Vorab!

Leider kommt im Internet bei meinem (inzwischen veralteten) FrontPage-Programm  längst nicht alles so, wie von mir in html angegeben. Farben kommen anders, als von mir geplant, Satzbreiten wollen nicht so wie von mir markiert, Bilder kommen manchmal an der falschen Stelle, und - wenn  ich  Pech  habe  -  erscheint  statt  des  Bildes  gar  eine  Leerstelle.

Was tun? Wer kann helfen?

 

*

 

 

Ich bin eine Orotschin: Die .

 

Foto:

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

 

"Die Seele, denke ich, hat keine Nationalität."

Juri Rytchëu (tschuktschischer Schriftsteller, 1930 bis 2008) in: Im Spiegel des Vergessens, 2007

 

Wenn wir für das eine Volk eine Zuneigung oder gegen das andere eine Abneigung hegen, so beruht das, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, auf dem, was wir von dem jeweiligen Volk wissen oder zu wissen glauben. Das ist – seien wir ehrlich – oft sehr wenig, und manchmal ist dieses Wenige auch noch falsch.  

Ich habe für die Berliner Illustrierte FREIE WELT jahrelang die Sowjetunion bereist, um – am liebsten - über abwegige Themen zu berichten: über Hypnopädie und Suggestopädie, über Geschlechtsumwandlung und Seelenspionage, über Akzeleration und geschlechtsspezifisches Kinderspielzeug... Außerdem habe ich mit jeweils einem deutschen und einem Wissenschaftler aus dem weiten Sowjetland vielteilige Lehrgänge erarbeitet.* Ein sehr interessantes Arbeitsgebiet! Doch 1973, am letzten Abend meiner Reise nach Nowosibirsk – ich hatte viele Termine in Akademgorodok, der russischen Stadt der Wissenschaften – machte ich einen Abendspaziergang entlang des Ob. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich zwar wieder viele Experten kennengelernt hatte, aber mit der einheimischen Bevölkerung kaum in Kontakt gekommen war.  

Da war in einem magischen Moment an einem großen sibirischen Fluss - Angesicht in Angesicht mit einem kleinen (grauen!) Eichhörnchen - die große FREIE WELT-Völkerschafts-Serie** geboren!  

Und nun reiste ich ab 1975 jahrzehntelang zu zahlreichen Völkern des Kaukasus, war bei vielen Völkern Sibiriens, war in Mittelasien, im hohen Norden, im Fernen Osten und immer wieder auch bei den Russen. 

Nach dem Zerfall der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zog es mich – nach der wendegeschuldeten Einstellung der FREIEN WELT***, nun als Freie Reisejournalistin – weiterhin in die mir vertrauten Gefilde, bis ich eines Tages mehr über die westlichen Länder und Völker wissen wollte, die man mir als DDR-Bürgerin vorenthalten hatte.

Nach mehr als zwei Jahrzehnten ist nun mein Nachholebedarf erst einmal gedeckt, und ich habe das Bedürfnis, mich wieder meinen heißgeliebten Tschuktschen, Adygen, Niwchen, Kalmyken und Kumyken, Ewenen und Ewenken, Enzen und Nenzen... zuzuwenden. 

Deshalb werde ich meiner Webseite www.reller-rezensionen.de (mit inzwischen weit mehr als fünfhundert Rezensionen), die seit 2002 im Netz ist, ab 2013 meinen journalistischen Völkerschafts-Fundus von fast einhundert Völkern an die Seite stellen – mit ausführlichen geographischen und ethnographischen Texten, mit Reportagen, Interviews, Sprichwörtern, Märchen, Gedichten, Literaturhinweisen, Zitaten aus längst gelesenen und neu erschienenen Büchern; so manches davon, teils erstmals ins Deutsche übersetzt, war bis jetzt – ebenfalls wendegeschuldet – unveröffentlicht geblieben. 

Sollten sich in meinem Material Fehler oder Ungenauigkeiten eingeschlichen haben, teilen Sie mir diese bitte am liebsten in meinem Gästebuch oder per E-Mail gisela@reller-rezensionen.de mit. Überhaupt würde ich mich über eine Resonanz meiner Nutzer freuen!

Gisela Reller 

    * Lernen Sie Rationelles Lesen" / "Lernen Sie lernen" / "Lernen Sie reden" / "Lernen Sie essen" / "Lernen Sie, nicht zu rauchen" / "Lernen Sie schlafen" / "Lernen Sie logisches Denken"...

 

  ** Im 1999 erschienenen Buch „Zwischen `Mosaik´ und `Einheit´. Zeitschriften in der DDR“ von Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis (Hrsg.), erschienen im Berliner Ch. Links Verlag, ist eine Tabelle veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Völkerschaftsserie der FREIEN WELT von neun vorgegebenen Themenkreisen an zweiter Stelle in der Gunst der Leser stand – nach „Gespräche mit Experten zu aktuellen Themen“.

(Quelle: ZA Universität Köln, Studie 6318)

 

*** Christa Wolf zur Einstellung der Illustrierten FREIE WELT in ihrem Buch "Auf dem Weg nach Tabou, Texte 1990-1994", Seite 53/54: „Aber auf keinen Fall möchte ich den Eindruck erwecken, in dieser Halbstadt werde nicht mehr gelacht. Im Gegenteil! Erzählt mir doch neulich ein Kollege aus meinem Verlag (Helmut Reller) – der natürlich wie zwei Drittel der Belegschaft längst entlassen ist –, daß nun auch seine Frau (Gisela Reller), langjährige Redakteurin einer Illustrierten (FREIE WELT) mitsamt der ganzen Redaktion gerade gekündigt sei: Die Zeitschrift werde eingestellt. Warum wir da so lachen mußten? Als im Jahr vor der `Wende´ die zuständige ZK-Abteilung sich dieser Zeitschrift entledigen wollte, weil sie, auf Berichterstattung aus der Sowjetunion spezialisiert, sich als zu anfällig erwiesen hatte, gegenüber Gorbatschows Perestroika, da hatten der Widerstand der Redaktion und die Solidarität vieler anderer Journalisten das Blatt retten können. Nun aber, da die `Presselandschaft´ der ehemaligen DDR, der `fünf neuen Bundesländer´, oder, wie der Bundesfinanzminister realitätsgerecht sagt: `des Beitrittsgebiets´, unter die vier großen westdeutschen Zeitungskonzerne aufgeteilt ist, weht ein schärferer Wind. Da wird kalkuliert und, wenn nötig, emotionslos amputiert. Wie auch die Lyrik meines Verlages (Aufbau-Verlag), auf die er sich bisher viel zugute hielt: Sie rechnet sich nicht und mußte aus dem Verlagsprogramm gestrichen werden. Mann, sage ich. Das hätte sich aber die Zensur früher nicht erlauben dürfen! – "Das hätten wir uns von der auch nicht gefallen lassen", sagt eine Verlagsmitarbeiterin.

