Vorab!

Leider kommt im Internet bei meinem (inzwischen veralteten) FrontPage-Programm  längst nicht alles so, wie von mir in html angegeben. Farben kommen anders, als von mir geplant, Satzbreiten wollen nicht so wie von mir markiert, Bilder kommen manchmal an der falschen  Stelle, und - wenn  ich  Pech  habe  -  erscheint  statt  des  Bildes  gar  eine  Leerstelle.

Was tun? Wer kann helfen?

 

*

Wird laufend bearbeitet!

Ich bin eine Kasachin: Die .

 

Foto:

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

 

"Die Seele, denke ich, hat keine Nationalität."

Juri Rytchëu (tschuktschischer Schriftsteller, 1930 bis 2008) in: Im Spiegel des Vergessens, 2007

 

Wenn wir für das eine Volk eine Zuneigung oder gegen das andere eine Abneigung hegen, so beruht das, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, auf dem, was wir von dem jeweiligen Volk wissen oder zu wissen glauben. Das ist – seien wir ehrlich – oft sehr wenig, und manchmal ist dieses Wenige auch noch falsch.  

Ich habe für die Berliner Illustrierte FREIE WELT jahrelang die Sowjetunion bereist, um – am liebsten - über abwegige Themen zu berichten: über Hypnopädie und Suggestopädie, über Geschlechtsumwandlung und Seelenspionage, über Akzeleration und geschlechtsspezifisches Kinderspielzeug... Außerdem habe ich mit jeweils einem deutschen und einem Wissenschaftler aus dem weiten Sowjetland vielteilige Lehrgänge erarbeitet.* Ein sehr interessantes Arbeitsgebiet! Doch 1973, am letzten Abend meiner Reise nach Nowosibirsk – ich hatte viele Termine in Akademgorodok, der russischen Stadt der Wissenschaften – machte ich einen Abendspaziergang entlang des Ob. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich zwar wieder viele Experten kennengelernt hatte, aber mit der einheimischen Bevölkerung kaum in Kontakt gekommen war.  

Da war in einem magischen Moment an einem großen sibirischen Fluss - Angesicht in Angesicht mit einem kleinen (grauen!) Eichhörnchen - die große FREIE WELT-Völkerschafts-Serie** geboren!  

Und nun reiste ich ab 1975 jahrzehntelang zu zahlreichen Völkern des Kaukasus, war bei vielen Völkern Sibiriens, war in Mittelasien, im hohen Norden, im Fernen Osten und immer wieder auch bei den Russen. 

Nach dem Zerfall der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zog es mich – nach der wendegeschuldeten Einstellung der FREIEN WELT***, nun als Freie Reisejournalistin – weiterhin in die mir vertrauten Gefilde, bis ich eines Tages mehr über die westlichen Länder und Völker wissen wollte, die man mir als DDR-Bürgerin vorenthalten hatte.

Nach mehr als zwei Jahrzehnten ist nun mein Nachholebedarf erst einmal gedeckt, und ich habe das Bedürfnis, mich wieder meinen heißgeliebten Tschuktschen, Adygen, Niwchen, Kalmyken und Kumyken, Ewenen und Ewenken, Enzen und Nenzen... zuzuwenden. 

Deshalb werde ich meiner Webseite www.reller-rezensionen.de (mit inzwischen weit mehr als fünfhundert Rezensionen), die seit 2002 im Netz ist, ab 2013 meinen journalistischen Völkerschafts-Fundus von fast einhundert Völkern an die Seite stellen – mit ausführlichen geographischen und ethnographischen Texten, mit Reportagen, Interviews, Sprichwörtern, Märchen, Gedichten, Literaturhinweisen, Zitaten aus längst gelesenen und neu erschienenen Büchern; so manches davon, teils erstmals ins Deutsche übersetzt, war bis jetzt – ebenfalls wendegeschuldet – unveröffentlicht geblieben. 

Sollten sich in meinem Material Fehler oder Ungenauigkeiten eingeschlichen haben, teilen Sie mir diese bitte am liebsten in meinem Gästebuch oder per E-Mail gisela@reller-rezensionen.de mit. Überhaupt würde ich mich über eine Resonanz meiner Nutzer freuen!

Gisela Reller 

    * Lernen Sie Rationelles Lesen" / "Lernen Sie lernen" / "Lernen Sie reden" / "Lernen Sie essen" / "Lernen Sie, nicht zu rauchen" / "Lernen Sie schlafen" / "Lernen Sie logisches Denken"...

 

  ** Im 1999 erschienenen Buch „Zwischen `Mosaik´ und `Einheit´. Zeitschriften in der DDR“ von Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis (Hrsg.), erschienen im Berliner Ch. Links Verlag, ist eine Tabelle veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Völkerschaftsserie der FREIEN WELT von neun vorgegebenen Themenkreisen an zweiter Stelle in der Gunst der Leser stand – nach „Gespräche mit Experten zu aktuellen Themen“.

(Quelle: ZA Universität Köln, Studie 6318)

 

*** Christa Wolf zur Einstellung der Illustrierten FREIE WELT in ihrem Buch "Auf dem Weg nach Tabou, Texte 1990-1994", Seite 53/54: „Aber auf keinen Fall möchte ich den Eindruck erwecken, in dieser Halbstadt werde nicht mehr gelacht. Im Gegenteil! Erzählt mir doch neulich ein Kollege aus meinem Verlag (Helmut Reller) – der natürlich wie zwei Drittel der Belegschaft längst entlassen ist –, daß nun auch seine Frau (Gisela Reller), langjährige Redakteurin einer Illustrierten (FREIE WELT) mitsamt der ganzen Redaktion gerade gekündigt sei: Die Zeitschrift werde eingestellt. Warum wir da so lachen mußten? Als im Jahr vor der `Wende´ die zuständige ZK-Abteilung sich dieser Zeitschrift entledigen wollte, weil sie, auf Berichterstattung aus der Sowjetunion spezialisiert, sich als zu anfällig erwiesen hatte, gegenüber Gorbatschows Perestroika, da hatten der Widerstand der Redaktion und die Solidarität vieler anderer Journalisten das Blatt retten können. Nun aber, da die `Presselandschaft´ der ehemaligen DDR, der `fünf neuen Bundesländer´, oder, wie der Bundesfinanzminister realitätsgerecht sagt: `des Beitrittsgebiets´, unter die vier großen westdeutschen Zeitungskonzerne aufgeteilt ist, weht ein schärferer Wind. Da wird kalkuliert und, wenn nötig, emotionslos amputiert. Wie auch die Lyrik meines Verlages (Aufbau-Verlag), auf die er sich bisher viel zugute hielt: Sie rechnet sich nicht und mußte aus dem Verlagsprogramm gestrichen werden. Mann, sage ich. Das hätte sich aber die Zensur früher nicht erlauben dürfen! – "Das hätten wir uns von der auch nicht gefallen lassen", sagt eine Verlagsmitarbeiterin.

Wo sie recht hat, hat sie recht.“

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

 

"Das Land Kasachstan ist besonders

ten wie geschaffen! Das herrliche Vorgebirge des Kaukasus, das traumschöne Hochplateau Lago-Naki, eine Vielzahl von Karsthöhlen, schneebedeckte Berggipfel, üppige Almen, weite Steppen, uralte Wälder, Bergbäche mit Wasserfällen, stille Seen – das alles kann ein Reisender in Adygeja bewundern. Eine glückliche Verbindung der einmaligen Landschaften, des Klimas, der Mineralquellen, der Tier- und Pflanzenwelt, der exotischen Naturschutzgebiete und Reservate schafft beispiellose Bedingungen für aktive Erholung und Kur. Adygeja verfügt über ein solides Netz von Sanatorien und Erholungsheimen..."

