Vorab!

Leider kommt im Internet bei meinem (inzwischen veralteten) FrontPage-Programm  längst nicht alles so, wie von mir in html angegeben. Farben kommen anders, als von mir geplant, Satzbreiten wollen nicht so wie von mir markiert, Bilder kommen manchmal an der falschen  Stelle, und - wenn  ich  Pech  habe  -  erscheint  statt  des  Bildes  gar  eine  Leerstelle.

Was tun? Wer kann helfen?

 

*

Wird laufend bearbeitet!

 

 

Ich bin ein Kumyke: Der

 

 

Foto:

 

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

"Die Seele, denke ich, hat keine Nationalität."

Juri Rytchëu (tschuktschischer Schriftsteller, 1930 bis 2008) in: Im Spiegel des Vergessens, 2007

 

Wenn wir für das eine Volk eine Zuneigung oder gegen das andere eine Abneigung hegen, so beruht das, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, auf dem, was wir von dem jeweiligen Volk wissen oder zu wissen glauben. Das ist – seien wir ehrlich – oft sehr wenig, und manchmal ist dieses Wenige auch noch falsch.  

Ich habe für die Berliner Illustrierte FREIE WELT jahrelang die Sowjetunion bereist, um – am liebsten - über abwegige Themen zu berichten: über Hypnopädie und Suggestopädie, über Geschlechtsumwandlung und Seelenspionage, über Akzeleration und geschlechtsspezifisches Kinderspielzeug... Außerdem habe ich mit jeweils einem deutschen und einem Wissenschaftler aus dem weiten Sowjetland vielteilige Lehrgänge erarbeitet.* Ein sehr interessantes Arbeitsgebiet! Doch 1973, am letzten Abend meiner Reise nach Nowosibirsk – ich hatte viele Termine in Akademgorodok, der russischen Stadt der Wissenschaften – machte ich einen Abendspaziergang entlang des Ob. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich zwar wieder viele Experten kennengelernt hatte, aber mit der einheimischen Bevölkerung kaum in Kontakt gekommen war.  

Da war in einem magischen Moment an einem großen sibirischen Fluss - Angesicht in Angesicht mit einem kleinen (grauen!) Eichhörnchen - die große FREIE WELT-Völkerschafts-Serie** geboren!  

Und nun reiste ich ab 1975 jahrzehntelang zu zahlreichen Völkern des Kaukasus, war bei vielen Völkern Sibiriens, war in Mittelasien, im hohen Norden, im Fernen Osten und immer wieder auch bei den Russen. 

Nach dem Zerfall der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zog es mich – nach der wendegeschuldeten Einstellung der FREIEN WELT***, nun als Freie Reisejournalistin – weiterhin in die mir vertrauten Gefilde, bis ich eines Tages mehr über die westlichen Länder und Völker wissen wollte, die man mir als DDR-Bürgerin vorenthalten hatte.

Nach mehr als zwei Jahrzehnten ist nun mein Nachholebedarf erst einmal gedeckt, und ich habe das Bedürfnis, mich wieder meinen heißgeliebten Tschuktschen, Adygen, Niwchen, Kalmyken und Kumyken, Ewenen und Ewenken, Enzen und Nenzen... zu widmen. 

Deshalb werde ich meiner Webseite www.reller-rezensionen.de (mit inzwischen weit mehr als fünfhundert Rezensionen), die seit 2002 im Netz ist, ab 2013 meinen journalistischen Völkerschafts-Fundus von fast einhundert Völkern an die Seite stellen – mit ausführlichen geographischen und ethnographischen Texten, mit Reportagen, Interviews, Sprichwörtern, Märchen, Gedichten, Literaturhinweisen, Zitaten aus längst gelesenen und neu erschienenen Büchern; so manches davon, teils erstmals ins Deutsche übersetzt, war bis jetzt – ebenfalls wendegeschuldet – unveröffentlicht geblieben. 

Sollten sich in meinem Material Fehler oder Ungenauigkeiten eingeschlichen haben, teilen Sie mir diese bitte am liebsten in meinem Gästebuch oder per E-Mail gisela@reller-rezensionen.de mit. Überhaupt würde ich mich über ein Feedback freuen!

Gisela Reller 

    * Lernen Sie Rationelles Lesen" / "Lernen Sie lernen" / "Lernen Sie reden" / "Lernen Sie essen" / "Lernen Sie, nicht zu rauchen" / "Lernen Sie schlafen" / "Lernen Sie logisches Denken".

 

  ** Im 1999 erschienenen Buch „Zwischen `Mosaik´ und `Einheit´. Zeitschriften in der DDR“ von Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis (Hrsg.), erschienen im Berliner Ch. Links Verlag, ist eine Tabelle veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Völkerschaftsserie der FREIEN WELT von neun vorgegebenen Themenkreisen an zweiter Stelle in der Gunst der Leser stand – nach „Gespräche mit Experten zu aktuellen Themen“.