Wo sie recht hat, hat sie recht.“

 

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

Wenn Sie sich die folgenden Texte zu Gemüte geführt und Lust bekommen haben, den Fernen Osten zu bereisen und auch die Orotschen kennenzulernen, sei Ihnen das Reisebüro ? empfohlen; denn – so lautet ein orotschisches Sprichwort -

 

Fremde Menschen lernst du richtig nur auf Reisen kennen.

(Hier könnte Ihre Anzeige stehen!)

 

 

Die Orotschen… (Eigenbezeichnung: )

Wohin?

Der Wiener Viktor Fink schreibt in seinem Buch „Zwischen Paris und Moskau“ in einem Kapitel seines Buches über eine Expedition zum Mittleren Amur, der er sich angeschlossen hatte, auch sehr interessant über die einheimische Bevölkerung, u. a. über die Orotschen: „Zusammen mit Professor Sawitsch saß ich an einer Anlegestelle, und wir warteten auf einen Dampfer, als ein kleiner schmächtiger Mensch herantrat. Ich betrachtete ihn von hinten und hielt ihm für einen vierzehnjährigen Jungen. Erst als er sich umdrehte, war zu sehen, dass es ein älterer Mann war. Er trug einen weichen Hut, eine Jacke und an den Beinen Ramusen, zwei einzelne Hosenbeine aus Elch- oder Hirschleder, die über den eigentlichen Hosen getragen werden. Seine bis auf die Schultern herabhängenden Haare waren zu zwei Zöpfen geflochten und mit roten Fetzen umwickelt. In dem kleinen, ausgetrockneten Gesicht war die haut straff gespannt, und die Äuglein waren kaum zu sehen. Wie sich herausstellte, war er an der Anlegestelle vielen bekannt: er war ein berühmter Jäger aus dem Stamme der Orotschen. Unser Begleiter, der einheimische Kosak Lasarew, sagte, dieser Orotsche und sein verstorbener Sohn seien ungewöhnliche Schützen gewesen. „Sie pflegten auf eine Entfernung von vierzig Saschen ein Ei vom Kopf zu schießen.“ Ich begriff nicht. „Ganz einfach“, erklärte Lasarew. „Sagen wir, der Vater lässt den Sohn vor einen Baum treten oder der Sohn den Vater, er legt ihm ein Ei auf dem Kopf, tritt selber etwa vierzig Saschen zurück, ein einziger Flintenschuss – und das Ei ist kaputt.“ Nach Lasarews Worten war dies stets so, wenn dieser Wilhelm Tell der Taiga eine Wette mit kosakischen Jägern einging, und zwar jedes Mal um eine Flasche, und jedes Mal gewann er. Aber einmal ging die Wette anders aus. `Sie wurden von unseren Leuten überlistet´, sagte Lasarew. Die `List´ bestand darin, dass dem Schützen die Bedingung gestellt wurde: `Hack mir zunächst ein Klötzchen Holz, und dann schieß!“ Die Orotschen errieten nicht, welche Schurkerei hinter dieser Bedingung steckte. Sie erklärten sich einverstanden. Der Vater ließ seinen Sohn vor den Baum hintreten, legte ihm ein Ei auf den Kopf, spaltete das Klötzchen zu Brennholz, und im nächsten Augenblick drückte man ihm schon das Gewehr in die Hand – schieß! `Von dem Holzhacken zitterten seine Hände leicht´, fuhr Lasarew fort. `Er schoss und traf seinen Sohn direkt in die Stirn… Ein Fehlschuss also … Er bedauerte es dann´, fügte Lasarew nach kurzer Pause hinzu. `Ach, wie er es bedauerte…´  Lasarew sprach mit erstaunlicher Gleichgültigkeit, und sie allein schon bildete für mich einen Teil der Geschichte. `Was wollen Sie denn´, bemerkte Professor Sawitsch dazu, bei uns im Fernen Osten hat sich die Sowjetmacht bedeutend später konsolidiert als im europäischen Teil Russlands. Man kann sagen, dass der Morgen bei uns erst heraufdämmert: Die Nacht ist noch nicht endgültig gewichen, der Tag noch nicht angebrochen. Wenn Sie einen Begriff davon bekommen möchten, wie er sein wird, zumindest in Bezug auf die sogenannten Wilden…´- `Das möchte ich gern´, fiel ich ihm ins Wort. -

Bevölkerung:

Fläche:

Geschichtliches:

