Vorab!
Leider kommt im Internet bei meinem (inzwischen veralteten) FrontPage-Programm längst nicht alles so, wie von mir in html angegeben. Farben kommen anders, als von mir geplant, Satzbreiten wollen nicht so wie von mir markiert, Bilder kommen manchmal an der falschen Stelle, und - wenn ich Pech habe - erscheint statt des Bildes gar eine Leerstelle.
Was tun? Wer kann helfen?
*
Ich bin ein Ossete: Der
Foto:
Fotos und Illustrationen richtig
Zeichnung Karl-Heinz Döhring
Wenn wir für das eine Volk eine Zuneigung oder gegen das andere eine Abneigung hegen, so beruht das, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, auf dem, was wir von dem jeweiligen Volk wissen oder zu wissen glauben. Das ist – seien wir ehrlich – oft sehr wenig, und manchmal ist dieses Wenige auch noch falsch.
Ich habe für die Berliner Illustrierte FREIE WELT jahrelang die Sowjetunion bereist, um – am liebsten - über abwegige Themen zu berichten: über Hypnopädie und Suggestopädie, über Geschlechtsumwandlung und Seelenspionage, über Akzeleration und geschlechtsspezifisches Kinderspielzeug... Außerdem habe ich mit jeweils einem deutschen und einem Wissenschaftler aus dem weiten Sowjetland vielteilige Lehrgänge erarbeitet.* Ein sehr interessantes Arbeitsgebiet! Doch 1973, am letzten Abend meiner Reise nach Nowosibirsk – ich hatte viele Termine in Akademgorodok, der russischen Stadt der Wissenschaften – machte ich einen Abendspaziergang entlang des Ob. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich zwar wieder viele Experten kennengelernt hatte, aber mit der einheimischen Bevölkerung kaum in Kontakt gekommen war.
Da war in einem magischen Moment an einem großen sibirischen Fluss - Angesicht in Angesicht mit einem kleinen (grauen!) Eichhörnchen - die große FREIE WELT-Völkerschafts-Serie** geboren!
Und nun reiste ich ab 1975 jahrzehntelang zu zahlreichen Völkern des Kaukasus, war bei vielen Völkern Sibiriens, war in Mittelasien, im hohen Norden, im Fernen Osten und immer wieder auch bei den Russen.
Nach dem Zerfall der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zog es mich – nach der wendegeschuldeten Einstellung der FREIEN WELT***, nun als Freie Reisejournalistin – weiterhin in die mir vertrauten Gefilde, bis ich eines Tages mehr über die westlichen Länder und Völker wissen wollte, die man mir als DDR-Bürgerin vorenthalten hatte.
Nach mehr als zwei Jahrzehnten ist nun mein Nachholebedarf erst einmal gedeckt, und ich habe das Bedürfnis, mich wieder meinen heißgeliebten Tschuktschen, Adygen, Niwchen, Kalmyken und Kumyken, Ewenen und Ewenken, Enzen und Nenzen... zu widmen.
Deshalb werde ich meiner Webseite www.reller-rezensionen.de (mit inzwischen weit mehr als fünfhundert Rezensionen), die seit 2002 im Netz ist, ab 2013 meinen journalistischen Völkerschafts-Fundus von fast einhundert Völkern an die Seite stellen – mit ausführlichen geographischen und ethnographischen Texten, mit Reportagen, Interviews, Sprichwörtern, Märchen, Gedichten, Literaturhinweisen, Zitaten aus längst gelesenen und neu erschienenen Büchern; so manches davon, teils erstmals ins Deutsche übersetzt, war bis jetzt – ebenfalls wendegeschuldet – unveröffentlicht geblieben.
Sollten sich in meinem Material Fehler oder Ungenauigkeiten eingeschlichen haben, teilen Sie mir diese bitte am liebsten in meinem Gästebuch oder per E-Mail gisela@reller-rezensionen.de mit. Überhaupt würde ich mich über ein Feedback freuen!
Gisela Reller
* Lernen Sie Rationelles Lesen" / "Lernen Sie lernen" / "Lernen Sie reden" / "Lernen Sie essen" / "Lernen Sie, nicht zu rauchen" / "Lernen Sie schlafen" / "Lernen Sie logisches Denken".
** Im 1999 erschienenen Buch „Zwischen `Mosaik´ und `Einheit´. Zeitschriften in der DDR“ von Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis (Hrsg.), erschienen im Berliner Ch. Links Verlag, ist eine Tabelle veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Völkerschaftsserie der FREIEN WELT von neun vorgegebenen Themenkreisen an zweiter Stelle in der Gunst der Leser stand – nach „Gespräche mit Experten zu aktuellen Themen“.
(Quelle: ZA Universität Köln, Studie 6318)
*** Christa Wolf zur Einstellung der Illustrierten FREIE WELT in ihrem Buch "Auf dem Weg nach Tabou, Texte 1990-1994", Seite 53/54: „Aber auf keinen Fall möchte ich den Eindruck erwecken, in dieser Halbstadt werde nicht mehr gelacht. Im Gegenteil! Erzählt mir doch neulich ein Kollege aus meinem Verlag (Helmut Reller) – der natürlich wie zwei Drittel der Belegschaft längst entlassen ist –, daß nun auch seine Frau (Gisela Reller), langjährige Redakteurin einer Illustrierten (FREIE WELT) mitsamt der ganzen Redaktion gerade gekündigt sei: Die Zeitschrift werde eingestellt. Warum wir da so lachen mußten? Als im Jahr vor der `Wende´ die zuständige ZK-Abteilung sich dieser Zeitschrift entledigen wollte, weil sie, auf Berichterstattung aus der Sowjetunion spezialisiert, sich als zu anfällig erwiesen hatte, gegenüber Gorbatschows Perestroika, da hatten der Widerstand der Redaktion und die Solidarität vieler anderer Journalisten das Blatt retten können. Nun aber, da die `Presselandschaft´ der ehemaligen DDR, der `fünf neuen Bundesländer´, oder, wie der Bundesfinanzminister realitätsgerecht sagt: `des Beitrittsgebiets´, unter die vier großen westdeutschen Zeitungskonzerne aufgeteilt ist, weht ein schärferer Wind. Da wird kalkuliert und, wenn nötig, emotionslos amputiert. Wie auch die Lyrik meines Verlages (Aufbau-Verlag), auf die er sich bisher viel zugute hielt: Sie rechnet sich nicht und mußte aus dem Verlagsprogramm gestrichen werden. Mann, sage ich. Das hätte sich aber die Zensur früher nicht erlauben dürfen! – "Das hätten wir uns von der auch nicht gefallen lassen", sagt eine Verlagsmitarbeiterin.
Wo sie recht hat, hat sie recht.“
Wenn Sie sich die folgenden Texte zu Gemüte geführt und Lust bekommen haben, die Taimyr-Halbinsel zu bereisen und auch die Dolganen kennenzulernen, sei Ihnen das Reisebüro ? empfohlen; denn – so lautet ein dolganisches Sprichwort -
Reise, so oft du willst aber - liebe dein Zuhause.
