Vorab!
Leider kommt im Internet bei meinem (inzwischen veralteten) FrontPage-Programm längst nicht alles so, wie von mir in html angegeben. Farben kommen anders, als von mir geplant, Satzbreiten wollen nicht so wie von mir markiert, Bilder kommen manchmal an der falschen Stelle, und - wenn ich Pech habe - erscheint statt des Bildes gar eine Leerstelle.
Was tun? Wer kann helfen?
*
Wird laufend bearbeitet!
Ich bin eine Komi: Die .
Foto:
Statt Karelier = Komi
Zeichnung: Karl-Heinz Döhring
"Die Seele, denke ich, hat keine Nationalität."
Juri Rytchëu (tschuktschischer Schriftsteller, 1930 bis 2008) in: Im Spiegel des Vergessens, 2007
Wenn wir für das eine Volk eine Zuneigung oder gegen das andere eine Abneigung hegen, so beruht das, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, auf dem, was wir von dem jeweiligen Volk wissen oder zu wissen glauben. Das ist – seien wir ehrlich – oft sehr wenig, und manchmal ist dieses Wenige auch noch falsch.
Ich habe für die Berliner Illustrierte FREIE WELT jahrelang die Sowjetunion bereist, um – am liebsten - über abwegige Themen zu berichten: über Hypnopädie und Suggestopädie, über Geschlechtsumwandlung und Seelenspionage, über Akzeleration und geschlechtsspezifisches Kinderspielzeug... Außerdem habe ich mit jeweils einem deutschen und einem Wissenschaftler aus dem weiten Sowjetland vielteilige Lehrgänge erarbeitet.* Ein sehr interessantes Arbeitsgebiet! Doch 1973, am letzten Abend meiner Reise nach Nowosibirsk – ich hatte viele Termine in Akademgorodok, der russischen Stadt der Wissenschaften – machte ich einen Abendspaziergang entlang des Ob. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich zwar wieder viele Experten kennengelernt hatte, aber mit der einheimischen Bevölkerung kaum in Kontakt gekommen war.
Da war in einem magischen Moment an einem großen sibirischen Fluss - Angesicht in Angesicht mit einem kleinen (grauen!) Eichhörnchen - die große FREIE WELT-Völkerschafts-Serie** geboren!
Und nun reiste ich ab 1975 jahrzehntelang zu zahlreichen Völkern des Kaukasus, war bei vielen Völkern Sibiriens, war in Mittelasien, im hohen Norden, im Fernen Osten und immer wieder auch bei den Russen.
Nach dem Zerfall der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zog es mich – nach der wendegeschuldeten Einstellung der FREIEN WELT***, nun als Freie Reisejournalistin – weiterhin in die mir vertrauten Gefilde, bis ich eines Tages mehr über die westlichen Länder und Völker wissen wollte, die man mir als DDR-Bürgerin vorenthalten hatte.
Nach mehr als zwei Jahrzehnten ist nun mein Nachholebedarf erst einmal gedeckt, und ich habe das Bedürfnis, mich wieder meinen heißgeliebten Tschuktschen, Adygen, Niwchen, Kalmyken und Kumyken, Ewenen und Ewenken, Enzen und Nenzen... zu widmen.
Deshalb werde ich meiner Webseite www.reller-rezensionen.de (mit inzwischen weit mehr als fünfhundert Rezensionen), die seit 2002 im Netz ist, ab 2013 meinen journalistischen Völkerschafts-Fundus von fast einhundert Völkern an die Seite stellen – mit ausführlichen geographischen und ethnographischen Texten, mit Reportagen, Interviews, Sprichwörtern, Märchen, Gedichten, Literaturhinweisen, Zitaten aus längst gelesenen und neu erschienenen Büchern; so manches davon, teils erstmals ins Deutsche übersetzt, war bis jetzt – ebenfalls wendegeschuldet – unveröffentlicht geblieben.
Sollten sich in meinem Material Fehler oder Ungenauigkeiten eingeschlichen haben, teilen Sie mir diese bitte am liebsten in meinem Gästebuch oder per E-Mail gisela@reller-rezensionen.de mit. Überhaupt würde ich mich über ein Feedback freuen!
Gisela Reller
* Lernen Sie Rationelles Lesen" / "Lernen Sie lernen" / "Lernen Sie reden" / "Lernen Sie essen" / "Lernen Sie, nicht zu rauchen" / "Lernen Sie schlafen" / "Lernen Sie logisches Denken".
** Im 1999 erschienenen Buch „Zwischen `Mosaik´ und `Einheit´. Zeitschriften in der DDR“ von Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis (Hrsg.), erschienen im Berliner Ch. Links Verlag, ist eine Tabelle veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Völkerschaftsserie der FREIEN WELT von neun vorgegebenen Themenkreisen an zweiter Stelle in der Gunst der Leser stand – nach „Gespräche mit Experten zu aktuellen Themen“.