Viktor Fink schreibt über eine Expedition zum Mittleren Amur, der er sich angeschlossen hatte, auch sehr interessant über die einheimische Bevölkerung, u. a. über die Orotschen: „Zusammen mit Professor Sawitsch saß ich an einer Anlegestelle, und wir warteten auf einen Dampfer, als ein kleiner schmächtiger Mensch herantrat. Ich betrachtete ihn von hinten und hielt ihm für einen vierzehnjährigen Jungen. Erst als er sich umdrehte, war zu sehen, dass es ein älterer Mann war. Er trug einen weichen Hut, eine Jacke und an den Beinen Ramusen, zwei einzelne Hosenbeine aus Elch- oder Hirschleder, die über den eigentlichen Hosen getragen werden. Seine bis auf die Schultern herabhängenden Haare waren zu zwei Zöpfen geflochten und mit roten Fetzen umwickelt. In dem kleinen, ausgetrockneten Gesicht war die haut straff gespannt, und die Äuglein waren kaum zu sehen. Wie sich herausstellte, war er an der Anlegestelle vielen bekannt: er war ein berühmter Jäger aus dem Stamme der Orotschen. Unser Begleiter, der einheimische Kosak Lasarew, sagte, dieser Orotsche und sein verstorbener Sohn seien ungewöhnliche Schützen gewesen. „Sie pflegten auf eine Entfernung von vierzig Saschen ein Ei vom Kopf zu schießen.“ Ich begriff nicht. „Ganz einfach“, erklärte Lasarew. „Sagen wir, der Vater lässt den Sohn vor einen Baum treten oder der Sohn den Vater, er legt ihm ein Ei auf dem Kopf, tritt selber etwa vierzig Saschen zurück, ein einziger Flintenschuss – und das Ei ist kaputt.“ Nach Lasarews Worten war dies stets so, wenn dieser Wilhelm Tell der Taiga eine Wette mit kosakischen Jägern einging, und zwar jedes Mal um eine Flasche, und jedes Mal gewann er. Aber einmal ging die Wette anders aus. `Sie wurden von unseren Leuten überlistet´, sagte Lasarew. Die `List´ bestand darin, dass dem Schützen die Bedingung gestellt wurde: `Hack mir zunächst ein Klötzchen Holz, und dann schieß!“ Die Orotschen errieten nicht, welche Schurkerei hinter dieser Bedingung steckte. Sie erklärten sich einverstanden. Der Vater ließ seinen Sohn vor den Baum hintreten, legte ihm ein Ei auf den Kopf, spaltete das Klötzchen zu Brennholz, und im nächsten Augenblick drückte man ihm schon das Gewehr in die hand – schieß! `Von dem Holzhacken zitterten seine Hände leicht´, fuhr Lasarew fort. `Er schoss und traf seinen Sohn direkt in die Stirn… Ein Fehlschuss also … Er bedauerte es dann´, fügte Lasarew nach kurzer Pause hinzu. `Ach, wie er es bedauerte…´  Lasarew sprach mit erstaunlicher Gleichgültigkeit, und sie allein schon bildete für mich einen Teil der Geschichte. `Was wollen Sie denn´, bemerkte Professor Sawitsch dazu, bei uns im Fernen Osten hat sich die Sowjetmacht bedeutend später konsolidiert als im europäischen Teil Russlands. Man kann sagen, dass der Morgen bei uns erst heraufdämmert: Die Nacht ist noch nicht endgültig gewichen, der Tag noch nicht angebrochen. Wenn Sie einen Begriff davon bekommen möchten, wie er sein wird, zumindest in Bezug auf die sogenannten Wilden…´- `Das möchte ich gern´, fiel ich ihm ins Wort. - `Dann fahren Sie nach Chabarowsk und schauen Sie sich die Schule für die Völker des Fernen Ostens an. Sie werden morgigen Tag sehen…´ Diese Möglichkeit bot sich mir recht bald. Es war ein früher Herbst, an der Schule sollte in den nächsten Tagen der Unterricht beginnen, die Schüler kamen von überallher. Ich sah eine große Gruppe von Schulanfängern. Da waren Jungen und Mädchen und Erwachsene – Nanaier, Orotschen, Tungusen [Ewenken], Udehen und andere. In plumpen Säcken aus Tierfellen saßen sie unmittelbar auf dem Fußboden – sie fürchteten sich vor den Stühlen. Sie sahen alle verwirrt drein. Die einen ließen ihre Blicke umherschweifen, unschlüssig, worauf sie sich konzentrieren sollten, während die anderen dasaßen und mit unbeweglichem Blick auf einen Punkt starrten. Es war ihnen eng in den vier Wänden, vor allem aber war ihnen unheimlich zumute. Sie kamen aus entfernten Nomadenlagern, von aller Welt abgeschieden in der fast unzugänglichen Taiga, aus leichten Laufhütten, die nur notdürftig mit Tierfellen abgedeckt waren. Sie wurden durch die Steinbauten erschreckt, erschreckt durch die angeschirrten Pferde, sie erstarrten, als der Zug herandonnerte, in den man sie setzte, um sie nach Chabarowsk zu bringen. Selbst Chabarowsk flößte ihnen Angst ein, wo ihnen die Füße von dem Pflastertreten weh taten, wo fast ein haus auf dem anderen stand, wo Speise und Trank anders waren, wo überhaupt alles anders war… Es war ihnen unheimlich zumute, der Schrecken starrte aus ihren Augen. Warum waren sie denn überhaupt gekommen? Wer hatte sie dazu veranlasst? Was hatte sie dazu gebracht? Sie hatten sich ihren Weg auf Wildpfaden gebahnt; in primitiven Booten oder in Fässern hatten sie die reißenden Stromschnellen der tückischen Taigaströme bezwungen. Manch einer war unterwegs vor Hunger umgekommen, manch einer war ertrunken, und wieder andere waren von wilden Tieren zerrissen worden. Die aber am Leben geblieben waren, die zogen weiter, immer weiter. Sie erkannten in der Ferne den Glanz eines neuen Morgens. Sie spürten in der Luft einen Hauch der Hoffnung. Vor ihr allein wurden sie geführt. Sie allein gab ihnen Kraft und Furchtlosigkeit. Ich war tief ergriffen.“

Viktor Fink (1922 in Wien geboren, leidenschaftlicher Buchhändler und Reisender) in: Zwischen Paris und Moskau, 1967

Staatsgefüge:

Verbannungsgebiet:

Hauptstadt:

Wirtschaft:

Verkehr:  

Sprache/Schrift:

Literatursprache/Literatur:

Bildung:

Gesundheitswesen:

Klima:

Natur/Umwelt:

Pflanzen- und Tierwelt:

Behausungen:

Ernährung:

