Vorab!

Leider kommt im Internet bei meinem (inzwischen veralteten) FrontPage-Programm  längst nicht alles so, wie von mir in html angegeben. Farben kommen anders, als von mir geplant, Satzbreiten wollen nicht so wie von mir markiert, Bilder kommen manchmal an der falschen  Stelle, und - wenn  ich  Pech  habe  -  erscheint  statt  des  Bildes  gar  eine  Leerstelle.

Was tun? Wer kann helfen?

 

*

Wird laufend bearbeitet!

 

 

Ich bin eine Litauerin: Die .

 

Foto:

 

                    

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

 

"Die Seele, denke ich, hat keine Nationalität."

Juri Rytchëu (tschuktschischer Schriftsteller, 1930 bis 2008) in: Im Spiegel des Vergessens, 2007

 

Wenn wir für das eine Volk eine Zuneigung oder gegen das andere eine Abneigung hegen, so beruht das, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, auf dem, was wir von dem jeweiligen Volk wissen oder zu wissen glauben. Das ist – seien wir ehrlich – oft sehr wenig, und manchmal ist dieses Wenige auch noch falsch.  

Ich habe für die Berliner Illustrierte FREIE WELT jahrelang die Sowjetunion bereist, um – am liebsten - über abwegige Themen zu berichten: über Hypnopädie und Suggestopädie, über Geschlechtsumwandlung und Seelenspionage, über Akzeleration und geschlechtsspezifisches Kinderspielzeug... Außerdem habe ich mit jeweils einem deutschen und einem Wissenschaftler aus dem weiten Sowjetland vielteilige Lehrgänge erarbeitet.* Ein sehr interessantes Arbeitsgebiet! Doch 1973, am letzten Abend meiner Reise nach Nowosibirsk – ich hatte viele Termine in Akademgorodok, der russischen Stadt der Wissenschaften – machte ich einen Abendspaziergang entlang des Ob. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich zwar wieder viele Experten kennengelernt hatte, aber mit der einheimischen Bevölkerung kaum in Kontakt gekommen war.  

Da war in einem magischen Moment an einem großen sibirischen Fluss - Angesicht in Angesicht mit einem kleinen (grauen!) Eichhörnchen - die große FREIE WELT-Völkerschafts-Serie** geboren!  

Und nun reiste ich ab 1975 jahrzehntelang zu zahlreichen Völkern des Kaukasus, war bei vielen Völkern Sibiriens, war in Mittelasien, im hohen Norden, im Fernen Osten und immer wieder auch bei den Russen. 

Nach dem Zerfall der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zog es mich – nach der wendegeschuldeten Einstellung der FREIEN WELT***, nun als Freie Reisejournalistin – weiterhin in die mir vertrauten Gefilde, bis ich eines Tages mehr über die westlichen Länder und Völker wissen wollte, die man mir als DDR-Bürgerin vorenthalten hatte.

Nach mehr als zwei Jahrzehnten ist nun mein Nachholebedarf erst einmal gedeckt, und ich habe das Bedürfnis, mich wieder meinen heißgeliebten Tschuktschen, Adygen, Niwchen, Kalmyken und Kumyken, Ewenen und Ewenken, Enzen und Nenzen... zuzuwenden.

Deshalb werde ich meiner Webseite www.reller-rezensionen.de (mit inzwischen weit mehr als fünfhundert Rezensionen), die seit 2002 im Netz ist, ab 2013 meinen journalistischen Völkerschafts-Fundus von fast einhundert Völkern an die Seite stellen – mit ausführlichen geographischen und ethnographischen Texten, mit Reportagen, Interviews, Sprichwörtern, Märchen, Gedichten, Literaturhinweisen, Zitaten aus längst gelesenen und neu erschienenen Büchern; so manches davon, teils erstmals ins Deutsche übersetzt, war bis jetzt – ebenfalls wendegeschuldet – unveröffentlicht geblieben. 

Sollten sich in meinem Material Fehler oder Ungenauigkeiten eingeschlichen haben, teilen Sie mir diese bitte am liebsten in meinem Gästebuch oder per E-Mail gisela@reller-rezensionen.de mit. Überhaupt würde ich mich über eine Resonanz meiner Nutzer freuen!

Gisela Reller 

    * Lernen Sie Rationelles Lesen" / "Lernen Sie lernen" / "Lernen Sie reden" / "Lernen Sie essen" / "Lernen Sie, nicht zu rauchen" / "Lernen Sie schlafen" / "Lernen Sie logisches Denken"...

 

  ** Im 1999 erschienenen Buch „Zwischen `Mosaik´ und `Einheit´. Zeitschriften in der DDR“ von Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis (Hrsg.), erschienen im Berliner Ch. Links Verlag, ist eine Tabelle veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Völkerschaftsserie der FREIEN WELT von neun vorgegebenen Themenkreisen an zweiter Stelle in der Gunst der Leser stand – nach „Gespräche mit Experten zu aktuellen Themen“.

(Quelle: ZA Universität Köln, Studie 6318)

 