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Die Osseten… (Eigenbezeichnung: )
Die Alanen sind Vorläufer der heute im Kaukasus lebenden Osseten.
Kasbek und Terek.
Gemälde von Pawel Saron, Republik Nordossetien, Reproduktion aus: Rellers Völkerschafts-Archiv.
Kasbek und Terek
Bevölkerung:
Das Zitat: „Die Osseten sind das einzige nordkaukasische Volk, das die russischen Kolonisatoren gegen Ende des 18. Jahrhunderts erfolgreich vom Islam zum Christentum bekehrten. Heute sind nur noch 15 Prozent Muslime. Im Kaukasus gelten die Osseten als besonders treue Bundesgenossen Moskaus. Schon im Kommunismus sagte man ihnen nach, das sowjetischste aller Kaukasusvölker zu sein. Das zahlt sich aus. Als einziges Föderationssubjekt in der Region verzeichnet die Republik ein bescheidenes Wirtschaftswachstum. Sie profitiert seit fast zehn Jahren von den Feldzügen in Tschetschenien, da sich der russische Militäraufmarsch auf ihrem Territorium konzentriert. - "Wladi Kawkas", zu Deutsch "Bezwinge den Kaukasus", wie die nordossetische Hauptstadt heißt, ist mehr als ein bloßer Name. Dahinter verbergen sich Programm und Haltung einer Zentralgewalt, die sich über 200 Jahre nicht verändert haben.“
Klaus Helge-Donath in: taz.de vom 12. Oktober 2004
"Der Nordkaukasus stellt, was Natur, Geschichte und besonders die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung anbelangt, eine außergewöhnlich interessante Region dar. Hier leben nur 6 Prozent der sowjetischen Bevölkerung, der Zahl der Nationalitäten und Völkerschaften nach aber findet man seinesgleichen im Lande nicht. Besonders bunt ist die nationale Zusammensetzung in den Gebirgsgegenden. Kurz nach der Errichtung der Sowjetmacht wurden hier autonome Republiken und Gebiete gebildet. Eine autonome Republik - das ist ein gleichberechtigter Sowjetstaat, der auf der Grundlage politischer Autonomie im Bestand einer Unionsrepublik in die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken eingegliedert ist. Jede dieser Republiken ist im Nationalitätensowjet des Obersten Sowjets der UdSSR direkt durch 11 Abgeordnete vertreten, jedes autonome Gebiet durch 5, unabhängig von seiner Einwohnerzahl."
Aus: Sowjetliteratur 1/1972
Fläche:
Geschichtliches:
Staatsgefüge:
„Jedes Volk – die Tschetschenen, die Inguschen, die Osseten, die Kabardiner, die Balkaren, […] muss seinen eigenen Sowjet haben. […] Sollte der Beweis erbracht werden, dass die Scharia notwendig ist, so mag es die Scharia geben. […] Sollte der Beweis erbracht werden, dass die Organe der Tscheka […] es nicht verstehen, sich der Lebensweise und den Besonderheiten der Bevölkerung anzupassen, dann ist klar, dass auch auf diesem Gebiet entsprechende Änderungen vorgenommen werden müssen."
Josef Wissarionowitsch Stalin auf dem Kongress der
Völker des Terekgebiets am 17. November 1920
Verbannungsgebiet:
Hauptstadt:
Wirtschaft:
Verkehr: Der Kaukasus ist ein verkehrsfeindliches Gebirge. Es fehlen Quertäler. Das macht ihn unzugänglich. Nur drei Passstraßen gibt es - die Georgische Heerstraße von Ordshonikidse nach Tbilissi, die Ossetische Heerstraße, die ebenfalls in Ordshonikidse beginnt und nach Kutaissi führt, und eine dritte Straße von Tscherkessk über den Kluchor-Pass nach Suchumi. Nur die Georgischer Heerstraße hat verkehrstechnische und wirtschaftliche Bedeutung. Sie führt durch die Darialschlucht.
Was bedeutet der Name Darial? "Dar-i-alan" heißt "Tor der Alanen". Die Alanen, ein iranischer Volksstamm, zogen während der Völkerwanderung nach Westen. Reste davon blieben im Gebirge zurück - ihre Nachkommen sind die heutigen Osseten. Übrigens gibt es noch einen Namen, der an die Osseten erinnert: An der Seite der Goten kämpften sie gegen die Hunnen auf den Got-alanischen oder den Katalaunischen Feldern.
Sprache/Schrift:
Literatursprache/Literatur: Ein großer Sohn Ossetiens ist Kosta Chetagurow, ein hervorragender Dichter, der seine unbestechliche Stimme gegen die Despotie des Zarismus erhob und dafür zweimal verbannt wurde.
Zitat: "Kosta Chetagorow war das Gewissen der Berge, der Wortführer der Bestrebungen nicht nur Ossetiens, sondern des ganzen Berglandes. Ein Mensch, den Prinzipien der kaukasischen Freiheit grenzenlos ergeben und aus diesem Grunde von den zaristischen Gendarmen verfolgt und gehetzt, war Kosta unerschrocken in seinem Kampf und heiß geliebt von den Unterdrückten.
Kühn tret ich der Gewalt entgegen / und sag die Wahrheit allerwegen.
Kosta schrieb mit der gleichen Verve in der ossetischen wie in der russischen Sprache."
Sawwa Dangulow (adygejischer Schriftsteller) in: Sowjetliteratur 1/1972
Saramag - die Heimat des Dichters Kosta Chetagurow.
Gemälde von Andrej Slobodin, Republik Tschetscheno-Inguschien, Reproduktion
aus: Rellers Völkerschafts-Archiv
Kosta Chetagurow
Bildung: Bis zur Revolution 1917 bestand die nordkaukasische Bevölkerung aus Analphabeten - es existierte auch kein Schrifttum in der Muttersprache. Eine Ausnahme bildete bis zu einem gewissen Grade Nordossetien: Hier kann fast 6 Prozent der Bevölkerung lesen und schreiben und es gibt eine bodenständige Intelligenz, es gibt Lehrer und Schulen, darunter sogar welche für Mädchen.
Kultur/Kunst: Die Koban-Kultur ist eine spätbronzezeitliche und eisenzeitliche Kultur im Norden des Kaukasus. Sie wurde nach dem 1869 im Dorf Verchni Koban in Nordossetien entdeckten Gräberfeld benannt, das etwa sechshundert Bestattungen umfasste. Besondere Aufmerksamkeit fand der reiche Bronzeschmuck. Die Koban-Kultur findet sich in Kabardino-Balkarien, Inguschetien, Ossetien und Tschetschenien.
Fragment einer bestickten Pferdedecke aus einem Gräberfeld in Nordossetien, etwa 5. Jahrhundert.
Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv
Gesundheitswesen:
Klima:
Natur/Umwelt:
Pflanzen- und Tierwelt: Der Kaukasus zeichnet sich durch einen besonderen Artenreichtum von Flora und Fauna aus. Viele Arten wurden in der letzten Eiszeit von sich ausbreitenden Eismassen eingeschlossen und entwickelten sich, abgeschnitten von Artgenossen, in isolierten Regionen. Dies ist ein Grund, warum es hier heute eine große Zahl an endemischen, d. h. nur an diesem Ort vorkommenden Arten gibt. - Von 6 500 Pflanzenarten gelten 1 600 als endemisch, 700 höhere Pflanzen finden sich als „selten“ oder „vom Aussterben bedroht“ in den nationalen Roten Listen. Unterschiedliche Klimazonen bringen einen großen Artenreichtum hervor. Mehr als 40 Prozent der Landesfläche sind mit Wäldern bedeckt, davon mehr als 4 Prozent mit Urwald. Unter den 153 Säugetierarten des Kaukasus sind dreißig endemisch. Außerdem lebt hier der Leopard, die Streifenhyäne, der Wolf, der europäische Braunbär… Äußerst selten sind die Bezoarziege, die kaukasische Gams, das kaukasische Mufflon, die Kropfgazelle… An Vogelarten kommen vierhundert vor, darunter Greifvögel wie Kaiseradler, Steinadler, Bartgeier und Schmutzgeier…- Von den 77 Reptilienarten, die im Kaukasus vorkommen, sind 28 endemisch. - Zu den 200 vorkommenden Fischarten gehören allein sechs Störarten, auch der Belugastör. - Vor etwa einhundert Jahren kamen in Ossetien noch vereinzelt Elche vor.
Behausungen:
Ernährung:
Kleidung:
Folklore:
Berühmt für ihre „Narten-Epen“ sind mehrere Völker des nördlichen Kaukasus, besonders die Adygen, die Tscherkessen, die Abchasen, die Osseten, die Karatschaier, die Balkaren, die Inguschen, die Abasiner, die Tschetschenen. Der Name „Narten“ leitet sich wahrscheinlich vom mongolischen Wort narta (Sonne) ab. Die Urmutter aller Narten ist die verführerische und weise Satanaya, die Ähnlichkeit hat mit der altgriechischen Fruchtbarkeitsgöttin Demeter. Die Narten-Sagen besitzen ein gleichgewichtiges Verhältnis zwischen Männern und Frauen, Göttinnen und Heldinnen genießen großen Respekt in den Erzählungen. Nartische Gottheiten wie der Himmelsschmied Kurdalagon, der Donnergott Uazilla sowie Sapha, der Schirmherr des heimischen Herdes, haben Parallelen zu nordischen Sagen und Mythen. Auch der griechischen Mythologie ähneln die Narten-Sagen in vielen Elementen. Die Figur von Nasran z. B. gleicht dem feuerbringenden Titanen Prometheus, den der Göttervater Zeus ausgerechnet an einen Berg im Kaukasus fesseln lässt. Der russisch-orthodxe Geistliche André Sikojew (der Vater war Ossete, die Mutter Deutsche) hat das Narten-Epos erstmals as einer russischen Fassung, die es seit 1948 neben einer ossetischen gab, ins Deutsche übertragen. Laut Sikojev sind die Narten-Sagen im Siedlungsgebiet der osseten entstanden und einst im gesamten nördlichen Kaukasus erzählt und gesungen worden. Nach ossetischem Glauben wohnten die Narten auf den Gipfeln des Kaukasus. Ihnen wurden ungezügelter Zorn, große Tapferkeit, List und Verachtung gegen jegliche Feigheit zugesprochen. Die Pferde der Narten sollen wie Odins Ross durch die Lüfte galoppiert sein. Die Osseten gelten als Nachfahren der Alanen, eines indoeuropäischen Reitervolks und Teilstamms der Sarmaten, die ihrerseits laut Herodot durch eine Vermischung von Skythen mit den Amazonen entstanden sein sollen.
"Aus dem Inhalt des Narten-Epos´: Die Welt war zunächst von wilden Riesen-Narten besiedelt, die in Höhlen wohnten, weil sie keine Häuser zu bauen vermochten. Sie hatten viel Kraft und wenig Verstand. Als dann weniger starke, dafür aber verständigere Narten auf die Welt kamen, konnten sie die Riesen leicht besiegen: Bald schläfert der Narte mit seiner Beredsamkeit das Misstrauen des Riesen ein oder lenkt seinen Zorn auf einen anderen Gegenstand, bald verwickelt er ihn geschickt in eine Situation, in der der Riese machtlos ist. Außer den Begegnungen mit den Riesen nehmen die Narten an fröhlichen Zusammenkünften teil, gehen auf die Jagd oder ziehen in den Krieg. Bei den Zusammenkünften spielen die Narten lustige Spiele, zechen, tanzen und singen. Ihre Kriegszüge sind immer voller Überraschungen. Die einzelnen Sagen erzählen von zahlreichen Fehden zwischen den Narten, von ihren blutigen Auseinandersetzungen. Darüber hinaus sind die Narten mit übermenschlichen Eigenschaften ausgestattet und verstehen die Sprache der Vögel. Und: Einige Narten beherrschen die Kunst, sich tot zu stellen, um den argwöhnischen Gegner zu überlisten. Andere Narten können in den Himmel steigen und zurückkehren, wieder andere wandern in die Hölle – und kommen, sobald sie wollen, zurück auf die Erde. Fast alle Narten sind mit mythischen Figuren der Sonne und deren Tochter verwandt. Doch das Hünenvolk endete tragisch: Die Narten waren so stolz geworden, dass sie an die Türen ihrer Häuser keine Leitern mehr ansetzten, damit Gott nicht etwa glaube, sie würden ihn anbeten. Gott sandte deshalb eine fürchterliche Hungersnot auf die Erde. Doch in der Nacht war der Himmel mit Körnern unbekannter Art übersät, die wie Lichter glänzten. Die Narten begannen, diese leuchtenden Körner mit Pfeilen abzuschießen und sich davon zu ernähren. Diese Speise allein aber reichte nicht aus, und alle Narten verhungerten. Nach ihrem Untergang fielen die himmlischen Körner auf die Erde und fingen zu wachsen an und Früchte zu tragen – das war der Mais, der für die Menschen so kostbar ist.“
Natascha Petrowa, in: Stimme Russlands vom 8. Oktober 2009
Die Frage nach der Herkunft des „Nartenepos“ ist schwierig. Der Iranist Wassili Abajew und der französische Religionshistoriker und Sprachwissenschaftler George Dumézil behaupten, dass das Epos von dem Volk der Osseten stammt. Laut dieser Forschern entstand das Epos im 8.-7. Jahrhundert v. Chr., im 12 – 14. Jahrhundert wurden dann die Sagen zu Zyklen gebündelt, die einen Helden oder ein Ereignis zum Thema hatten. Hinsichtlich der Herkunft des Wortes “nart“ haben die Wissenschaftler kein einhelliges Urteil. Einige von ihnen meinen, dass es mit dem iranischen Wort „nar“ (Mann), dem ossetischen „nae art“, was soviel wie „unser Feuer“ bedeutet, und der altindischen Wurzel „nrt“ (tanzen) verwandt ist. Andere leiten „nart“ von der mongolischen Wurzel „nara“ (Sonne) ab und meinen, das Wort „nart“ sei von dieser Wurzel durch Anfügung des Suffixes „t“ gebildet, das in der ossetischen Sprache bei Substantiven der Plural-Indikator ist; nach demselben Muster werden heute noch ossetische Nachnamen gebildet. Das „Narten-Epos“ besingt das Leben und die Heldentaten des ruhmreichen Volkes der Narten. Die Autoren der ossetischen Version des „Narten-Epos“ haben die besten menschlichen Eigenschaften - Heldenmut im Kampf, Enthaltsamkeit beim Essen, Respekt vor der Frau - in der Gestalt von Batras zusammengefasst. Die „Narten“ sind im Kaukasus zum Maßstab der Ehre geworden. „Überall war der Vergleich mit einem Narten das höchste Lob“, schrieb der französische Religionswissenschaftler und Soziologe George Dumézil (1898 bis 1986). - Zu den zentralen Figuren der Narten-Sagen gehört Soslan. Bei allen Völkern ist dies ein Narte, der von einem Stein geboren wurde. In den ossetischen Sagen weist Soslan Ähnlichkeiten mit dem Achill (Achilleus) der griechischen Mythologie auf. Während aber bei Achill die einzige verwundbare Stelle die rechte Ferse war, waren es bei Soslan die Knie. Die beiden fielen durch einen Schlag auf diese verwundbaren Stellen. – Ein ganzer Sagenzyklus ist Satanaya gewidmet. Bei den Osseten ist sie die Frau des Ahnherrn der Narten, ihre Herrin, deren List keine Grenzen kennt. - Viele ossetische Familien leiten ihren Ursprung heute noch von den Narten ab.