(Quelle: ZA Universität Köln, Studie 6318)
*** Christa Wolf zur Einstellung der Illustrierten FREIE WELT in ihrem Buch "Auf dem Weg nach Tabou, Texte 1990-1994", Seite 53/54: „Aber auf keinen Fall möchte ich den Eindruck erwecken, in dieser Halbstadt werde nicht mehr gelacht. Im Gegenteil! Erzählt mir doch neulich ein Kollege aus meinem Verlag (Helmut Reller) – der natürlich wie zwei Drittel der Belegschaft längst entlassen ist –, daß nun auch seine Frau (Gisela Reller), langjährige Redakteurin einer Illustrierten (FREIE WELT) mitsamt der ganzen Redaktion gerade gekündigt sei: Die Zeitschrift werde eingestellt. Warum wir da so lachen mußten? Als im Jahr vor der `Wende´ die zuständige ZK-Abteilung sich dieser Zeitschrift entledigen wollte, weil sie, auf Berichterstattung aus der Sowjetunion spezialisiert, sich als zu anfällig erwiesen hatte, gegenüber Gorbatschows Perestroika, da hatten der Widerstand der Redaktion und die Solidarität vieler anderer Journalisten das Blatt retten können. Nun aber, da die `Presselandschaft´ der ehemaligen DDR, der `fünf neuen Bundesländer´, oder, wie der Bundesfinanzminister realitätsgerecht sagt: `des Beitrittsgebiets´, unter die vier großen westdeutschen Zeitungskonzerne aufgeteilt ist, weht ein schärferer Wind. Da wird kalkuliert und, wenn nötig, emotionslos amputiert. Wie auch die Lyrik meines Verlages (Aufbau-Verlag), auf die er sich bisher viel zugute hielt: Sie rechnet sich nicht und mußte aus dem Verlagsprogramm gestrichen werden. Mann, sage ich. Das hätte sich aber die Zensur früher nicht erlauben dürfen! – "Das hätten wir uns von der auch nicht gefallen lassen", sagt eine Verlagsmitarbeiterin.
Wo sie recht hat, hat sie recht.“
Wenn Sie sich die folgenden Texte zu Gemüte geführt und Lust bekommen haben, das Land der Komi zu bereisen, sei Ihnen das Reisebüro ? empfohlen; denn – so lautet ein komiisches Sprichwort -
Reisen ist Sehnsucht nach Leben.
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Die KOMI… (Eigenbezeichnung: )
Bevölkerung:
Fläche:
Geschichtliches:
Staatsgefüge:
Verbannungsgebiet: memorial.krsk.ru . Die Schienen führen ins Nichts.
"In Workuta gab es Braunkohle genug und in Norilsk Nickel und Gold. Es herrschte allerdings ein akuter Arbeitskräftemangel, und deshalb setzte er [Stalin] die sogenannten Volksfeinde ein."
Frank Westermann in: Ingenieure der Seele, 2010
"Nein, wir rauchen erst mal eine / oder lass uns einen heben gehn / auf die Zeit, da hier in Russland keine / Knäste mehr und keine Lager stehn." //
Wladimir Wyssozkij (1938 bis 1980), russischer Dichter und Liedersänger
Hauptstadt:
Wirtschaft:
Verkehr:
Sprache/Schrift:
Literatursprache/Literatur:
Bildung:
Gesundheitswesen:
Klima:
Natur/Umwelt:
Pflanzen- und Tierwelt:
Behausungen:
Ernährung:
Kleidung:
Folklore:
Feste/Bräuche:
Religion:
Ereignisse nach dem Zerfall der Sowjetunion, sofern sie nicht bereits oben aufgeführt sind:
Komi Roman Abramowitsch wuchs als Waise bei seinem Onkel in Uchta auf.
Kontakte zur Bundesrepublik Deutschland:
Interessant, zu wissen..., dass der Stammvater des Karelischen Bärenhunds der Komi-Hund ist.