Anna Akopova in: Stimme Russlands vom 21. April 2009

 

 

Wenn Sie sich die folgenden Texte zu Gemüte geführt und Lust bekommen haben, Kasachstan zu bereisen, sei Ihnen das Reisebüro ? empfohlen; denn – so lautet ein kasachisches Sprichwort -

 

Kommt ein Sechsjähriger von weiter Reise zurück, muss ihm sogar ein Sechzigjähriger

seine Aufwartung machen.

 

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Die KASACHEN… (Eigenbezeichnung: )

Bevölkerung:

"Einer unserer Demographen hatte mir einen Artikel gezeigt, in dem die Zahl der kasachischen Bevölkerung in den Jahren 1913, 1932, 1938 und 1946 angeführt wurde. Millionen waren im Krieg umgekommen, erschlagen oder erschossen worden, verhungert oder durch die Zerrüttung des Lande zugrunde gegangen. Doch welcher Statistiker würde je den Schaden berechnen, der durch die Atomversuche entstand, durch jene industriellen Willkürakte, die die Beamtenseelen am kasachischen Boden verüben."

Rollan Seysenbajev in: Der Tag, als die Welt zusammenbrach, 2001

 

Fläche:

Geschichtliches:

 

"Auf dem Höhepunkt der Hungersnot, zum Jahreswechsel 1932/33, war ein Gebiet mit einer Bevölkerung von mehr als 70 Millionen Menschen betroffen: die Ukraine, der Nordkaukasus, Kasachstan und einige russische Provinzen. [...] Geheime Berichte der OGPU und der Partei waren insbesondere in den ersten Monaten des Jahres 1933 voller Meldungen über den weit verbreiteten Kannibalismus. Mütter ermordeten ihre Kinder, und Akjtivisten, die sich wie Wahnsinnige aufführten, folterten die Bevölkerung."

Oleg Chlewnjuk in: Stalin, Eine Biographie, 2015

 

 

"Als Stalin erfuhr, in Alma-Ata seien bei einer Demonstration im Mai 1938 Plakate des Parteichefs von Kasachstan, Lewon Mirsojan, gezeigt worden, die das Portrait des Diktators an Größe übertroffen hätten, befahl er dm ahnungslosen Gefolgsmann, sofort nach Moskau zu kommen. Auf dem Weg in die Hauptstadt wurde Mirsojan verhaftet und noch im gleichen Jahr erschossen."

Jörg Baberowski in: Stalins Herrschaft der Gewalt, 2012

 

 

 

Im Jahre 1947 erging folgender Befehl des sowjetischen Verteidigungsministeriums: "... am menschenleeren Ufer des Irtysch ist ein militärisches Objekt mit der Nummer... zu entrichten..." - Zwei Jahre wurden an diesem Objekt gebaut. Am 29. August 1949 erschütterte eine gewaltige Explosion die Erde. Die erste sowjetische Atombombe war erfolgreich gezündet worden. Hinter der knappen Sprache der Militärs verbarg sich der Beginn einer menschlichen und ökologischen Katastrophe. Denn in jenen Jahren lebten am "menschenleeren Ufer des Irtysch etwa dreißigtausend Menschen. In der kasachischen Steppe, 170 Kilometer von Semipalatinsk entfernt, errichteten Bausoldaten und Tausende von Gefangenen aus den Straflagern, hinter hohen Stacheldrahtzäunen verschanzt, auf einem vier Quadratkilometer großen Gebiet die "geheime Stadt" Semipalatinsk-2, die später Kurtschatow* zu Ehren seinen Namen erhielt. Unterdessen gelang es Igor Kurtschatow und seinen Kollegen im Dezember 1946 den ersten Kernreaktor in Europa in Betrieb zu nehmen. Techniken zur industriellen Anreicherung des Urans, Neutronenzünder und die Konstruktion der Atombombe wurden entwickelt. Eine Gruppe arbeitete seit 1948 an der Entwicklung der Wasserstoffbombe. Mitglied dieser Gruppe war auch der junge Andrej Sacharow, der spätere Aktivist der Friedensbewegung und Nobelpreisträger. 1949 war es dann soweit. In der "Zone", dem von der "geheimen Stadt" siebzig Kilometer entfernten Testgelände wurde auf abgeschirmtem Gelände ein stählerner Turm für die Zündung der Bombe gebaut. Am Morgen des 29. August stieg ein Feuerball auf, der alles Leben im Umkreis vernichtete. Am 12. August 1953 wurde oberirdisch die erste thermonukleare Sprengladung gezündet. Soldaten wie den einheimische Hirten und deren Familien wurde empfohlen, die Radioaktivität mit täglich hundert Gramm Wodka auszutreiben. Die letzte Serie fand 1962 statt. Unter der Bevölkerung häuften sich die Todesfälle aufgrund von Herzkrankheiten, Störungen des Verdauungssystems, Infektionen, Leukämie und anderen Krebskrankheiten. Bei Kindern wurden angeborene Debilität, Schizophrenie und Psychosen diagnostiziert. Während alle Versuche, die Misere zur Sprache zu bringen, unbarmherzig verfolgt wurden, gründete sich nach dem Amtsantritt Gorbatschows 1986 in Kasachstan 1989 die Bürgerbewegung "Nevada-Semipalatinsk". Nach einem Atomtest im Oktober 1989 durchlief eine Protestwelle das ganze Land. 1990 wurde ein Referendum über die Beendigung der Atomtests durchgeführt. Im Ergebnis unterzeichnete die kasachische Regierung einen Beschluss über das Verbot von Kernwaffentests auf dem Gebiet der Kasachischen SSR. Noch 1991 versuchte die Zentralregierung in Moskau weitere Versuche gegen die Zahlung von Entschädigungen zu erkaufen. Vergeblich, die Zeiten des militärisch-industriellen Komplexes in Kasachstan waren endgültig vorbei. - 1987 arbeite ich vier Wochen lang als Austauschredakteur bei der kasachisch-deutschen Zeitschrift "Freundschaft". Von Kollegen erfuhr ich von den "Dezemberereignissen", von denen nach Berlin natürlich kein Sterbenswörtchen gedrungen war: Es handelte sich dabei um eine Demonstration von Studenten und jungen Arbeitern auf dem Neuen platz in Almaty am 17. und 18. Dezember 1986, die sich gegen den von Moskau eingesetzten Präsidenten der Kasachischen SSR richtete. Die Proteste wurden durch Soldaten und Miliz gewaltsam beendet. Hunderte von Demonstranten wurden zum Teil schwer verletzt, etwa hundert Teilnehmer der Proteste wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt, Tausende von der Staatsanwaltschaft oder dem KGB verhört, verloren ihre Arbeit oder wurden aus gesellschaftlichen Organisationen ausgeschlossen. (In meiner Webseite www.reller-rezensionen.de habe ich in der KATEGORIE Belletristik von Muchtar Schachanow "Ein Gesang aus Kasachstan" rezensiert, in dem auch die Demonstration von 1986 eine Rolle spielt.)

 

* Igor Kurtschatow war ein russischer Physiker und Leiter des "Laboratoriums Nr. 2" des späteren Instituts für Atomenergie. Er galt als Mentor des späteren Nobelpreisträgers Andrej Sacharow.