Viktor Fink schreibt u. a. darüber, wie sehr die einheimische Bevölkerung den russischen Geografen Wladimir Klawdejitsch Arsenjew verehrte. „Im Fernen Osten und in Sibirien hat Arsenjew seinen besonderen, fast legendären Ruhm: Es ist im Grunde genommen einfach der Ruhm eines guten Menschen.“ Ein Professor Sawitsch erzählte Viktor Fink: „Kürzlich komme ich zu ihm [zu Arsenjew], er zeigt mir einen Brief, den er soeben erhalten hatte und der in einer erstaunlichen altslawischen Zierschrift abgefaßt war. Erinnern Sie sich an die Stelle bei Dostojewski: `Der demütige Abt Pafnuti hat unterzeichnet?´ Genauso eine Handschrift war es. Offensichtlich hatte irgend so ein altgläubiger Bibelkenner geschrieben. Wovon handelte der Brief? Von einer Schere. Der Absender bedankte sich für eine Schere, die ihm geschickt worden war. Das ist Ihnen unverständlich? Er hatte eine Schere gebraucht und wahrscheinlich nirgends Gelegenheit gehabt, sich eine zu kaufen. Nun, da hat er eben an Wladimir Klawdijewitsch geschrieben. Ganz einfach an Arsenjew, Wladiwostok. Und Arsenjew ist losgegangen, hat die Schere gekauft, sie eingepackt und abgeschickt, obwohl er diesen Altgläubigen noch nie in seinem Leben zu Gesicht bekommen hatte. So ist er, dieser Wladimir Klawdijewitsch´, bemerkte Professor Sawitsch. Und was erst die Nanaier, die Orotschen, die Tungusen [Ewenken] oder die Udehen anbelangt, so wird Arsenjew von ihnen einfach vergöttert. Und das hat seinen Grund. Wie viele von ihnen hat er gerettet!“ – „Wovor gerettet“, fragte Fink.  – „Nicht wovor, sondern vor wem. Vor allen möglichen Gaunern und Schurken, die ihnen immer wieder das Blut aussaugten. Selbst noch in jüngster Zeit. Das liegt alles gar nicht so sehr weit zurück. Vergessen Sie nicht, daß die kleinen Völkerschaften des Fernen Ostens und des hohen Nordens vor der Revolution keinerlei staatlichen Schutz besaßen. Mit ihnen konnte man umspringen, wie es einem beliebte, sie wurden zu Wilden erklärt, und man war gewohnt, sie nicht als Menschen zu betrachten. Es gab einen Tierschutzverein, aber diese Völker schützte niemand. Einzig und allein Arsenjew. Hören Sie, einzig und allein Arsenjew im gesamten Fernen Osten verteidigte sie und trat für sie ein! Das hat er beinahe mit dem Leben bezahlen müssen. Eine Kugel flog ihm zwischen die Rippen.“ –„Wer hat denn auf ihn geschossen?“, fragte ich. – „Wahrscheinlich ein Pelzaufkäufer. Wer hätte denn auch sonst auf Arsenjew schießen können?! Er fügte lächelnd hinzu: „Doch er ließ sich dadurch nicht beeinflussen. Arsenjew ist aus anderem Holz geschnitzt. Er läßt sich nicht einschüchtern.“

Viktor Fink (1922 in Wien geboren, leidenschaftlicher Buchhändler und Reisender) in: Zwischen Paris und Moskau, 1967

 

Kleidung:

Folklore:

Feste/Bräuche:

Religion:

Ereignisse nach dem Zerfall der Sowjetunion, sofern sie nicht bereits oben aufgeführt sind:

Kontakte zur Bundesrepublik Deutschland:

 

Interessant, zu wissen..., dass das Mineral Schungit nur in Karelien vorkommt. Schungit bildet eine weltweit einmalige Sonderform des Kohlenstoffs, ein sogenanntes Fulleren. Kohlenstoff-Fullerene kommen sonst nur im Kosmos vor, und daher vermutet man auch für den Schungit einen kosmischen

 

Nichts Lieblicheres als die  Heimat.

Sprichwort der Orotschen

 

Als Journalistin der Illustrierten FREIE WELT – die als Russistin ihre Diplomarbeit über russische Sprichwörter geschrieben hat - habe ich auf allen meinen Reportagereisen in die Sowjetunion jahrzehntelang auch Sprichwörter der dort ansässigen Völker gesammelt - von den Völkern selbst,  von einschlägigen Wissenschaftlern und Ethnographen, aus Büchern ... - bei einem vierwöchigen Aufenthalt in Moskau saß ich Tag für Tag in der Leninbibliothek. So ist von mir erschienen: 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Ich bin, wie man sieht, gut damit gefahren, es mit diesem turkmenischen Sprichwort zu halten: Hast du Verstand, folge ihm; hast du keinen, gibt`s ja noch die Sprichwörter.

Hier fünfzehn orotschische Sprichwörter:

 (Unveröffentlicht)

Auf frischer Asche finden sich keine jungen Nester.

Gedenkst du zu gehen, lass Brennholz zurück.

Arbeiten ist nicht gleich Fett essen.

Willst du ein Meister im Jagen werden, beginne mit jungen Jahren.

Der Mutige ist im Kampf immer der Stärkere.

Niemand kann ohne Nahrung leben, aber nicht jeder trägt welche in seinem Beutel.

Für ein schwächlich Ren ist selbst ein guter Pfad beschwerlicher als eine steinig` Furt.

Wie du dein Ren fütterst, wirst du auf ihm reiten.

Den Ren erkennt man am Gespann, den Menschen an seinem Tun.

Ein grob gegerbter Riemen hält besser.

Bei festem Schlaf sind alle Nächte kurz.

Jeder Schneesturm hat seine Eigentümlichkeiten - ebenso wie die Menschen.

Nicht immer braust Sturm, nicht alles bringt Harm.

Wirst du in der Taiga hungrig findest du schnell den Weg zum heimatlichen Tschum.

Je tiefer du in die Taiga eindringst, je besser durchschaust du sie.

 

Interlinearübersetzung aus dem Russischen von Gertraud Ettrich; gesammelt und in Sprichwortform gebracht von Gisela Reller

 