(Quelle: ZA Universität Köln, Studie 6318)

 

*** Christa Wolf zur Einstellung der Illustrierten FREIE WELT in ihrem Buch "Auf dem Weg nach Tabou, Texte 1990-1994", Seite 53/54: „Aber auf keinen Fall möchte ich den Eindruck erwecken, in dieser Halbstadt werde nicht mehr gelacht. Im Gegenteil! Erzählt mir doch neulich ein Kollege aus meinem Verlag (Helmut Reller) – der natürlich wie zwei Drittel der Belegschaft längst entlassen ist –, daß nun auch seine Frau (Gisela Reller), langjährige Redakteurin einer Illustrierten (FREIE WELT) mitsamt der ganzen Redaktion gerade gekündigt sei: Die Zeitschrift werde eingestellt. Warum wir da so lachen mußten? Als im Jahr vor der `Wende´ die zuständige ZK-Abteilung sich dieser Zeitschrift entledigen wollte, weil sie, auf Berichterstattung aus der Sowjetunion spezialisiert, sich als zu anfällig erwiesen hatte, gegenüber Gorbatschows Perestroika, da hatten der Widerstand der Redaktion und die Solidarität vieler anderer Journalisten das Blatt retten können. Nun aber, da die `Presselandschaft´ der ehemaligen DDR, der `fünf neuen Bundesländer´, oder, wie der Bundesfinanzminister realitätsgerecht sagt: `des Beitrittsgebiets´, unter die vier großen westdeutschen Zeitungskonzerne aufgeteilt ist, weht ein schärferer Wind. Da wird kalkuliert und, wenn nötig, emotionslos amputiert. Wie auch die Lyrik meines Verlages (Aufbau-Verlag), auf die er sich bisher viel zugute hielt: Sie rechnet sich nicht und mußte aus dem Verlagsprogramm gestrichen werden. Mann, sage ich. Das hätte sich aber die Zensur früher nicht erlauben dürfen! – "Das hätten wir uns von der auch nicht gefallen lassen", sagt eine Verlagsmitarbeiterin.

Wo sie recht hat, hat sie recht.“

 

  

 

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

 

Reisezitat

 

 

 

 

 

 

Wenn Sie sich die folgenden Texte zu Gemüte geführt und Lust bekommen haben, Dagestan zu bereisen und auch die KUMYKEN kennenzulernen, sei Ihnen das Reisebüro?empfohlen; denn – so lautet ein kumykisches Sprichwort -

 

 

Reisen macht jeden Menschen an Erfahrung reicher.

 

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Die Kumyken… (Eigenbezeichnung: kumuklar)

Dagestan ist die älteste Wiege vieler Völker und Völkerschaften des Kaukasus. In ihrer nationalen Zusammensetzung ist diese Teilrepublik Russlands einmalig! Hier leben Dutzende ethnische Gruppen und Völkerschaften. Ich werde über die Agulen, Awaren, Darginer (und Kubatschinzen), Kumyken, Lakier, Lesginer, Nogaier, Rutulen Tabassaraner, Taten und Zachuren berichten.  Dagestan ist die einzige der russischen Kaukasusrepubliken, die ihren Namen nicht von einem Volk ableitet. "Dagestan" heißt Bergland und gilt mit seinen 50 300 Quadratkilometern ethnographisch als Region der Rekorde, denn 1,9 Millionen Einwohner teilen sich auf in zwölf Hauptnationalitäten mit eigener Amtssprache und Dutzende kleinere Ethnien mit kompakten Siedlungsgebieten. Neben kaukasischen finden sich indoeuropäische, semitische und altaiische Sprachen. Ethnische Hauptgruppen sind die Awaren (28 Prozent), die Darginer (16 Prozent), die Kumyken (13 Prozent) und die Lesginerer (11 Prozent). Auch sechzigtausend Tschetschenen siedeln in der überwiegend stark gebirgigen dagestanischen Republik.

Dagestan setzt sich aus einem flachen Nordteil, der Nogaiersteppe, dem Kaukasusvorland sowie einem gebirgigen Südteil zusammen. Der höchste Berg ist mit 4466 Metern der Bazardüzü (Basardjusi) an der Grenze zu Aserbaidschan, an das die Republik im Süden grenzt. Im Südwesten grenzt Dagestan an Georgien,  im Westen an Tschetschenien und im Norden an Kalmykien und die Region Stawropol. Im Osten besitzt Dagestan eine lange Küste am Kaspischen Meer. Die wichtigsten Flüsse sind der Terek, der Sulak und der Samur, der Grenzfluss zu Aserbaidschan. In Dagestan liegt der südlichste Punkt der Russischen Föderation.

Dagestanische Völker sind: Die Agulen, Awaren, Darginer, Kumyken, Lakier, Lesginer Nogaier, Rutulen, Tabassaraner, Taten,

                                                                                            Zachuren.

Bevölkerung:  An der Ethnogenese der Kumyken sind Uraltstämme, die Aborigenen, beteiligt und zugewanderte turksprachige Stämme, besonders die Kiptschaken, deren Sprache von den Aborigenen angenommen wurde.

Besonderheit innerhalb Dagestans: In grauen Vorzeiten nahm die alte Frau einen ehrenvollen Platz ein: Sie erfreute sich so großer Verehrung, dass sie sich sogar in der Männerhälfte des zweigeteilten kumykischen Wohnzimmers aufhalten durfte.

Fläche:

Geschichtliches:

Staatsgefüge:

Verbannungsgebiet:

Hauptstadt:

Wirtschaft:

Verkehr:  

Sprache/Schrift:

"Wie Chinesisch und Deutsch, so verschieden sind die Sprachen der Völker, die in Dagestan in Nachbartälern nebeneinander hausen. Zahlreich sind die Berge des Kaukasus, zahlreich die Täler, zahlreich die Völker, die unverwandte Sprachen sprechen [...] Kaukasus - die Perle des Ostens. `Der Ring der Berge, der die Erde umläuft wie ein Ehering den Finger´, sagten die Alten von ihm, und `das Land der Sprachen und Wunder´ wird er heute von den Dichtern des Ostens genannt, denn unzählig sind die Sprachen dieser Berge und unendlich die Wunder, die in diesen Sprachen erzählt werden."

Essad Bey (das ist Lev Nussimbaum, als Sohn eines jüdischen Ölmagnaten 1905 im aserbaidschanischen Baku geboren, gestorben 1942 im italienischen Positano)   in: 12 Geheimnisse des Kaukasus, 2008 (Die Erstausgabe dieses Buches erschien 1931.)