Im Grenzgebiet zwischen Finnland und Russland sucht und jagt der Karelische Bärenhund selbstständig nach Bären und Elchen. Stammvater des Karelischen Bärenhundes ist der Komi-Hund, auch Syrjänen-Hund genannt - nach der Eigenbezeichnung des KOMI-Volkes. Bei den Komi lebten diese Hunde einst als Dorf- und Wachhunde, zogen Schlitten, trugen Feuerholz. Auf der Jagd stöberten sie Bären und Elche auf, um diese laut bellend an der Flucht zu hindern, bis die Jäger eintrafen. Man sagt, dass die Komi ihre Hunde sehr geschätzt, aber nicht verstanden hatten, sie zu züchten. Und So stammt der Grundstock dieser Rasse heute aus dem russischen Karelien, wo diese Hunde schon um die Jahrhundertwende auf verschiedene Art und Weise zur Jagd auf Bären und Elche eingesetzt wurden. Die Zucht begann dann im Jahre 1936 mit dem Ziel, einen robusten Hund zu entwickeln, der bei der Jagd auf Großwild Laut gibt, also das Wild bellend stellt, um es dem Jäger anzuzeigen. Der erste Standard wurde im Jahre 1945 erstellt. Im Jahre 1946 wurden die ersten Hunde in das Stammbuch eingetragen. Heute ist die Rasse des Karelischen Bärenhundes vor allem in Finnland verbreitet. Der Karelische Bärenhund ist von natürlicher Ausgeglichenheit, ein wenig reserviert, mutig und hartnäckig. Voll Selbstvertrauen, kann er sich gegenüber anderen Hunden aggressiv verhalten, aber nie Menschen gegenüber. Wie viele Bären am karelischen Ladogasee, dem größten See Europas, leben, ist nicht bekannt. Tausend vermutet man in Finnlands Osten, gut hundert werden jährlich zur Jagd freigegeben. Da sowohl die Komi als auch die Karelier finnougrischen Ursprungs sind, ist zu vermuten, dass die Komiischen Bärenhunde nicht allzu verbittert sind, nun Karelische Bärenhunde zu sein.
In der Heimat ist es auch an einem bewölkten Tag heiter.
Sprichwort der Komi
Die KOMI: Für Liebhaber kurzer Texte
Früher nannte man die Komí „Syrjänen“, was soviel heißt wie „Die an entlegenen Orten Wohnenden“, ihr heutiger Name Komi bedeutet „Mensch“. Ursprünglich lebten die Komi wie die Udmurten im Gebiet um die Flüsse Kama und Wjatka. Im 10. Jahrhundert besiedelten sie den südlichen Teil ihrer heutigen Gebiete, wo sie seitdem als Acker- und Waldbauern, aber auch als Jäger lebten. In jener Zeit beteiligten sie sich wohl auch am Handel zwischen Kareliern und den westlichen Gebieten. Im 11. Jahrhundert zahlten sie bereits Abgaben an das russische Nowgorod. Seit dem 12. Jahrhundert wurden sie nach und nach den nordostrussischen Fürstentümern angeschlossen. Ende des 14. Jahrhunderts begann ihre Christianisierung, 1478 wurde das Komi-Territorium offiziell an Russland angegliedert. Das Land der rund dreihundertfünfundvierzigtausend Komi liegt überwiegend im östlichen Teil der flachwelligen Osteuropäischen Ebene mit der Petschoraniederung; das weitläufig-kahle bild wird von den schneebedeckten Höhen des Polaren Ural verschönt. Ein komiischer Poet schreibt, aus der Luft sähe es aus, als halte der altersgraue Ural das flache Komi-Land auf seinem mächtigen Handteller. Das Land der Komi, diesseits und jenseits des Polarkreises liegt mit seinem Nordteil in der Tundra- und Waldtundra-, sonder in der Taigazone, nahezu 70 Prozent des Gebietes sind mit Wald bedeckt. Grün ist denn auch die Lieblingsfarbe der Komi, gefolgt von karmesinrot und dunkelblau. Diese Farben werden auch für die traditionellen selbstgestrickten langen Strümpfe bevorzugt; nach altem Brauch waren sie ein Geschenk der Braut für den Bräutigam. Auf dem Lande bevorzugen die Alten und die Jungen noch heute Holzhäuser mit reizvoll geschnitzten Fensterrahmen, und in kaum einem haus verzichteten die Bewohner auf die überkommene Sitzbank, auf der selbst der wortkargste Komi – in finnougrische Sprache – redselig wird. Sitzen Kinder beieinander, so ist gewiss irgendwann von Pera, dem Recken der Komi, die Rede, der, wenn Unrecht geschieht, so düster wird wie der Kama-Strom bei einem Unwetter. Und finden sich Greise zusammen, so können sie sagen, was sie wollen, immer wird´s ein Sprichwort.
Diesen unveröffentlichten Text habe ich geschrieben, als ich für das
Bibliographische Institut in Leipzig von 1986 bis 1991 ein Sprichwörterbuch von fünfzig Völkern der (ehemaligen) Sowjetunion erarbeitete,
das wegen des Zerfalls der Sowjetunion nicht mehr erschienen ist.
Als Journalistin der Illustrierten FREIE WELT – die als Russistin ihre Diplomarbeit über russische Sprichwörter geschrieben hat - habe ich auf allen meinen Reportagereisen in die Sowjetunion jahrzehntelang auch Sprichwörter der dort ansässigen Völker gesammelt - von den Völkern selbst, von einschlägigen Wissenschaftlern und Ethnographen, aus Büchern ... - bei einem vierwöchigen Aufenthalt in Moskau saß ich Tag für Tag in der Leninbibliothek. So ist von mir erschienen:
* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.
* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.
* Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.
Ich bin, wie man sieht, gut damit gefahren, es mit diesem turkmenischen Sprichwort zu halten: Hast du Verstand, folge ihm; hast du keinen, gibt`s ja noch die Sprichwörter.
Hier fünfzig komiische Sprichwörter:
(Unveröffentlicht)
Sind beide Arme da und der Kopf am rechten Platz – hängt alles von dir ab.
Mit hungrigem Bauch sieht man keine schöne Landschaft.
Deine Braut suche dir bei der Arbeit, nicht beim Fest aus.
Auf dem Dorf hat jeder Zaunpfahl Augen und Ohren.
Sei es mit drei Ecken, aber dein Haus; sei es mit drei Beinen, aber dein Pferd; sei es mit zwei Zitzen, aber deine Kuh.
Einer mit der Egge, sieben mit dem Löffel.
Im Alter lockt am meisten die Lagerstatt.
Auf der Arbeit bist du nicht zu Gaste.
Vertrau den Charej* keinem bösen Menschen an.
Dummköpfe braucht man nicht auf dem Markt zu kaufen.
Der Faule wird auch im Sommer nicht braun.
Fische fängt man nicht mit dem Rocksaum.
Nichts ist kostspieliger als Geld.
Denk dran, du bist kein Fußabtreter!
Was Eltern und gute Leute nicht beibringen können, lehren Leben und Leid.
Gehe nicht in fremder Fährte.
Wer nach Fluchen ist, sucht nicht nach Worten.
Aus Flüchen näht man weder Kleidung, noch macht man Schuhe draus.
Wer auf dem Freidhof wohnt, kann nicht über jeden Verstorbenen weinen.
Ein Frühlingstag kann ein ganzes Jahr ernähren.
Gewohnheit ist kein Bastschuh, nicht einfach wegzuwerfen.
Wenn man das Glück nicht am Flügel packt, an einer Feder kann man es nicht festhalten.
Solange man nicht im Grab liebt, lässt sich alles überleben.
Wenn du dich eingewöhnt hast, ist´s auch in der Hölle gemütlich.
Hunger gewöhnt Launen ab.
Greis und Kind am Ende dasselbe sind.
Die Jugend ist kein Petrow-Tag**, sie kommt nicht wieder.
Kinder belehre, wenn sie noch auf deinem Schoß Platz haben.
Glühende Kohlen lassen sich gut mit fremden Händen anfassen.
Ist dein Kopf da, findet sich auch eine Schlinge.
Hüte deinen Kopf, du hast nur den einen.
Leid beugt nieder, Freude richtet auf.
Überlasse es anderen, dich zu loben.
Anständige Leute richten die Hochzeit nicht in des Sommers Mitte aus.
Sing Mädchen, sing, aber vergiss nicht, dass du ein Netz zu knüpfen hast.
Mit einem schlechten Mann gibt`s Kohlsuppe ohne Salz und kalte Füße.
Nur Pilze haben keine Gräten.
Lehre ein Rentier nicht, Moos zu suchen, belehre keinen Meister.
Unter Mutterns Flügeln ist gut leben.
Auch Salz rettet keinen faulen Fisch.
Sieben warten nicht auf einen.
Kalt, aber wenigstens keine Stechmücken!
Obwohl ein Sohn der Mutter mit einem brennenden Holzscheit droht, schreit die Mutter: „Söhnchen, verbrenn dir nicht die Finger“.
Worauf du dich einlässt, danach wirst du stinken.
Viel will immer noch mehr.
Die Zunge kriegt keine Schwielen, mit ihr kann man soviel Stroh dreschen wie man will.
Auf „Vielleicht“ reitet sichs´s nicht weit.
Walderdbeeren zwingen zu vielen Verbeugungen vor der Erde.
Um Wein zu trinken, braucht´s keine Zähne.
Kleiner Wuchs schadet nicht: Die Arbeit wartet auf der Erde und nicht im Baum.
Die Zunge kann einen Menschen verkaufen und wieder loskaufen.
Eine lange Wegstrecke liebt einen prallen Churdshal***.
Zu Hause – wie du willst, in der Fremde – wie befohlen.
So mancher legt sich nieder zu zweit und steht auf zu dritt.
* Charej = Stab zum Lenken der Rentiere / ** Der Petrow-Tag ist bei den Komi der jährlich wiederkehrende Feiertag zu Ehren des heiligen Peter (Petrus).
