Vorab!

Leider kommt im Internet bei meinem (inzwischen veralteten) FrontPage-Programm  längst nicht alles so, wie von mir in html angegeben. Farben kommen anders, als von mir geplant, Satzbreiten wollen nicht so wie von mir markiert, Bilder kommen manchmal an der falschen  Stelle, und - wenn  ich  Pech  habe  -  erscheint  statt  des  Bildes  gar  eine  Leerstelle.

Was tun? Wer kann helfen?

 

*

Wird laufend bearbeitet!

 

 

Wir sind JAKUTEN: Im kurzen Sommer schmeckt das Eis - im sonst eisigen Jakutien.

 

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

 

"Die Seele, denke ich, hat keine Nationalität."

Juri Rytchëu (tschuktschischer Schriftsteller, 1930 bis 2008) in: Im Spiegel des Vergessens, 2007

 

Wenn wir für das eine Volk eine Zuneigung oder gegen das andere eine Abneigung hegen, so beruht das, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, auf dem, was wir von dem jeweiligen Volk wissen oder zu wissen glauben. Das ist – seien wir ehrlich – oft sehr wenig, und manchmal ist dieses Wenige auch noch falsch.  

Ich habe für die Berliner Illustrierte FREIE WELT jahrelang die Sowjetunion bereist, um – am liebsten - über abwegige Themen zu berichten: über Hypnopädie und Suggestopädie, über Geschlechtsumwandlung und Seelenspionage, über Akzeleration und geschlechtsspezifisches Kinderspielzeug... Außerdem habe ich mit jeweils einem deutschen und einem Wissenschaftler aus dem weiten Sowjetland vielteilige Lehrgänge erarbeitet.* Ein sehr interessantes Arbeitsgebiet! Doch 1973, am letzten Abend meiner Reise nach Nowosibirsk – ich hatte viele Termine in Akademgorodok, der russischen Stadt der Wissenschaften – machte ich einen Abendspaziergang entlang des Ob. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich zwar wieder viele Experten kennengelernt hatte, aber mit der einheimischen Bevölkerung kaum in Kontakt gekommen war.  

Da war in einem magischen Moment an einem großen sibirischen Fluss - Angesicht in Angesicht mit einem kleinen (grauen!) Eichhörnchen - die große FREIE WELT-Völkerschafts-Serie** geboren!  

Und nun reiste ich ab 1975 jahrzehntelang zu zahlreichen Völkern des Kaukasus, war bei vielen Völkern Sibiriens, war in Mittelasien, im hohen Norden, im Fernen Osten und immer wieder auch bei den Russen. 

Nach dem Zerfall der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zog es mich – nach der wendegeschuldeten Einstellung der FREIEN WELT***, nun als Freie Reisejournalistin – weiterhin in die mir vertrauten Gefilde, bis ich eines Tages mehr über die westlichen Länder und Völker wissen wollte, die man mir als DDR-Bürgerin vorenthalten hatte.

Nach mehr als zwei Jahrzehnten ist nun mein Nachholebedarf erst einmal gedeckt, und ich habe das Bedürfnis, mich wieder meinen heißgeliebten Tschuktschen, Adygen, Niwchen, Kalmyken und Kumyken, Ewenen und Ewenken, Enzen und Nenzen... zuzuwenden.

Deshalb werde ich meiner Webseite www.reller-rezensionen.de (mit inzwischen weit mehr als fünfhundert Rezensionen), die seit 2002 im Netz ist, ab 2013 meinen journalistischen Völkerschafts-Fundus von fast einhundert Völkern an die Seite stellen – mit ausführlichen geographischen und ethnographischen Texten, mit Reportagen, Interviews, Sprichwörtern, Märchen, Gedichten, Literaturhinweisen, Zitaten aus längst gelesenen und neu erschienenen Büchern; so manches davon, teils erstmals ins Deutsche übersetzt, war bis jetzt – ebenfalls wendegeschuldet – unveröffentlicht geblieben. 