*** Christa Wolf zur Einstellung der Illustrierten FREIE WELT in ihrem Buch "Auf dem Weg nach Tabou, Texte 1990-1994", Seite 53/54: „Aber auf keinen Fall möchte ich den Eindruck erwecken, in dieser Halbstadt werde nicht mehr gelacht. Im Gegenteil! Erzählt mir doch neulich ein Kollege aus meinem Verlag (Helmut Reller) – der natürlich wie zwei Drittel der Belegschaft längst entlassen ist –, daß nun auch seine Frau (Gisela Reller), langjährige Redakteurin einer Illustrierten (FREIE WELT) mitsamt der ganzen Redaktion gerade gekündigt sei: Die Zeitschrift werde eingestellt. Warum wir da so lachen mußten? Als im Jahr vor der `Wende´ die zuständige ZK-Abteilung sich dieser Zeitschrift entledigen wollte, weil sie, auf Berichterstattung aus der Sowjetunion spezialisiert, sich als zu anfällig erwiesen hatte, gegenüber Gorbatschows Perestroika, da hatten der Widerstand der Redaktion und die Solidarität vieler anderer Journalisten das Blatt retten können. Nun aber, da die `Presselandschaft´ der ehemaligen DDR, der `fünf neuen Bundesländer´, oder, wie der Bundesfinanzminister realitätsgerecht sagt: `des Beitrittsgebiets´, unter die vier großen westdeutschen Zeitungskonzerne aufgeteilt ist, weht ein schärferer Wind. Da wird kalkuliert und, wenn nötig, emotionslos amputiert. Wie auch die Lyrik meines Verlages (Aufbau-Verlag), auf die er sich bisher viel zugute hielt: Sie rechnet sich nicht und mußte aus dem Verlagsprogramm gestrichen werden. Mann, sage ich. Das hätte sich aber die Zensur früher nicht erlauben dürfen! – "Das hätten wir uns von der auch nicht gefallen lassen", sagt eine Verlagsmitarbeiterin.

Wo sie recht hat, hat sie recht.“

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

Wenn Sie sich die folgenden Texte zu Gemüte geführt und Lust bekommen haben, Litauen zu bereisen, sei Ihnen das Reisebüro ? empfohlen; denn – so lautet ein litauisches Sprichwort -

 

Gib dich auf Reisen der Welt hin – und sie wird sich dir hingeben.

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Die LITAUER… (Eigenbezeichnung: )

 

Bevölkerung:

Fläche:

Geschichtliches:

Mit dem Tag des Einmarsches der Deutschen in Wilna begann die Verfolgung seiner jüdischen Bevölkerung, die 80 000 Menschen zählte. Die Deutschen veröffentlichen diesen Text: "Die Wilnaer Juden sind die gefährlichsten auf der ganzen Welt. Wenn in Wilna auch nur ein Dutzend Juden der Vernichtung entgeht, würde das eigentliche Ziel verfehlt. Mitleid mit dem Feind ist Landesverrat."

"Überall in den besetzten Gebieten arbeiteten Einheimische freiwillig mit der deutschen Verwaltung zusammen und halfen den Einsatzgruppen und SS-Verbänden bei der Durchführung des Massenmords an den Juden. Besonders ausgeprägt war die Kollaboration im Litauen, Lettland, Estland, Moldawien und der westlichen Ukraine. (...) Am 25 und 26. Juni 1941 ermordeten litauische Faschisten in Viliampole, einen Stadtteil von Kaunas, 800 Juden und setzten jüdische Häuser und Synagogen in Brand. Laut Bericht der Einsatzgruppe A wurden 3 800 Juden in Kaunas und 1 300 Juden an anderen Orten Litauens bei Pogromen getötet, die von Litauern organisiert worden waren. (...) Ohne die aktive Hilfe von Tausenden einheimischer Freiwilliger hätten die Deutschen die ansässigen Juden nicht ausfindig machen, identifizieren und liquidieren können." (Wassili Großmann/Ilja Ehrenburg, Das Schwarzbuch, Der Genozid an den sowjetischen Juden, Deutsch von Ruth und Heinz Deutschland, Herausgeber der deutschen Ausgabe: Arno Lustiger, Rowohlt Verlag, Reinbeck bei Hamburg, 1994).

Staatsgefüge:

Verbannungsgebiet:

"Die Volkszugehörigkeit ist fast das wichtigste Merkmal, wenn es um die Auswahl der Lagerinsassen geht, die einen der rettenden `Schlauberger´-Posten erhalten. Jeder Gulag-Häftling, der genug Lager gesehen hat, wird bestätigen, dass unter den `Schlaubergern´ (`pridurki´) eine ganz andere Zusammensetzung nach Nationalitäten  herrschte als insgesamt in der Lagerbevölkerung. In der Tat, Balten fand man unter den Schlaubergern eigentlich nie, so viele es auch im Lager geben mochte - und es gab viele! Russen waren natürlich immer dabei, doch ihr Anteil war im Vergleich zu ihrer Anzahl unter den Häftlingen unverhältnismäßig gering (und nicht selten wurden dafür Parteitreue herausgepickt). Dafür waren Juden, Georgier und Armenier deutlich überrepräsentiert. Auch den Aserbaidshanern gelang es überdurchschnittlich häufig, auf einem privilegierten Posten unterzukommen."

Alexander Solschenizyn (1918 bis 2008) in: Zweihundert Jahre zusammen. Die Juden in der Sowjetunion, 2007

 

"Allein in Litauen wurden zwischen 1944 und 1953 mehr als 20 000 Menschen getötet, 240 000 in Gefängnisse gesperrt oder in sibirische Straflager deportiert, mehr als ein Zehntel der Bevölkerung."

Jörg Baberoweski in:  Stalins Herrschaft der Gewalt, 2012

 

 

 

Hauptstadt:

Wirtschaft:

Verkehr:  

Sprache/Schrift:

Literatursprache/Literatur:

Bildung:

Kultur/Kunst:

 

Gesundheitswesen:

Klima:

Natur/Umwelt:

"Von der  Maas bis an die Memel sollten einst Deutschlands Grenzen reichen, so heißt es zumindest in der ersten Strophe  des `Lieds der Deutschen´ . Das Memelland war die nördlichste Ecke Ostpreußens und de Deutschen Reiches. Heute bildet die Memel die Grenze zwischen Litauen und dem Russland zugehörigen Kaliningrader Gebiet."