 

 

Staatsgefüge:

Verbannungsgebiet:

 

 

 

ZitatE: Kasachstan war in jenen Jahren buchstäblich das Jenseits, ein Sammelbecken der Vergessenen. Die Reversrückseite, die Leere, die Innentasche der Sowjetunion, in die man alles steckte, was verborgen werden musste - von den Häftlingen und Deportierten der dreißiger, vierziger und fünfziger Jahre bis hin zu den hochgeheimen Betrieben und später Raketentestgeländen. (...) Eine Million Verbannter bei sechs Millionen Einheimischen in der Republik. 1935 - Finnen, die man aus der Grenzzone aussiedelte. 1936 - Polen und Deutsche aus ukrainischen Grenzregionen. Koreaner - Verbannung aus der Pazifischen Küstenregion im Herbst 1937 `zur Unterbindung japanischer Spionagetätigkeit´; die Koreaner ließ man aus irgendwelchen Gründen bei den Polen und Deutschen siedeln. Kurden und Iraner aus Transkaukasien - 1938. Die nächste Welle, es waren Polen, kam 1940 nach der polnischen Teilung. 1941 - zuerst Moldauer und Rumänen aus Bessarabien, dann Deutsche aus dem Wolgagebiet, die gesamte Republik wurde deportiert. Griechen von der Schwarzmeerküste der UdSSR, dreimal  - 1942, 1944,1949. Deportationen zur Kriegszeit - Karatschaier, Kalmücken, Tschetschenen, Inguschen, Krimtataren, Balkaren. Außerdem - Basmatschen aus Tadschikistan, genauer: diejenigen, die das Tribunal als Basmatschen gekennzeichnet hatte. Anhänger der Wlassow-Bewegung und der OUN* nach dem Krieg. Lutheraner, Baptisten, Mennoniten, islamische Bruderschaften..."

* OUN = Organisation ukranischer Nationalisten. Während des zweiten Weltkrieges und danach führten verschiedene Strömungen der OUN einen bewaffneten Kampf gegen die Sowjetmacht und ihre Truppen.

Sergej Lebedew in: Menschen im August, 2015

 

"Ich hatte damals nicht einmal eine Vermutung, dass Menschen allein für die Erwähnung des Namens Abay [Abai]*  nach Sibirien verbannt wurden, in ein Land´, wo, um einen kasachischen Ausdruck zu gebrauchen, `auf Hunden geritten wurde´. Allein für die Erwähnung..."

 

* Abai wurde 1845 als Ibrahim Qunanbajuly geboren; wegen seiner intellektuellen Fähigkeiten bekam er den Beinamen Abai – "der Kluge, der Einsichtige", unter welchem er später bekannt wurde; er starb 1904. Er gilt als Begründer der kasachischen Literatur. (In meiner Webseite www.reller-rezensionen.de habe ich von Abai "Zwanzig Gedichte" in der KATEGORIE Belletristik rezensiert.)

 

Rollan Seysenbajev in: Der Tag, als die Welt zusammenbrach, 2001

 

 

 

Hauptstadt: Die Hauptstadt Kasachstans ist Astana, 1997 mitten in der Steppe gegründet, st sie die jüngste Hauptstadt der Welt.

"Was in den letzten zwanzig Jahren in Astana passiert ist, seit Kasachstan beschloss, sich eine neue Hauptstadt zu bauen, ist enorm. Hier entsteht alles parallel: stattliche Einrichtungen, Sozialbauten, repräsentative Hochhäuser der Eisenbahngesellschaft. Und das in einem Land, dessen Nomadengeschichte nicht viele Traditionen hervorgebracht hat, auf die man sich als Architekt oder Stadtplaner berufen könnte; ein Land, das seine Weltstadt, die es sich so wünscht, aus dem Nichts erfinden muss."

Lars Weisbrod in: Die Zeit vom 20. August 2015

 

"Man baut heute schon eine Stadt für drei oder vier Millionen Menschen, die in 50 oder 100 Jahren hier wohnen könnten - obwohl Astana momentan vielleicht 800 000 Einwohner hat. (...)  Auf den ersten Blick ist Astana ein echtes postmodernes Kuddelmuddel geworden - das riesige neoklassizistische Opernhaus (drittgrößtes der Welt). Ein Luxushotel in chinesischer Pagodenform. Das monumentale Wohnhaus Triumph von Astana, stilistisch ausgelehnt an die Sieben Schwestern, die Moskauer Hochhausbauten in Stalingotik. Dazu eine pittoreske Promenade mit Blümchen und Parkbänken und mehrere Großmoscheen."

Die Zeit vom 20. August 2015

Wirtschaft:

"Im September 1932 bereiste ein hoher Funktionär der Zentralregierung die Hungergebiete in Kasachstan und verfasste einen schockierenden Bericht über das Erlebte, den Stalin und Molotow lasen. `Wir selbst wurden Zeugen, wie die hungernde Bevölkerung, die vom Hunger angeschwollenen Menschen wie Ratten und Mäuse an einem Stück Käse nagten, wie sich wegen eines kleinen Stückchen Fladenbrots sechs Kasachen, darunter zwei Frauen, grausam verprügelten, wie die vom Hunger geschwächten Menschen Abfälle aus den Spülwassergruben in der Nähe der Kantinen und die verfaulten Abfälle bei den Fischbetrieben aufsammelten und aßen. Man erzählt sich, daß hungernde Menschen verwesende Leichen von den Friedhöfen holten und aßen."

Jörg Baberowski in: Stalins Herrschaft der Gewalt, 2012

 

Verkehr:  

 

Was in Astana immer noch fehlt, ist ein vernünftiger Personennahverkehr. Es gibt Busse, aber

keine Straßenbahn,   keine U-Bahn, keine S-Bahn. Dabei ist doch nichts schlimmer, als in einer schon fertigen Stadt ein Schienennetz planen und verlegen zu müssen.

 

Sprache/Schrift:

"Und das allmähliche Verschwinden der Sprache? Noch einer der unzähligen Tragödien, über die sich die Schönredner bisher ausschweigen..." Rollan Seysenbajev in: "Der Tag, als die Welt zusammenbrach"

 

Literatursprache/Literatur:

Das Drama, den Kasachen bis dahin fremd, erblühte erst in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhhunderts "als die jüngste Blume im Garten der heimischen Literatur" (Erich Müller).

Bildung:

Gesundheitswesen:

Die Bevölkerung Kasachstans leidet noch immer unter den Folgen der nuklearen Verseuchung. Wie bei den Opfern der Katastrophe von Tschernobyl werden bis heute die Folgen heruntergespielt oder gänzlich ignoriert. Von staatlicher Seite wurden keinerlei Mittel zur Verfügung gestellt, um den Opfern zu helfen.

"Ich dachte an die Menschen aus dem Gebiet um den Aralsee, die wie Fliegen an Speiseröhrenkrebs starben, der sich mit großer Geschwindigkeit ausbreitete; dachte an das Elend des Kohle fördernden Karaganda und des Erdöl fündigen Mangyschlak, an Atrau und Baikanur, an das Kupfer und Blei von Westkasachstan - auf der Karte der einst so freuen Steppe würde man jetzt kaum einen Ort finden, wo es möglich wäre, reine Luft zu atmen, reines Wasser zu trinken und über heimatlichen Boden zu gehen, ohne befürchten zu müssen, radioaktiven Strahlen ausgesetzt zu sein oder sich eine Vergiftung, beziehungsweise eine Infektion zuzuziehen."