Sollten sich in meinem Material Fehler oder Ungenauigkeiten eingeschlichen haben, teilen Sie mir diese bitte am liebsten in meinem Gästebuch oder per E-Mail gisela@reller-rezensionen.de mit. Überhaupt würde ich mich über eine Resonanz meiner Nutzer freuen.

Gisela Reller 

    * Lernen Sie Rationelles Lesen" / "Lernen Sie lernen" / "Lernen Sie reden" / "Lernen Sie essen" / "Lernen Sie, nicht zu rauchen" / "Lernen Sie schlafen" / "Lernen Sie logisches Denken"...

 

  ** Im 1999 erschienenen Buch „Zwischen `Mosaik´ und `Einheit´. Zeitschriften in der DDR“ von Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis (Hrsg.), erschienen im Berliner Ch. Links Verlag, ist eine Tabelle veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Völkerschaftsserie der FREIEN WELT von neun vorgegebenen Themenkreisen an zweiter Stelle in der Gunst der Leser stand – nach „Gespräche mit Experten zu aktuellen Themen“.

(Quelle: ZA Universität Köln, Studie 6318)

 

*** Christa Wolf zur Einstellung der Illustrierten FREIE WELT in ihrem Buch "Auf dem Weg nach Tabou, Texte 1990-1994", Seite 53/54: „Aber auf keinen Fall möchte ich den Eindruck erwecken, in dieser Halbstadt werde nicht mehr gelacht. Im Gegenteil! Erzählt mir doch neulich ein Kollege aus meinem Verlag (Helmut Reller) – der natürlich wie zwei Drittel der Belegschaft längst entlassen ist –, daß nun auch seine Frau (Gisela Reller), langjährige Redakteurin einer Illustrierten (FREIE WELT) mitsamt der ganzen Redaktion gerade gekündigt sei: Die Zeitschrift werde eingestellt. Warum wir da so lachen mußten? Als im Jahr vor der `Wende´ die zuständige ZK-Abteilung sich dieser Zeitschrift entledigen wollte, weil sie, auf Berichterstattung aus der Sowjetunion spezialisiert, sich als zu anfällig erwiesen hatte, gegenüber Gorbatschows Perestroika, da hatten der Widerstand der Redaktion und die Solidarität vieler anderer Journalisten das Blatt retten können. Nun aber, da die `Presselandschaft´ der ehemaligen DDR, der `fünf neuen Bundesländer´, oder, wie der Bundesfinanzminister realitätsgerecht sagt: `des Beitrittsgebiets´, unter die vier großen westdeutschen Zeitungskonzerne aufgeteilt ist, weht ein schärferer Wind. Da wird kalkuliert und, wenn nötig, emotionslos amputiert. Wie auch die Lyrik meines Verlages (Aufbau-Verlag), auf die er sich bisher viel zugute hielt: Sie rechnet sich nicht und mußte aus dem Verlagsprogramm gestrichen werden. Mann, sage ich. Das hätte sich aber die Zensur früher nicht erlauben dürfen! – "Das hätten wir uns von der auch nicht gefallen lassen", sagt eine Verlagsmitarbeiterin.

Wo sie recht hat, hat sie recht.“

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

 

„Die Republik Jakutien ist für Touristen sehr attraktiv. Die ganze Entstehungsgeschichte der Erde, die ganze Eiszeit und die ganze Geologie lassen sich in der Region anschaulich verfolgen. Unser Naturschutzgebiet ‚Lena-Pfeiler‘ – ein einzigartiger Steinwald am Ufer des Lena-Flusses – wurde kürzlich auf die UNESCO-Liste des Welterbes gesetzt.“

Jakutiens Präsident Jegor Borissow, 2015

 