Feste/Bräuche:
Nach altem Brauch wird in den Bergen des Kaukasus der Neuankömmling in den ersten drei Tagen als Gast betrachtet, am vierten Tag aber schon dem Hausherrn gleichgestellt.
Zitat: "Niemals kann ich die Volksfeste in den Vororten von Pjatigorsk vergessen, wohin talentvolle Menschen aus allen Ecken und Enden der nordkaukasischen Erde strömten. Wahrhaftig, die Augen wußten nicht, wohin sie blicken sollten angesichts dieses phantastischen Schauspiels: ossetische Dshigiten [mutige Burschen] in weißen Beschmeten [Umhängen] auf ihren dünnbeinigen und raschen Pferden; Seiltänzer aus Dagestan mit den elastisch-geschmeidigen, wie mir schien `lebendigen´ Balancierstangen; großartige kabardinische Tänzer, Tänzer aus Dagestan und dem Land der Tschetschenen, die virtuos kaukasische Tänze vollführten, in erster Linie die Lesginka, einen geradezu feurigen Tanz; Musikanten, deren Instrumente sowohl dem Aussehen wie dem Klang nach ganz ungewöhnlich waren. Am packendsten waren jedoch die Pferderennen: die Nordkaukasier sind geborene Reiter, für die das Pferd wie der Dolch nicht mit Gold aufzuwiegen ist. Und diese Rennen nun bedeuten einen Zweikampf der Charaktere, der Leidenschaften und, versteht sich, der Kunst des Dshigiten, einen derart hitzigen Zweikampf, daß es mitunter schwer fiel zu begreifen, ob das nun Spiel oder Leben war..."
Sawwa Dangulow (adygejischer Schriftsteller) in: Sowjetliteratur 1/1972
"So gilt beispielsweise in einer ganzen Reihe von Orten im Kaukasus auch bis heute noch die Sitte, nach der der Ehemann vorausgeht und die Frau, die mit Sachen vollbeladen ist, ihm in ehrfurchtsvoller Entfernung folgt. Die Ursprünge dieser Sitte gehen bis ins Altertum zurück, in die Zeit der Feindschaft zwischen den Stämmen und der Blutrache. Damals ging der Mann mit der Waffe voraus, weil er Überfälle von Feinden bei jeder Windung des Gebirgspfades erwartete, und die Frau folgte mit den Kindern und dem Gepäck. Zu jenen Zeiten hatte diese Sitte folglich einen rationellen Sinn."
I. W. Suchanow in: Sitten - Bräuche - Traditionen, 1980
Religion:
Ereignisse nach dem Zerfall der Sowjetunion, sofern sie nicht bereits oben aufgeführt sind:
Im Dezember 2013 unterzeichnet Russlands Präsident Wladimir Putin Verträge über die Ratifizierung von Handelsabkommen mit Südossetien und Abchasien. Die Abkommen sehen zollfreie Warenlieferungen nach Russland vor. Außerdem gibt es im Laufe eines Jahres nach dem Abkommen keine Zollgebühr für die Auslieferung von Benzin und Dieseltreibstoff, falls deren Volumen unter 35 000 Tonnen für Südossetien und 50 000 Tonnen für Abchasien liegt.
Kontakte zur Bundesrepublik Deutschland:
Interessant, zu wissen..., dass der besondere Reichtum der Region Stawropol seine Heilwasserquellen sind.
Nach dem Reichtum an mannigfaltigen wertvollen Mineralwasserquellen und Heilschlamm haben sie in ganz Eurasien nicht Ihresgleichen. Die Heilkraft der hiesigen Mineralwasserquellen ist der einheimischen Bevölkerung seit langem bekannt. Darüber erzählen vor allem Legenden der Tscherkessen und ABASINER, in denen
Wer sein Heimatliches Volk nicht liebt, hat auch kein Herz für ein fremdes.
Sprichwort der Osseten
Die Osseten: Für Liebhaber kurzer Texte
Frühere Forschungsreisende – Ethnographen, Sprachforscher, Alpinisten – schildern die Osseten als die „merkwürdigsten Bewohner des Kaukasus“, als kühne Straßenräuber mit rohem Wesen und rohen Sitten“, als „Menschen, deren Lieblingsbeschäftigung der Raub“ sei. Der deutsche Ethnograph Julius von Klaproth schrieb 1814: „Der ossetische Jüngling beweist seine Fähigkeit durch Diebesstreiche, Straßenraub befestigt seinen Ruhm… er ist stolz auf Meuchelmord und Blutrache.“ Der Wahrhaftigkeit halber zu ergänzen wäre, dass der Straßenraub meist Mundraub war, dass Rohheit des Wesens und der Sitten mit Unbildung Hand in Hand ging, dass die die Blutrache heidnisch-religiöser Denkungsart entsprach – man glaubte nämlich, dass ein Ungerächter in der anderen Welt ruhelos umherirren müsste. – Als Vorfahren der Osseten (auch Ossen), die sich selbst „Iron“ und ihr Land „Iriston“ nennen, gelten die iranischsprachigen Alanen, die bereits im 6. Jahrhundert von Byzanz aus christianisiert wurden. Die Osseten gehören als einzige Kaukasier zur iranischen Sprachgruppe. Im 13. Jahrhundert flüchteten die Alano-Osseten vor den Heeren Tschinggis-Khans und seines Enkels Batu-Khan höher und höher hinauf in die Berge, um Zuflucht in den unzugänglichen Felstälern zu suchen Seit 1767 wurden die Osseten teils auf eigenen Wunsch, teils gegen heftigen Widerstand bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts dem russischen Reich eingegliedert. – Die derzeit fast sechshunderttausend Osseten wohnen im Kaukasus, vom Ausläufer eines Höhenzuges des Großen Kaukasus wird ihr Siedlungsgebiet in eine nördliche und eine südliche Region geteilt. Für die Osseten sind nicht nur im Sprichwort „schöner als die Berge nur die Berge“. – Die Ossetinnen sind seit Jahrhunderten anerkannte Meisterinnen der Goldstickkunst. Keine Ossetin ohne „Goldenes Käppchen“. Zu dessen Anfertigung gehören das Flechten breiter goldener Tressen mit Ornamenten; das Weben von Borte und Seidenfäden; das Herstellen von Fransen aus Brokatfäden; die Vorbereitung von Saffianleder für das Futter. Kunstgerecht zusammengesetzt, können die Käppchen nach etwa sechzig Arbeitsstunden endlich spazieren getragen werden.