Die OROTSCHEN: Für Liebhaber kurzer Texte

 für Kinder

Schön warm anziehen, es geht nach Sibirien – zu den Orotschen. Das Volk der Orotschen ist mit neunhundert Angehörigen nicht einmal das kleinste Volk in Russland. Orotsch heißt ins Deutsche übersetzt Mensch. In alten Zeiten erhielten viele Völker ihre Namen von Abenteurern, Forschungsreisenden, Missionaren… Nicht alle Namen waren den Völkern wohl gesonnen. So hießen zum Beispiel die Nenzen früher Samojeden, was übersetzt Menschenfresser heißt. In neuerer Zeit trennten ich viele Völker von ihren ungerechten Namen und nannten sich in ihrer Sprache Mensch, einfach „nur“ Mensch. – Die Region Chabarowsk, in der die Orotschen vorrangig leben, liegt in Ostsibirien, wo im Winter Temperaturen von minus 50 Grad keine Seltenheit sind. Bis auf den heutigen Tag sind die Orotschen am liebsten Fischer und Jäger. Jagen gehen sie in die Taiga, die sozusagen vor ihrer Haustür liegt. Hier kann einem ganz unverhofft ein Wolf begegnen, auch ein Elch oder ein Bär. Die Taiga müsst Ihr Euch wie einen riesengroßen Wald ohne Weg und Steg vorstellen. Hier wächst alles wie es will, nirgendwo hilft Menschenhand nach. Als Herrn der Taiga verehren die Orotchen Bua, was in ihrer Sprache soviel heißt wie Universum oder Himmel. Vor langen Zeiten, als die Märchen entstanden, war der Himmel für die Orotschen unerreichbar weit weg und daher für sie geheimnisvoll und übermächtig. Bua vermochte ihrem Glauben nach in der furchteinflößenden Taiga einfach alles – sogar den Tieren Schwänze zu schenken. Davon und wie Bua sich zu helfen weiß, erzählt das orotschische Märchen Wie Hase und Bär zu ihrem Stummelschwänzchen kamen.

Diesen unveröffentlichten Text habe ich geschrieben, als ich nach der Wende von 1997 bis zum Jahre 2000 zusammen mit Gabriele Kleiner (die die Märchen auswählen und übersetzen sollte) und Gisela Röder (die die Zeichnungen für die Märchen anfertigen sollte) die Idee für ein Märchenbuch der Völker Russlands„Die listige Füchsin und der kleine, dicke Samowar“ (Arbeitstitel) konzipierte

 

 

So sollte unser Märchenbuch von 70 Völkern Russlands aussehen. Bei allen Zeichnungen sollten die Märchenhelden zum Beispiel nicht mit Phantasie-Kleidung ausgestattet sein, sondern Schnitt und Stickereien sollten - wie bei unserer Füchsin - dem Original entsprechen.

Gestaltung: Horst Wustrau.

Ich zitiere aus unserem Exposé: „Allgemein bekannt ist, dass es sich sowohl beim zaristischen russischen Reich als auch bei der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) um einen ausgeprägten Vielvölkerstaat handelte. Meist unbeachtet bleibt, dass nach dem Zerfall der UdSSR die Russische Föderation – die sich von Europa bis in den Fernen Osten erstreckt – ein solcher Vielvölkerstaat geblieben ist, in dem neben den Russen etwa siebzig weitere angestammte Völker leben. Diese Völker sprechen die unterschiedlichsten Sprachen, gehören den unterschiedlichsten Religionen an, haben jeweils ihre eigenen Geschichte, ihre spezifischen Sitten und Bräuche. (…) Noch immer fehlen leicht verständliche Publikationen, aus denen man Näheres über Herkunft, Bevölkerungsanzahl, Siedlungsgebiete, Sprache, Religion… der verschiedenen Nationalitäten erfahren kann. Für Kinder gibt es keinerlei Literatur, die einen umfassenden kindgerechten Einblick in die ethnische Vielgestaltigkeit Russlands vermittelt. Auch in den Schulbüchern fehlen hierzu entsprechende Texte. Die in den letzten hundertfünfzig Jahren im deutschen Sprachraum publizierten Märchensammlungen der Völker Russlands bzw. der Sowjetunion wiederholen sich in der Auswahl, greifen immer wieder auf dieselben Quellen zurück und sind in ihrer Zusammenstellung – was die einzelnen Völkerschafts-Märchen betrifft – mehr zufällig als systematisch und nie umfassend zusammengestellt. In keiner Märchensammlung gibt es außer der namentlichen Nennung des Volkes weiterführende Hinweise zu diesen Völkern – weder geographische noch ethnographische oder historische. – Auf dieser Erkenntnis – der jahrelange Recherche u. a. in den großen staatlichen Bibliotheken Russlands vorausgegangen ist – basiert unsere Idee, ein exklusives Märchenbuch der Völker Russlands mit faktenreichen kindgerecht geschriebenen Einführungstexten zu allen Völkern der Russischen Föderation herauszugeben. (…) – Zu den Herausgeberinnen: Gisela Reller ist Russistin, Buchautorin und Fachjournalistin für alle GUS-Staaten und deren Völker. Sie hat – als Reporterin der Illustrierten FREIE WELT - seit 1964 bis in die Gegenwart weit über hundert Reisen in alle Gebiete der ehemaligen Sowjetunion unternommen und verfügt über ein sehr umfangreiches und vielseitiges Völkerschafts-Spezialarchiv. – Gabriele Kleiner – ebenfalls Reporterin der Illustrierten FREIE WELT – ist Russistin, Übersetzerin und Journalistin mit Schwerpunkt Ost- und Südosteuropa, sie hat drei Jahre lang in Moskau gelebt und kennt die GUS-Staaten darüber hinaus ebenfalls durch viele Reportagereisen. – Gisela Röder hat für eine Märchenserie in der FREIEN WELT farbige großformatige Zeichnungen beigesteuert. Sie hat nach Vorlagen (Ornamente, Trachten, typische Gebrauchsgegenstände, Schmuck…) aus dem Spezialarchiv von Gisela Reller für das jeweilige Märchen ethnographisch exakte, abwechslungsreiche und unverwechselbare Zeichnungen angefertigt. Jedem Märchen sollte ein kurzer kindgerechter Text (für 6 bis 12jährige) vorangestellt werden, in dem die Kinder mit dem Finger auf der Landkarte von Moskau aus durch die Russische Föderation reisen: durch das europäische Russland, den Nordkaukasus, Westsibirien, Südsibirien, den hohen Norden, den Fernen Osten. Ist es nicht interessant, dass bei den Mordwinen ein guter Märchenerzähler genauso viel Achtung genossen hat wie ein geschickter Jäger oder ein starker Holzfäller? Dass einer der sowjetischen Kosmonauten der Tschuwasche Andrijan Nikolajew war? Dass die Nordosseten an Gott, die Tschuktschen an Geister, die Tschetschenen an Allah, die Burjaten an Buddha glauben? Dass bei den Mari erst Märchen erzählt werden durften, wenn alle Arbeit des Tages getan war? Dass von den ganz dicht beieinander lebenden Völkern des Wolga-Kama-Gebietes drei Völker finno-ugrisch und drei Völker eine Turksprache sprechen? Dass die

tschuwaschische Braut ihrem Bräutigam ein Hochzeitstüchlein sticken musste, das im Muster ganz und gar einmalig war? (…)“ - Nachdem wir uns erfolglos mit 26 Verlagen in Verbindung gesetzt hatten, gaben wir auf!