Rollan Seysenbajev in: Der Tag, als die Welt zusammenbrach, 2001

Klima:

Natur/Umwelt:

Der Aralsee liegt an der Grenze von Kasachstan zu Usbekistan. Er wurde über Jahrtausende hinweg von zwei großen Flüssen gespeist, dem Amudarja und dem Syrdarja. Schon als Alexander der Große das Gebiet 334 v. Chr. eroberte, hatten die beiden Flüsse eine lange Geschichte als Lebensadern Zentralasiens. Das änderte sich, als aus dem vormaligen Turkestan im Jahr 1925 die Usbekische Sowjetrepublik wurde. Damals beschloss Josef Stalin, die mittelasiatischen Sowjetrepubliken in riesige Baumwollplantagen zu verwandeln. Weil die Region für den Anbau zu trocken war, machten sich die Sowjets an eines der ehrgeizigsten Ingenieurprojekte der Weltgeschichte: Auf Tausenden von Kilometern hoben Millionen Hände Bewässerungskanäle aus, um das Wasser der Flüsse in die umgebende Wüste umzuleiten. 1987 war der Wasserspiegel des Aralsees so weit gesunken, dass er sich in zwei Gewässer teilte: einen nördlichen See in Kasachstan und einen größeren südlichen im usbekischen Karakalpakien.

 

"Der Aralsee und  das Gebiet Semipalatinsk sind neben Tschernobyl in der Ukraine und Tscheljabinsk im sibirischen Teil Rußlands die größten ökologischen Katastrophen der früheren Sowjetunion.

Igor Trutanow in: Zwischen Koran und Coca Cola, 1994

 

Pflanzen- und Tierwelt: Hier etwas über die evtl. Neuansiedlung des Kaspischen Tigers.

Behausungen:

Ernährung:

Kleidung:

"Die kasachischen Frauen haben nie den von der Scharia vorgeschriebenen Schleier getragen. Dafür wurden die Nomaden von den moslemischen Nachbarn in Usbekistan lange Zeit als Heiden angesehen."

Igor Trutanow in: Zwischen Koran und Coca Cola, 1994

 

 

 

 

 

Folklore: Die Akyne - die kasachischen Dichter und Volkssänger - gaben die Epen und Märchen durch Generationen und Jahrhunderte von Mund zu Mund weiter. Sie kamen bei jedem Anlass zum Vortrag. Die Kasachische Volkspoesie ist reich an Heldenepen, Märchen, historischen Balladen, Kalender-, Hochzeits- und Klageliedern, Sprichwörter, Reimen und Rätseln. Darüber hinaus weist die kasachische Volkspoesie Genres auf, die zahlreichen Völkern fremd sind: Wettgesang, liedhafte Mitteilung, Beileidsbezeigung, rituelle und didaktische Lieder und Sprüche. Das Drama hingegen war den Kasachen fremd. Für die kasachische Volksdichtung iist außerdem die Improvisation typisch, die mit gereimten Entgegnungen einen Wortwechsel führt, mit Monologen und Dialogen in Gedichtform die künstlerische Potenz des Volkes offenbart. So wie in der Antike die Griechen im Auge eines Rindes Sinnbild der Schönheit sahen, diente auch den Kasachen das Schafs- oder Geißauge als Maßstab des Schönen. Auch das Pferd oder die Gans wird häufig als Vergleich herangezogen.

Illustrationen zu kasachischen Volksepen und Märchen

Zeichnung von Gerhard Gossmann, aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

Feste/Bräuche: Nach altem kasachischem Brauch gehörte der Erstgeborene dem Großvater und erhielt seinen Nachnamen nach dessen Vornamen.

Religion:

 

Ereignisse nach dem Zerfall der Sowjetunion, sofern sie nicht bereits oben aufgeführt sind:

Seit 1990 ist Nursultan Äbischuly Nasarbajew der Präsident Kasachstans und der Vorsitzende der Partei Nur Otan. Nasarbajew ist seit 1962 mit Sara Nasarbajewa verheiratet und hat mit dieser drei Töchter. Nasarbajews Schwiegersohn Rachat Alijew war Geheimdienstchef des Landes, fiel aber schon bald in Ungnade. Er beging 2015 in einem Wiener Gefängnis Selbstmord.

 

"Der Zerfall der Sowjetunion am Ende des Jahres 1991 bedeutete für Kasachstan einen historischen Neuanfang. Kasachstan begann den Weg in die Zukunft in eigener Verantwortung und eigener Souveränität. Es war ein Glücksfall für das Land, dass zu diesem Zeitpunkt an der Spitze eine Persönlichkeit wie Nursultan Nasarbajew stand. Er hat mit Verantwortung und mit großer Weitsicht den Weg in die Zukunft gebahnt."

Aus dem Geleitwort von Hans-Dietrich Genscher  zu Nursultan Nasarbajew, Kasachstans Weg, 2008

 

 

 

2014 wird bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi der Kasache Denis Ten Dritter im Eiskunstlauf; er war als Neunter nach dem Kurzprogramm als einer von wenigen Läufern fehlerfrei durch sein Programm gekommen.

 

 

Denis Jurjewitsch Ten (geboren 1993 in Alma-Ata) ist ein

kasachischer Eiskunstläufer, der im Einzellauf startet; er gehört der koreanischen Minderheit in Kasachstan an, sein Ururgroßvater Min Keung-Ho war

koreanischer General. Im Alter von zehn Jahren zog Denis Ten

nach Moskau, um bei Jelena Wodoresowa (einer ehemaligen russischen Eiskunstläuferin) zu trainieren.

2006 debütierte er in Den Haag, 2008 errang er in Belarus seinen ersten Sieg, der gleichzeitig

der erste Sieg eines Kasachen bei einem Wettbewerb der internationalen Eislaufunion war. Bei seiner

ersten Weltmeisterschaft 2009 erreichte er als jüngster Teilnehmer überraschend den 8. Platz.

2010 belegte er bei seinen ersten Olympischen Spielen Platz 11, bei der darauffolgenden

Weltmeisterschaft wurde er 13. Daraufhin zog er mit seiner Mutter nach Kaliforniern um bei Frank Carrol

(einem US-amerikanischen Eiskunstlauftrainer) zu trainieren. Die Weltmeisterschaft 2011

beendete Ten auf dem 14. Platz. Bei den Weltmeisterschaften 2012 in Nizza erreichte Ten mit dem

7. Platz sein bis zu diesem Zeitpunkt bestes WM-Resultat. Der endgültige Durchbruch

gelang Ten bei der Weltmeisterschaft 2013 im kanadischen London, er gewann die Silbermedaille.

Tens erste Medaille bei einer Weltmeisterschaft war auch die erste Medaille für Kasachstan bei Weltmeisterschaften.

Bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi gewann Denis Ten die

Bronzemedaille in der Gesamtwertung. – Den Kasachen Denis Ten sollten Eiskunstlauf-Fans im Auge behalten!

 

 

2015 fand das 8. Mal das Festival der nomadischen Zivilisation "Millenia" in Astana statt.

 

 

2017 findet die Expo in Astana statt.

 

Schon bald wird es in Astana auch eine sehr große, sehr stolze Kugel geben. Sie wird auf dem Gelände der Expo 2017 stehen.