Diesen unveröffentlichten Text habe ich geschrieben, als ich für das
Bibliographische Institut in Leipzig von 1986 bis 1991 ein Sprichwörterbuch von fünfzig Völkern der (ehemaligen) Sowjetunion erarbeitete,
das wegen des Zerfalls der Sowjetunion nicht mehr erschienen ist.
Als Journalistin der Illustrierten FREIE WELT – die als Russistin ihre Diplomarbeit über russische Sprichwörter geschrieben hat - habe ich auf allen meinen Reportagereisen in die Sowjetunion jahrzehntelang auch Sprichwörter der dort ansässigen Völker gesammelt - von den Völkern selbst, von einschlägigen Wissenschaftlern und Ethnographen, aus Büchern ... - bei einem vierwöchigen Aufenthalt in Moskau saß ich Tag für Tag in der Leninbibliothek. So ist von mir erschienen:
* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.
* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.
* Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.
Ich bin, wie man sieht, gut damit gefahren, es mit diesem turkmenischen Sprichwort zu halten: Hast du Verstand, folge ihm; hast du keinen, gibt`s ja noch die Sprichwörter.
Hier fünfzig ossetische Sprichwörter:
(Bisher Unveröffentlicht)
Wer auf alle hört, stürzt in den Abgrund.
Ein Abrek* sieht weit.
Ehe die Arba** nicht umgestürzt ist, macht den Weg keiner breiter.
Der Arme ist gut Freund mit dem Lied.
Und doch waren die Artschita*** vor den Stiefeln da.
Für das hungrige Auge ist viel wenig, für das satte - wenig viel.
Was das Auge nicht sieht, macht das Herz nicht jagen.
Ein Auge lacht nicht über das andere.
Das Auge ist die Pupille des Herzens.
Ein Baum fasst erst Wurzeln, ehe er sich in die Höhe reckt.
Schöner als die Berge sind nur die Berge.
Bestechungsgeld liebt keine Geschwätzigkeit.
Für einen Betrunkenen sind alle angeheitert.
Ein großer Bissen muss mit großen Schlucken begossen werden.
Achte die Bräuche des Dorfes, in das du gekommen.
Der Dieb klaut alltags wie feiertags.
In einem Dorf ohne herrschenden Kopf ist die Füchsin Herrin.
Der Dumme geht wegen eines einzigen Astes zweimal in den Wald.
Die Eintracht in der Familie steht und fällt mit der Hausfrau.
Ein Engel ist heute und morgen ein Engel.
Fehler bügelt die Zeit aus.
Hast du den Feind aufs Korn genommen, drücke ab.
Bei der Flucht nach vorn sieh ab und zu nach hinten.
Schenke wie ein Freund, treibe Handel wie ein Feind.
Ein Freund wächst nicht auf dem Feld.
Ein Freund rettet den Freund sogar durch einen Riss in der Wand.
Hoffe im Frühling auf Wärme, aber lass den Pelz nicht zu Hause.
Auf einen Gast wirkt ein Vorwurf wie ein Säbelhieb.
Der Gast - das Schaf, der Wirt - der Wolf.
Den Gast bewirte gut, sein Pferd besser.
Geld liebt Abrechnung.
Güte schadet nicht dem Guten.
Gutes tun ist nicht gleich Geld geben.
Wenn der Hahn nicht kräht, ist es eine Henne.
Ist ein Hals da, findet sich auch ein Joch.
Betritt ein Haus nie heimlich, doch bemühe dich, es leise zu verlassen.
Hüte dich vor einem tollen Hund und vor einem trunkenen Mann.
Ein Kämpfer geht nicht ungegürtet.
Erziehe ein Kind so hart, als sei es dein Feind - es wird dir später als Freund danken.
Den Kopf trage in der Höhe des Käppchens.
Der Kopf sitzt höher als der Wanst.
Wenn es ernst wird, hacken auch Krähen einander die Augen aus.
Mädchenlippen sind wie Schlingen fürs Knöpfchen.
In des einen Magen ist Hochzeit, in dem anderen kann nicht mal von einer Totenfeier die Rede sein.
Hat dich deine Mutter gekränkt, laufe nicht zu deiner Schwiegermutter.
In großer Not erniedrigt sich der Wolf sogar vor dem Hund.
Mach keine Schulden im eigenen Dorf.
Streit beginnt mit einzelnen Püffen.
Vertrau dem, der schweigen kann.
Bei einem Zweikampf kann nur einer siegen.
* Abrek = räuberischer kaukasischer Bergbewohner; später kaukasischer Gebirgspartisan / ** Arba = Holzkarren, ohne Nägel zusammengefügt / ***Artschita = Schuhwerk aus roh gegerbtem Leder.
Interlinearübersetzung aus dem Russischen: Gertraud Ettrich; gesammelt und in Sprichwortform gebracht: Gisela Reller
Zitate: "Wenn er [der Vater Stalins, "der unglückliche Schuster Wissarion Dshugaschwili"]
auf Arbeitssuche gegangen war, in der Regel nach Telani oder woandershin, hatte er sich
genauso wie Chaplin auf der Straße umgedreht und Iossif [Stalin] mit einem traurigen, hilflosen Lächeln zugewinkt. Damals
wohnten sie im Haus von Kulumbegaschwili, der auch Schuhmacher war. Es gab nur zwei Zimmer, das eine bewohnten die Kulumbegaschwilis, im anderen wohnten sie, die Dshugaschwilis. Eine winzige Kate, in der es nach Pech und Leder roch, Kulumbegaschwili arbeitete hier,
während der Vater meiste nach Kachetien ging. Er zog als Wanderschuster herum, weil er sich mit der Mutter nicht verstand. Die Mutter war eine herrische Frau, eine reinblütige Georgierin. Der Vater stammte von Südosseten ab, die im Kreis Gori sesshaft geworden waren.
Seine Vorfahren hatten sich assimiliert, und der Großvater hatte das ossetinische `jew´ in seinem Namen Dshugajew gegen das georgische `schwili´ ausgetauscht."