 

 Das orotschische  Märchen

 

 Wie Hase und Bär zu ihrem Stummelschwänzchen kamen:

*

Vor Jahr und Tag, in längst vergangener Zeit, verkündete der Herrscher der Taiga seine Absicht jedem Tier einen Schwanz zu schenken. Als die Tiere davon erfuhren, ließen sie alles stehen und liegen und liefen Hals über Kopf zu ihm. Jedes Tier wollte als erstes vor den Herrscher treten, denn, so dachten sie, die schönsten Schwänze würden nicht für alle reichen. Der fuchs, der Bär und der Hase mchten sich gemeinsam auf den weg. Nach einer Weile beschloss der Fuchs, seine Gefährten zu überlisten. „Los, Freunde lasst uns ein wenig verschnaufen“, sprach der Fuchs zu Hase und Bär. „Ihr könnt euch die zuckersüßen, saftigen Waldhimbeeren schmecken lassen. Dort drüben, seht ihr, am Rande des kleinen Kraters, da wachsen sie zuhauf. Inzwischen werde ich mir irgend ein Vögelchen unter die Krallen reißen. Unser Weg ist noch lang. Gut gestärkt werden wir ihn schneller hinter uns bringen.“ Bär und Hase vertrauten dem hinterlistigen Fuchs. Der Bär tapste gemütlich hinüber zu den riesigen Himbeersträuchern, der Hase hoppelte hinter ihm drein. Und während der Bär nicht lassen konnte von den saftigen, roten Früchten und das Häschen brav auf ihn wartete, rannte der Fuchs, wie der Blitz so schnell, zum Herrscher der Taiga. Und weil er alle anderen Tiere weit hinter sich gelassen hatte, erhielt der Fuchs den allerschönsten und buschigsten Schwanz. Als endlich, endlich auch Bär und Hase vor den Herrscher traten, da hatte dieser nur noch einen einzigen kleinen Schwanz übrig.  Und da er keines der Tiere ohne Geschenk nach hause zurückkehren lassen wollte, so blieb ihm nichts weiter übrig, als diesen kleinen Schwanz in der Mitte durchzuschneiden: die eine Schwanzhälfte für den Bären, die andere für den Hasen. Jetzt wisst ihr, woher Bär und Hase ihre Stummelschwänzchen haben.

 Ausgewählt – mit dem Anspruch auf deutsche Buch-Erstveröffentlichung – und aus dem Russischen übersetzt von Gabriele Kleiner

 

Als Reporterin der Illustrierten FREIE WELT bereiste ich

 

LESEPROBE

 

 

 

 

  

 

Rezensionen und Literaturhinweise (Auswahl) zu den OROTSCHEN

 

 

Rezension in meiner Webseite www.reller-rezensionen.de

 

* KATEGORIE REISELITERATUR/BILDBÄNDE: Edeltraud Maier-Lutz, Flußkreuzfahrten in Rußland, Unterweg auf Wolga, Don, Jenissej und Lena, Trescher-Reihe Reisen, herausgegeben von Sabine Fach und Bernd Schwenkros, mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen, Trescher Verlag, 4. Auflage, Berlin 2002.

 

 

Literaturhinweise (Auswahl)

 

* Märchen aus dem hohen Norden der Sowjetunion, Die Kranichfeder, Für Kinder nacherzählt von N. Gesse und S. Sadunaiskaja, Mit Illustrationen von Manfred Butzmann, 4. Auflage, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1983.

Jäger und Rentierzüchter sind die Helden dieser Märchen. Sie fahren mit dem Schneesturm um die Wette, ringen mit eisernen Ungeheuern, messen ihre Kräfte mit Waldriesen und verehren die Herrin des Feuers. Vielfältig spiegelt sich das Leben der Völker aus dem hohen Norden in seiner reichen Folklore, auch das der Orotschen.

 

* Märchen der Völker des Nordens, Der Rabe Kutcha, Verlag Malysch, Moskau 1976 (in deutscher Sprache).

Von den fernen Küsten der eisigen Meere des Nordens, aus den Weiten der Tundra, aus der Taigawildnis und von den Ufern der riesigen sibirischen Ströme kommen diese orotschischen Märchen, deren Helden Tiere sind.

 

* Märchen der Nordvölker, Die Herrin des Feuers, Verlag Progreß, Moskau 1974 (in deutscher Sprache).

Darin auch Märchen der Orotschen.

 

 

 

 

 

 

1. Streifenornament

 

 

Bibliographie zu Gisela Reller

 

Bücher als Autorin:

 

Länderbücher:

 

*  Zwischen Weißem Meer und Baikalsee, Bei den Burjaten, Adygen und Kareliern,  Verlag Neues Leben, Berlin 1981, mit Fotos von Heinz Krüger und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Diesseits und jenseits des Polarkreises, bei den Südosseten, Karakalpaken, Tschuktschen und asiatischen Eskimos, Verlag Neues Leben, Berlin 1985, mit Fotos von Heinz Krüger und Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Von der Wolga bis zum Pazifik, bei Tuwinern, Kalmyken, Niwchen und Oroken, Verlag der Nation, Berlin 1990, 236 Seiten mit Fotos von Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

Biographie:

 

* Pater Maksimylian Kolbe, Guardian von Niepokalanów und Auschwitzhäftling Nr. 16 670, Union Verlag, Berlin 1984, 2. Auflage.

 

 

... als Herausgeberin:

 

Sprichwörterbücher:

 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Aphorismenbuch:

* 666 und sex mal Liebe, Auserlesenes, 2. Auflage, Mitteldeutscher Verlag Halle/Leipzig, 200 Seiten mit Vignetten und Illustrationen von Egbert Herfurth.

 

... als Mitautorin:

 

Kinderbücher:

 

* Warum? Weshalb? Wieso?, Ein Frage-und-Antwort-Buch für Kinder, Band 1 bis 5, Herausgegeben von Carola Hendel, reich illustriert, Verlag Junge Welt, Berlin 1981 -1989.

 

Sachbuch:

 

* Die Stunde Null, Tatsachenberichte über tapfere Menschen in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges, Hrsg. Ursula Höntsch, Verlag der Nation 1966.