"Energie der Zukunft" wird das Motto der Weltausstellung sein. Wahlweise soll die Kugelkonstruktion den letzten Tropfen Öl, Mutter Erde oder

etwas ganz anderes symbolisieren - je nachdem wen man befragt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kontakte zur Bundesrepublik Deutschland:

 

Interessant, zu wissen..., dass die kasachische Küche undenkbar ohne Pferdefleisch ist.

Pferdefleisch ist seit grauen Vorzeiten die Lieblingsspeise der Kasachen. Um schmackhaft zu sein, dürfen die Tiere nicht gearbeitet haben und ein Alter von zwei Jahren nicht überschreiten, sonst hat das Fleisch einen unangenehmen Beigeschmack. Im Februar 2013 stellten die Kasachen einen Rekord auf: Fünfzig Menschen haben in neun Tagen eine viertausend Kilo schwere und einen Kilometer lange Pferdewurst (mit viel Knoblauch) hergestellt und – versteigert. - Pferdefleisch gilt weltweit als gesünder als Fleisch vom Rind oder Schwein - vor allem wegen seines hohen Gehalts an Eiweiß und Mineralstoffen. Trotzdem wird Fleisch vom Pferd in Deutschland immer seltener verzehrt. Einen "Freund des Menschen" möchten hier zu Lande nur die wenigsten essen. Auf höchstens hundert Gramm beziffert der Deutsche Fleischer-Verband den jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch. Selbst Ziege, Strauß und Känguru kommen öfter auf den Teller als Pferd. Vor Jahrzehnten kam Ross billig auf den Markt. Es galt als Arme-Leute-Essen. Heute kostet ein Kilogramm Braten um die zehn Euro, ein Kilogramm Steakfleisch mindestens 15 Euro. Für wie viel Tenge mag die Pferdewurst wohl in Kasachstan versteigert worden sein?  Im Internet ließ sich über den Erlös leider nichts ermitteln!

 

Heimat ist Friede.

Sprichwort der Kasachen

 

Die KASACHEN: Für Liebhaber kurzer Texte

Früher wurden die Kasachen fälschlicherweise meistens als Kirgisen oder Kirgis-Kasaken bezeichnet. Erst 1925 erhielten sie offizielle den Namen "Kasachen", der auch ihrer Selbstbezeichnung entspricht und in den Turksprachen "Freie Steppenbewohner" bedeutet. Die heute über acht Millionen Kasachen haben sich aus dem Zusammenschluss und der Vermischung altai-türkischer, mongolischer und anderer Völkerschaften Zentralasiens herausgebildet. Im 15. Jahrhundert zog eine Gruppe an den Tschu-Fluss, wo unter ihrem Sultan Quasim ein mächtiges kasachisches Reich entstand. Mitte des 16. Jahrhunderts zerbracht diese Einheit, so dass zu Beginn des 17. Jahrhunderts drei weitgehend selbständige Horden existierten. Durch Einfälle mongolischer Dsungaren wurden sie in verheerende Kriege gezogen, die bis ins 18. Jahrhundert hinein andauerten. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts versuchten immer wieder einzelne Sultane, russische Unterstützung zu erhalten. Die russische Eroberung der kasachischen Gebiete erfolgte systematisch seit 1822, bereits 1873 war das gesamte kasachische Territorium in russischer Hand. - Kasachstan liegt im Herzen des euroasiatischen Kontinents, es erstreckt sich vom Kaspischen Meer bis zum Altai und von der Transsib bis zum Tienschan, im Osten grenzt es an China. Aus der Lage dieser Region tief im Innern zweier Weltteile, Tausende Kilometer vom Weltmeer entfernt, mit einem Übermaß an Sonnenwärme und verhältnismäßig geringen Niederschlägen, erklärt sich auch die Übermacht von Steppen, Wüsten und Halbwüsten. - Das in Kasachstan und im Westen Chinas lebende kasachische Volk ist Anhänger des sunnitischen Islams; das Kasachische gehört zur kiptschakischen Gruppe der westlichen Turksprache. - Ob ein zufälliger Wanderer zu Besuch kommt oder ein gebetener Gast, die Kasachen machen sich sogleich an die Zubereitung von Konakassy, eines ausgedehnten Schmauses. Wie die Altaier bevorzugen sie Pferdefleisch, aus dem sie ihre nationalen Delikatessen zubereiten: Schushuk - Wurst aus fein gehacktem Pferdefleisch, Kasy - Wurst aus dem Rippenspeer, Kartea - gebratenes Bauchfleisch, Shaja - gekochtes Schwanzstück, Shal - geröstetes Ristfleisch. Ein Gastmahl am Dastarchan, dem auf dem Fußboden ausgebreiteten Tischtuch, ist unvergesslich - besagen nicht nur die Sprichwörter.

Diesen unveröffentlichten Text habe ich geschrieben, als ich für das

Bibliographische Institut in Leipzig von 1986 bis 1991 ein Sprichwörterbuch von fünfzig Völkern der (ehemaligen) Sowjetunion erarbeitete,

das wegen des Zerfalls der Sowjetunion nicht mehr erschienen ist.

Als Journalistin der Illustrierten FREIE WELT – die als Russistin ihre Diplomarbeit über russische Sprichwörter geschrieben hat - habe ich auf allen meinen Reportagereisen in die Sowjetunion jahrzehntelang auch Sprichwörter der dort ansässigen Völker gesammelt - von den Völkern selbst,  von einschlägigen Wissenschaftlern und Ethnographen, aus Büchern ... - bei einem vierwöchigen Aufenthalt in Moskau saß ich Tag für Tag in der Leninbibliothek. So ist von mir erschienen: 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Ich bin, wie man sieht, gut damit gefahren, es mit diesem turkmenischen Sprichwort zu halten: Hast du Verstand, folge ihm; hast du keinen, gibt`s ja noch die Sprichwörter.

Hier fünfzig kasachische Sprichwörter:

 (Unveröffentlicht)

Bei einem Armen ordnet der Jüngste an, bei einem schlechten Hausherrn - der Gast.

Den Armen beißen die Hunde, die arme Seele findet Gott.

Bij* wird man mit Hilfe seiner Brüder.

Blut lässt sich nicht mit Blut abwaschen.

Besser du fragst einen jungen Burschen, der die Welt gesehen, als eine Alten, der nur auf der faulen Haut lag.

Geh nicht zum Khan - der wählt seine Herde selbst aus; geh nicht zum Bij - der kommt von allein in dein Haus.

Wer dem Khan gefällt, der gefällt nicht dem Volk; wer dem Volk gefällt, der gefällt nicht dem Khan.

Lieber ein kluger Dieb als ein dummer Wächter.

Dem Durstigen scheint klares Wasser süß, dem Satten ist selbst Kumys kein Labsal.

Nicht der holt ein, der eilt, sondern der, dem es beschieden.

Lieber eine muntere Elster sein als ein schlechter Falke.

Wenn man einen Feigling lange genug verfolgt, wird er tapfer.

Geh nicht auf fernen Feuerschein, geh auf nahes Hundegebell zu.

Ist die Frau dumm, muss die Peitsche dick sein.

Frauen haben keinen Verstand, Frösche keinen Schwanz.

Lobe den freund nicht - vielleicht enttäuscht er dich:; beschimpfe den freund nicht - vielleicht wird er dir Gutes tun.

Viele Freunde, mit denen man ein Geheimnis teilen, nur ein Freund, der es hüten kann.

Lieber der Fuß eines Goldschmieds als der Kopf eines Kupferschmieds sein.