Die kumykische Sprache  gehört zur Kiptschakgruppe der Turksprachen.

Literatursprache/Literatur:

Bildung:

Kultur/Kunst:

Gesundheitswesen:

Klima:

Natur/Umwelt:

Pflanzen- und Tierwelt:

Behausungen:

Ernährung:

Kleidung:

"Gleich im ersten Dorf mußte ich meinen Anzug ändern. Mein weißer Tscherkessenanzug verletzte das ästhetische Gefühl des Bergvolkes, insbesondere, weil ich zu ihm einen goldenen Dolch trug Man sah mich als einen Barbaren an. Weiß und Gold kann man in der Stadt oder im Luxusnest am Besch-Tau tragen, wo keine Leute mit gutem Geschmack vorhanden sind. In den Bergen dagegen mußte man wissen: Der Anzug hat sich nach dem Dolch zu richten. Zu Gold paßt nur Dunkel oder ganz Schwarz. In meinem Fall war Schwarz-Gelb die richtige Kombination für einen gut angezogenen Menschen. Und zwar durfte nur der Dolch aus Gold sein. Es wäre ein schwerer Mißgriff gewesen, dazu noch einen goldbeschlagenen Revolver oder Säbel zu zeigen oder gar mit Orden dekoriert durch die Dörfer zu reiten. Dies gilt als kitschig und geschmacklos. Der bescheidenste Schafhirt wird einem Mann in solchem Aufzug unbedingt und verächtlich den Rücken kehren, und wenn der Orden eigenhändig vom persischen Schah oder vom russischen Zaren persönlich verliehen wurde."

Essad Bey (das ist Lev Nussimbaum, als Sohn eines jüdischen Ölmagnaten 1905 im aserbaidschanischen Baku geboren, gestorben 1942 im italienischen Positano.)   in: 12 Geheimnisse des Kaukasus, 2008 (Die Erstausgabe dieses Buches erschien 1931.)

 

Folklore:

Feste/Bräuche:

"Es ist schwer, in Dagestan zu reisen und keine Fehler zu begehen. Dort muß man vor allem die alten Leute achten, sich den heimischen Sitten fügen und stets daran denken, daß das Geld in den Bergen keine Macht besitzt."

Essad Bey (das ist Lev Nussimbaum, als Sohn eines jüdischen Ölmagnaten 1905 im aserbaidschanischen Baku geboren, gestorben 1942 im italienischen Positano.)   in: 12 Geheimnisse des Kaukasus, 2008 (Die Erstausgabe dieses Buches erschien 1931.)

 

Nach altem Brauch wird in den Bergen des Kaukasus der Neuankömmling in den ersten drei Tagen als Gast betrachtet, am vierten Tag aber schon dem Hausherrn gleichgestellt.

Religion:

Ereignisse nach dem Zerfall der Sowjetunion, sofern sie nicht bereits oben aufgeführt sind:

Kontakte zur Bundesrepublik Deutschland:

 

Interessant, zu wissen..., dass der

Nach dem

Nicht wo du geboren bist, sondern wo es dir gut geht ist deine Heimat.

Sprichwort der Kumyken

 

Die Kumyken: Für Liebhaber kurzer Texte

Jahrhunderte lang  hielten wie alle Dagestaner, auch die Kumyken in einer Hand den Pflug oder den Hirtenstab, in der anderen griffbereit den Säbel oder der zweischneidigen Dolch. 1841 sagte Schamil, fünfundzwanzig Jahre lang Imam von Dagestan und Führer der streitbaren kaukasischen Bergbewohner, "Kleine Völker brauchen große Dolche". Im 15. und 16. Jahrhundert war das Kumykenreich sehr mächtig und hatte eine regionale Vormachtstellung. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden auch die kriegerischen Kumyken unter russischen Einfluss gebracht und schließlich dem Zarenreich eingegliedert. Die Kumyken nennen sich selbst "Kumuk". Die etymologische Bedeutung dieses Wortes ist bis heute ungeklärt. Einige Historiker verbinden diesen Terminus mit der Bezeichnung Kumykenebene, deren größter Teil aus Sandboden, aus "kumuluk" besteht. Das Kumykische gehört zur kiptschakischen Gruppe der westlichen Turksprachen. Um die Anzahl der neunundzwanzig Sprachen und etwa sieben Dialekte Dagestans zu erklären, erzählt man dort diese Legende: Vor langer Zeit ritt ein Sendbote Allahs durch die dagestanischen Berge. Sein über die Schulter geworfener Sack war voller Sprachen. Als ein solcher Schneesturm aufkam, dass er und sein Pferd sich nicht mehr auf den Beinen halten konnten, schüttete der ungetreue Bote den schweren Sack einfach über den Felsen aus, auf dass der wilder Sturm gleich hier auf dagestanischer Erde alle Sprache verteile. In Wahrheit boten die hohen Berge den einzelnen Siedlungen nicht nur Schutz vor feindlichen Überfällen, sondern sie verhinderten auch den Kontakt zwischen den einzelnen Stämmen. Und so sprachen (und sprechen) die Bewohner fast jedes Auls auf ihre Weise. - Bei allen Völkerschaften Dagestans war das Verhalten der Frau außerordentlich streng durch den Koran - die heilige Schrift des Islam - vorgeschrieben. Neben der islamischen Unterdrückung der Dagestanerin trat noch die traditionelle durch den Adat - den bei allen dagestanischen Völkern unterschiedlichen Moralkodex der Vorväter. Nach altem Kumykenadat durfte der Mann seiner Frau keinerlei Aufmerksamkeiten erweisen; in Anwesenheit anderer Leute mussten sich die Ehegatten in der dritten Person anreden. Ein altkymykisches Sprichwort lautet: "Das Hab und Gut der Frau ist gut im Kessel des Mannes". Obwohl im Koran das Eigentumsrecht der Frau nicht angetastet wird, ging - Rechtsprechung des Adat - bei einer kumykischen Scheidung ihr Besitz grundsätzlich in seinen über. Den Islam hatten im 8. Jahrhundert die Araber zwangsweise in Dagestan eingeführt. Bis heute sind die über zweihundertachtundzwanzigtausend Kumyken, sofern gläubig, sunnitische Moslems. Geradezu berühmt sind sie für ihre farbenprächtigen Teppiche (auch Gebetsteppiche) und für ihren aus Silber geschmiedeten Schmuck.