„Das Naturschutzgebiet `Lena-Pfeiler´ beherbergt vier unterkambrische Schichten, deren Alter 530 Millionen Jahre erreicht. Das Naturschutzgebiet ist wie ein Buch, das die Entwicklungsphasen der Erde illustriert. Dort wurden Mammut-, Bizonen-, Wollnashorn-Überreste gefunden. Die an der Lena entdeckte Urmensch-Siedlung enthielt die wohl ältesten Steinwerkzeuge in der Geschichte der Erde: Zuvor war man auf solche Chopper (Geröllgeräte mit scharfen Kanten) nur in Afrika gestoßen. Deswegen galt Afrika als Urheimat der Menschheit. Nun sei diese Vorstellung in Zweifel zu ziehen erklärt Arkadi Tischkow, Vizechef des Geographie-Instituts der Russischen Wissenschaftsakademie. Vor Millionen Jahren war die Klima in Sibirien viel milder. Das macht die Menschheit älter als bisher angenommen. Die Fläche des Naturschutzgebietes beträgt mehr als eine Million Hektar. Über 400 Pflanzen- sowie Dutzende seltene Tier- und Vogelarten kommen dort vor – viele davon stehen auf der Artenschutzliste. Bei einem weiteren Naturphänomen handelt es sich um so genannte Tulukane – das sind Wüstenflecke mitten in der Taiga. An Sanddünen sind manchmal südliche Pflanzen zu finden, die im kalten Jakutien völlig überraschend erscheinen. Laut Experten sind das Relikte einer so genannten Kältewüste.“                                 

Jelena Kowatschitsch bei radio / Stimme Russlands am 30.03.2012

 

Unter den kulturellen Denkmälern Jakutiens gibt es Raritäten von Weltbedeutung wie Felsen seltsamer Form, die an Pfeiler erinnern. Sie dehnen sich 40 Kilometer dem Ufer der Lena entlang. Sie werden aus diesem Grund  Pfeiler der Lena“ genannt. Sie tragen Felszeichnungen, die mit gelber Mineralfarbe angefertigt sind und Tiere und den Menschen stilisiert darstellen. Die Zeichnungen sind mehrere Jahrtausende alt.

 

Wenn Sie sich die folgenden Texte zu Gemüte geführt und Lust bekommen haben, Jakutien zu bereisen, sei Ihnen das Reisebüro ? empfohlen; denn – so lautet ein jakutisches Sprichwort -

 

Reise nicht nur, um wieder heimzukommen.

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Die JAKUTEN… (Eigenbezeichnung: Sacha = Mensch)][

Die Jakuten sind ein indigenes (autochthones) Volk in Russland. In Russland leben 41 indigene Völker mit insgesamt etwa 240 000 Menschen verstreut in 34 Regionen des Landes. Die Jakuten, auch Sacha, sind ein Turkvolk, das in der Autonomen Republik Sacha (Republik Jakutien) innerhalb der Russischen Föderation im fernöstlichen Sibirien beheimatet ist.

"Die Jakuten [sind] gewiss eines der intelligentesten und tatkräftigsten Völker Sibiriens."

Karl von Ditmar (1822 bis 1892, deutschbaltischer Naturforscher) in: Reisen und Aufenthalt in Kamtschatka, 1855

Aufgrund von archäologischen Daten ging man bisher davon aus, dass die Jakuten aus Südsibirien stammen und gemeinsame Vorfahren mit den Burjaten haben. Im März 2003 wurde vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie eine Studie veröffentlicht, in der die mitochondriale DNA (die von den Müttern an die Kinder vererbt wird) von über 100 Jakuten mit der anderer eurasischer Völker verglichen wurde. Hierbei konnte eine hohe genetische Übereinstimmung sowohl mit den Ewenken, die z. T. dasselbe Gebiet besiedeln, als auch mit den in Südsibirien lebenden turksprachigen Tuwinern nachgewiesen werden. Da etwa die Hälfte der jakutischen Frauen ewenkischer Herkunft ist, liegt die Vermutung nahe, dass eine Gruppe aus Südsibirien nach Norden gewandert ist und sich mit den dort ansässigen Ewenken vermischt hat.

Jakutische Minderheiten gibt es am Amur, auf Sachalin, in Magadan und in der Region Krasnodar.

Bevölkerung: Bei den sowjetischen Volkszählungen von  1926  und 1939 wurden die Jakuten nicht gezählt; 1959 wurden 230 000 Jakuten gezählt; 1970 gleich 98 461; 1979 gleich 107 239; 1989 gleich  282 000; 2002  gleich 443 852. 97 % der Jakuten leben in der Republik Sacha (Jakutien), die zur Russischen Föderation gehört.