Zwei Füße passen nicht in einen Stiefel.

Der Gast geniert sich vor, der Hausherr nach dem Gastmahl.

Der Gefallene lacht über den Gestrauchelten.

Besser zufällig getroffen als geladen.

Will Gott den Reichen strafen, entzweit er ihn mit seinem Nachbarn; will Gott den Khan strafen, entzweit er ihn mit seinen Untertanen.

Dem Gebenden sind fünf Dinge zuviel, dem Nehmenden sechs noch zuwenig.

Missachte keine Gegend ohne Gras, verachte keinen Menschen ohne Vieh.

Der Freunde zwei, der Feinde acht.

Kommt ein glücklicher Gast, wirft das Schaf Zwillinge: erscheint ein Unglücksrabe, überfällt der Wolf die Herde.

Ein guter Gott fügt einem Haufen Wünsche wenigstens eine Prise Glück hinzu.

In der Freundschaft sei wie Honig, im Streit - wie Salz.

Willst du Gott gefällig sein - bete, willst du dem Menschen gefällig sein - sei gastfreundlich.

Ein Greis zwischen Jungen wird stumpfsinnig, ein Junger zwischen Greisen - scharfsinnig.

Tu dir selbst Gutes, hast du genug davon - tu´ Gutes deinem Freund.

Wer von allein hingefallen ist, weint nicht.

Ob der Hintern schwarz oder weiß - kommt beim Baden ans Licht.

Die List einer einzigen Frau stellt Lasten für vierzig Kamele zusammen.

Lieber heute eine rohe Lunge als morgen einen gekochten Fettschwanz.

Der Mann trägt´s wie eine Maus zusammen, die Frau vernichtet´s wie eine Gans.

Tu nicht, was der Mullah tut, sondern was er sagt.

Ein guter Mensch kommt um der Arbeit willen, eine Nichtsnutz wegen der Bewirtung.

Den Menschen erkennt man an dem, was ihn umgibt.

Einem Nahestehenden tische keine Lügen auf, einem Außenstehenden sage nicht die Wahrheit.

verbrenne vor den Nomadenzug nicht das ganze Holz, verlier vor dem Eintreffen des Feindes nicht dem Kopf.

Wenn zwei zusammenrücken wird auch für einen Dritten Platz.

Rechtsstreit und Gold schimmeln nicht.

Der Rede Zier - das Sprichwort; Zier des Kinns - der Bart.

Bist du reich, darfst du behäbig sein, bist du arm, sei behende.

Was lässt Reichtum einen nicht alles sagen! Was lässt Armut einen nicht alles ertragen!

Vom neuen Richter erwarte keine Gerechtigkeit, vom Neureichen nimm keinen Kredit.

Auch ein Riese wird von einer Mutter geboren und ein Ross - von einer Stute.

 

* Bij = Richter des Gewohnheitsrechts

 

Interlinearübersetzung aus dem Russischen von Gertraud Ettrich; gesammelt und in Sprichwortform gebracht von Gisela Reller

 

 

"Freigebig... Das sind die Kasachen alle. Arm und bloß, aber in der Freude geben

sie das Letzte her."

Herold Belger (russlanddeutscher Schriftsteller, geboren 1934) in: Das Haus des Heimatlosen, 2010

 

 

Als Reporterin der Illustrierten FREIE WELT bereiste ich

 

ESEPROBE

"Da liegt vor mir eine Sammlung `Tausend Lieder der Kasachen und Kirgisen´.

Sie sind vertont, und ihre äußerst originellen Melodien sind eine Fundgrube für angehende Mozarts, Beethovens, Chopins, Mussorgskijs und Griegs."

Maxim Gorki (1868 bis 1936) in: Durch die Union der Sowjets

 

Rezensionen und Literaturhinweise (Auswahl) zu den KASACHEN:

 

 

Rezension in meiner Webseite www.reller-rezensionen.de

 

* Edeltraud Maier-Lutz, Flußkreuzfahrten in Rußland, Unterweg auf Wolga, Don, Jenissej und Lena, Trescher-Reihe Reisen, herausgegeben von Sabine Fach und Bernd Schwen

 

Literaturhinweise (Auswahl)

 

 * Herold Belger, Das Haus des Heimatlosen, Kasachische Bibliothek, Aus dem Russischen von Kristiane Lichtenfeld, Verlag Hans Schiler, Berlin 2010.

Der große Roman über die Deportation der Wolgadeutschen und ihre Entrechtung nach dem Überfall Hitlerdeutschlands auf die UdSSR 1941. Selbst als Sechsjähriger in den Strudel der Ereignisse gerissen und mit dem Vater in einen kasachischen Aul verschlagen, vermittelt Belger dem Leser die Vorgänge auch innerhalb der Fiktion authentisch.

"Wo man nicht singt, ist kein Leben. In dieser Hinsicht gefallen mir die Kasachen. Diese grausige Armut. Kälte, Hunger, Gefallenenmeldungen treffen ein, die Kinder nackt und barfuß. Aber wenn sie zusammenkommen, singen sie. Ob weit weg von den Weideplätzen oder in der Farm. Auch die Frauen, auch die Halbwüchsigen. Reitet ein Kasache auf einem Gaul, summt er vor sich hin. Ein Frauchen schabt am Kessel und singt sich eins. Bei einem Gastmahl wird immer wieder im Wechsel gesungen. Wie sollte es anders sein? Dort singt man nicht, wo keine Hoffnung ist."

* Burchard Brentjes unter Mitarbeit von Karin Rührdanz, Mittelasien, Kunst des Islam, E. A. Seemann Verlag, Leipzig 1982.

Rund tausend Jahre, vom 9. bis zum 19. Jahrhundert, bestimmten die Glaubenslehren des Islam das Kunstschaffen im Gebiet der einstigen mittelasiatischen Sowjetrepubliken. Die prachtvollen Aufnahmen, der reiche zeichnerische Buchschmuck, Grundrisse und Querschnitte, Regionalkarten, Stadtpläne und Zeittafeln erleichtern den Zugang zu diesem Kunstbereich, während das Register, die ausführliche Bibliographie und die übersichtliche Textgestaltung dem Band zugleich den Charakter eines Nachschlagewerkes geben, das über die meisten bisher zu diesem Thema erschienenen Publikationen weit hinausführt.

 

 

* Nursultan Nasarbajew, Kasachstans Weg, Verlag Hans Schíler, Berlin 2008.

"Bildhaft gesprochen, ist es die Aufgabe eines Champions, nicht nur `Gold´ zu holen, sondern diesen ersten Platz auch zu verteidigen. Und das ist nur möglich, wenn man sich neue, immer schwierigere und ambitioniertere Ziele setzt. Genau darum geht es in meinem Buch. Darum, wie wir uns von der Vergangenheit befreit haben. Darum wie wir zu unsere Gegenwart gefunden haben. Und darum, wie schwierig dieser Weg war - der Weg des unabhängigen Kasachstan." (Nursultan Nasarbajew)

 

* Das goldene Zelt, Kasachische Volksepen und Märchen, Aufgezeichnet von Béla Balázs, Nacherzählt und herausgegeben von Erich Müller, Nachdichtung der Verse von Béla Balázs, Illustrationen von Gerhard Gossmann, Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin 1960.

Béla Balázs zeichnete die Epen und Märchen in den Jahren von 1942 bis 1945 in Kasachstan auf und nennt sie "große Kunstwerke von erstaunlicher Farbfülle, Plastizität der Gestaltung und formaler Vollendung".

