Kinderbuch-JugendbuchREZENSIONEN

Flucht nach Prostokwaschno

Russe
Väterchen Fjodor, der Kater & der Hund
Aus dem Russischen von Hans Zimmermann
Mit Illustrationen von Jara Capek
leiv, Leipziger Kinderbuchverlag, Leipzig 2004, 112 S.

Nutztiere (Schweine, Kühe, Pferde...) sind dem Menschen nützlich. Und Haustiere (Katzen, Hunde, Hamster...)? Die wollen nur fressen und machen Arbeit, ohne dem Menschen einen Nutzen zu bringen. Das jedenfalls meint Fjodors Mama, die Tiere nicht leiden kann, besonders Katzen nicht. Papa ist da anderer Meinung, kann sich aber gegen seine Frau nicht durchsetzen. Fjodor, der Sohn von Mama und Papa, konnte mit vier Jahren bereits lesen und schreiben und schon mit sechs Jahren Suppe kochen. Seine Eltern nennen ihn, weil er so ernst und selbständig ist, aus Spaß Väterchen Fjodor.

Eines Tages begegnet unserem Väterchen Fjodor ein großer gestreifter Kater, der sprechen kann; denn er hatte, bis er obdachlos geworden war, bei einem Professor gelebt, der die Sprache der Tiere erforscht. "Man schnappt irgendwo ein Wort auf oder auch zwei", sagte der Kater. "Jetzt geht es ohne Sprache nicht mehr. Wenn du nicht sprechen kannst, gehst du zu Grunde, sie machen aus dir eine Pelzmütze, einen Pelzkragen oder einen Bettvorleger."

Väterchen Fjodor will den großen, gestreiften Kater gerne mit nach Hause nehmen. Aber - wir ahnen es schon - die Mutter erlaubt es nicht. Da beschließt Fjodor (Ich denke, er ist etwa acht/neun Jahre alt.) von zu Hause fort zu gehen. Er hinterlässt einen Brief an Mama Rimma und Papa Dima, damit sie sich keine Sorgen machen und geht mit dem Kater davon - nach Prostokwaschno (das heißt auf Deutsch "Sauermilch"). Dort finden der Junge und sein Kater ein leer stehendes Häuschen vor und einen Hund, zottig und voller Kletten. Auch er darf bei Fjodor wohnen. Der Kater erhält den Namen Matroskin, einen Seemannsnamen, der Mischlingshund wird Scharik heißen. Schon bald leben sie alle zusammen mit einer Kuh, einem Kälbchen, einer Dohle und einem Traktor, der statt mit stinkendem Benzin mit schmackhafter Suppe fährt. Sie alle arbeiten gemeinsam in Haus und Garten ("Sie schufteten den ganzen Tag, denn sie waren hierher gekommen, um zu arbeiten, und nicht, um die Zeit totzuschlagen.") Aber sie machten es sich zusammen auch gemütlich. Finanziell waren sie ohne Sorgen, denn sie hatten einen Schatz gefunden...

Zu Hause aber sitzen Mama und Papa voller Gram und in Sorge um ihren Sohn; sie haben einfach keine Freude am Leben mehr. Endlich nach langer Suche gelingt es ihnen, Väterchen Fjodor aufzuspüren. Vielleicht hat Fjodors Mama aus Liebe zu ihrem Sohn nun nichts mehr gegen Haustiere?

Ein sehr hübsch ausgestattetes Buch mit lustigen Zeichnungen und darüber hinaus ein pädagogisch interessantes Buch - sollen hier doch Eltern erzogen werden, in diesem Falle Mama Rimma.

Aber auch einige Fragen stellen sich: Warum findet sich keine Angabe für das Lesealter? Meiner Meinung nach ist es für Sieben- bis Zehnjährige bestimmt. Ob diese Altersgruppe allerdings den in verschnörkelter Schrift geschriebenen Brief der Eltern (S. 59) lesen können? - Wann wurde dieses Buch geschrieben? Wann ist es russisch das erste Mal erschienen? Wie soll man ohne diese Angaben diesen Text verstehen: "Es ist schon eine seltsame Milch, den meine liebe Murka da gibt. Man müsste daraus Dosenmilch machen und sie zu unseren Feinden an die Front schicken, damit sie verrückt werden und aus ihren Schützengräben kriechen." Diese Zeilen hätten unbedingt einer Fußnote bedurft. - Ärgerlich finde ich, dem kranken Väterchen Fjodor Tabletten mit heißer Milch zu verabreichen; denn in vielen Beipackzetteln steht ausdrücklich, dass sich Tabletten und Milch nicht vertragen. Und zu guter Letzt - ist das hochdeutsch? "Die geht uns gerade noch ab." statt "Das hat uns gerade noch gefehlt."

Dennoch, es bleibt dabei: ein hübsches, lesenswertes Kinderbuch.


Gisela Reller / www.reller-rezensionen.de

 

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Am 16.12.04 ins Netz gestellt. Letzte Bearbeitung am 28.11.2019.

Das unterschiedliche Schreiben von Eigennamen ist den unterschiedlichen Schreibweisen der Verlage geschuldet.

   Väterchen Fjodor
der Kater & der Hund,
gezeichnet von
Jara Capek.

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