Anatoli Rybakow in "Die Kinder vom Arbat"
Als Reporterin der Illustrierten FREIE WELT bereiste ich 1978 KARELIEN. In meinem Buch „Zwischen Weißem Meer und Baikalsee“, 207 Seiten, mit zahlreichen Fotos von Heinz Krüger und ethnographischen Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring, 1981 im Verlag Neues Leben, Berlin, erschienen, habe ich über die Burjaten, Adygen und KARELIER geschrieben.
Vor-Karelisches (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")
„Nach dem hochsommerlichen Burjatien und dem schon herbstlichen Adygien verlangte es sowohl Kamerabesitzer als auch Notizbucheigentümerin nach einem anderen „Zeitabschnitt zwischen Aquinoktium und Solstitium“. Johann Warkentin, beauftragt, von Moskau aus meteorologische Erkundungen über den hohen
Rezensionen und Literaturhinweise (Auswahl) zu den OSSETEN
Rezension in meiner Webseite www.reller-rezensionen.de
KATEGORIE BELLETRISTIK: Steffi Chotiwari-Jünger (Hrsg.), Die Literaturen der Völker Kaukasiens, Neue Übersetzungen und deutschsprachige Bibliographie, Literatur der Abasiner, Abchasen, Adygen, Agulen, Armenier, Aserbaidshaner, Awaren, Balkaren, Darginer, Georgier, Inguschen, Kabardiner, Karatschaier, Kumyken, Kurden, Lakier, Lesginer, Nogaier, Osseten, Rutulen, Tabassaraner, Taten, Tschetschenen, Ubychen, Uden, Zachuren, Zowatuschen (Bazben)., Reichert Verlag, Wiesbaden 2003.
"Am meisten an diesem außerordentlich arbeitsaufwendigen Buch beeindruckt die gelungene Mischung von Lesevergnügen und Wissenschaftlichkeit. Hier kommt sowohl der Literatur liebende Leser auf seine Kosten als auch der Kaukasusspezialist."
In: www.reller-rezensionen.de
Literaturhinweise (Auswahl)
* Monika Buttler, Die Kaukasus-Kost der Hundertjährigen, Rezepte für ein langes Leben, Urania Verlag, Berlin 1999.
Die Bewohner des Kaukasus leben nicht nur lange, sondern erhalten sich auch bis ins hohe Alter ihre Lebensfreude und eine beneidenswerte Gesundheit. Die Ernährung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Der ausführliche Rezeptteil des Büchleins kulminiert in einem Farbteil mit einem opulent fotografierten Freundschaftsessen und einem erotischen Menü für zwei Personen, das aus einem Mango-Kefir-Drink, Spargelsuppe, einem Selleriecocktail, Wolfsbarsch mit Safran-Sauche und Reis, Feigen in Granatapfel-Sauce und einem Kardamom-Kaffee besteht...
Roderich von Erckert, Der Kaukasus und seine Völker, Mit Textabbildungen, etc., Verlag von Paul Frohberg, Leipzig, 1887.
Aus der Einführung: "Ein zweijähriger Aufenthalt auf dem Kaukasus in höherer militärischer Stellung, gab durch dienstliche und private zu wissenschaftlichem Zweck unternommene ausgedehnte Reisen die Möglichkeit und Gelegenheit, Land und Leute in verschiedenen Gegenden und Gruppen zu erforschen und für vieles eine Anschauung zu gewinnen, was ausserhalb der gewöhnlichen Reiserouten liegt. Wenn die Schilderung freilich ein zusammenhängendes, umfassendes Ganzes bilden kann, so darf sie vielleicht den Anspruch erheben, einigen Werth darin zu besitzen, dass sie auf an Ort und Stelle gesammelten persönlichen Angaben und Eindrücken beruht, dass mit eigenen Augen geschaut, mit eigenem Ohr gehört wurde. (...) Anstrengung, Zeit und materielle Opfer, selbst Gefahr bei lokalen Schwierigkeiten wurden nicht gescheut, - in erster Linie aber anthropologische und ethnographische Forschungen angestellt, um möglichst alle noch wenige bekannte oder in vielem unbekannte Völker und Volksstämme auf dem Kamm des Gebirges und dessen Nordabhängen zu besuchen."
* Wladimir Markowin/Rauf Muntschajew, Kunst und Kultur im Nordkaukasus, Übertragung aus dem Russischen von Alexander Häusler, mit zahlreichen Zeichnungen und Fotos, E. A. Seemann Verlag, Leipzig 1988.
Der Nordkaukasus ist seit Jahrtausenden Siedlungsgebiet einer Vielzahl großer und kleiner Völkerschaften mit einer eigenständigen Kultur und Kunst. Nach dem zweiten Weltkrieg setzte eine intensive systematische Erforschung der Vergangenheit dieses Gebietes zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer ein, woran der Moskauer Wissenschaftler Wladimir Markowin und der dagestanische Archäologe R. Muntschajew, beide Mitarbeiter des Instituts für Archäologie der Akademie der Wissenschaften in Moskau, maßgeblich beteiligt sind. Die Autoren legen mit diesem Buch erstmals einen Gesamtüberblick über die kulturhistorische Entwicklung in diesem Teil der Russischen Föderation vom Paläolithikum bis zum späten Mittelalter vor. Felsbilder, die berühmten Gold- und Silberfunde aus Maikop, die Koban- und Skythenkunst, das künstlerische Wirken der Alanen und Chasaren oder die Architektur des alten Derbent sind ebenso Gegenstand dieser Arbeit wie das vielgestaltige spätmittelalterliche Kunsthandwerk.
* Gisela Reller, Hrsg. und aus dem Russischen übertragen, Aus Tränen baut man keinen Turm, Ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Illustrationen von Wolfgang Würfel, Eulenspiegel Verlag, Berlin 1985, 2. Auflage
Zu den Osseten aus der Vorbemerkung: "Frühere Forschungsreisende - Ethnographen, Sprachforscher, Alpinisten - schildern die Osseten als die `merkwürdigsten Bewohner des Kaukaus´, als `kühne Straßenräuber mit rohem Wesen und rohen Sitten´, als `Menschen, deren Lieblingsbeschäftigung der Raub´ sei. Der deutsche Ethnigraph Juliums von Klaproth schreibt 1814: `der ossetische Jüngling beweist seine Fähigkeit durch Diebesstreiche, Straßenraum befestigt seinen Ruhm... er ist stolz auf Meuchelmord und Blutrache.´ Der Wahrheit halber zu ergänzen wäre, dass der Straßenraub meist Mundraub war, dass Rohheit des Wesens und der Sitten mit Unbildung Hand in Hand ging, dass die Blutrache heidnisch-religiöser Denkungsart entsprach - man glaubte, dass der Ungerächte in der anderen Welt ruhelos umherirren müsse...."
Ein ossetisches Sprichwort lautet: Wirf deine Burka*nicht auf einen, der in grobes Tuch gekleidet ist.
Illustration: Wolfgang Würfel
Burka = mit Stolz getragener schwarzer langer, gewalkter Filzüberwurf, vorrangig der Hirten.