Diesen bisher unveröffentlichten Text habe ich geschrieben, als ich für das Bibliographische Institut in Leipzig von 1986 bis 1991 ein Sprichwörterbuch von fünfzig Völkern der (ehemaligen) Sowjetunion erarbeitete, das wegen des Zerfalls der Sowjetunion nicht mehr erschienen ist.

 

Als Journalistin der Illustrierten FREIE WELT – die als Russistin ihre Diplomarbeit über russische Sprichwörter geschrieben hat - habe ich auf allen meinen Reportagereisen in die Sowjetunion jahrzehntelang auch Sprichwörter der dort ansässigen Völker gesammelt - von den Völkern selbst,  von einschlägigen Wissenschaftlern und Ethnographen, aus Büchern ... - bei einem vierwöchigen Aufenthalt in Moskau saß ich Tag für Tag in der Leninbibliothek. So ist von mir erschienen: 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Ich bin, wie man sieht, gut damit gefahren, es mit diesem turkmenischen Sprichwort zu halten: Hast du Verstand, folge ihm; hast du keinen, gibt`s ja noch die Sprichwörter.

Hier fünfzig kumykische SprichwörteR:

 

(Bisher Unveröffentlicht)

Setze einen Angeber aufs Pferd und er erkennt seinen eigenen Vater nicht mehr.

Ein Baum ist kein Obstgarten, eine Stein keine Stadtmauer.

Hast du geheiratet, kauf dir ein Beil und werde geschickt.

Ein Blümchen macht noch keinen Sommer.

In Eile erhaschst du das Glück nicht.

Der Einsame hat es schwer, einer ohne Pferd ist schlimmer dran.

Wes Bündel nicht auf dem Esel, des Esel kann getrost in die Schlucht stürzen.

Die Ehre hängt von der Stellung ab, die Chalwa vom Honig.

Dumm, aber will den Ehrenplatz.

Enkelkinder sind süße als Honigberge.

Der Esel legt sich nieder – und ist im Paradies.

Woher soll der Esel wissen, wozu ein Federbett gut ist?

Die Frau kann ihren Mann erhöhen und erniedrigen.

Für einen Gast ist nicht einmal eine Augenbraue zu schade.

Gewissensbisse zwacken mehr als Höllenqualen.

Ein Fettschwanz liegt nicht auf dem Weg.

Eine geschiedene Frau ist immer in Schwarz.

Wer ein „Nimm mit!“ gibt, erhält dafür ein „Komm vorbei!“

Herr des Pferdes, wer auf ihm sitzt, Herr des Pelzes, wer in ihm steckt.

Der Hungrige spricht von Brot, der Satte – vom Glück.

Auch wenn die Karawane fort ist, die Karawanserei bleibt am Ort.

Kraft hat nicht Gesetzeskraft.

Und wenn vierzig Mann dasselbe sagen, der starrköpfige Einundvierzigste bleibt

bei seiner Meinung.

Der Mond wiegt schwerer als die Sonne*.

Für sich selbst findet der Mulla immer eine Rechtfertigung.

Was Mutters ist – ich nehm´s, was meines ist – ich heg´s.

Die Ohren einen hohen Herrn sind taub.

Auf einen Pechvogel schießt sogar ein Gewehrkolben.

Bist du ein Raufbold, musst du auch mit Prügel rechnen.

Des Nachbarn Hahn scheint eine Ganz zu sein, des Nachbarn Frau – ein junges Mädchen.

Steht etwas Niedriges an deinem Wege, schreite darüber hinweg, triffst du auf etwas Hohes – beuge dich.

Wem sein Ohr teuer ist, der achtet auf seinen Ohrring; wem die Tochter lieb ist, dem ist auch der Schwiegersohn lieb.

Auch ein Prophet fleht um seinen Kopf.

Zwei warme Regen bringen Reichtum, der dritte macht arm.

Eine aufgeschobene Sache schneit zu.

Schande wandelt auf den Spuren des Hochmuts.

Einen Schafspelz gerbe nur mit einem gleichwertigen zusammen.

Eine Schlange vergisst nicht, wer ihr den Schwanz abschlug.

Wem nur das Schlechte ins Auge sticht, findet keine Braut für seinen Sohn.

Den Schönen fliegt die Liebe mit dem Wind zu.

Beide Stiere im Stall, was juckt mich der Sturm in der Steppe.

Vom Tod des Armen weiß der Frühling, vom Tod des Reichender Tuchum**

Wer auf der Schwiegertochter herumhackt, verwundet auch den Sohn.

Wenn du schon Tscharyki*** nähst, dann näh ein Paar!

Dem Unglück schick ein Unglück entgegen.

Selbst die Wahrheit glaubt man nicht, wenn sie ein notorischer Lügner spricht.

Im Wald geht´s ohne Fürsten.

Hätte er gewusst, dass sein Vater stirbt, hätte er ihn für einen Tschurjok**** eingetauscht.