Sabine Herre in: Die Zeit vom 16.07.2015

Pflanzen- und Tierwelt: Das Mündungsgebiet der Memel ist nicht nur eine Durchgangsstation für Zugvögel, sondern auch ein Rückzugsgebiet für viele andere Tierarten. Allein Zwölf verschiedene Fledermausarten verzeichnet die Homepage des Regionalparks. Iltis, Nerz und Hermelin wurden im Schilf gesichtet, Und natürlich der Biber, dessen Burgen an jedem Fluss und an jedem Kanal zu finden sind. Nur viel viel Glück sieht man dagegen einen der scheuen Elche. - Das Memeldelta, eine nahezu menschenleere Region, ist eines der bedeutendsten Naturschutzgebiete Osteuropas. 294 Vogelarten haben die Regionalpark-Ranger hier gezählt. Einer der seltensten und bedrohtesten Vögel ist der Seggenrohrsänger. Der Vogel ist nicht einmal handgroß, doch die Memelländer sind so stolz auf ihn, dass sie während seiner Brutzeit sogar auf die Grasernte verzichten.

"Die Niederung der Memel ist eine Landschaft, die an den dritten Schöpfungstag erinnert.

Heinrich A. Kurschat  (geboren 1918) in:  Das Buch vom Memelland, 1968

 

 

Behausungen:

Ernährung:

Kleidung:

Folklore: In den Folklore-Archiven der drei Baltenstaaten hat es in den gut hundert Jahren ihres Bestehens eine gewaltige Zahl von Volkserzählungen aus mündlicher Überlieferung angehäuft. Neben dem Archiv der Finnischen Literaturgesellschaft (Helsinki) gehören die drei Archive in Lettland, Litauen und Estland zu den umfangreichsten in Europa.

Feste/Bräuche:

Religion:

Ereignisse nach dem Zerfall der Sowjetunion, sofern sie nicht bereits oben aufgeführt sind: Als Litauen seine Unabhängigkeit erklärte, drosselte die Sowjetunion sofort die Energieversorgung.

2014 wurde in Litauen der Verkauf von Energydrinks an Minderjährige verboten. Wer dagegen verstößt, muss ein Bußgeld zahlen. ´Das Gesetz gat der damalige Gesundheitsminister Vytenis Andriukaitis auf den Weg gebracht. Seit November 2014 übernahm Andriukaitis das Amt des EU-Gsesundheitskommissars.

Kontakte zur Bundesrepublik Deutschland:

2015 wird die litauische Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla neue Musikdirektorin am Salzburger Landestheater. Sie ist gleichzeitig Assistentin von Gustavo Dudamel in Los Angeles.

"Damit gute Kunst in die Welt kommt, braucht es viel Ordnung, Klarheit und Disziplin. Davor, währenddessen und danach. "

Mirga Grazinyte-Tyla in Die Zeit vom 24.09.2015

 

Interessant, zu wissen..., dass Deutschland – nach den USA und Russland – drittgrößter Exporteur von Waffen und Rüstungsgütern ist und auch in Litauen mit Waffen präsent ist.

Über 130 Länder erhalten aus deutscher Produktion Kriegswaffen und Rüstungsgüter. Ein gravierendes Problem bei diesem Geschäft sind die Lücken der deutschen Exportkontrolle. So wird zum Beispiel der Endverbleib der deutschen Kriegsgeräte in den Empfängerländern nicht kontrolliert, sondern es wird auf die Eigenverantwortung der Empfänger der Rüstungsgüter gesetzt, die nur eine Endverbleibserklärung unterzeichnen müssen. Damit entledigt sich die Bundesregierung der politischen Verantwortung.  Deutsche Waffen tauchen deshalb immer  wieder in Ländern und bei Konflikten auf, wo sie gar nicht sein dürften, z. B. in Georgien 2008 und aktuell in vier Bundesstaaten Mexikos. Deutschland gehört auch weltweit zu den größten Herstellern von Kleinwaffen, d. h. von Sturmgewehren, Pistolen und Revolvern. Kleinwaffen sind die Massenvernichtungsmittel von heute. Durch die rund 875 Millionen weltweit im Umlauf befindlichen Gewehre, Maschinenpistolen und Pistolen werden laut Angaben von UNICEF mehr Menschen getötet, als durch alle anderen Waffen. Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt in der „Zeit“ vom 12. Dezember 2013: „Es sterben durch Kleinwaffen in jedem Jahr auf der Welt mehr als 500 000 Zivilpersonen – zum Teil durch Terroranschläge, zum Teil durch vorbeugende Operationen, zum Teil durch `Friedensinterventionen´, zum Teil durch kriminelle Akte.“ Zu den Ländern, in denen von der deutschen Fabrik Heckler & Koch entwickelte Gewehre und Maschinenpistolen in Gebrauch sind, gehören die ehemaligen Sowjetstaaten Georgien, Lettland und LITAUEN. Und: Von den einhundert ausgeführten gepanzerten Kampffahrzeugen handelte es sich zum Beispiel um neunundneunzig ausgemusterte M 113, ebenfalls für Litauen. Wahr ist: Deutschland schickt ungern Soldaten in fremde Länder, dafür umso lieber Waffen!!!

"Die Bundesregierung hat zwischen Januar und Ende Juni 2015 deutlich mehr Rüstungsexporte genehmigt als im Vorjahreszeitraum. Demnach ist der Wert der sogenannten Einzelgenehmigungen um rund 50 Prozent auf nun 3,31 Milliarden Euro gestiegen. Rechnet man die Sammelausfuhrgenehmigungen hinzu, zumeist Kooperationen mit Nato-Partnern, ergibt sich ein Gesamtwert von insgesamt 6,35 Milliarden Euro." Damit wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 Ausfuhren in einer Höhe  genehmigt wie fast im gesamten Jahr 2014.

Der Spiegel Nr. 33 vom 08.08.2015

 

Ein Mensch ohne Heimat ist wie ein Vogel ohne Lied.

