (Wyssozki), Korshawins Gedicht "Begegnung
mit Moskau", das aus Zensurgründen jahrzehntelang unveröffentlicht blieb, "in den Tisch geschrieben" war.
Bei einigen wenigen Gedichten allerdings ist rätselhaft, warum sie einer Stadt zugeordnet wurden, z. B. bei dem Vers von Fjodor Sologub: Niemand sein und nicht sein,/schauend in der Menge leben,/ganz mit einem Traum allein,/keinen Anspruch zu erheben.// Sologub war Mathematiklehrer in St. Petersburg. Darum? Alle Gedichte - zweisprachig russisch und deutsch abgedruckt - wurden von Kay Borowski neu ins Deutsche übersetzt. Er vermittelt uns die Verse oft als Nachdichtung, manchmal in einer deutschen Übertragung, die - wie oft auch seine eigene Dichtung - auf den Reim verzichtet, doch die verdichtete Aussage erhält. Man hätte gern gewusst, welche der Verse in diesen beiden Büchern erstmals in deutscher Sprache erscheinen. Wohl kaum eine Stadt ist in Liedern und Gedichten so häufig besungen worden wie die Stadt an der Newa. Da konnte Kay Borowski, übrigens Baltendeutscher, aus dem Vollen schöpfen. Aber obwohl das Angebot an Moskau-Gedichten nicht so reichhaltig ist, wie das an Petersburg- (seit 1703), Petrograd- (1914-1924), Leningrad-(1924-1991)Gedichten sind beide Bände - jeweils mit Puschkinversen beginnend und mit Gedichten aus den neunziger Jahren endend - gleich eindrucksvoll und überzeugend. Fast möchte man alles stehen und liegen lassen und sofort wieder in die beiden russischen Metropolen reisen. Alle Autoren werden von Borowski in biographischen Notizen vorgestellt, ihre Namen sind, und das ist gut so, mit Betonungszeichen versehen. Erstaunlich und verdienstvoll, dass sich ein kleiner Verlag einer solchen lyrischen Thematik angenommen hat. Um so bedauerlicher, dass das "Gesicht" beider Bücher (Moskau schmückt ein langweiliges Foto, Petersburg eine noch langweiligere Zeichnung) so wenig ansprechend ist. | |
Gisela Reller / www.reller-rezensionen.de
| |
Weitere Rezensionen zum Thema "St. Petersburg": | |
| |
Weitere Rezensionen zum Thema "Moskau": | |
| |
Weitere Titel zum Thema "Der Goldene Ring": | |
| |
Weitere Rezensionen zu "Gedichtbände (und Poeme)": | |
Am 18.01.2002 ins Netz gestellt. Letzte Bearbeitung am 20.11.2019. Das unterschiedliche Schreiben von Eigennamen ist den unterschiedlichen Schreibweisen der Verlage geschuldet. | |
Eine gute Absicht macht eine böse Tat nicht gut. | |
Sprichwort der Baltendeutschen |
[ | zurück | | | | | nach oben | ] |