Die Geburtenrate in dieser Permafrost-Region ist die höchste in Russland.

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

Die Bevölkerungsdichte ist mit 0,4 Einwohnern pro Quadratkilometer eine der geringsten der bewohnten Welt. - Nationale Minderheiten sind in Juakutien Ewenen und Ewenken. - 64,6 Prozent der Bevölkerung leben auf dem Lande, 35,4 Prozent in der Stadt (2009).

Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat die Jakuten in die Liste der bedrohten Völker aufgenommen.

Gewalt und Suff führen dazu, dass die Lebenserwartung der Männer nur erschreckende 58,4 Jahre beträgt, bei Frauen sind es ein paar Jahre mehr.

Nikolai Gotowzew aus dem Dorf Sordonach mit seinem Ur-Ur-Ur-Enkel. Nikolai Gotowjew ist 110 Jahre alt, er hat 40 Enkel und Urenkel; der älteste Enkel ist 60 Jahre alt. Nikolai Gotowzew jagt noch in der Taiga Zobel und Hermeline. In seinem Leben kämpfte er zwanzig Mal gegen Bären...

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

Fläche: Die Republik Sacha befindet sich im Nordosten der Russischen Föderation und ist Bestandteil des Föderationskreises Ferner Osten.  Mit 3 103 200 Quadratkilometern ist die Republik Sacha (Jakutien) das flächenmäßig größte Föderationssubjekt der Russischen Föderation und die größte unterstaatliche Territorialeinheit der Welt. Das Territorium Jakutiens - knapp  zehnmal so groß wie Deutschland - ist so groß wie alle Länder der Europäischen Union zusammen. Drei Zeitzonen wechseln einander auf dieser unübersehbaren Weite ab. Jakutien erstreckt sich in Sibirien beiderseits der Lena und umfasst auch die Neusibirischen Inseln im Nordpolarmeer. Im Westteil liegt das Mittelsibirische Bergland, der Südosten wird vom Aldanbergland eingenommen, der mittlere Teil wird vom Werchojansker Gebirge und der Nordosten vom Tschskijgebirge durchzogen.

"Jakutien ist ein schönes Land, und seine Einzigartigkeit und Eigentümlichkeit beeindrucken jeden, der das Land einmal bereist hat."

POEZDKA.DE, 2015

Geschichtliches: Stammesentwicklung und Herkunft der Jakuten (Sacha) sind bis heute nicht ganz aufgeklärt. Archäologische Forschungen haben ergeben, dass Jakutien bereits in der frühen Steinzeit besiedelt war. Die ersten archäologischen Denkmäler wurden am Mittellauf des Flusses Lena entdeckt. Ihr Alter ist verschieden - von 300 000 Jahren bis zu 3 Millionen Jahren. Die Vorfahren der heutigen Jakuten kamen in das Einzugsgebiet der Lena und drängten dabei die tungusischen Stämme, die dieses Territorium seit dem 13. Jahrhundert besiedeln, nach Westen und Osten von der Lena ab. Als Volk bildeten sich die Jakuten durch eine Vermischung der hier eingetroffenen Turkstämme mit den hiesigen paläoasiatischen Geschlechtern, aber ebenso mit den hierher gezogenen mongolisch sprechenden Chorinzen und den Tungusen heraus. Im Laufe ihrer Geschichte haben sich die Jakuten außerdem mit anderen, vor allem an der Lena ansässigen Völkern vermischt bzw. sich deren Lebensweise angepasst. Die ursprünglich vor allem in den Gebieten um den Baikalsee lebenden Rinder- und Pferdenomaden sind seit dem 13. Jahrhundert nachdrängenden Mongolen in mehreren Wellen die Lena entlang in den Norden Sibiriens ausgewichen. Damit einher ging der Verlust einiger entwickelter Naturtechniken wie die einer eigenen Schrift. Der größere Teil der Jakuten ließ sich zu beiden Seiten der mittleren, ein kleinerer Teil auch an der unteren Lena nieder. Im 17. Jahrhundert war die Stammesentwicklung der auf ihrer Wanderung zahlreiche andersethnische Gruppen aufnehmenden Jakuten abgeschlossen. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden die Jakuten von den Russen unterworfen, wobei ihren Stammesführern gewissen Autonomierechte eingeräumt blieben, die erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zugunsten einer direkten Kontrolle durch die zaristische Verwaltung eingeschränkt und schließlich abgeschafft wurden.