Sprichwort der Litauer

 

Die LITAUER: Für Liebhaber kurzer Texte

Die erste Erwähnung der Litauer findet sich in Annalen um 1009. In alten russischen Chroniken wird die litauische Region als "Litwa" bezeichnet, die Litauer selbst nennen ihr land "Lietuva"; den Ursprung dieser Worte suchen die Wissenschaftler bis heute vergeblich. Die beiden Hauptstämme der Litauer sind erstmals um 1116 in der Nestorchronik erwähnt: die "Akuschtayti" (die oberen Litauer) und die "Schemayti" (die niederen Litauer). Zu einer politischen Vereinigung der litauischen Kleinfürstentümer kam es unter Mindaugas, der sich 1253 taufen ließ und zum König gekrönt wurde. Mit seinem Tode verfiel das Königreich, noch bevor das Christentum Fuß gefasst hatte. Erst durch den Übertritt des Großfürsten Jagiello zum katholischen Glauben erfolgte ab 13185 eine allmähliche Christianisierung; die Litauer waren somit das letzte heidnische Volk Europas. Noch bis ins 16. und 17. Jahrhundert hielt die Mehrzahl der Litauer an der Verehrung ihrer alten Naturgötter fest. Und auch danach verschwanden die alten Sitten und Bräuche nicht, sondern wurden in in ein - zum teil recht fadenscheiniges - christliches Gewand gehüllt. Dadurch entstand eine außergewöhnlich reiche Folklore. Obwohl sich heute die Mehrzahl der fast drei Millionen Litauer zum römischen Katholizismus bekennt, hat das ursprünglich heidnische Fest der Sommersonnenwende alle Zeiten überdauert. - Viel Traditionelles ist auch in der Holzschnitzerei erhalten geblieben - mit Mustern, auch mit Heiligenbildern, verzierte Holzbierkrüge und Körbe aus Weidengeflecht fehlen wohl in keinem litauischen Haushalt. Außerdem sind rund vierhunderttausend Volkslieder, Legenden und Sprichwörter, in denen ich auch Gott und Himmel, Hölle und Teufel ein Stelldichein geben. - Die litauische Dichterin Saloméja Néris - das Litauische gehört zum ostbaltischen Zweig der indoeuropäischen Sprachfamilie - nennt Litauen "ein Tröpfchen der Ostsee" - sie begrenzt das Land auf 99 Kilometer Länge. Apropos Grenzen: Die, so sagen die Litauer, seien einem menschlichen Herzen nachgebildet.

Diesen unveröffentlichten Text habe ich geschrieben, als ich für das

Bibliographische Institut in Leipzig von 1986 bis 1991 ein Sprichwörterbuch von fünfzig Völkern der (ehemaligen) Sowjetunion erarbeitete,

das wegen des Zerfalls der Sowjetunion nicht mehr erschienen ist.

Als Journalistin der Illustrierten FREIE WELT – die als Russistin ihre Diplomarbeit über russische Sprichwörter geschrieben hat - habe ich auf allen meinen Reportagereisen in die Sowjetunion jahrzehntelang auch Sprichwörter der dort ansässigen Völker gesammelt - von den Völkern selbst,  von einschlägigen Wissenschaftlern und Ethnographen, aus Büchern ... - bei einem vierwöchigen Aufenthalt in Moskau saß ich Tag für Tag in der Leninbibliothek. So ist von mir erschienen: 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Ich bin, wie man sieht, gut damit gefahren, es mit diesem turkmenischen Sprichwort zu halten: Hast du Verstand, folge ihm; hast du keinen, gibt`s ja noch die Sprichwörter.

Hier fünfzig litauische Sprichwörter:

 (Unveröffentlicht)

Das Alter furcht das Gesicht auch ohne Pflugschar.

Die Anklage ist die Waffe der Schwachen.

Redet Barschaft, schweigt die Wahrheit.

An fremdem Bart ist gut rasieren lernen.

Besser borgen, denn schuldig bleiben.

Das Brot kommt nicht mit dem Wind.

Wessen Brot du isst, dessen Blick halte stand.

Ehre dich selbst,  und schon bald werden dich die anderen ehren.

Eile ist nur beim Flöhe Jagen nötig.

Von einer Erle fallen keine Äpfel.

Wer kein Ferkel war, wird kein Schwein.

Dem ungebetenen Gast die ungehobelte Bank.

Aus Gebeten lässt sich kein Brei kochen.

Mit Geld kommt auch der Teufel in den Himmel.

Der Geldsack fürchtet weder einen Herrn noch den Pfarrer.

Lustig gelebt, fröhlich gestorben.

Glück singt, Elend seufzt.

Wie du grüßt, so grüßt man zurück.

Der Habsüchtige entzündet eine Kerze für Gott und zwei für den Teufel.

Eine Hand wäscht die andere, damit beide weiß werden.

Niemand beist sich in die eigene Hand.

Die Henne hat noch kein Ei gelegt, da gelüstet´s die Schwiegertochter schon nach Eierkuchen.

Alle leben unter dem Himmel, aber nicht unter einem Dach.

Auch der Himmel hat Pforten, in die nur goldene Schlüssel führen.

Schau in den Himmel, aber auch unter deine Füße.

Ein braver Hund nimmt keine Wurst aus fremder hand.

Wer keine Hunde hat, muss Katzen hetzen.

Tanzen die Jungen, bebt die Erde, tanzen die Alten, wackeln die Zähne.

Fällt ein Kind hält ein Engel das Kissen bereit, stürzt ein Alter, schiebt der Teufel einen Stein drunter.

Nicht alle sind Köche, die lange Messer tragen.

Die Krähe lässt das Hüpfen nicht.

Der Lügner geht auf breitem Weg und kehrt auf schmalem Pfad zurück.

Meister ist nicht, wer das Werk beginnt, sondern wer es vollendet.

Der gewöhnliche Mensch hat einen Teufel, die Betschwester - neun.

Eine gute Mutter und ein guter Vater ersetzen hundert Kindermädchen und Schulmeister.

Freu dich dich, wenn des Nachbarn Badehaus brennt.

Wo die Hausfrau lange schläft, quieken die Schweine.

Richte keinen, in dessen Pelz du nicht gesteckt hast.

Geht der Pfarrer auf Freite, traut ihn der Satan.

Was dir der Pfarrer gibt, musst du mit dem Teufel teilen.

Kommt der Wodka in die Hütte, geht der Verstand hinaus.