 

 

 

"Mit Erschießungen und Arresten kann man unser Volk nicht in Erstaunen versetzen."

Rollan Seysenbajev in: Der Tag, als die Welt zusammenbrach, 2001

 

1. Streifenornament

 

 

 

 

Bibliographie zu Gisela Reller

 

Bücher als Autorin:

 

Länderbücher:

 

* Zwischen Weißem Meer und Baikalsee, Bei den Burjaten, Adygen und Kareliern,  Verlag Neues Leben, Berlin 1981, mit Fotos von Heinz Krüger und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Diesseits und jenseits des Polarkreises, bei den Südosseten, Karakalpaken, Tschuktschen und asiatischen Eskimos, Verlag Neues Leben, Berlin 1985, mit Fotos von Heinz Krüger und Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Von der Wolga bis zum Pazifik, bei Tuwinern, Kalmyken, Niwchen und Oroken, Verlag der Nation, Berlin 1990, 236 Seiten mit Fotos von Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

Biographie:

 

* Pater Maksimylian Kolbe, Guardian von Niepokalanów und Auschwitzhäftling Nr. 16 670, Union Verlag, Berlin 1984, 2. Auflage.

 

 

... als Herausgeberin:

 

Sprichwörterbücher:

 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Aphorismenbuch:

* 666 und sex mal Liebe, Auserlesenes, 2. Auflage, Mitteldeutscher Verlag Halle/Leipzig, 200 Seiten mit Vignetten und Illustrationen von Egbert Herfurth.

 

... als Mitautorin:

 

Kinderbücher:

 

* Warum? Weshalb? Wieso?, Ein Frage-und-Antwort-Buch für Kinder, Band 1 bis 5, Herausgegeben von Carola Hendel, reich illustriert, Verlag Junge Welt, Berlin 1981 -1989.

 

Sachbuch:

 

* Die Stunde Null, Tatsachenberichte über tapfere Menschen in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges, Hrsg. Ursula Höntsch, Verlag der Nation 1966.

 

 

... als Verantwortliche Redakteurin

 

* Leben mit der Erinnerung, Jüdische Geschichte in Prenzlauer Berg, Edition  Hentrich, Berlin 1997, mit zahlreichen Illustrationen.

 

* HANDSCHLAG, Vierteljahreszeitung für deutsche Minderheiten im Ausland, Herausgegeben vom Kuratorium zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland e. V., Berlin 1991 - 1993.

 

 

"Freunde zu kränken, das gilt bei den Kasachen als Sünde.

Herold Belger (russlanddeutscher Schriftsteller, geboren 1934) in: Das Haus des Heimatlosen, 2010

 

 

 

2. Streifenornament

 

 

 

Pressezitate (Auswahl) zu Gisela Rellers Buchveröffentlichungen:

Dieter Wende in der „Wochenpost“ Nr. 15/1985:

„Es ist schon eigenartig, wenn man in der Wüste Kysyl-Kum von einem Kamelzüchter gefragt wird: `Kennen Sie Gisela Reller?´ Es ist schwer, dieser Autorin in entlegenen sowjetischen Regionen zuvorzukommen. Diesmal nun legt sie mit ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik Berichte aus Kalmykien, Tuwa und von der Insel Sachalin vor. Liebevolle und sehr detailgetreue Berichte auch vom Schicksal kleiner Völker. Die ethnografisch erfahrene Journalistin serviert Besonderes. Ihre Erzählungen vermitteln auch Hintergründe über die Verfehlungen bei der Lösung des Nationalitätenproblems.“

B(erliner) Z(eitung) am Abend vom 24. September 1981:

"Gisela Reller, Mitarbeiterin der Illustrierten FREIE WELT, hat autonome Republiken und gebiete kleiner sowjetischer Nationalitäten bereist: die der Burjaten, Adygen und Karelier. Was sie dort ... erlebte und was Heinz Krüger fotografierte, ergíbt den informativen, soeben erschienenen Band Zwischen Weißem Meer und Baikalsee."

Sowjetliteratur (Moskau)Nr. 9/1982:

 "(...) Das ist eine lebendige, lockere Erzählung über das Gesehene und Erlebte, verflochten mit dem reichhaltigen, aber sehr geschickt und unaufdringlich dargebotenen Tatsachenmaterial. (...) Allerdings verstehe ich sehr gut, wie viel Gisela Reller vor jeder ihrer Reisen nachgelesen hat und wie viel Zeit nach der Rückkehr die Bearbeitung des gesammelten Materials erforderte. Zugleich ist es ihr aber gelungen, die Frische des ersten `Blickes´ zu bewahren und dem Leser packend das Gesehene und Erlebte mitzuteilen. (...) Es ist ziemlich lehrreich - ich verwende bewusst dieses Wort: Vieles, was wir im eigenen Lande als selbstverständlich aufnehmen, woran wir uns ja gewöhnt haben und was sich unserer Aufmerksamkeit oft entzieht, eröffnet sich für einen Ausländer, sei es auch als Reisender, der wiederholt in unserem Lande weilt, sozusagen in neuen Aspekten, in neuen Farben und besitzt einen besonderen Wert. (...) Mir gefällt ganz besonders, wie gekonnt sich die Autorin an literarischen Quellen, an die Folklore wendet, wie sie in den Text ihres Buches Gedichte russischer Klassiker und auch wenig bekannter nationaler Autoren, Zitate aus literarischen Werken, Märchen, Anekdoten, selbst Witze einfügt. Ein treffender während der Reise gehörter Witz oder Trinkspruch verleihen dem Text eine besondere Würze. (...) Doch das Wichtigste im Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee sind die Menschen, mit denen Gisela Reller auf ihren Reisen zusammenkam. Unterschiedlich im Alter und Beruf, verschieden ihrem Charakter und Bildungsgrad nach sind diese Menschen, aber über sie alle vermag die Autorin kurz und treffend mit Interesse und Sympathie zu berichten. (...)"

Neue Zeit vom 18. April 1983:

„In ihrer biographischen Skizze über den polnischen Pater Maksymilian Kolbe schreibt Gisela Reller (2. Auflage 1983) mit Sachkenntnis und Engagement über das Leben und Sterben dieses außergewöhnlichen Paters, der für den Familienvater Franciszek Gajowniczek freiwillig in den Hungerbunker von Auschwitz ging.“

Der Morgen vom 7. Februar 1984:

„`Reize lieber einen Bären als einen Mann aus den Bergen´. Durch die Sprüche des Kaukasischen Spruchbeutels weht der raue Wind des Kaukasus. Der Spruchbeutel erzählt auch von Mentalitäten, Eigensinnigkeiten und Bräuchen der Adygen, Osseten und Dagestaner. Die Achtung vor den Alten, die schwere Stellung der Frau, das lebensnotwendige Verhältnis zu den Tieren. Gisela Reller hat klug ausgewählt.“

1985 auf dem Solidaritätsbasar auf dem Berliner Alexanderplatz: Gisela Reller (vorne links) verkauft ihren „Kaukasischen Spruchbeutel“ und 1986 das extra für den Solidaritätsbasar von ihr herausgegebene Sprichwörterbuch „Dein Freund ist Dein Spiegel“.