Staatsgefüge:  Nach der Oktoberrevolution von 1917 wurde im April 1922 die Jakutische ASSR [Autonome Sozialistische Sowjetrepublik] proklamiert, deren riesiges Territorium an Fläche nur von der RSFSR [Russische Sozialistische Sowjetrepublik] übertroffen wurde, zu der sie gehörte. Nach dem Zerfall der Sowjetunion erfolgte am 27. September 1990 die Souveränitätserklärung. Die Unterzeichnung des Föderationsvertrags im März 1992 brachte die Anerkennung als Republik Sacha (Jakutien).

„Das heutige Jakutien ist dynamisch, geschäftlich aktiv und ansteckend energisch.“

Radio/„Stimme Russlands“ vom 10.09.2012

Verbannungsgebiet:

Stalin wies die lokalen Behörden des Landes an, erhöhte Vorsicht all jenen gegenüber walten zu lassen, die sich als Kommunisten in der Vergangenheit gegen seine Politik gestellt hatten oder als Andersdenkende aufgetreten waren.-Am 26. Januar 1935 unterzeichnete er einen Beschluss des Politbüros, der die Verbannung von mehreren Hundert ehemaligen Anhängern Sinowjews aus Leningrad nach Nordsibirien und Jakutien anordnete.

Hauptstadt: Jakutsk. - Jakutsk hat 269 601 Einwohner (2010) und liegt am Fluss Lena. Die Stadt hat ein ähnliches Klima wie das knapp 700 Kilometer entfernte Oimjakon, der Kältepol der bewohnten Gebiete der Erde, und gilt daher als kälteste Großstadt. Die Entfernung nach Moskau beträgt knapp 4 900 Kilometer (Luftlinie) und die Zeitverschiebung sechs Stunden. Die extremen klimatischen Bedingungen bedeuten in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung. Um Trinkwasser aus Grundwasser zu gewinnen, müssen Brunnen gebohrt werden, die die hunderte Meter dicke Permafrostschicht durchbrechen. Das Wasser wird heute aber hauptsächlich der Lena entnommen. Viele Motoren laufen im Winter ununterbrochen, da sie ansonsten aufgrund der Außentemperaturen beschädigt oder am Morgen bei Temperaturen von unter −50 Grad C nicht mehr anspringen würden. Schulfrei gibt es erst unterhalb von −50 °C.

Die Lena ist ein 4 294 km langer Strom in Sibirien im asiatischen Teil Russlands. Sie mündet in die Laptewsee, ein Randmeer des Arktischen Ozeans. Die Lena gehört mit 4 400 Kilometern zu den längsten Flüssen der Erde.

Die Winter in Jakutsk sind milder geworden. Durch die globale Erwärmung wird der Permafrost jährlich ein bis zwei Zentimeter dünner. In Jakutien ist die Schicht des Permafrostbodens 300 bis 1 500 Meter dick. Gemessen daran sind ein paar Zentimeter weniger wegen der Klimaerwärmung noch nicht dramatisch. Anders auf Alaska und in Kanada…

Foto von Herbert Hensky (1969) aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

Bereits zum zweiten Mal führt „die diamantene Hauptstadt Russlands“, wie die sibirische Stadt Jakutsk, das Zentrum der Republik Jakutien, auch genannt wird, die „Begegnung mit UNESCO-Meisterwerken“ vom 10. – 16. Juli 2015 durch.