Der Schwiegermutter Rede ist rau, solange kein Enkelkind geboren ist.

Mit Späßen geborgt, mit Flüchen zurückgezahlt.

Besser einen Sperling in der Hand, als einen Elch im Wald.

Wenn ein Trunkener etwas verspricht, lacht der Teufel.

Wer andere waschen will, muss selber sauber sein.

Besser mit einem Weisen etwas verlieren, als mit einem Dummkopf etwas finden.

Mit Worten näht man keinen Pelz.

Willst du Zeit vertrödeln, dann hetze.


Interlinearübersetzung aus dem Litauischen: Ruth Kibelka; gesammelt und in Sprichwortform gebracht: Gisela Reller

 

Das Zitat: "Wald und Litauer sich gleichen, / zeigen nie ein Schmerzenszeichen, / ihrer Brust entflieht kein Laut. / Nur wenn´s niemand kann erkennen, / fließen heimlich ihre Tränen, / silbern ist die Welt betaut. // Selbst wenn Nachtigallen singen, / Frühling lässt die Knospen springen, / und mit Grün sich alles schmückt, / ist es ihnen beiden eigen, / ihre Freude nicht zu zeigen, / wenn sie auch das Herz beglückt. //

Maironis, (1862 bis 1932), 1895

 

 

Als Reporterin der Illustrierten FREIE WELT bereiste ich 1978

 

LESEPROBE

 

 

 

Von dem litauischen Schriftsteller und Übersetzer

Vytautas Karalius 

notierte ich mir diese beeindruckenden  fünfundzwanzig Aphorismen:

 

 

Der objektive Wasserhahn: ein Tropfen links, ein Tropfen rechts.

Selbstachtung: die große Zulage zum kleinen Honorar.

Als Gott die Hand juckte, schuf er den Igel.

Das Lachen ist ein Krokodil, das Propheten frisst.

Zwischenstaatliche Toleranz: Austausch von Denkmälern.

Die Idee ist tot. Es lebe der Gedanke!

Unverbesserlicher Optimist: Er schreibt Marschmusik auch für Einbeinige.

Du sollst fremde Götter haben, damit die eigenen nicht zu hochmütig werden.

Ein fanatischer Besen fegt mehr Kehricht zusammen, als vorhanden ist.

Die Liebe und der Hass spazieren Hand in Hand, sie brauchen nicht mal Handschellen.

Dem Herzlosen ist ein Herz zu wenig, er möchte mit zwei Herzen herzlos sein.

Am weitesten vom Leben entfernt ist der Lebemann.

Liebe beflügelt - sogar das Geflügel.

Die große Liebe ist wie ein großes Imperium: Hast du es erobert, zittere, damit es nicht kleiner wird.

Als Mitmenschen sind wir geboren, in Mitmacher werden wir verwandelt.  

Fliegende Geldbeutel würden größere Verwirrung hervorrufen als Fliegende Untertassen.

Besser ein kühnes Poem über die Angst als ein ängstliches Poem über die Kühnheit.

Die Jugend verirrt sich im Leben, das Alter in Memoiren.

Wie viele Enttäuschungen gibt es schon deshalb, weil Frauen und Männer verschieden enttäuscht werden.

Wunder oder Unglück? Sich mit fremden Federn geschmückt - und die wuchsen nach innen. 

Es ist leichter den Ast abzusägen, auf dem man sitzt, als die Tribüne umzukippen, auf der man steht.

Gottes Geschenke sind so ausgelegt, dass man sich strecken und nicht bücken muss.

Vom Erhabenen zu Lächerlichen ist es nur ein Schritt.

Der Leninismus ist tot. Es lebe der Lebenismus.

 

 

 

Rezensionen und Literaturhinweise (Auswahl) zu den LITAUERN

 

 

Rezension in meiner Webseite www.reller-rezensionen.de

 

* Edeltraud Maier-Lutz, Flußkreuzfahrte

 

Literaturhinweise (Auswahl)

 

* Michael Garleff, Die baltischen Länder, Estland, Lettland, Litauen vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2001.

"Die Industrialisierung setzte in Litauen erst nach Stalins Tod ein, aber wie die beiden baltischen Schwesternrepubliken wies auch die Litauische SSR bald einen höheren Lebensstandard als andere Sowjetrepubliken auf. Ähnlich wie vor dem Krieg lag man zwar mit Abstand hinter Estland und Lettland, übertraf aber die Verhältnisse sowohl im früheren Zarenreich als auch in der Sowjetunion."

 

* Michael Good, Die Suche, Karl Plagge, der Wehrmachtsoffizier, der Juden rettete, Ins Deutsche übertragen von Jörg Fiebelkorn, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 2006.

Das Buch erzählt die Geschichte der Juden von Wilna (Vilnius) und die eines Ingenieurs aus Darmstadt, der tat, was er als Wehrmachtsangehöriger eigentlich gar nicht tun durfte. Der nach dem Krieg einsam an seinen Heimatort zurückkehrte und dort schon früh als Unbekannter verstarb, im selben Jahr, als Michael Good als Kind einer der von Karl Plagge Geretteten in den USA geboren wurde...

 

* Cornelius Hell (Herausgeber und Übersetzer), Meldung über Gespenster, Erzählungen aus Litauen, Otto Müller Verlag, Salzburg 2002.

Autorinnen und Autoren aus allen Epochen des 20. Jahrhunderts erzählen von ihrem Land, seinen Menschen und seiner bewegenden Geschichte.

 

* Rachel Margolis, Als Partisanin in Wilna, Erinnerungen aus dem jüdischen Widerstand in Litauen, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2008.

 Rachel Margolis überlebte den Holocaust in Litauen. Mit ihren Erinnerungen gibt sie einen Einblick in das Leben der Stadt Wilna (Vilnius) und des Wilnaer Ghettos während der Besatzungszeit. Nach ihrer Flucht zu den sowjetischen Partisanen erlebt sie zusammen mit ihren Kameraden größte Schwierigkeiten, bis es ihnen schließlich gelingt, eine eigene bewaffnete jüdische Partisanen-Abteilung durchzusetzen.