Foto: Alfred Paszkowiak

 Neues Deutschland vom 15./16. März 1986:

"Vor allem der an Geschichte, Bräuchen, Nationalliteratur und Volkskunst interessierte Leser wird manches bisher `Ungehörte´ finden. Er erfährt, warum im Kaukasus noch heute viele Frauen ein Leben lang Schwarz tragen und was es mit dem `Ossetenbräu´ auf sich hat, weshalb noch 1978 in Nukus ein Eisenbahnzug Aufsehen erregte und dass vor Jahrhunderten um den Aralsee fruchtbares Kulturland war, dass die Tschuktschen vier Begriff für `Freundschaft´, aber kein Wort für Krieg besitzen und was ein Parteisekretär in Anadyr als notwendigen Komfort, was als entbehrlichen Luxus ansieht. Großes Lob verdient der Verlag für die großzügige Ausstattung von Diesseits und jenseits des Polarkreises.“

 

 Gisela Reller während einer ihrer über achthundert Buchlesungen

in der Zeit von 1981 bis 1991.

Berliner Zeitung vom 2./3. Januar 1988:

„Gisela Reller hat klassisch-deutsche und DDR-Literatur auf Liebeserfahrungen durchforscht und ist in ihrem Buch 666 und sex mal Liebe 666 und sex mal fündig geworden. Sexisch illustriert, hat der Mitteldeutsche Verlag Halle alles zu einem hübschen Bändchen zusammengefügt.“

Neue Berliner Illustrierte (NBI) Nr. 7/88:

„Zu dem wohl jeden bewegenden Thema finden sich auf 198 Seiten 666 und sex mal Liebe mannigfache Gedanken von Literaten, die heute unter uns leben, sowie von Persönlichkeiten, die sich vor mehreren Jahrhunderten dazu äußerten.“

Das Magazin Nr. 5/88.

"`Man gewöhnt sich daran, die Frauen in solche zu unterscheiden, die schon bewusstlos sind, und solche, die erst dazu gemacht werden müssen. Jene stehen höher und gebieten dem Gedenken. Diese sind interessanter und dienen der Lust. Dort ist die Liebe Andacht und Opfer, hier Sieg und Beute.´ Den Aphorismus von Karl Kraus entnahmen wir dem Band 666 und sex mal Liebe, herausgegeben von Gisela Reller und illustriert von Egbert Herfurth."

 

 

Schutzumschlag zum „Buch 666 und sex mal Liebe“

Zeichnung: Egbert Herfurth

 

FÜR DICH, Nr. 34/89:

 

"Dem beliebten Büchlein 666 und sex mal Liebe entnahmen wir die philosophischen und frechen Sprüche für unser Poster, das Sie auf dem Berliner Solidaritätsbasar kaufen können. Gisela Reller hat die literarischen Äußerungen zum Thema Liebe gesammelt, Egbert Herfurth hat sie trefflich illustriert."

Messe-Börsenblatt, Frühjahr 1989:

"Die Autorin – langjährige erfolgreiche Reporterin der FREIEN WELT - ist bekannt geworden durch ihre Bücher Zwischen Weißem Meer und Baikalsee und Diesseits und jenseits des Polarkreises. Diesmal schreibt die intime Kennerin der Sowjetunion in ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik über die Kalmyken, Tuwiner und die Bewohner von Sachalin, also wieder über Nationalitäten und Völkerschaften. Ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird uns in fesselnden Erlebnisberichten nahegebracht."

Im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel schrieb ich in der Ausgabe 49 vom 7. Dezember 1982 unter der Überschrift „Was für ein Gefühl, wenn Zuhörer Schlange stehen“:

„Zu den diesjährigen Tagen des sowjetischen Buches habe ich mit dem Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee mehr als zwanzig Lesungen bestritten. (…) Ich las vor einem Kreis von vier Personen (in Klosterfelde) und vor 75 Mitgliedern einer DSF-Gruppe in Finow; meine jüngsten Zuhörer waren Blumberger Schüler einer 4. Klasse, meine älteste Zuhörerin (im Schwedter Alten- und Pflegeheim) fast 80 Jahre alt. Ich las z.B. im Walzwerk Finow, im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder, im Petrolchemischen Kombinat Schwedt; vor KIM-Eiersortierern in Mehrow, vor LPG-Bauern in Hermersdorf, Obersdorf und Bollersdorf; vor zukünftigen Offizieren in Zschopau; vor Forstlehrlingen in Waldfrieden; vor Lehrlingen für Getreidewirtschaft in Kamenz, vor Schülern einer 7., 8. und 10 Klasse in Bernau, Schönow und Berlin; vor Pädagogen in Berlin, Wandlitz, Eberswalde. - Ich weiß nicht, was mir mehr Spaß gemacht hat, für eine 10. Klasse eine Geographiestunde über die Sowjetunion einmal ganz anders zu gestalten oder Lehrern zu beweisen, dass nicht einmal sie alles über die Sowjetunion wissen – was bei meiner Thematik – `Die kleinen sowjetischen Völkerschaften!´ – gar nicht schwer zu machen ist. Wer schon kennt sich aus mit Awaren und Adsharen, Ewenken und Ewenen, Oroken und Orotschen, mit Alëuten, Tabassaranern, Korjaken, Itelmenen, Kareliern… Vielleicht habe ich es leichter, Zugang zu finden als mancher Autor, der `nur´ sein Buch oder Manuskript im Reisegepäck hat. Ich nämlich schleppe zum `Anfüttern´ stets ein vollgepacktes Köfferchen mit, darin von der Tschuktschenhalbinsel ein echter Walrosselfenbein-Stoßzahn, Karelische Birke, burjatischer Halbedelstein, jakutische Rentierfellbilder, eskimoische Kettenanhänger aus Robbenfell, einen adygeischen Dolch, eine karakalpakische Tjubetejka, der Zahn eines Grauwals, den wir als FREIE WELT-Reporter mit harpuniert haben… - Schön, wenn alles das ganz aufmerksam betrachtet und behutsam befühlt wird und dadurch aufschließt für die nächste Leseprobe. Schön auch, wenn man schichtmüde Männer nach der Veranstaltung sagen hört: `Mensch, die Sowjetunion ist ja interessanter, als ich gedacht habe.´ Oder: `Die haben ja in den fünfundsechzig Jahren mit den `wilden´ Tschuktschen ein richtiges Wunder vollbracht.´ Besonders schön, wenn es gelingt, das `Sowjetische Wunder´ auch denjenigen nahezubringen, die zunächst nur aus Kollektivgeist mit ihrer Brigade mitgegangen sind. Und: Was für ein Gefühl, nach der Lesung Menschen Schlange stehen zu sehen, um sich für das einzige Bibliotheksbuch vormerken zu lassen. (Schade, wenn man Kauflustigen sagen muss, dass das Buch bereits vergriffen ist.) – Dank sei allen gesagt, die sich um das zustande kommen von Buchlesungen mühen – den Gewerkschaftsbibliothekaren der Betriebe, den Stadt- und Kreisbibliothekaren, den Buchhändlern, die oft aufgeregter sind als der Autor, in Sorge, `dass auch ja alles klappt´. – Für mich hat es `geklappt´, wenn ich Informationen und Unterhaltung gegeben habe und Anregungen für mein nächstes Buch mitnehmen konnte.“

Die Rechtschreibung der Texte wurde behutsam der letzten Rechtschreibreform angepasst.

Die KASACHEN wurden am 05.12.2015 ins Netz gestellt. Die letzte Bearbeitung erfolgte am 16.01.2016.

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Zeichnung: Karl-Heinz Döhring