Interlinearübersetzung aus dem Russischen von Gertraud Ettrich; gesammelt und in Sprichwortform gebracht von Gisela Reller
Als Reporterin der Illustrierten FREIE WELT bereiste ich
LESEPROBE
„Nach
"Wochen vergehen im Wechsel der Schichten. Meine Kraft lässt spürbar nach. Ich fühle mich von Tag zu Tag schlechter. Außer uns Deutschen dürfen alle ab und zu Pakete empfangen. Die werden grundsätzlich brüderlich geteilt. Ich kann bald nicht mehr zur Arbeit gehen und melde mich (...) krank. "Distrophie und Hungerödeme" lautet die Diagnose. Ich werde sofort ins Krankenhaus eingewiesen. (...) Zu meiner Freude bekomme ich Besuch. Trotz ihrer wenigen Freizeit finden einige den Weg hierher. Die Balten, Ukrainer, Russen aus meiner Baracke sammelten selbstlos solche Kostbarkeiten wie Speck und Hartwurst aus ihren Paketen für mich und schickten sie durch Jonas her. Ihre Solidarität rührt mich tief und gibt mir Kraft. Wie oft in den letzten Wochen habe ich nur mit Hilfe solcher Freunde überlebt."
Peter Bordihn (geb. 1928) in: Bittere Jahre am Polarkreis (in der ASSR der Komi), 1990
Rezensionen und Literaturhinweise (Auswahl) zu den KOMI
Rezension in meiner Webseite www.reller-rezensionen.de
* KATEGORIE REISELITERATUR/BILDBÄNDE: Edeltraud Maier-Lutz, Flußkreuzfahrten in Rußland, Unterweg auf Wolga, Don, Jenissej und Lena, Trescher
Literaturhinweise (Auswahl)
* Peter Bordihn, Bittere Jahre am Polarkreis, Als Sozialdemokratin Stalins Lagern, LinksDruck, Berlin 1990.
Bordihn (geboren 1928) berichtet von der Verfolgung aktiver Sozialdemokraten nach der Schaffung der Einheitspartei SED, er beschreibt die Situation im sowjetischen Internierungslager Sachsenhausen und schildert den Alltag der Strafgefangenen im Steinkohlebergbau in Workota (in der ASSR der Komi) am nördlichen Polarkreis.
* Mechthild Borrmann, Der Geiger, Droemer Verlag 2012.
Moskau 1948: Der begnadete Geiger Ilja Grenko verlässt unter tosendem Applaus den Konzertsaal, in der Hand seine geliebte Stradivari. Noch in derselben Nacht wird er verhaftet, sein wertvolles Instrument konfisziert. Ilja wird der geplanten Landesflucht beschuldigt und zu zwanzig Jahren Arbeitslager in Workuta (ASSR der Komi) verurteilt. Seine Frau Galina lässt man in dem Glauben, er sei geflüchtet. Sie wird mit den beiden Kindern daraufhin ins kasachische Karaganda verbannt. Und so beginnt nicht nur für Ilja, sondern auch für Galina und die Kinder der bittere Kampf ums Überleben...
* Orlando Figes, Schick einen Gruß, zuweilen durch die die Sterne. Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors, Carl Hanser Verlag, München 2012.
Eines der erschütterndsten Bücher, die ich je gelesen habe: die wahre Geschichte der Liebe zwischen Sweta und Lew... Als Lew mit 28 Jahren aus deutscher Kriegsgefangenschaft in die Sowjetunion zurückkehrt, wird er verhaftet und für zehn Jahre in das berüchtigte Straflager Petschora (ASSR der Komi) hoch im russischen Norden verbannt. Was ihn rettet sind die zahllosen Briefe, die er und Sweta sich schreiben, seine große Liebe in Moskau, die er seit 1941 nicht mehr gesehen hat. Dank mutiger Helfer konnten sie - unzensiert - in das Lager hinein- und aus ihm herausgeschmuggelt werden. Das in dieser Form und Fülle einzigartige Material verdichtet Orlando Figes gleichsam zu einem Roman. Kaum ein Buch dürfte je den Alltag im Gulag so authentisch geschildert haben. - Als Sweta 1955, mit 38 Jahren, eine Tochter zur Welt brachte, 1957 gefolgt von einem Sohn - muss dies für Sweta und Lew (der nach Stalins Tod aus dem Lager entlassen worden war, wie ein Wunder vorgekommen sein...
* Volksmärchen aus dem uralischen Sprachraum, Der Bärenjunge, Corvina Kiadó, Vertrieb nur in der Deutschen Demokratischen Republik, 1984.
Mit komiischen Märchen.
1. Streifenornament
Bibliographie zu Gisela Reller
Bücher als Autorin:
Länderbücher:
* Zwischen Weißem Meer und Baikalsee, Bei den Burjaten, Adygen und Kareliern, Verlag Neues Leben, Berlin 1981, mit Fotos von Heinz Krüger und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.
* Diesseits und jenseits des Polarkreises, bei den Südosseten, Karakalpaken, Tschuktschen und asiatischen Eskimos, Verlag Neues Leben, Berlin 1985, mit Fotos von Heinz Krüger und Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.