 

* Livio Isasak Sirovich, Ihr Lieben, schreibt mir nicht alles. Eine jüdische Familie in Litauen 1935-1941. Aus dem Italienischen von Friederike Hausmann, Verlag Antje Kunstmann, München 2001.

Im Jahr 1992 findet Livio Sirovich durch Zufall ein Konvolut von Familienbriefen. Seine Mutter Ruth, die 1935 vor der Nazigefahr nach Triest floh, hat sie von ihren in Litauen zurückgebliebenen Verwandten erhalten. Bis 1941, dem Beginn der Auslöschung der Juden im Memelgebiet und in Litauen, seht eine Familie deutscher Juden in regem Briefaustausch mit ihrer ausgewanderten - und in Italien ebenso gefährdeten - Tochter... Die litauischen Juden wurden nicht deportiert, sondern - unter eifriger Beteiligung der litauischen Nationalisten - zu Zigtausenden vor Ort erschossen und erschlagen. Ihrem Andenken ist dieses Buch gewidmet.

 

* Tomas Venclova, Vilnius, Eine Stadt in Europa, Aus dem Litauischen von Claudia Sinnig, Mit Fotografien von Arūnas Baltėnas, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006.

 

* Märchen des Baltikums (der Esten, Letten, Litauer), Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbeck bei Hamburg 1996.

In dieser Ausgabe enthalten sind 78 Zaubermärchen, Märchen vom dummen Teufel, Tiermärchen und Schwänke.

 

* Der Hexenschlitten, Litauische Märchen, Aus dem Litauischen von Irene Brewing, Illustrationen von Horst Hussel, Verlag Volk und Welt, Berlin 1975.

Gegen die Bösen verbünden sich die guten Menschen mit den Zauberwesen und Tieren und führen sie der gerechten Sprache zu. Viel Neues und Reizvolles wird Klein und Groß in diesem Märchenbuch entdecken, das ein beredtes Zeugnis ablegt von der Phantasie und der Weisheit unseres litauischen Nachbarvolkes an der Ostsee, z. B.:

Das Gebet der Katze / Als Gott die Katze geschaffen hatte, zählte er ihre Aufgaben auf: "Du wirst flink und gewandt sein, wirst auf Bäume und hohe Häuser klettern und Vögel und Mäuse fangen und fressen. Der Mensch aber wird über dir sein." - Da erwiderte die Katze: "Dann werde ich auch den Menschen fressen." - "Gut", erwiderte Gott, "wenn du gebetet hast, darfst du ihn von mir aus fressen." - "Schnurr, schnurr, schnurr", betete die Katze, und so betet sie bis auf den heutigen Tag. - Doch schläft sie jedes Mal dabei ein und kommt auf diese Weise nie mit ihrem Gebet zu Ende. Sobald es ihr aber gelingt, wird sie den Menschen fressen.

 

 

 

 

 

 

1. Streifenornament

 

 

 

 

Bibliographie zu Gisela Reller

 

Bücher als Autorin:

 

Länderbücher:

 

* Zwischen Weißem Meer und Baikalsee, Bei den Burjaten, Adygen und Kareliern,  Verlag Neues Leben, Berlin 1981, mit Fotos von Heinz Krüger und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Diesseits und jenseits des Polarkreises, bei den Südosseten, Karakalpaken, Tschuktschen und asiatischen Eskimos, Verlag Neues Leben, Berlin 1985, mit Fotos von Heinz Krüger und Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Von der Wolga bis zum Pazifik, bei Tuwinern, Kalmyken, Niwchen und Oroken, Verlag der Nation, Berlin 1990, 236 Seiten mit Fotos von Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

Biographie:

 

* Pater Maksimylian Kolbe, Guardian von Niepokalanów und Auschwitzhäftling Nr. 16 670, Union Verlag, Berlin 1984, 2. Auflage.

 

 

... als Herausgeberin:

 

Sprichwörterbücher:

 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Aphorismenbuch:

* 666 und sex mal Liebe, Auserlesenes, 2. Auflage, Mitteldeutscher Verlag Halle/Leipzig, 200 Seiten mit Vignetten und Illustrationen von Egbert Herfurth.

 

... als Mitautorin:

 

Kinderbücher:

 

* Warum? Weshalb? Wieso?, Ein Frage-und-Antwort-Buch für Kinder, Band 1 bis 5, Herausgegeben von Carola Hendel, reich illustriert, Verlag Junge Welt, Berlin 1981 -1989.

 

Sachbuch:

 

* Die Stunde Null, Tatsachenberichte über tapfere Menschen in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges, Hrsg. Ursula Höntsch, Verlag der Nation 1966.

 

* Kuratorium zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland e. V., Herausgegeben von Leonhard Kossuth unter Mitarbeit von Gotthard Neumann, Nora Verlag 2008.

 

 

... als Verantwortliche Redakteurin

 

* Leben mit der Erinnerung, Jüdische Geschichte in Prenzlauer Berg, Edition  Hentrich, Berlin 1997, mit zahlreichen Illustrationen.

 

* HANDSCHLAG, Vierteljahreszeitung für deutsche Minderheiten im Ausland, Herausgegeben vom Kuratorium zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland e. V., Berlin 1991 - 1993.

 

 

Die erste Ausgabe von HANDSCHLAG liegt vor. Von links: Dr. Gotthard Neumann, Leonhard Kossuth (Präsident), Horst Wustrau, Gisela Reller,

Dr. Erika Voigt (Mitarbeiter des Kuratoriums zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland e. V.).