 

 

... als Verantwortliche Redakteurin:

 

* Leben mit der Erinnerung, Jüdische Geschichte in Prenzlauer Berg, Edition  Hentrich, Berlin 1997, mit zahlreichen Illustrationen.

 

* HANDSCHLAG, Vierteljahreszeitung für deutsche Minderheiten im Ausland, Herausgegeben vom Kuratorium zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland e. V., Berlin 1991 - 1993.

 

 

2. Streifenornament

 

 

Pressezitate (Auswahl) zu Gisela Rellers Buchveröffentlichungen:

Dieter Wende in der „Wochenpost“ Nr. 15/1985:

„Es ist schon eigenartig, wenn man in der Wüste Kysyl-Kum von einem Kamelzüchter gefragt wird: `Kennen Sie Gisela Reller?´ Es ist schwer, dieser Autorin in entlegenen sowjetischen Regionen zuvorzukommen. Diesmal nun legt sie mit ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik Berichte aus Kalmykien, Tuwa und von der Insel Sachalin vor. Liebevolle und sehr detailgetreue Berichte auch vom Schicksal kleiner Völker. Die ethnografisch erfahrene Journalistin serviert Besonderes. Ihre Erzählungen vermitteln auch Hintergründe über die Verfehlungen bei der Lösung des Nationalitätenproblems.“

B(erliner) Z(eitung) am Abend vom 24. September 1981:

"Gisela Reller, Mitarbeiterin der Ilustrierten FREIE WELT, hat autonome Republiken und gebiete kleiner sowjetischer Nationalitäten bereist: die der Burjaten, Adygen und Karelier. Was sie dort ... erlebte und was Heinz Krüger fotografierte, ergíbt den informativen, soeben erschienenen Band Zwischen Weißem Meer und Baikalsee."

Sowjetliteratur (Moskau)Nr. 9/1982:

 "(...) Das ist eine lebendige, lockere Erzählung über das Gesehene und Erlebte, verflochten mit dem reichhaltigen, aber sehr geschickt und unaufdringlich dargebotenen Tatsachenmaterial. (...) Allerdings verstehe ich sehr gut, wie viel Gisela Reller vor jeder ihrer Reisen nachgelesen hat und wie viel Zeit nach der Rückkehr die Bearbeitung des gesammelten Materials erforderte. Zugleich ist es ihr aber gelungen, die Frische des ersten `Blickes´ zu bewahren und dem Leser packend das Gesehene und Erlebte mitzuteilen. (...) Es ist ziemlich lehrreich - ich verwende bewusst dieses Wort: Vieles, was wir im eigenen Lande als selbstverständlich aufnehmen, woran wir uns ja gewöhnt haben und was sich unserer Aufmerksamkeit oft entzieht, eröffnet sich für einen Ausländer, sei es auch als Reisender, der wiederholt in unserem Lande weilt, sozusagen in neuen Aspekten, in neuen Farben und besitzt einen besonderen Wert. (...) Mir gefällt ganz besonders, wie gekonnt sich die Autorin an literarischen Quellen, an die Folklore wendet, wie sie in den Text ihres Buches Gedichte russischer Klassiker und auch wenig bekannter nationaler Autoren, Zitate aus literarischen Werken, Märchen, Anekdoten, selbst Witze einfügt. Ein treffender während der Reise gehörter Witz oder Trinkspruch verleihen dem Text eine besondere Würze. (...) Doch das Wichtigste im Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee sind die Menschen, mit denen Gisela Reller auf ihren Reisen zusammenkam. Unterschiedlich im Alter und Beruf, verschieden ihrem Charakter und Bildungsgrad nach sind diese Menschen, aber über sie alle vermag die Autorin kurz und treffend mit Interesse und Sympathie zu berichten. (...)"

Neue Zeit vom 18. April 1983:

„In ihrer biographischen Skizze über den polnischen Pater Maksymilian Kolbe schreibt Gisela Reller (2. Auflage 1983) mit Sachkenntnis und Engagement über das Leben und Sterben dieses außergewöhnlichen Paters, der für den Familienvater Franciszek Gajowniczek freiwillig in den Hungerbunker von Auschwitz ging.“

Der Morgen vom 7. Februar 1984:

„`Reize lieber einen Bären als einen Mann aus den Bergen´. Durch die Sprüche des Kaukasischen Spruchbeutels weht der raue Wind des Kaukasus. Der Spruchbeutel erzählt auch von Mentalitäten, Eigensinnigkeiten und Bräuchen der Adygen, Osseten und Dagestaner. Die Achtung vor den Alten, die schwere Stellung der Frau, das lebensnotwendige Verhältnis zu den Tieren. Gisela Reller hat klug ausgewählt.“

1985 auf dem Solidaritätsbasar auf dem Berliner Alexanderplatz: Gisela Reller (vorne links) verkauft ihren „Kaukasischen Spruchbeutel“ und 1986 das extra für den Solidaritätsbasar von ihr herausgegebene Sprichwörterbuch „Dein Freund ist Dein Spiegel“.

Foto: Alfred Paszkowiak

 Neues Deutschland vom 15./16. März 1986:

"Vor allem der an Geschichte, Bräuchen, Nationalliteratur und Volkskunst interessierte Leser wird manches bisher `Ungehörte´ finden. Er erfährt, warum im Kaukasus noch heute viele Frauen ein Leben lang Schwarz tragen und was es mit dem `Ossetenbräu´ auf sich hat, weshalb noch 1978 in Nukus ein Eisenbahnzug Aufsehen erregte und dass vor Jahrhunderten um den Aralsee fruchtbares Kulturland war, dass die Tschuktschen vier Begriff für `Freundschaft´, aber kein Wort für Krieg besitzen und was ein Parteisekretär in Anadyr als notwendigen Komfort, was als entbehrlichen Luxus ansieht. Großes Lob verdient der Verlag für die großzügige Ausstattung von Diesseits und jenseits des Polarkreises.“

 

 Gisela Reller während einer ihrer über achthundert Buchlesungen

in der Zeit von 1981 bis 1991.