Wirtschaft: Die jakutische Gesellschaft gliederte sich einst in Adel, Freie und Sklaven. - Die Jakuten befassten sich traditionell mit der Viehzucht, wobei sie eine einmalige Erfahrung bei der Rinderhaltung unter den Bedingungen des stark kontinentalen Klimas in den nördlichen Breiten erlangten, aber ebenso mi der Pferdezucht, dem Fischfang und der Jagd. Sie entwickelten den Handel, das Schmiedehandwerk, auch das Kriegshandwerk. Die Jakuten modifizierten die Rentierzucht der Tungusen, sie schufen einen neuen tungusisch-jakutischen Typ des Gespanns. - Etwa ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts begann sich ein bedeutender Teil der Jakuten dem Ackerbau zuzuwenden. Die Jagd und der Fischfang spielten von da an eine mehr untergeordnete Rolle.

"Schon im 15. Jahrhundert hatte in Rußland der Staat das Monopol im Handel mit Walroßstoßzähnen inne. Lehnsleute, die im Staatsdienst standen, waren verpflichtet, erbeuteten `Zahn´ an den Fiskus abzuliefern, von anderen das Jagdgewerbe Betreibenden erhob man den `Zehnten´, den zehnten Teil der Beute, als Steuer. (...) In Jakutsk zahlte im 17. Jahrhundert der Saat fünfzehn, zwanzig Rubel je Pud  Wlroßzähne."

Sawwa Uspenski in: Tiere in Eis und Schnee, 1983

Die Republik Sacha (Jakutien) ist nicht nur die flächenmäßig größte, sondern auch die wirtschaftlich bedeutendste Region des Nordens der Russischen Föderation, welche ein Fünftel ganz Russlands und 30 Prozent seiner nördlichen Gebiete einnimmt. Die Hauptwirtschaftszweige der Region sind Diamanten-, Gold- und Kohleförderung. Starkes Entwicklungspotenzial haben das Transportwesen, Gas- und Ölförderung. Die Agrar- und Ernährungswirtschaft ist darauf gerichtet, die traditionelle Lebensweise der indigenen Völker der Republik zu erhalten, die Lebensmittelversorgung der Hersteller und großer Industriezenten spezialisiert sich vornehmlich auf Tierzucht (Rinder- und Pferdezucht), die etwa 75 Prozent des Bruttoprodukts des Industriezweiges ausmachen. Die Agrar- und Ernährungswirtschaft der Republik ist der größte Hersteller von landwirtschaftlichen Erzeugnissen im Föderationskreis Ferner Osten: Auf sie entfallen 23 Prozent des Gesamtvolumens der Bruttoproduktion der Region. - Der Anteil der Landwirtschaft am regionalen Bruttoprodukt der Republik beträgt 7 Prozent. Traditionelle Landwirtschaftszweige in Jakutien sind rentier-, Vieh- und Pferdezucht, sowie das Jagen und Fischen. Die Dominanz der Tierzucht bei der landwirtschaftlichen Bruttoproduktion resultiert aus der Entwicklung der Pflanzenzucht in Gebieten des risikoreichen Ackerbaus auf Permafrostböden, was sich in einem relativ niedrigen Ernteertrag niederschlägt. Andererseits basiert die breite Entwicklung der Tierzucht auf adaptierten Arten von Nutztieren, nämlich Rinder (290 000 Stück) und Hirschen (144 000 Stück). - Seit über 330 Jahren betreiben Bewohner Jakutiens ach den Ackerbau. Gegenwärtig beträgt die Gesamtfläche der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Jakutien 1 640 000 Hektar, davon ist die Hälfte Weidefläche, 30 Prozent werden für die Heuernte genutzt und 7 Prozent entfallen auf Ackerfelder (13 Prozent sind ungenutzt). Über die Hälfte der Ackerfelder entfällt auf Getreide, ein Viertel auf Tierfutter, 20 Prozent auf Kartoffeln und 4 Prozent auf Gemüseanbau. In den letzten Jahren wird der Ausbau von Futtergetreidefeldern vorangetrieben, was durch das wachsende Defizit der Futterbasis für die Tierzucht bedingt ist.  - Gegenwärtig sind 19 000 Menschen in landwirtschaftlichen Betrieben beschäftigt. Darüber hinaus gibt es über 4 000 Bauernhaushalte, 271 Gentilverfassungen und 118 000 Hauswirtschaften, die landwirtschaftliche Güter erzeugen. - Der fleischverarbeitende Betrieb MPK `SKIF´ ist der größte seiner Art in der Republik Sacha (Jakutien). In seinen mit modernen Anlagen ausgestatteten Werkhallen werden täglich bis zu 40 Tonnen Erzeugnisse hergestellt, die sich einer riesigen Nachfrage sowohl in Jakutien als auch in anderen Regionen des Fernen Ostens erfreuen. Das Sortiment von MPK `SKIF´ beinhaltet über 300 Wurstwarenartikel, Fertiggerichte und Fleischdelikatessen, dauch den Geschmack des anspruchvollsten Gourmets zu überzeugen wissen. In den Markengeschäften "SKIF2 werden bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Serviceverfahren umgesetzt, die auch persönlicher und globaler Praxis fußen und auf Serviceoptimierung und Nachfragesteigerung abzielen. Daher herrscht in den Filialen immer eine Atmosphäre von Freundlichkeit und Wohlwollen. - Die Nationale Aktionärsgesellschaft der Rentierzüchter NAOK "Taba2 wurde 1993 auf Erlass des Präsidenten der Republik Sacha (Jakutien)  gegründet und fungiert als bevollmächtigte Vertreterin des Ministeriums für Landwirtschaft im Bereich der somestizierten Rentierzucht in der Republik. Sie beschäftigt ich mit Rentierzuchtbetrieben, dem Bau von Korralen, Flechtzäunen sowie Nomadenbehausungen. Das Unternehmen wurde beauftragt, Bastgeweihe von Rentieren und andere endokrine Rohstoffe bereitzustellen und zu exportieren. Badezusätze und eine Linie von Gesichtscremes für die Frau auf der Basis von Bastgeweihen des Rentiers sind die ersten Produkte, die unter der Handelsmarke "Tabapan" hergestellt und vertrieben werden.