Und wenn die ganze Welt unter Wasser steht, die Ente jammert nicht.

Viele Worte und – finden nicht zueinander.

 * Mond = Dieses Sprichwort stammt offenbar aus der Zeit des alten kaukasischen Albaniens und widerspiegelt heidnische Glaubensformen. Hinweise auf die astrale Religion finden sich auch bei anderen Völkern des Kaukasus. Große Bedeutung maßen die Swanen (Georgien) dem Mond bei, die mit ihm eine Reihe von Zeichen verbanden. In Süd-Dagestan gibt es derartige Spuren des Altertums im landwirtschaftlichen Volkskalender. / **Tuchum = die Sippe / ***Tscharyki = roh gegerbtes Schuhwerk der Gebirgler / ****Tschurjok = großer, dicker Fladen aus Maismehl

Interlinearübersetzung aus dem Russischen von Gertraud Ettrich; gesammelt und in Sprichwortform gebracht von Gisela Reller

 

Als Reporterin der Illustrierten FREIE WELT bereiste ich 1982 Dagestan. Über die dagestanischen Völkerschaften berichtete ich in der FREIEN WELT Nr. 21/1982 auf  26  Seiten.

 

Theater oder Emanzipation  (LESEPROBE  aus:  FREIE  WELT Nr. 21/1982)

 

"Dunkle Geheimnisse umgeben die noch unbesiegbaren Gipfel des Kaukasus, unerforschte Völker hausen dort noch zwischen Schluchten und Abgründen, das alte edle Rittertum blüht noch in seinem ursprünglichen Glanz, und der kühne Europäer, der sich in die Berge hineinwagt, ist auch heute noch nicht sicher, ob ihn die Gastfreundschaft oder die Kugel eines Berghelden erwartet."

Essad Bey (das ist Lev Nussimbaum, als Sohn eines jüdischen Ölmagnaten 1905 im aserbaidschanischen Baku geboren, gestorben 1942 im italienischen Positano.)   in: 12 Geheimnisse des Kaukasus, 2008 (Die Erstausgabe dieses Buches erschien 1931.)

 

"Noch in den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts hatte eine Frau viel Mut aufzubringen, wollte sie in Dagestan Theater spielen. Außerordentlich streng war ihr Verhalten durch den Koran vorgeschrieben. Im Eherecht, im Erbrecht, im Entscheidungsrecht über die Kinder - überall wird die patriarchalische Struktur des islamischen Rechts spürbar. Unbedingtes Familienoberhaupt war der Mann! Die Frau durfte sich unter keinen Umständen scheiden lassen, er konnte sich zu jeder Zeit von ihr trennen; sie musste für ihn arbeiten, ihm sklavische Ehrerbietung entgegenbringen...

Neben dieser islamischen Unterdrückung der Frau blieb auch noch die traditionelle durch den Adat - den Moralkodex der Vorväter erhalten. Durch den Versuch des Ineinklangbringens beider Vorschriften gab es bei den verschiedenen dagestanischen Völkern in vielen Lebensbereichen unterschiedliche Auslegungen.

Ganz rechtlos war die Kumykin. Nach altem Kumyken-Adat durfte der Mann seiner Frau keinerlei Aufmerksamkeiten erweisen; in Anwesenheit anderer Leute mussten sich die Ehegatten in der dritten Person anreden. Ein altkumykisches Sprichwort lautet: `Das Hab und Gut der Frau ist gut im Kessel des Mannes.´ Obwohl im Koran das Eigentumsrecht der Frau nicht angetastet wird, ging - Rechtsprechung durch den Adat - bei einer kumykischen Scheidung ihr Besitz grundsätzlich in seinen über.

Noch kein nachrevolutionäres Jahrzehnt war vergangen, als 1927 in Machatschkala die erste Musik- und Theaterschule Dagestans  eröffnet wurde (ihre Begründer: die russischen Schauspieler Schatrow und Baikow). Die ersten Absolventen dieser Schule bildeten die erste Truppe des kalmykischen Theaters. Nicht nur in den Augen der Fanatiker des traditionellen und religiösen Althergebrachten, sondern auch für die schlichten Menschen, die von hoch oben aus ihrer Abgeschiedenheit zu dem  für sie unfassbaren Bühnenspektakel herunterkamen, war die sich `zur Schau stellende Frau´ eine Verbrecherin. Wie viele Sängerinnen und Schauspielerinnen wurden noch jahrelang mit Schmutz beworfen...

Eine wurde vergiftet.

Eine hinterrücks erstochen.

Der Dichterin Anchil Marin - Mohammend hatte die Poesie das `Ausgespiene des Satans´ genannt - der Mund zugenäht; sie starb.

All das geht dir durch den kopf, da du während einer Probe des Kymykischen Theaters im dunklen Zuschauerraum sitzt. Der kumykische Regisseur Bujmursa Mantajew studiert mit kumykischen Nachwuchsschauspielern das real/irreale Zwei-Personen-Stück eines georgischen Dramatikers ein. `Vorrangig´, sagt Bujmursa Mantajew, `werden nationale Stücke gespielt, seit 1940 ununterbrochen das kumykische Heldenepos `Aigasi´ von Alim Salawatow. Aber das Gesicht unseres Theaters wird auch durch ausländische Autoren geprägt, auch Brecht gibt´s auf kumykisch.´

Das Gesicht des dagestanischen Theaters - das erlebst du - wird auch durch die vielen Blumen bestimmt, die heute Sängerinnen und Schauspielerinnen (manchmal auch männlichen Kollegen) nach den gelungenen Aufführungen zu Füßen gelegt werden.

Ich gedenke dabei der Toten und Geschmähten. Sicherlich bin ich nicht die einzige."

