"Rußland zu lieben, die Dichtung
des Heimatlandes zu verstehen, die
wunderbar reiche und zu Herzen gehende russische Sprache kennenzulernen
- all das brachte Puschkin seine Kinderfrau Arina Rodionowna Matwejewa
bei, von der vielleicht noch nicht einmal jeder den Namen kennt", sagte
einst der unvergessene russische Schriftsteller Konstantin Paustowski (1892-1968). Ja, den Namen der einfachen bäuerlichen Kinderfrau
Puschkins sollte man sich merken; denn Alexander Puschkin hätte ohne
ihre Erzählkunst wohl schwerlich so schöne Märchen verfasst wie "Das Märchen von dem Popen und seinem Knecht Trottel"
(geschrieben in Boldino 1830, postum veröffentlicht 1840), Das Märchen vom Zaren Saltan
(geschrieben 1831, veröffentlicht 1832) "Das Märchen vom Fischer und dem Fischlein"
(geschrieben 1833, veröffentlicht 1835), "Das "Märchen von der toten Zarentochter und den sieben
Recken" (geschrieben 1833, veröffentlicht 1834), "Das Märchen vom
goldenen Hahn" (geschrieben 1834 veröffentlicht 1835)... Das Märchen vom Zaren
Saltan, von Puschkin in Gedichtform (für Erwachsene und Kinder)
geschrieben, ist von Gennadij Spirin illustriert und wird von Sybil
Gräfin Schönfeldt - beide kennen wir schon von "Kaschtanka" und
"Die kleine schwarze Henne"
- nacherzählt, in einfachen Worten für Kinder ab etwa sechs Jahren. Dabei bleibt zwar der Inhalt erhalten, aber die
Poesie der Puschkinschen Sprache geht vollkommen verloren - was
mehr als schade ist. Dennoch: Es ist ein großes Verdienst des Esslinger
Verlages, klassische russische Schriftsteller Kindern nahe zu
bringen.
In Puschkins Märchen vom Zaren Saltan - das Anklänge an den
späten westeuropäischen Ritterroman erkennen lässt - stellen zwei neidische Schwestern und die böse
Base [Cousine] des Zaren Schreckliches an,
weil sie der dritten, der jüngsten Schwester, ihr Glück mit dem Zaren Saltan neiden. Dann muss der Zar in den Krieg ziehen. Während dieser
Zeit gebiert die Zarin einen Sohn. Die bösen Schwestern und die böse
Base schreiben dem Zaren einen Brief, dass ihm ein Ungeheuer geboren
ward. Und den Bojaren des Zaren übermitteln sie einen gefälschten Brief
des Zaren mit dem Befehl, die Zarin und den neugeborenen Sohn zu
ertränken.
Wie die Zarin und der Sohn gerettet
werden, wie der Sohn, erwachsen geworden, eine wunderschöne
verwunschene Zarentochter freit, und wie Zar Saltan endlich die Wahrheit
über Gemahlin und Sohn erfährt, das sollt ihr Kinder selber lesen
oder: Euch vorlesen lassen.
Bei Puschkin lauten die Zeilen, als des
Zaren Sohn das erste Mal der schönen Zarentochter in Gestalt eines
Schwans begegnet, so:
Kaum jedoch kam er ans Meer,
Hört er: Jemand stöhnt gar sehr...
Sieht: Ein Schwan im Schaume bebt, Über ihm ein Geier schwebt;
Und der Schwan schaut bang unsäglich, Windet sich und zittert kläglich,
Wild gespreizt hat - welch ein Graun! -
Schon der Geier seine Klaun... Doch von dem gespannten Bogen
Plötzlich kommt ein Pfeil geflogen
In des Geiers Hals - sein Blut
Färbt mit Pupur rings die Flut,
Und in Todesqual und Grimme
Schreit er wie mit Menschenstimme.
Und der Schwan mit Schlagen, Beißen
Sucht ihn in die Flut zu reißen,
Sicher ihn zu töten. Drauf
Tut der Schwan den Schnabel auf,
Russisch und mit Menschenton
Spricht er zu dem Zarensohn:
"Zarensohn! Mich zu erlösen,
Kamst du, von der Macht des Bösen:
Kannst du jetzt um meinetwillen
Auch nicht deinen Hunger stillen
Ging verloren auch dein Pfeil,
Glück wird dir dafür und Heil!