* Von der Wolga bis zum Pazifik, bei Tuwinern, Kalmyken, Niwchen und Oroken, Verlag der Nation, Berlin 1990, 236 Seiten mit Fotos von Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.
Biographie:
* Pater Maksimylian Kolbe, Guardian von Niepokalanów und Auschwitzhäftling Nr. 16 670, Union Verlag, Berlin 1984, 2. Auflage.
... als Herausgeberin:
Sprichwörterbücher:
* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.
* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.
* Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.
Aphorismenbuch:
* 666 und sex mal Liebe, Auserlesenes, 2. Auflage, Mitteldeutscher Verlag Halle/Leipzig, 200 Seiten mit Vignetten und Illustrationen von Egbert Herfurth.
... als Mitautorin:
Kinderbücher:
* Warum? Weshalb? Wieso?, Ein Frage-und-Antwort-Buch für Kinder, Band 1 bis 5, Herausgegeben von Carola Hendel, reich illustriert, Verlag Junge Welt, Berlin 1981 -1989.
Sachbuch:
* Die Stunde Null, Tatsachenberichte über tapfere Menschen in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges, Hrsg. Ursula Höntsch, Verlag der Nation 1966.
* Kuratorium zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland e. V., Herausgegeben von Leonhard Kossuth unter Mitarbeit von Gotthard Neumann, Nora Verlag 2008.
... als Verantwortliche Redakteurin:
* Leben mit der Erinnerung, Jüdische Geschichte in Prenzlauer Berg, Edition Hentrich, Berlin 1997, mit zahlreichen Illustrationen.
* HANDSCHLAG, Vierteljahreszeitung für deutsche Minderheiten im Ausland, Herausgegeben vom Kuratorium zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland e. V., Berlin 1991 - 1993.
Die erste Ausgabe von HANDSCHLAG liegt vor. Von links: Dr. Gotthard Neumann, Leonhard Kossuth (Präsident), Horst Wustrau
(Gestalter von HANDSCHLAG), Gisela Reller, Dr. Erika Voigt
(Mitarbeiter des Kuratoriums zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland e. V.).
Foto: aus Rellers Völkerschafts-Archiv
2. Streifenornament
Pressezitate (Auswahl) zu Gisela Rellers Buchveröffentlichungen:
Dieter Wende in der „Wochenpost“ Nr. 15/1985:
„Es ist schon eigenartig, wenn man in der Wüste Kysyl-Kum von einem Kamelzüchter gefragt wird: `Kennen Sie Gisela Reller?´ Es ist schwer, dieser Autorin in entlegenen sowjetischen Regionen zuvorzukommen. Diesmal nun legt sie mit ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik Berichte aus Kalmykien, Tuwa und von der Insel Sachalin vor. Liebevolle und sehr detailgetreue Berichte auch vom Schicksal kleiner Völker. Die ethnografisch erfahrene Journalistin serviert Besonderes. Ihre Erzählungen vermitteln auch Hintergründe über die Verfehlungen bei der Lösung des Nationalitätenproblems.“
B(erliner) Z(eitung) am Abend vom 24. September 1981:
"Gisela Reller, Mitarbeiterin der Illustrierten FREIE WELT, hat autonome Republiken und gebiete kleiner sowjetischer Nationalitäten bereist: die der Burjaten, Adygen und Karelier. Was sie dort ... erlebte und was Heinz Krüger fotografierte, ergíbt den informativen, soeben erschienenen Band Zwischen Weißem Meer und Baikalsee."
Sowjetliteratur (Moskau)Nr. 9/1982:
"(...) Das ist eine lebendige, lockere Erzählung über das Gesehene und Erlebte, verflochten mit dem reichhaltigen, aber sehr geschickt und unaufdringlich dargebotenen Tatsachenmaterial. (...) Allerdings verstehe ich sehr gut, wie viel Gisela Reller vor jeder ihrer Reisen nachgelesen hat und wie viel Zeit nach der Rückkehr die Bearbeitung des gesammelten Materials erforderte. Zugleich ist es ihr aber gelungen, die Frische des ersten `Blickes´ zu bewahren und dem Leser packend das Gesehene und Erlebte mitzuteilen. (...) Es ist ziemlich lehrreich - ich verwende bewusst dieses Wort: Vieles, was wir im eigenen Lande als selbstverständlich aufnehmen, woran wir uns ja gewöhnt haben und was sich unserer Aufmerksamkeit oft entzieht, eröffnet sich für einen Ausländer, sei es auch als Reisender, der wiederholt in unserem Lande weilt, sozusagen in neuen Aspekten, in neuen Farben und besitzt einen besonderen Wert. (...) Mir gefällt ganz besonders, wie gekonnt sich die Autorin an literarischen Quellen, an die Folklore wendet, wie sie in den Text ihres Buches Gedichte russischer Klassiker und auch wenig bekannter nationaler Autoren, Zitate aus literarischen Werken, Märchen, Anekdoten, selbst Witze einfügt. Ein treffender während der Reise gehörter Witz oder Trinkspruch verleihen dem Text eine besondere Würze. (...) Doch das Wichtigste im Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee sind die Menschen, mit denen Gisela Reller auf ihren Reisen zusammenkam. Unterschiedlich im Alter und Beruf, verschieden ihrem Charakter und Bildungsgrad nach sind diese Menschen, aber über sie alle vermag die Autorin kurz und treffend mit Interesse und Sympathie zu berichten. (...)"