 

 

 

Rezensionen und Literaturhinweise (Auswahl) zu den KARELIEN

 

 

Rezension in meiner Webseite www.reller-rezensionen.de

 

KATEGORIE BELLETRISTIK: Steffi Chotiwari-Jünger (Hrsg.), Die Literaturen der Völker Kaukasiens, Neue Übersetzungen und deutschsprachige Bibliographie, Literatur der Abasiner, Abchasen, Adygen, Agulen, Armenier, Aserbaidshaner, Awaren, Balkaren, Darginer, Georgier, Inguschen, Kabardiner, Karatschaier, Kumyken, Kurden, Lakier, Lesginer, Nogaier, Osseten, Rutulen, Tabassaraner, Taten, Tschetschenen, Ubychen, Uden, Zachuren, Zowatuschen (Bazben)., Reichert Verlag, Wiesbaden 2003.

"Am meisten an diesem außerordentlich arbeitsaufwendigen Buch beeindruckt die gelungene Mischung von Lesevergnügen und Wissenschaftlichkeit. Hier kommt sowohl der Literatur liebende Leser auf seine Kosten als auch der Kaukasusspezialist."

In: www.reller-rezensionen.de

 

Literaturhinweise (Auswahl)

 

Roderich von Erckert, Der Kaukasus und seine Völker, Mit Textabbildungen, etc., Verlag von Paul Frohberg, Leipzig, 1887.

Aus der Einführung: "Ein zweijähriger Aufenthalt auf dem Kaukasus in höherer militärischer Stellung, gab durch dienstliche und private zu wissenschaftlichem Zweck unternommene ausgedehnte Reisen die Möglichkeit und Gelegenheit, Land und Leute in verschiedenen Gegenden und Gruppen zu erforschen und für vieles eine Anschauung zu gewinnen, was ausserhalb der gewöhnlichen Reiserouten liegt. Wenn die Schilderung freilich ein zusammenhängendes, umfassendes Ganzes bilden kann, so darf sie vielleicht den Anspruch erheben, einigen Werth darin zu besitzen, dass sie auf an Ort und Stelle gesammelten persönlichen Angaben und Eindrücken beruht, dass mit eigenen Augen geschaut, mit eigenem Ohr gehört wurde. (...) Anstrengung, Zeit und materielle Opfer, selbst Gefahr bei lokalen Schwierigkeiten wurden nicht gescheut, - in erster Linie aber anthropologische und ethnographische Forschungen angestellt, um möglichst alle noch wenige bekannte oder in vielem unbekannte Völker und Volksstämme auf dem Kamm des Gebirges und dessen Nordabhängen zu besuchen."

1. Streifenornament

 

 

Bibliographie zu Gisela Reller

 

Bücher als Autorin:

 

Länderbücher:

 

* Zwischen Weißem Meer und Baikalsee, Bei den Burjaten, Adygen und Kareliern,  Verlag Neues Leben, Berlin 1981, mit Fotos von Heinz Krüger und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Diesseits und jenseits des Polarkreises, bei den Südosseten, Karakalpaken, Tschuktschen und asiatischen Eskimos, Verlag Neues Leben, Berlin 1985, mit Fotos von Heinz Krüger und Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Von der Wolga bis zum Pazifik, bei Tuwinern, Kalmyken, Niwchen und Oroken, Verlag der Nation, Berlin 1990, 236 Seiten mit Fotos von Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

Biographie:

 

* Pater Maksimylian Kolbe, Guardian von Niepokalanów und Auschwitzhäftling Nr. 16 670, Union Verlag, Berlin 1984, 2. Auflage.

 

 

... als Herausgeberin:

 

Sprichwörterbücher:

 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Aphorismenbuch:

* 666 und sex mal Liebe, Auserlesenes, 2. Auflage, Mitteldeutscher Verlag Halle/Leipzig, 200 Seiten mit Vignetten und Illustrationen von Egbert Herfurth.

 

... als Mitautorin:

 

Kinderbücher:

 

* Warum? Weshalb? Wieso?, Ein Frage-und-Antwort-Buch für Kinder, Band 1 bis 5, Herausgegeben von Carola Hendel, reich illustriert, Verlag Junge Welt, Berlin 1981 -1989.

 

Sachbuch:

 

* Die Stunde Null, Tatsachenberichte über tapfere Menschen in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges, Hrsg. Ursula Höntsch, Verlag der Nation 1966.

 

 

... als Verantwortliche Redakteurin

 

* Leben mit der Erinnerung, Jüdische Geschichte in Prenzlauer Berg, Edition  Hentrich, Berlin 1997, mit zahlreichen Illustrationen.

 

* HANDSCHLAG, Vierteljahreszeitung für deutsche Minderheiten im Ausland, Herausgegeben vom Kuratorium zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland e. V., Berlin 1991 - 1993.

 

 

 

 

2.Streifenornament

 

Pressezitate (Auswahl) zu Gisela Rellers Buchveröffentlichungen:

Dieter Wende in der „Wochenpost“ Nr. 15/1985:

„Es ist schon eigenartig, wenn man in der Wüste Kysyl-Kum von einem Kamelzüchter gefragt wird: `Kennen Sie Gisela Reller?´ Es ist schwer, dieser Autorin in entlegenen sowjetischen Regionen zuvorzukommen. Diesmal nun legt sie mit ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik Berichte aus Kalmykien, Tuwa und von der Insel Sachalin vor. Liebevolle und sehr detailgetreue Berichte auch vom Schicksal kleiner Völker. Die ethnografisch erfahrene Journalistin serviert Besonderes. Ihre Erzählungen vermitteln auch Hintergründe über die Verfehlungen bei der Lösung des Nationalitätenproblems.“

B(erliner) Z(eitung) am Abend vom 24. September 1981:

"Gisela Reller, Mitarbeiterin der Illustrierten FREIE WELT, hat autonome Republiken und gebiete kleiner sowjetischer Nationalitäten bereist: die der Burjaten, Adygen und Karelier. Was sie dort ... erlebte und was Heinz Krüger fotografierte, ergíbt den informativen, soeben erschienenen Band Zwischen Weißem Meer und Baikalsee."