1. Streifenornament
Bibliographie zu Gisela Reller
Bücher als Autorin:
Länderbücher:
* Zwischen Weißem Meer und Baikalsee, Bei den Burjaten, Adygen und Kareliern, Verlag Neues Leben, Berlin 1981, mit Fotos von Heinz Krüger und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.
* Diesseits und jenseits des Polarkreises, bei den Südosseten, Karakalpaken, Tschuktschen und asiatischen Eskimos, Verlag Neues Leben, Berlin 1985, mit Fotos von Heinz Krüger und Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.
* Von der Wolga bis zum Pazifik, bei Tuwinern, Kalmyken, Niwchen und Oroken, Verlag der Nation, Berlin 1990, 236 Seiten mit Fotos von Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.
Biographie:
* Pater Maksimylian Kolbe, Guardian von Niepokalanów und Auschwitzhäftling Nr. 16 670, Union Verlag, Berlin 1984, 2. Auflage.
... als Herausgeberin:
Sprichwörterbücher:
* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.
* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.
* Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.
Aphorismenbuch:
* 666 und sex mal Liebe, Auserlesenes, 2. Auflage, Mitteldeutscher Verlag Halle/Leipzig, 200 Seiten mit Vignetten und Illustrationen von Egbert Herfurth.
... als Mitautorin:
Kinderbücher:
* Warum? Weshalb? Wieso?, Ein Frage-und-Antwort-Buch für Kinder, Band 1 bis 5, Herausgegeben von Carola Hendel, reich illustriert, Verlag Junge Welt, Berlin 1981 -1989.
Sachbuch:
* Die Stunde Null, Tatsachenberichte über tapfere Menschen in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges, Hrsg. Ursula Höntsch, Verlag der Nation 1966.
... als Verantwortliche Redakteurin
* Leben mit der Erinnerung, Jüdische Geschichte in Prenzlauer Berg, Edition Hentrich, Berlin 1997, mit zahlreichen Illustrationen.
* HANDSCHLAG, Vierteljahreszeitung für deutsche Minderheiten im Ausland, Herausgegeben vom Kuratorium zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland e. V., Berlin 1991 - 1993.
2.Streifenornament
Pressezitate (Auswahl) zu Gisela Rellers Buchveröffentlichungen:
Dieter Wende in der „Wochenpost“ Nr. 15/1985:
„Es ist schon eigenartig, wenn man in der Wüste Kysyl-Kum von einem Kamelzüchter gefragt wird: `Kennen Sie Gisela Reller?´ Es ist schwer, dieser Autorin in entlegenen sowjetischen Regionen zuvorzukommen. Diesmal nun legt sie mit ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik Berichte aus Kalmykien, Tuwa und von der Insel Sachalin vor. Liebevolle und sehr detailgetreue Berichte auch vom Schicksal kleiner Völker. Die ethnografisch erfahrene Journalistin serviert Besonderes. Ihre Erzählungen vermitteln auch Hintergründe über die Verfehlungen bei der Lösung des Nationalitätenproblems.“
B(erliner) Z(eitung) am Abend vom 24. September 1981:
"Gisela Reller, Mitarbeiterin der Ilustrierten FREIE WELT, hat autonome Republiken und gebiete kleiner sowjetischer Nationalitäten bereist: die der Burjaten, Adygen und Karelier. Was sie dort ... erlebte und was Heinz Krüger fotografierte, ergíbt den informativen, soeben erschienenen Band Zwischen Weißem Meer und Baikalsee."
Sowjetliteratur (Moskau)Nr. 9/1982:
"(...) Das ist eine lebendige, lockere Erzählung über das Gesehene und Erlebte, verflochten mit dem reichhaltigen, aber sehr geschickt und unaufdringlich dargebotenen Tatsachenmaterial. (...) Allerdings verstehe ich sehr gut, wie viel Gisela Reller vor jeder ihrer Reisen nachgelesen hat und wie viel Zeit nach der Rückkehr die Bearbeitung des gesammelten Materials erforderte. Zugleich ist es ihr aber gelungen, die Frische des ersten `Blickes´ zu bewahren und dem Leser packend das Gesehene und Erlebte mitzuteilen. (...) Es ist ziemlich lehrreich - ich verwende bewusst dieses Wort: Vieles, was wir im eigenen Lande als selbstverständlich aufnehmen, woran wir uns ja gewöhnt haben und was sich unserer Aufmerksamkeit oft entzieht, eröffnet sich für einen Ausländer, sei es auch als Reisender, der wiederholt in unserem Lande weilt, sozusagen in neuen Aspekten, in neuen Farben und besitzt einen besonderen Wert. (...) Mir gefällt ganz besonders, wie gekonnt sich die Autorin an literarischen Quellen, an die Folklore wendet, wie sie in den Text ihres Buches Gedichte russischer Klassiker und auch wenig bekannter nationaler Autoren, Zitate aus literarischen Werken, Märchen, Anekdoten, selbst Witze einfügt. Ein treffender während der Reise gehörter Witz oder Trinkspruch verleihen dem Text eine besondere Würze. (...) Doch das Wichtigste im Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee sind die Menschen, mit denen Gisela Reller auf ihren Reisen zusammenkam. Unterschiedlich im Alter und Beruf, verschieden ihrem Charakter und Bildungsgrad nach sind diese Menschen, aber über sie alle vermag die Autorin kurz und treffend mit Interesse und Sympathie zu berichten. (...)"
Neue Zeit vom 18. April 1983:
„In ihrer biographischen Skizze über den polnischen Pater Maksymilian Kolbe schreibt Gisela Reller (2. Auflage 1983) mit Sachkenntnis und Engagement über das Leben und Sterben dieses außergewöhnlichen Paters, der für den Familienvater Franciszek Gajowniczek freiwillig in den Hungerbunker von Auschwitz ging.“
Der Morgen vom 7. Februar 1984:
„`Reize lieber einen Bären als einen Mann aus den Bergen´. Durch die Sprüche des Kaukasischen Spruchbeutels weht der raue Wind des Kaukasus. Der Spruchbeutel erzählt auch von Mentalitäten, Eigensinnigkeiten und Bräuchen der Adygen, Osseten und Dagestaner. Die Achtung vor den Alten, die schwere Stellung der Frau, das lebensnotwendige Verhältnis zu den Tieren. Gisela Reller hat klug ausgewählt.“
1985 auf dem Solidaritätsbasar auf dem Berliner Alexanderplatz: Gisela Reller (vorne links) verkauft ihren „Kaukasischen Spruchbeutel“ und 1986 das extra für den Solidaritätsbasar von ihr herausgegebene Sprichwörterbuch „Dein Freund ist Dein Spiegel“.