Foto: aus Rellers Völkerschafts-Archiv

 

2. Streifenornament

 

 

Pressezitate (Auswahl) zu Gisela Rellers Buchveröffentlichungen:

Dieter Wende in der „Wochenpost“ Nr. 15/1985:

„Es ist schon eigenartig, wenn man in der Wüste Kysyl-Kum von einem Kamelzüchter gefragt wird: `Kennen Sie Gisela Reller?´ Es ist schwer, dieser Autorin in entlegenen sowjetischen Regionen zuvorzukommen. Diesmal nun legt sie mit ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik Berichte aus Kalmykien, Tuwa und von der Insel Sachalin vor. Liebevolle und sehr detailgetreue Berichte auch vom Schicksal kleiner Völker. Die ethnografisch erfahrene Journalistin serviert Besonderes. Ihre Erzählungen vermitteln auch Hintergründe über die Verfehlungen bei der Lösung des Nationalitätenproblems.“

B(erliner) Z(eitung) am Abend vom 24. September 1981:

"Gisela Reller, Mitarbeiterin der Illustrierten FREIE WELT, hat autonome Republiken und gebiete kleiner sowjetischer Nationalitäten bereist: die der Burjaten, Adygen und Karelier. Was sie dort ... erlebte und was Heinz Krüger fotografierte, ergíbt den informativen, soeben erschienenen Band Zwischen Weißem Meer und Baikalsee."

Sowjetliteratur (Moskau)Nr. 9/1982:

 "(...) Das ist eine lebendige, lockere Erzählung über das Gesehene und Erlebte, verflochten mit dem reichhaltigen, aber sehr geschickt und unaufdringlich dargebotenen Tatsachenmaterial. (...) Allerdings verstehe ich sehr gut, wie viel Gisela Reller vor jeder ihrer Reisen nachgelesen hat und wie viel Zeit nach der Rückkehr die Bearbeitung des gesammelten Materials erforderte. Zugleich ist es ihr aber gelungen, die Frische des ersten `Blickes´ zu bewahren und dem Leser packend das Gesehene und Erlebte mitzuteilen. (...) Es ist ziemlich lehrreich - ich verwende bewusst dieses Wort: Vieles, was wir im eigenen Lande als selbstverständlich aufnehmen, woran wir uns ja gewöhnt haben und was sich unserer Aufmerksamkeit oft entzieht, eröffnet sich für einen Ausländer, sei es auch als Reisender, der wiederholt in unserem Lande weilt, sozusagen in neuen Aspekten, in neuen Farben und besitzt einen besonderen Wert. (...) Mir gefällt ganz besonders, wie gekonnt sich die Autorin an literarischen Quellen, an die Folklore wendet, wie sie in den Text ihres Buches Gedichte russischer Klassiker und auch wenig bekannter nationaler Autoren, Zitate aus literarischen Werken, Märchen, Anekdoten, selbst Witze einfügt. Ein treffender während der Reise gehörter Witz oder Trinkspruch verleihen dem Text eine besondere Würze. (...) Doch das Wichtigste im Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee sind die Menschen, mit denen Gisela Reller auf ihren Reisen zusammenkam. Unterschiedlich im Alter und Beruf, verschieden ihrem Charakter und Bildungsgrad nach sind diese Menschen, aber über sie alle vermag die Autorin kurz und treffend mit Interesse und Sympathie zu berichten. (...)"

Neue Zeit vom 18. April 1983:

„In ihrer biographischen Skizze über den polnischen Pater Maksymilian Kolbe schreibt Gisela Reller (2. Auflage 1983) mit Sachkenntnis und Engagement über das Leben und Sterben dieses außergewöhnlichen Paters, der für den Familienvater Franciszek Gajowniczek freiwillig in den Hungerbunker von Auschwitz ging.“

Der Morgen vom 7. Februar 1984:

„`Reize lieber einen Bären als einen Mann aus den Bergen´. Durch die Sprüche des Kaukasischen Spruchbeutels weht der raue Wind des Kaukasus. Der Spruchbeutel erzählt auch von Mentalitäten, Eigensinnigkeiten und Bräuchen der Adygen, Osseten und Dagestaner. Die Achtung vor den Alten, die schwere Stellung der Frau, das lebensnotwendige Verhältnis zu den Tieren. Gisela Reller hat klug ausgewählt.“

1985 auf dem Solidaritätsbasar auf dem Berliner Alexanderplatz: Gisela Reller (vorne links) verkauft ihren „Kaukasischen Spruchbeutel“ und 1986 das extra für den Solibasar von ihr herausgegebene Sprichwörterbuch „Dein Freund ist Dein Spiegel“.

Foto: Alfred Paszkowiak

 Neues Deutschland vom 15./16. März 1986:

"Vor allem der an Geschichte, Bräuchen, Nationalliteratur und Volkskunst interessierte Leser wird manches bisher `Ungehörte´ finden. Er erfährt, warum im Kaukasus noch heute viele Frauen ein Leben lang Schwarz tragen und was es mit dem `Ossetenbräu´ auf sich hat, weshalb noch 1978 in Nukus ein Eisenbahnzug Aufsehen erregte und dass vor Jahrhunderten um den Aralsee fruchtbares Kulturland war, dass die Tschuktschen vier Begriff für `Freundschaft´, aber kein Wort für Krieg besitzen und was ein Parteisekretär in Anadyr als notwendigen Komfort, was als entbehrlichen Luxus ansieht. Großes Lob verdient der Verlag für die großzügige Ausstattung von Diesseits und jenseits des Polarkreises.“

 

 Gisela Reller während einer ihrer über achthundert Buchlesungen

in der Zeit von 1981 bis 1991.

 

Berliner Zeitung vom 2./3. Januar 1988:

„Gisela Reller hat klassisch-deutsche und DDR-Literatur auf Liebeserfahrungen durchforscht und ist in ihrem Buch 666 und sex mal Liebe 666 und sex mal fündig geworden. Sexisch illustriert, hat der Mitteldeutsche Verlag Halle alles zu einem hübschen Bändchen zusammengefügt.“

Neue Berliner Illustrierte (NBI) Nr. 7/88:

„Zu dem wohl jeden bewegenden Thema finden sich auf 198 Seiten 666 und sex mal Liebe mannigfache Gedanken von Literaten, die heute unter uns leben, sowie von Persönlichkeiten, die sich vor mehreren Jahrhunderten dazu äußerten.“

Das Magazin Nr. 5/88.

