Sie war mir schon als Übersetzerin, Kritikerin, Herausgeberin und
immer wieder als sachkundige Nachwort-Schreiberin aufgefallen. Verfallen
bin ich ihr, als sie zum 3. Internationalen Literaturfestival in der
Berliner Sophienstraße charmant die Zügel in die Hand nahm, weil der
russische Moderator, vom Alkohol gebeutelt, die Zügel nicht mehr halten
konnte...
Ilma Rakusa, geboren 1946, lebt in Zürich. In Von Ketzern
und Klassikern schreibt sie über Bücher und Autoren aus Russland,
erweist sich als gleichermaßen intime Kennerin der russischen Avantgarde
wie der russischen Klassiker. Ihr Buch handelt von
Anton Tschechows "Möwe",
von Samjatins visionärem anti-utopischem Roman "Wir", von Schipenkos Erstlingsroman "Das Leben
Arsenijs" und vielem, vielem mehr.
Ilma Rakusas Streifzüge durch die russische Literatur folgen keinem festen Prinzip, keinen
literarischen Stilrichtungen, Schulen oder Gruppierungen. Sie verweilen
bei bekannten und weniger bekannten Autoren, geben Einblick in
biographische und werkgeschichtliche Zusammenhänge oder beschränken sich
auf die Charakteristik eines Buches, eines künstlerischen Verfahrens, einer
thematischen Konstellation. Ilma Rakusa, die ihre Streifzüge auch
"punktuelle Recherchen" nennt, in ihrem Vorwort: "Meine Streifzüge
entlarven Skurriles und Melancholisches, sie zeigen den Aufbruch
russischer Schriftstellerinnen
in die Post-Perestroika und so manchen
wagemutigen Versuch, aus politisch-realsozialistischer Gängelung ins
Reich ästhetischer Freiheit zu entkommen."
Man sollte Rakusas
Streifzüge in erster Linie als Anregung und Anleitung zur Lektüre
verstehen. Es ist zum Beispiel sehr reizvoll, das verdienstvolle Heft
der Friedenauer Presse "Lieder der Stadt" über die Malerin-Poetessa
Elena (Jelena) Guro zu lesen und dann zu schauen, was die Rakusa zur
allzu früh verstorbenen Guro zu sagen hat oder Daniil Charms für sich zu
entdecken und dann nachzulesen, was er der
Rakusa bedeutet. Ihre
Gedanken stimmen durchaus nicht immer mit der gängigen Meinung überein.
Interessant und spannend auch ihre thematischen Beiträge über die
Frauengestalten bei Dostojewski, über Kinder in der russischen Literatur,
über russische Schriftstellerinnen im Aufbruch. In dem Kapitel über
russische Gegenwartsschriftstellerinnen nennt sie die
Petruschewskaja,
die Ulitzkaja, die Slawnikowa, die Platowa,
die Rybakowa,
die Marinina,
die Daschkowa.
Von Viktorija Tokarjewa,
die sich selbst zu den fünf besten russischen Autorinnen zählt, ist
bei Rakusa nicht die Rede.
Erfreulich, dass der Suhrkamp Verlag das
individuelle Bändchen Von Ketzern und Klassikern in seine
verdienstvolle Reihe edition Suhrkamp als Originalausgabe aufgenommen hat!
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- Simone Barck / Siegfried Lokatis (Hr.), Fenster zur Welt. Eine Geschichte des DDR-Verlages Volk & Welt.
- Ralph Dutli, Erzählte russische Literaturgeschichte, Hörbuch.
- Leonhard Kossuth, Volk & Welt.
Autobiographisches Zeugnis von einem legendären Verlag.
- Pëtr Kropotkin, Ideale und
Wirklichkeit in der russischen Literatur.
- Tatjana Kuschtewskaja, Die Poesie der russischen Küche. Kulinarische Streifzüge durch die russische Literatur.
- Reinhard Lauer, Kleine Geschichte der russischen Literatur.
- Fritz Mierau, Mein russisches Jahrhundert. Autobiographie.
- Valeria M. Netchaeva, Lernen Sie Rußland kennen! Ein Lehrbuch der
literarischen Landeskunde.
- Sergio Pitol, Die Reise. Ein Besuch Russlands und seiner
Literatur.
- Klaus Städtke (Hrsg.), Russische Literaturgeschichte.
Am 31.03.2004 ins Netz gestellt. Letzte Bearbeitung am
am 12.01.2017.
Das unterschiedliche Schreiben von Eigennamen ist den unterschiedlichen Schreibweisen der Verlage geschuldet. |