Neue Zeit vom 18. April 1983:
„In ihrer biographischen Skizze über den polnischen Pater Maksymilian Kolbe schreibt Gisela Reller (2. Auflage 1983) mit Sachkenntnis und Engagement über das Leben und Sterben dieses außergewöhnlichen Paters, der für den Familienvater Franciszek Gajowniczek freiwillig in den Hungerbunker von Auschwitz ging.“
Der Morgen vom 7. Februar 1984:
„`Reize lieber einen Bären als einen Mann aus den Bergen´. Durch die Sprüche des Kaukasischen Spruchbeutels weht der raue Wind des Kaukasus. Der Spruchbeutel erzählt auch von Mentalitäten, Eigensinnigkeiten und Bräuchen der Adygen, Osseten und Dagestaner. Die Achtung vor den Alten, die schwere Stellung der Frau, das lebensnotwendige Verhältnis zu den Tieren. Gisela Reller hat klug ausgewählt.“
1985 auf dem Solidaritätsbasar auf dem Berliner Alexanderplatz: Gisela Reller (vorne links) verkauft ihren „Kaukasischen Spruchbeutel“ und 1986 das extra für den Solidaritätsbasar von ihr herausgegebene Sprichwörterbuch „Dein Freund ist Dein Spiegel“.
Foto: Alfred Paszkowiak
Neues Deutschland vom 15./16. März 1986:
"Vor allem der an Geschichte, Bräuchen, Nationalliteratur und Volkskunst interessierte Leser wird manches bisher `Ungehörte´ finden. Er erfährt, warum im Kaukasus noch heute viele Frauen ein Leben lang Schwarz tragen und was es mit dem `Ossetenbräu´ auf sich hat, weshalb noch 1978 in Nukus ein Eisenbahnzug Aufsehen erregte und dass vor Jahrhunderten um den Aralsee fruchtbares Kulturland war, dass die Tschuktschen vier Begriff für `Freundschaft´, aber kein Wort für Krieg besitzen und was ein Parteisekretär in Anadyr als notwendigen Komfort, was als entbehrlichen Luxus ansieht. Großes Lob verdient der Verlag für die großzügige Ausstattung von Diesseits und jenseits des Polarkreises.“
Gisela Reller während einer ihrer über achthundert Buchlesungen
in der Zeit von 1981 bis 1991.
Berliner Zeitung vom 2./3. Januar 1988:
„Gisela Reller hat klassisch-deutsche und DDR-Literatur auf Liebeserfahrungen durchforscht und ist in ihrem Buch 666 und sex mal Liebe 666 und sex mal fündig geworden. Sexisch illustriert, hat der Mitteldeutsche Verlag Halle alles zu einem hübschen Bändchen zusammengefügt.“
Neue Berliner Illustrierte (NBI) Nr. 7/88:
„Zu dem wohl jeden bewegenden Thema finden sich auf 198 Seiten 666 und sex mal Liebe mannigfache Gedanken von Literaten, die heute unter uns leben, sowie von Persönlichkeiten, die sich vor mehreren Jahrhunderten dazu äußerten.“
Das Magazin Nr. 5/88.
"`Man gewöhnt sich daran, die Frauen in solche zu unterscheiden, die schon bewusstlos sind, und solche, die erst dazu gemacht werden müssen. Jene stehen höher und gebieten dem Gedenken. Diese sind interessanter und dienen der Lust. Dort ist die Liebe Andacht und Opfer, hier Sieg und Beute.´ Den Aphorismus von Karl Kraus entnahmen wir dem Band 666 und sex mal Liebe, herausgegeben von Gisela Reller und illustriert von Egbert Herfurth."
Schutzumschlag zum „Buch 666 und sex mal Liebe“ .
Zeichnung: Egbert Herfurth
FÜR DICH, Nr. 34/89:
"Dem beliebten Büchlein 666 und sex mal Liebe entnahmen wir die philosophischen und frechen Sprüche für unser Poster, das Sie auf dem Berliner Solidaritätsbasar kaufen können. Gisela Reller hat die literarischen Äußerungen zum Thema Liebe gesammelt, Egbert Herfurth hat sie trefflich illustriert."