Sowjetliteratur (Moskau)Nr. 9/1982:

 "(...) Das ist eine lebendige, lockere Erzählung über das Gesehene und Erlebte, verflochten mit dem reichhaltigen, aber sehr geschickt und unaufdringlich dargebotenen Tatsachenmaterial. (...) Allerdings verstehe ich sehr gut, wie viel Gisela Reller vor jeder ihrer Reisen nachgelesen hat und wie viel Zeit nach der Rückkehr die Bearbeitung des gesammelten Materials erforderte. Zugleich ist es ihr aber gelungen, die Frische des ersten `Blickes´ zu bewahren und dem Leser packend das Gesehene und Erlebte mitzuteilen. (...) Es ist ziemlich lehrreich - ich verwende bewusst dieses Wort: Vieles, was wir im eigenen Lande als selbstverständlich aufnehmen, woran wir uns ja gewöhnt haben und was sich unserer Aufmerksamkeit oft entzieht, eröffnet sich für einen Ausländer, sei es auch als Reisender, der wiederholt in unserem Lande weilt, sozusagen in neuen Aspekten, in neuen Farben und besitzt einen besonderen Wert. (...) Mir gefällt ganz besonders, wie gekonnt sich die Autorin an literarischen Quellen, an die Folklore wendet, wie sie in den Text ihres Buches Gedichte russischer Klassiker und auch wenig bekannter nationaler Autoren, Zitate aus literarischen Werken, Märchen, Anekdoten, selbst Witze einfügt. Ein treffender während der Reise gehörter Witz oder Trinkspruch verleihen dem Text eine besondere Würze. (...) Doch das Wichtigste im Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee sind die Menschen, mit denen Gisela Reller auf ihren Reisen zusammenkam. Unterschiedlich im Alter und Beruf, verschieden ihrem Charakter und Bildungsgrad nach sind diese Menschen, aber über sie alle vermag die Autorin kurz und treffend mit Interesse und Sympathie zu berichten. (...)"

Neue Zeit vom 18. April 1983:

„In ihrer biographischen Skizze über den polnischen Pater Maksymilian Kolbe schreibt Gisela Reller (2. Auflage 1983) mit Sachkenntnis und Engagement über das Leben und Sterben dieses außergewöhnlichen Paters, der für den Familienvater Franciszek Gajowniczek freiwillig in den Hungerbunker von Auschwitz ging.“

Der Morgen vom 7. Februar 1984:

„`Reize lieber einen Bären als einen Mann aus den Bergen´. Durch die Sprüche des Kaukasischen Spruchbeutels weht der raue Wind des Kaukasus. Der Spruchbeutel erzählt auch von Mentalitäten, Eigensinnigkeiten und Bräuchen der Adygen, Osseten und Dagestaner. Die Achtung vor den Alten, die schwere Stellung der Frau, das lebensnotwendige Verhältnis zu den Tieren. Gisela Reller hat klug ausgewählt.“

1985 auf dem Solidaritätsbasar auf dem Berliner Alexanderplatz: Gisela Reller (vorne links) verkauft ihren „Kaukasischen Spruchbeutel“ und 1986 das extra für den Solidaritätsbasar von ihr herausgegebene Sprichwörterbuch „Dein Freund ist Dein Spiegel“.

Foto: Alfred Paszkowiak

 Neues Deutschland vom 15./16. März 1986:

"Vor allem der an Geschichte, Bräuchen, Nationalliteratur und Volkskunst interessierte Leser wird manches bisher `Ungehörte´ finden. Er erfährt, warum im Kaukasus noch heute viele Frauen ein Leben lang Schwarz tragen und was es mit dem `Ossetenbräu´ auf sich hat, weshalb noch 1978 in Nukus ein Eisenbahnzug Aufsehen erregte und dass vor Jahrhunderten um den Aralsee fruchtbares Kulturland war, dass die Tschuktschen vier Begriff für `Freundschaft´, aber kein Wort für Krieg besitzen und was ein Parteisekretär in Anadyr als notwendigen Komfort, was als entbehrlichen Luxus ansieht. Großes Lob verdient der Verlag für die großzügige Ausstattung von Diesseits und jenseits des Polarkreises.“

 

 Gisela Reller während einer ihrer über achthundert Buchlesungen

in der Zeit von 1981 bis 1991.

Berliner Zeitung vom 2./3. Januar 1988:

„Gisela Reller hat klassisch-deutsche und DDR-Literatur auf Liebeserfahrungen durchforscht und ist in ihrem Buch 666 und sex mal Liebe 666 und sex mal fündig geworden. Sexisch illustriert, hat der Mitteldeutsche Verlag Halle alles zu einem hübschen Bändchen zusammengefügt.“

Neue Berliner Illustrierte (NBI) Nr. 7/88:

„Zu dem wohl jeden bewegenden Thema finden sich auf 198 Seiten 666 und sex mal Liebe mannigfache Gedanken von Literaten, die heute unter uns leben, sowie von Persönlichkeiten, die sich vor mehreren Jahrhunderten dazu äußerten.“

Das Magazin Nr. 5/88.