Foto: Alfred Paszkowiak
Neues Deutschland vom 15./16. März 1986:
"Vor allem der an Geschichte, Bräuchen, Nationalliteratur und Volkskunst interessierte Leser wird manches bisher `Ungehörte´ finden. Er erfährt, warum im Kaukasus noch heute viele Frauen ein Leben lang Schwarz tragen und was es mit dem `Ossetenbräu´ auf sich hat, weshalb noch 1978 in Nukus ein Eisenbahnzug Aufsehen erregte und dass vor Jahrhunderten um den Aralsee fruchtbares Kulturland war, dass die Tschuktschen vier Begriff für `Freundschaft´, aber kein Wort für Krieg besitzen und was ein Parteisekretär in Anadyr als notwendigen Komfort, was als entbehrlichen Luxus ansieht. Großes Lob verdient der Verlag für die großzügige Ausstattung von Diesseits und jenseits des Polarkreises.“
Gisela Reller während einer ihrer über achthundert Buchlesungen
in der Zeit von 1981 bis 1991.
Berliner Zeitung vom 2./3. Januar 1988:
„Gisela Reller hat klassisch-deutsche und DDR-Literatur auf Liebeserfahrungen durchforscht und ist in ihrem Buch 666 und sex mal Liebe 666 und sex mal fündig geworden. Sexisch illustriert, hat der Mitteldeutsche Verlag Halle alles zu einem hübschen Bändchen zusammengefügt.“
Neue Berliner Illustrierte (NBI) Nr. 7/88:
„Zu dem wohl jeden bewegenden Thema finden sich auf 198 Seiten 666 und sex mal Liebe mannigfache Gedanken von Literaten, die heute unter uns leben, sowie von Persönlichkeiten, die sich vor mehreren Jahrhunderten dazu äußerten.“
Das Magazin Nr. 5/88.
"`Man gewöhnt sich daran, die Frauen in solche zu unterscheiden, die schon bewusstlos sind, und solche, die erst dazu gemacht werden müssen. Jene stehen höher und gebieten dem Gedenken. Diese sind interessanter und dienen der Lust. Dort ist die Liebe Andacht und Opfer, hier Sieg und Beute.´ Den Aphorismus von Karl Kraus entnahmen wir dem Band 666 und sex mal Liebe, herausgegeben von Gisela Reller und illustriert von Egbert Herfurth."
Schutzumschlag zum „Buch 666 und sex mal Liebe“
Zeichnung: Egbert Herfurth
FÜR DICH, Nr. 34/89:
"Dem beliebten Büchlein 666 und sex mal Liebe entnahmen wir die philosophischen und frechen Sprüche für unser Poster, das Sie auf dem Berliner Solidaritätsbasar kaufen können. Gisela Reller hat die literarischen Äußerungen zum Thema Liebe gesammelt, Egbert Herfurth hat sie trefflich illustriert."
Messe-Börsenblatt, Frühjahr 1989:
"Die Autorin – langjährige erfolgreiche Reporterin der FREIEN WELT - ist bekannt geworden durch ihre Bücher Zwischen Weißem Meer und Baikalsee und Diesseits und jenseits des Polarkreises. Diesmal schreibt die intime Kennerin der Sowjetunion in ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik über die Kalmyken, Tuwiner und die Bewohner von Sachalin, also wieder über Nationalitäten und Völkerschaften. Ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird uns in fesselnden Erlebnisberichten nahegebracht."
Im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel schrieb ich in der Ausgabe 49 vom 7. Dezember 1982 unter der Überschrift „Was für ein Gefühl, wenn Zuhörer Schlange stehen“:
„Zu den diesjährigen Tagen des sowjetischen Buches habe ich mit dem Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee mehr als zwanzig Lesungen bestritten. (…) Ich las vor einem Kreis von vier Personen (in Klosterfelde) und vor 75 Mitgliedern einer DSF-Gruppe in Finow; meine jüngsten Zuhörer waren Blumberger Schüler einer 4. Klasse, meine älteste Zuhörerin (im Schwedter Alten- und Pflegeheim) fast 80 Jahre alt. Ich las z.B. im Walzwerk Finow, im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder, im Petrolchemischen Kombinat Schwedt; vor KIM-Eiersortierern in Mehrow, vor LPG-Bauern in Hermersdorf, Obersdorf und Bollersdorf; vor zukünftigen Offizieren in Zschopau; vor Forstlehrlingen in Waldfrieden; vor Lehrlingen für Getreidewirtschaft in Kamenz, vor Schülern einer 7., 8. und 10 Klasse in Bernau, Schönow und Berlin; vor Pädagogen in Berlin, Wandlitz, Eberswalde. - Ich weiß nicht, was mir mehr Spaß gemacht hat, für eine 10. Klasse eine Geographiestunde über die Sowjetunion einmal ganz anders zu gestalten oder Lehrern zu beweisen, dass nicht einmal sie alles über die Sowjetunion wissen – was bei meiner Thematik – `Die kleinen sowjetischen Völkerschaften!´ – gar nicht schwer zu machen ist. Wer schon kennt sich aus mit Awaren und Adsharen, Ewenken und Ewenen, Oroken und Orotschen, mit Alëuten, Tabassaranern, Korjaken, Itelmenen, Kareliern… Vielleicht habe ich es leichter, Zugang zu finden als mancher Autor, der `nur´ sein Buch oder Manuskript im Reisegepäck hat. Ich nämlich schleppe zum `Anfüttern´ stets ein vollgepacktes Köfferchen mit, darin von der Tschuktschenhalbinsel ein echter Walrosselfenbein-Stoßzahn, Karelische Birke, burjatischer Halbedelstein, jakutische Rentierfellbilder, eskimoische Kettenanhänger aus Robbenfell, einen adygeischen Dolch, eine karakalpakische Tjubetejka, der Zahn eines Grauwals, den wir als FREIE WELT-Reporter mit harpuniert haben… - Schön, wenn alles das ganz aufmerksam betrachtet und behutsam befühlt wird und dadurch aufschließt für die nächste Leseprobe. Schön auch, wenn man schichtmüde Männer nach der Veranstaltung sagen hört: `Mensch, die Sowjetunion ist ja interessanter, als ich gedacht habe.´ Oder: `Die haben ja in den fünfundsechzig Jahren mit den `wilden´ Tschuktschen ein richtiges Wunder vollbracht.´ Besonders schön, wenn es gelingt, das `Sowjetische Wunder´ auch denjenigen nahezubringen, die zunächst nur aus Kollektivgeist mit ihrer Brigade mitgegangen sind. Und: Was für ein Gefühl, nach der Lesung Menschen Schlange stehen zu sehen, um sich für das einzige Bibliotheksbuch vormerken zu lassen. (Schade, wenn man Kauflustigen sagen muss, dass das Buch bereits vergriffen ist.) – Dank sei allen gesagt, die sich um das zustande kommen von Buchlesungen mühen – den Gewerkschaftsbibliothekaren der Betriebe, den Stadt- und Kreisbibliothekaren, den Buchhändlern, die oft aufgeregter sind als der Autor, in Sorge, `dass auch ja alles klappt´. – Für mich hat es `geklappt´, wenn ich Informationen und Unterhaltung gegeben habe und Anregungen für mein nächstes Buch mitnehmen konnte.“
Die Rechtschreibung der Texte wurde behutsam der letzten Rechtschreibreform angepasst.
Die
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Zeichnung: Karl-Heinz Döhring