 

 

 

Ein sehr großer Teil der natürlichen Ressourcen Sibiriens, u. a. reiche Braunkohlevorkommen, liegen in dem von nur 1,1 Millionen Menschen bewohnten Gebiet. - Russland plant, in Jakutien 15 industrielle Großprojekte in den indigenen Territorien anzusiedeln.

Heute sind auch schon Frauen - allerdings selten - Rentierzüchter.

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

 

Die Preise für Lebensmittel sind wegen des langen Transports um ein Drittel höher als im europäischen Teil Russlands, obwohl die russische Regierung zwei Drittel der Transportkosten trägt.

 

Verkehr:  Weite Gebiete Jakutiens sind verkehrsmäßig nicht erschlossen und nur durch den Luftverkehr erreichbar.

Die Drehscheibe im Flugverkehr wird auf absehbare Zeit Jakutsk bleiben.

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

Wichtigster Schifffahrtsweg ist die Lena. Südjakutien wird von der Transsibirischen Eisenbahn und der Baikal-Amur-Magistrale (BAM) durchquert, eine Stichbahn ("Kleine BAM") führt nach Nerjungri.

Von der Republikshauptstadt Jakutsk ist Nerjungri rund 740 Kilometer entfernt. Die Stadt wurde 1975 im Zuge der Erschließung einer nahe gelegenen Steinkohlenlagerstätte gegründet. Namengebend für die Stadt ist der kleine Fluss Nerjungri, dessen Name aus der ewenkischen Sprache stammt und so viel wie „äschenreich“ bedeutet.

Sprache/Schrift: Das Jakutische gehört zur uigurischen Gruppe der östlichen Turksprachen. Bei der letzten sowjetischen Volkszählung 1989 gaben 95 Prozent der Jakuten Jakutisch als ihre Muttersprache an. Die jakutische Sprache nimmt innerhalb der Gruppe der Turksprachen eine Sonderstellung ein, da sie auf der einen Seite viele Merkmale des Alttürkischen und auf der anderen Seite der benachbarten, aber nicht verwandten mongolischen und tungusischen Sprachen aufweist. - Das Jakutische weist nur wenige Fremdwörter aus dem Russischen auf – meist sind es Begriffe der Technik. Jakutisch ist eine wichtige Verkehrssprache im sibirischen Raum. - Amtssprachen sind Jakutisch und Russisch.