Messe-Börsenblatt, Frühjahr 1989:
"Die Autorin – langjährige erfolgreiche Reporterin der FREIEN WELT - ist bekannt geworden durch ihre Bücher Zwischen Weißem Meer und Baikalsee und Diesseits und jenseits des Polarkreises. Diesmal schreibt die intime Kennerin der Sowjetunion in ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik über die Kalmyken, Tuwiner und die Bewohner von Sachalin, also wieder über Nationalitäten und Völkerschaften. Ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird uns in fesselnden Erlebnisberichten nahegebracht."
Im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel schrieb ich in der Ausgabe 49 vom 7. Dezember 1982 unter der Überschrift „Was für ein Gefühl, wenn Zuhörer Schlange stehen“:
„Zu den diesjährigen Tagen des sowjetischen Buches habe ich mit dem Buch
Zwischen Weißem Meer und Baikalsee mehr als zwanzig Lesungen bestritten. (…) Ich las vor einem Kreis von vier Personen (in Klosterfelde) und vor 75 Mitgliedern einer DSF-Gruppe in Finow; meine jüngsten Zuhörer waren Blumberger Schüler einer 4. Klasse, meine älteste Zuhörerin (im Schwedter Alten- und Pflegeheim) fast 80 Jahre alt. Ich las z.B. im Walzwerk Finow, im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder, im Petrolchemischen Kombinat Schwedt; vor KIM-Eiersortierern in Mehrow, vor LPG-Bauern in Hermersdorf, Obersdorf und Bollersdorf; vor zukünftigen Offizieren in Zschopau; vor Forstlehrlingen in Waldfrieden; vor Lehrlingen für Getreidewirtschaft in Kamenz, vor Schülern einer 7., 8. und 10 Klasse in Bernau, Schönow und Berlin; vor Pädagogen in Berlin, Wandlitz, Eberswalde. - Ich weiß nicht, was mir mehr Spaß gemacht hat, für eine 10. Klasse eine Geographiestunde über die Sowjetunion einmal ganz anders zu gestalten oder Lehrern zu beweisen, dass nicht einmal sie alles über die Sowjetunion wissen – was bei meiner Thematik – `Die kleinen sowjetischen Völkerschaften!´ – gar nicht schwer zu machen ist. Wer schon kennt sich aus mit Awaren und Adsharen, Ewenken und Ewenen, Oroken und Orotschen, mit Alëuten, Tabassaranern, Korjaken, Itelmenen, Kareliern… Vielleicht habe ich es leichter, Zugang zu finden als mancher Autor, der `nur´ sein Buch oder Manuskript im Reisegepäck hat. Ich nämlich schleppe zum `Anfüttern´ stets ein vollgepacktes Köfferchen mit, darin von der Tschuktschenhalbinsel ein echter Walrosselfenbein-Stoßzahn, Karelische Birke, burjatischer Halbedelstein, jakutische Rentierfellbilder, eskimoische Kettenanhänger aus Robbenfell, einen adygeischen Dolch, eine karakalpakische Tjubetejka, der Zahn eines Grauwals, den wir als FREIE WELT-Reporter mit harpuniert haben… - Schön, wenn alles das ganz aufmerksam betrachtet und behutsam befühlt wird und dadurch aufschließt für die nächste Leseprobe. Schön auch, wenn man schichtmüde Männer nach der Veranstaltung sagen hört: `Mensch, die Sowjetunion ist ja interessanter, als ich gedacht habe.´ Oder: `Die haben ja in den fünfundsechzig Jahren mit den `wilden´ Tschuktschen ein richtiges Wunder vollbracht.´ Besonders schön, wenn es gelingt, das `Sowjetische Wunder´ auch denjenigen nahezubringen, die zunächst nur aus Kollektivgeist mit ihrer Brigade mitgegangen sind. Und: Was für ein Gefühl, nach der Lesung Menschen Schlange stehen zu sehen, um sich für das einzige Bibliotheksbuch vormerken zu lassen. (Schade, wenn man Kauflustigen sagen muss, dass das Buch bereits vergriffen ist.) – Dank sei allen gesagt, die sich um das zustande kommen von Buchlesungen mühen – den Gewerkschaftsbibliothekaren der Betriebe, den Stadt- und Kreisbibliothekaren, den Buchhändlern, die oft aufgeregter sind als der Autor, in Sorge, `dass auch ja alles klappt´. – Für mich hat es `geklappt´, wenn ich Informationen und Unterhaltung gegeben habe und Anregungen für mein nächstes Buch mitnehmen konnte.“Die Rechtschreibung der Texte wurde behutsam der letzten Rechtschreibreform angepasst.
Die
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Zeichnung: Karl-Heinz Döhring