Keinen Schwan hast du befreit -
Eine stolze Königsmaid!
Und der Geier, der als Ziel
Deines sichern Schusses fiel,
War ein Zauberer - reicher Lohn
Soll dir werden, Zarensohn!
Deinem Dienst will ich mich weihn,
Überall dir nahe sein...
(Deutsch von Friedrich Bodenstedt)
Von Sybil Gräfin Schönfeldt nacherzählt, lesen sich jene Märchenzeilen Puschkins so:
"Als er [der Zarensohn] nach Beute Ausschau hielt, hörte er plötzlich
ein Stöhnen und Klagen und sah einen Schwan in der Brandung, über dem
ein Habicht schwebte. - Schnell legte er den Pfeil an die Sehne und traf
den Raubvogel am Halse. Mit einem lauten Schrei wie von Menschenmund
stürzte der Habicht in die Gischt, und der Schwan machte ihm mit
Flügelschlägen und Schnabelhieben den Garaus. - `Dank dir, Zarensohn!´
rief der Schwan. `Du hast mich aus der Macht des Bösen erlöst. Denn
wisse, ich bin eine Königstochter, und der Habicht war ein
heimtückischer Zauberer. Trauere nicht um deine entgangene Beute! Ich will´s dir reich entgelten, will dir immer nahe sein und all deine
Wünsche erfüllen.´" Puschkin ist
nur noch am Inhalt zu erkennen! Mir will auch nicht zusagen, dass das
russische Märchen vom Zaren Saltan mit dem typisch deutschen
Märchenanfang "Es war einmal" beginnt und mit dem typisch deutschen
Schlusssatz endet: "Und wenn sie nicht gestorben sind..."
Und: Da scheint auch noch der
Übersetzungsteufel seine Hand im Spiel gehabt zu haben, denn welcher Zauberer
verwandelt sich in einen kleinen Habicht, um einen Schwan anzugreifen? Im
Original steht ein Geier, der von Gennadij Spirin auch
detailgetreu gezeichnet wurde. Überhaupt, die Zeichnungen - die
eigentlich Gemälde sind - söhnen mit dem Buch ohne Puschkins Verse aus.
Man kann sich nicht satt sehen an den prächtigen Kleidern des Zaren,
an denen der reichen Bojaren, der neidischen Schwestern, der missgünstigen
Base, des schönen jungen Zarensohnes, der liebenswerten Zarenmutter und
der nun im Glanz von Gold und Silber erstrahlenden, einst als Schwan
verwunschenen Zarentochter. Aus Samt, Seide und herrlichen Pelzen sind
die Gewänder, bestickt, ornamentiert - in üppiger Farbenpracht. Und die
Kronen und Kopfbedeckungen und die Zepter und Dolche und das prachtvolle
Zaumzeug der edlen Pferde! Mit wie viel Liebe hat der Russe Spirin, der mit
seiner Familie in den USA lebt, den feinen Pinsel geschwungen...
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Liebe Eltern, Liebe Großeltern!
2007 stellte die Akademie für Leseforschung fest, dass Kinder erstaunliche Lesefortschritte machen, wenn sie laut lesen.
Regen Sie Ihre Kinder und Enkelkinder also unbedingt zu lautem Lesen an!
Ferner wurde erforscht, dass zwei von drei Eltern ihrem Nachwuchs
niemals etwas vorlesen. Und die meisten Eltern, die ihren Kindern von
der Geburt bis zur Einschulung etwas vorlesen, tun dies insgesamt nur
etwa 24 Stunden. Die Stiftung Lesen kündigt für 2008 an, in Arztpraxen
bei den Pflichtvorsorge-Untersuchungen den Eltern Lesestart-Pakete zu
überreichen. Säumen Sie nicht - lesen Sie Ihren Kindern schon
heute Abend etwas vor - vielleicht aus dem Buch von Alexander Puschkin Das
Märchen vom Zaren Saltan.
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