Berliner Zeitung vom 2./3. Januar 1988:

„Gisela Reller hat klassisch-deutsche und DDR-Literatur auf Liebeserfahrungen durchforscht und ist in ihrem Buch 666 und sex mal Liebe 666 und sex mal fündig geworden. Sexisch illustriert, hat der Mitteldeutsche Verlag Halle alles zu einem hübschen Bändchen zusammengefügt.“

Neue Berliner Illustrierte (NBI) Nr. 7/88:

„Zu dem wohl jeden bewegenden Thema finden sich auf 198 Seiten 666 und sex mal Liebe mannigfache Gedanken von Literaten, die heute unter uns leben, sowie von Persönlichkeiten, die sich vor mehreren Jahrhunderten dazu äußerten.“

Das Magazin Nr. 5/88.

"`Man gewöhnt sich daran, die Frauen in solche zu unterscheiden, die schon bewusstlos sind, und solche, die erst dazu gemacht werden müssen. Jene stehen höher und gebieten dem Gedenken. Diese sind interessanter und dienen der Lust. Dort ist die Liebe Andacht und Opfer, hier Sieg und Beute.´ Den Aphorismus von Karl Kraus entnahmen wir dem Band 666 und sex mal Liebe, herausgegeben von Gisela Reller und illustriert von Egbert Herfurth."

 

Schutzumschlag zum „Buch 666 und sex mal Liebe“ .

Zeichnung: Egbert Herfurth

 

FÜR DICH, Nr. 34/89:

 

"Dem beliebten Büchlein 666 und sex mal Liebe entnahmen wir die philosophischen und frechen Sprüche für unser Poster, das Sie auf dem Berliner Solidaritätsbasar kaufen können. Gisela Reller hat die literarischen Äußerungen zum Thema Liebe gesammelt, Egbert Herfurth hat sie trefflich illustriert."

Messe-Börsenblatt, Frühjahr 1989:

"Die Autorin – langjährige erfolgreiche Reporterin der FREIEN WELT - ist bekannt geworden durch ihre Bücher Zwischen Weißem Meer und Baikalsee und Diesseits und jenseits des Polarkreises. Diesmal schreibt die intime Kennerin der Sowjetunion in ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik über die Kalmyken, Tuwiner und die Bewohner von Sachalin, also wieder über Nationalitäten und Völkerschaften. Ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird uns in fesselnden Erlebnisberichten nahegebracht."

Im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel schrieb ich in der Ausgabe 49 vom 7. Dezember 1982 unter der Überschrift „Was für ein Gefühl, wenn Zuhörer Schlange stehen“:

„Zu den diesjährigen Tagen des sowjetischen Buches habe ich mit dem Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee mehr als zwanzig Lesungen bestritten. (…) Ich las vor einem Kreis von vier Personen (in Klosterfelde) und vor 75 Mitgliedern einer DSF-Gruppe in Finow; meine jüngsten Zuhörer waren Blumberger Schüler einer 4. Klasse, meine älteste Zuhörerin (im Schwedter Alten- und Pflegeheim) fast 80 Jahre alt. Ich las z.B. im Walzwerk Finow, im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder, im Petrolchemischen Kombinat Schwedt; vor KIM-Eiersortierern in Mehrow, vor LPG-Bauern in Hermersdorf, Obersdorf und Bollersdorf; vor zukünftigen Offizieren in Zschopau; vor Forstlehrlingen in Waldfrieden; vor Lehrlingen für Getreidewirtschaft in Kamenz, vor Schülern einer 7., 8. und 10 Klasse in Bernau, Schönow und Berlin; vor Pädagogen in Berlin, Wandlitz, Eberswalde. - Ich weiß nicht, was mir mehr Spaß gemacht hat, für eine 10. Klasse eine Geographiestunde über die Sowjetunion einmal ganz anders zu gestalten oder Lehrern zu beweisen, dass nicht einmal sie alles über die Sowjetunion wissen – was bei meiner Thematik – `Die kleinen sowjetischen Völkerschaften!´ – gar nicht schwer zu machen ist. Wer schon kennt sich aus mit Awaren und Adsharen, Ewenken und Ewenen, Oroken und Orotschen, mit Alëuten, Tabassaranern, Korjaken, Itelmenen, Kareliern… Vielleicht habe ich es leichter, Zugang zu finden als mancher Autor, der `nur´ sein Buch oder Manuskript im Reisegepäck hat. Ich nämlich schleppe zum `Anfüttern´ stets ein vollgepacktes Köfferchen mit, darin von der Tschuktschenhalbinsel ein echter Walrosselfenbein-Stoßzahn, Karelische Birke, burjatischer Halbedelstein, jakutische Rentierfellbilder, eskimoische Kettenanhänger aus Robbenfell, einen adygeischen Dolch, eine karakalpakische Tjubetejka, der Zahn eines Grauwals, den wir als FREIE WELT-Reporter mit harpuniert haben… - Schön, wenn alles das ganz aufmerksam betrachtet und behutsam befühlt wird und dadurch aufschließt für die nächste Leseprobe. Schön auch, wenn man schichtmüde Männer nach der Veranstaltung sagen hört: `Mensch, die Sowjetunion ist ja interessanter, als ich gedacht habe.´ Oder: `Die haben ja in den fünfundsechzig Jahren mit den `wilden´ Tschuktschen ein richtiges Wunder vollbracht.´ Besonders schön, wenn es gelingt, das `Sowjetische Wunder´ auch denjenigen nahezubringen, die zunächst nur aus Kollektivgeist mit ihrer Brigade mitgegangen sind. Und: Was für ein Gefühl, nach der Lesung Menschen Schlange stehen zu sehen, um sich für das einzige Bibliotheksbuch vormerken zu lassen. (Schade, wenn man Kauflustigen sagen muss, dass das Buch bereits vergriffen ist.) – Dank sei allen gesagt, die sich um das zustande kommen von Buchlesungen mühen – den Gewerkschaftsbibliothekaren der Betriebe, den Stadt- und Kreisbibliothekaren, den Buchhändlern, die oft aufgeregter sind als der Autor, in Sorge, `dass auch ja alles klappt´. – Für mich hat es `geklappt´, wenn ich Informationen und Unterhaltung gegeben habe und Anregungen für mein nächstes Buch mitnehmen konnte.“

Die Rechtschreibung der Texte wurde behutsam der letzten Rechtschreibreform angepasst.

Die OROTSCHEN wurden am 28.12.2014 ins Netz gestellt. Die letzte Bearbeitung erfolgte am 16.01.2016.

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Zeichnung: Karl-Heinz Döhring