Hörbuch REZENSIONEN |
Zwei Maulwürfe, die ihre Gänge in dieselbe Richtung gruben...
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Gustave Flaubert / Ivan Turgenjev |
U. a. über den Russen Turgenjev |
Eine Freundschaft in Briefen |
Live-Lesung
Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer
Sprecher: Bruno Glanz, Otto Sander
Auswahl und Fassung für die Lesung: Katharina Wagenbach Wolff und Peter
Urban, Coverbild: Tatjana Hauptmann, Fotos und Porträts Ganz/Sander:
Ruth Walz, Aufnahme: Schweizer Radio DRS im Schauspielhaus Zürich,
Redaktion: Martin Walder, Schnitt und Mastering: ARTAG-Studio, Zürich,
Toastet: Marco Drudi, Zumikon, Gestaltung: Bernet & Schönenberger,
Zürich, Herstellung: OMID Produktions AG, Diessenhofen.
Kein & Aber Records, 2 CDs, Laufzeit. etwa 91 Minuten. Mit Booklet
von Julian Barnes. |
(Rezensiert, entsprechend dem Gästebucheintrag von Franz Schön.)
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Es ist anrührend, wie sich beide Männer in den vielen Briefen, die sie
in siebzehn Jahren wechselten, ihrer Hochachtung, ihrer Liebe und auch
ihrer männlichen Zärtlichkeit versicherten. Flaubert schickt Cidre und
Käse, Turgenjev revanchierte sich mit Lachs, Kaviar und: einem
Morgenrock, so schön, dass er dem Chan von Buchara alle Ehre gemacht
hätte... Rührend die humorvollen Dankesworte Flauberts, der, oft sehr
einsam zusammen mit seiner Mutter in der Normandie lebte. Nur von einer
Nichte ist des Öfteren die Rede, von einer Frau oder Geliebten keine
Spur.
Maxim Gorki hat einmal gesagt. "Ich möchte so schreiben
können wie Flaubert. Jawohl."
Auch Turgenjev scheint in Paris ein ziemlich geschlechtsloses
Leben geführt zu haben - als sittsamer Untermieter im Hause
Viardots.
Obwohl beide noch viele Lebens- und Schaffensjahre vor sich hatten,
fühlten sie sich schon als ältere Männer, für Turgenjev, den oft
Gichtanfälle plagten, war der Tenor des Lebens ab fünfzig Jahren Resignation.
Am 28. Februar 1863 waren sich der Franzose Flaubert und
der Russe Turgenjev bei einem der berühmten Diners im Pariser Café Magny
das erste Mal begegnet. Turgenjev bedankte sich für den freundlichen Empfang der
Tafelrunde mit einem Vortrag über die aktuelle Lage der
russischen Literatur. Schon am nächsten Tag schickte der russische dem französischen
Schriftsteller zwei seiner Bücher und lud ihn zum Abendessen ein.
Damit begann eine Männerfreundschaft, die bis zum Tode Flauberts im
Jahre 1880 andauerte. Bei ihrer ersten Begegnung war Flaubert
zweiundvierzig Jahre
alt, Turgenjev fünfundvierzig. Beide hatten ihren berühmtesten Roman schon
geschrieben: Flaubert "Madame Bovary", Turgenjev "Väter und Söhne".
Beide sind sich einig über die Plagen des Alters, die nur durch Arbeit
zu mildern seien. Und beide arbeiteten - schrieben - intensiv, obwohl Turgenjev sich einen Faulpelz schalt, Flaubert dagegen berühmt war für
seinen ungeheuren Fleiß. Julian Barnes, ein ausgewiesener
Flaubert-Kenner und -Verehrer schreibt: "Turgenjev war gesellig,
kosmopolitisch, rastlos, liebenswürdig und charmant, Flaubert eremitisch,
provinziell, bodenständig, ungehobelt und grob... Doch das Wichtigste
war, daß beide sich in ästhetischen Fragen im großen und ganzen einig
waren: `Wir sind zwei Maulwürfe, die ihre Gänge in dieselbe Richtung
graben´, wie der Russe so treffend sagte." In dem Briefwechsel der
beiden Schriftsteller kann ich von Flauberts Ungehobeltheit und Grobheit nichts
entdecken. Im Gegenteil: Wie innig bittet (ja, bettelt) er "meinen
Moskowiter" immer und immer wieder um seinen Besuch in Croisset, weil
der Einsame endlos mit ihm plaudern möchte. Niemals nimmt er es übel,
wenn ihm Turgenjev Ratschläge zu seiner Schriftstellerei gibt; und wie
aufrichtig lobt er dessen Bücher, ganz und gar frei von Neid oder
Missgunst. Der "ungehobelte, grobe" Flaubert zeigt sich in den Briefen
an Turgenjev friedlich, kameradschaftlich, unaggressiv und:
ausgesprochen humorvoll.
"(...) ihr Briefwechsel", so Barnes, "ist ein
seltener Beleg dafür, daß zwei große Schriftsteller sich von Herzen
zugetan sind".
Die Vorlage für dieses reizvolle Hörbuch erschien als
Buch im Verlag Friedenauer Presse, der bekannt dafür ist, Texte
bekannter und auch unbekannter Autoren auszugraben und bibliophil zu
gestalten. Wunderbar die beiden Schauspieler, die mit ihrer Stimme die
beiden Schriftsteller verkörpern: Otto Sander liest Gustave Flaubert und
Bruno Ganz Ivan Turjenjev; beide Schauspieler leben heute in Berlin. Sehr
liebevoll gestaltet und textlich vielseitig Cover und das Booklet von
Julian Barnes, der als freier Schriftsteller in London
lebt.
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Gisela Reller
/ www.reller-rezensionen.de
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Weitere Rezensionen zu "Titel der klassischen russischen Literatur":
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- Anton Čechov
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(Tschechow), Zwei Erzählungen. (Die Dame mit dem Hündchen / Rothschilds Geige), Hörbuch.
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Ivan
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Weitere
Rezensionen zu "Briefwechsel"
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Am 27.08.2003 ins Netz gestellt. Letzte Bearbeitung am 26.11.2019.
Das unterschiedliche Schreiben von Eigennamen ist den unterschiedlichen Schreibweisen der Verlage geschuldet. |