"`Man gewöhnt sich daran, die Frauen in solche zu unterscheiden, die schon bewusstlos sind, und solche, die erst dazu gemacht werden müssen. Jene stehen höher und gebieten dem Gedenken. Diese sind interessanter und dienen der Lust. Dort ist die Liebe Andacht und Opfer, hier Sieg und Beute.´ Den Aphorismus von Karl Kraus entnahmen wir dem Band 666 und sex mal Liebe, herausgegeben von Gisela Reller und illustriert von Egbert Herfurth."

 

 

Schutzumschlag zum „Buch 666 und sex mal Liebe“

Zeichnung: Egbert Herfurth

 

FÜR DICH, Nr. 34/89:

 

"Dem beliebten Büchlein 666 und sex mal Liebe entnahmen wir die philosophischen und frechen Sprüche für unser Poster, das Sie auf dem Berliner Solidaritätsbasar kaufen können. Gisela Reller hat die literarischen Äußerungen zum Thema Liebe gesammelt, Egbert Herfurth hat sie trefflich illustriert."

Messe-Börsenblatt, Frühjahr 1989:

"Die Autorin – langjährige erfolgreiche Reporterin der FREIEN WELT - ist bekannt geworden durch ihre Bücher Zwischen Weißem Meer und Baikalsee und Diesseits und jenseits des Polarkreises. Diesmal schreibt die intime Kennerin der Sowjetunion in ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik über die Kalmyken, Tuwiner und die Bewohner von Sachalin, also wieder über Nationalitäten und Völkerschaften. Ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird uns in fesselnden Erlebnisberichten nahegebracht."

Im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel schrieb ich in der Ausgabe 49 vom 7. Dezember 1982 unter der Überschrift „Was für ein Gefühl, wenn Zuhörer Schlange stehen“:

„Zu den diesjährigen Tagen des sowjetischen Buches habe ich mit dem Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee mehr als zwanzig Lesungen bestritten. (…) Ich las vor einem Kreis von vier Personen (in Klosterfelde) und vor 75 Mitgliedern einer DSF-Gruppe in Finow; meine jüngsten Zuhörer waren Blumberger Schüler einer 4. Klasse, meine älteste Zuhörerin (im Schwedter Alten- und Pflegeheim) fast 80 Jahre alt. Ich las z.B. im Walzwerk Finow, im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder, im Petrolchemischen Kombinat Schwedt; vor KIM-Eiersortierern in Mehrow, vor LPG-Bauern in Hermersdorf, Obersdorf und Bollersdorf; vor zukünftigen Offizieren in Zschopau; vor Forstlehrlingen in Waldfrieden; vor Lehrlingen für Getreidewirtschaft in Kamenz, vor Schülern einer 7., 8. und 10 Klasse in Bernau, Schönow und Berlin; vor Pädagogen in Berlin, Wandlitz, Eberswalde. - Ich weiß nicht, was mir mehr Spaß gemacht hat, für eine 10. Klasse eine Geographiestunde über die Sowjetunion einmal ganz anders zu gestalten oder Lehrern zu beweisen, dass nicht einmal sie alles über die Sowjetunion wissen – was bei meiner Thematik – `Die kleinen sowjetischen Völkerschaften!´ – gar nicht schwer zu machen ist. Wer schon kennt sich aus mit Awaren und Adsharen, Ewenken und Ewenen, Oroken und Orotschen, mit Alëuten, Tabassaranern, Korjaken, Itelmenen, Kareliern… Vielleicht habe ich es leichter, Zugang zu finden als mancher Autor, der `nur´ sein Buch oder Manuskript im Reisegepäck hat. Ich nämlich schleppe zum `Anfüttern´ stets ein vollgepacktes Köfferchen mit, darin von der Tschuktschenhalbinsel ein echter Walrosselfenbein-Stoßzahn, Karelische Birke, burjatischer Halbedelstein, jakutische Rentierfellbilder, eskimoische Kettenanhänger aus Robbenfell, einen adygeischen Dolch, eine karakalpakische Tjubetejka, der Zahn eines Grauwals, den wir als FREIE WELT-Reporter mit harpuniert haben… - Schön, wenn alles das ganz aufmerksam betrachtet und behutsam befühlt wird und dadurch aufschließt für die nächste Leseprobe. Schön auch, wenn man schichtmüde Männer nach der Veranstaltung sagen hört: `Mensch, die Sowjetunion ist ja interessanter, als ich gedacht habe.´ Oder: `Die haben ja in den fünfundsechzig Jahren mit den `wilden´ Tschuktschen ein richtiges Wunder vollbracht.´ Besonders schön, wenn es gelingt, das `Sowjetische Wunder´ auch denjenigen nahezubringen, die zunächst nur aus Kollektivgeist mit ihrer Brigade mitgegangen sind. Und: Was für ein Gefühl, nach der Lesung Menschen Schlange stehen zu sehen, um sich für das einzige Bibliotheksbuch vormerken zu lassen. (Schade, wenn man Kauflustigen sagen muss, dass das Buch bereits vergriffen ist.) – Dank sei allen gesagt, die sich um das zustande kommen von Buchlesungen mühen – den Gewerkschaftsbibliothekaren der Betriebe, den Stadt- und Kreisbibliothekaren, den Buchhändlern, die oft aufgeregter sind als der Autor, in Sorge, `dass auch ja alles klappt´. – Für mich hat es `geklappt´, wenn ich Informationen und Unterhaltung gegeben habe und Anregungen für mein nächstes Buch mitnehmen konnte.“

Die Rechtschreibung der Texte wurde behutsam der letzten Rechtschreibreform angepasst.

Die LITAUER wurden am  10.10.2015 ins Netz gestellt. Die letzte Bearbeitung erfolgte am 20.01.2016.

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Zeichnung: Karl-Heinz Döhring