"`Man gewöhnt sich daran, die Frauen in solche zu unterscheiden, die schon bewusstlos sind, und solche, die erst dazu gemacht werden müssen. Jene stehen höher und gebieten dem Gedenken. Diese sind interessanter und dienen der Lust. Dort ist die Liebe Andacht und Opfer, hier Sieg und Beute.´ Den Aphorismus von Karl Kraus entnahmen wir dem Band 666 und sex mal Liebe, herausgegeben von Gisela Reller und illustriert von Egbert Herfurth."

 

 

Schutzumschlag zum „Buch 666 und sex mal Liebe“

Zeichnung: Egbert Herfurth

 

FÜR DICH, Nr. 34/89:

 

"Dem beliebten Büchlein 666 und sex mal Liebe entnahmen wir die philosophischen und frechen Sprüche für unser Poster, das Sie auf dem Berliner Solidaritätsbasar kaufen können. Gisela Reller hat die literarischen Äußerungen zum Thema Liebe gesammelt, Egbert Herfurth hat sie trefflich illustriert."

Messe-Börsenblatt, Frühjahr 1989:

"Die Autorin – langjährige erfolgreiche Reporterin der FREIEN WELT - ist bekannt geworden durch ihre Bücher Zwischen Weißem Meer und Baikalsee und Diesseits und jenseits des Polarkreises. Diesmal schreibt die intime Kennerin der Sowjetunion in ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik über die Kalmyken, Tuwiner und die Bewohner von Sachalin, also wieder über Nationalitäten und Völkerschaften. Ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird uns in fesselnden Erlebnisberichten nahegebracht."

Im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel schrieb ich in der Ausgabe 49 vom 7. Dezember 1982 unter der Überschrift „Was für ein Gefühl, wenn Zuhörer Schlange stehen“:

„Zu den diesjährigen Tagen des sowjetischen Buches habe ich mit dem Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee mehr als zwanzig Lesungen bestritten. (…) Ich las vor einem Kreis von vier Personen (in Klosterfelde) und vor 75 Mitgliedern einer DSF-Gruppe in Finow; meine jüngsten Zuhörer waren Blumberger Schüler einer 4. Klasse, meine älteste Zuhörerin (im Schwedter Alten- und Pflegeheim) fast 80 Jahre alt. Ich las z.B. im Walzwerk Finow, im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder, im Petrolchemischen Kombinat Schwedt; vor KIM-Eiersortierern in Mehrow, vor LPG-Bauern in Hermersdorf, Obersdorf und Bollersdorf; vor zukünftigen Offizieren in Zschopau; vor Forstlehrlingen in Waldfrieden; vor Lehrlingen für Getreidewirtschaft in Kamenz, vor Schülern einer 7., 8. und 10 Klasse in Bernau, Schönow und Berlin; vor Pädagogen in Berlin, Wandlitz, Eberswalde. - Ich weiß nicht, was mir mehr Spaß gemacht hat, für eine 10. Klasse eine Geographiestunde über die Sowjetunion einmal ganz anders zu gestalten oder Lehrern zu beweisen, dass nicht einmal sie alles über die Sowjetunion wissen – was bei meiner Thematik – `Die kleinen sowjetischen Völkerschaften!´ – gar nicht schwer zu machen ist. Wer schon kennt sich aus mit Awaren und Adsharen, Ewenken und Ewenen, Oroken und Orotschen, mit Alëuten, Tabassaranern, Korjaken, Itelmenen, Kareliern… Vielleicht habe ich es leichter, Zugang zu finden als mancher Autor, der `nur´ sein Buch oder Manuskript im Reisegepäck hat. Ich nämlich schleppe zum `Anfüttern´ stets ein vollgepacktes Köfferchen mit, darin von der Tschuktschenhalbinsel ein echter Walrosselfenbein-Stoßzahn, Karelische Birke, burjatischer Halbedelstein, jakutische Rentierfellbilder, eskimoische Kettenanhänger aus Robbenfell, einen adygeischen Dolch, eine karakalpakische Tjubetejka, der Zahn eines Grauwals, den wir als FREIE WELT-Reporter mit harpuniert haben… - Schön, wenn alles das ganz aufmerksam betrachtet und behutsam befühlt wird und dadurch aufschließt für die nächste Leseprobe. Schön auch, wenn man schichtmüde Männer nach der Veranstaltung sagen hört: `Mensch, die Sowjetunion ist ja interessanter, als ich gedacht habe.´ Oder: `Die haben ja in den fünfundsechzig Jahren mit den `wilden´ Tschuktschen ein richtiges Wunder vollbracht.´ Besonders schön, wenn es gelingt, das `Sowjetische Wunder´ auch denjenigen nahezubringen, die zunächst nur aus Kollektivgeist mit ihrer Brigade mitgegangen sind. Und: Was für ein Gefühl, nach der Lesung Menschen Schlange stehen zu sehen, um sich für das einzige Bibliotheksbuch vormerken zu lassen. (Schade, wenn man Kauflustigen sagen muss, dass das Buch bereits vergriffen ist.) – Dank sei allen gesagt, die sich um das zustande kommen von Buchlesungen mühen – den Gewerkschaftsbibliothekaren der Betriebe, den Stadt- und Kreisbibliothekaren, den Buchhändlern, die oft aufgeregter sind als der Autor, in Sorge, `dass auch ja alles klappt´. – Für mich hat es `geklappt´, wenn ich Informationen und Unterhaltung gegeben habe und Anregungen für mein nächstes Buch mitnehmen konnte.“

Die Rechtschreibung der Texte wurde behutsam der letzten Rechtschreibreform angepasst.

Die KUMYKEN wurden am 22.11.2015 ins Netz gestellt. Die letzte Bearbeitung erfolgte am 16.01.2016.

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Zeichnung: Karl-Heinz Döhring