"Die jakutische Sprache  nimmt u .a. durch isolierte Lautentwicklung eine Sonderstellung innerhalb der Turksprachen ein. Der Wortschatz enthält zahlreiches aus dem Mongolischen entlehntes Wortgut, aber auch zahlreiche Elemente von ungeklärter Herkunft. Insbesondere unterscheidet sie sich jedoch von den meisten Turksprachen Eurasiens dadurch, dass sie keinerlei muslimische Einflüsse aufweist."

Lanwich.com (Lexikon)

Eine wirkliche Schriftsprache im heutigen Sinne ist das Jakutische seit 1819, als russische Missionare eine angepasste kyrillische Schrift einführten. Ab 1917 wurde Jakutisch in einer eigens entwickelten Lautschrift geschrieben, die 1929 dem einheitlichen türkischen Alphabet wich. 1938 wurde das heutige modifizierte kyrillische Alphabet eingeführt.

Was die jakutische Schriftsprache anbelangt, so werden "legale Dokumente sowohl auf Russisch als auch auf Jakutisch verfasst. Es gibt gleichermaßen mono- wie bilinguale Bildungseinrichtungen. Die entsprechende Wahl ist ausschließlich von individuellen Beweggründen abhängig. Gegenwärtig werden jedoch wieder vermehrt jakutischsprachige Bildungseinrichtungen nachgefragt".

Rerum Russiae Commentarii vom 01.04.2015

Literatursprache/Literatur:

Die Jakuten verfügen über eine mündlich überlieferte Volksliteratur mit interessanten Epen.

Das Jakutische ist seit 1905 Literatursprache.

"Die Mutter" von Maxim Gorki wurde in 61 Sprachen übersetzt, darunter auch in die der Jakuten, die bis zur Revolution keine einheitliche Schriftsprache hatten.

Bei minus 48 Grad minus ist kindergartenfrei, ab 55 Grad schulfrei.

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

Schülerin einer ersten Klasse in Jakutsk.

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

Kultur/Kunst: Ein althergebrachter Zweig der dekorativen jakutischen Volkskunst ist die Schnitzerei aus dem Mammutzahn.

Schnitzerei aus Mammutzahn: ein Rentiergespann.

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

Bei Ausgrabungen werden noch heute Gegenstände der Mammut-Beinschnitzerei des Altertums gefunden und noch immer werden große Mengen von Mammutstoßzähnen im gefrorenen Boden, an Flüssen und Seen, sowie an der Küste und auf den Inseln des nördlichen Eismeeres auf sogenannten Mammutfriedhöfen geborgen. Die Mammutzähne werden von den Künstlern ausschließlich von Hand mit einfachen Messern bearbeitet. Früher wurden vorrangig kleinere Gebrauchsgegenstände wie Kästchen, Uhrengehäuse, kleine Vasen, Pulverhörner, Schachbretter und Schachfiguren geschnitzt, heute schnitzen die Künstler zur Dekoration die Landschaft und Tierwelt des Nordens, immer mehr auch Porträts.

Bildung:

Kultur/Kunst: Eine der kulturellen Sehenswürdigkeiten von Jakutsk ist das 1990 eröffnete Museum für Musik und Folklore der Völker der Republik Sacha. Es befindet sich im Gebäude der russisch-asiatischen Bank, die im späten 19. Jahrhundert gebaut wurde. Das Museum verfügt über eine einzigartige Sammlung von Musikinstrumenten und Ritualzubehör der indigenen Republik.

Künstlerinnen mit dem nationalen jakutischen Musikinstrument Chomus.

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

Gesundheitswesen:

Klima: Eine Sage erzählt, dass Gott, als er die Erde erschuf, einen Engel mit einem Sack voller Reichtümer über Sibirien geschickt hat. Als dieser Jakutien überflog, wurden ihm vor Kälte die Finger steif, und er ließ alles fallen. Die ganzen Reichtümer, Gold, Silber und Platin fielen auf die Erde. Aus Zorn über seinen Verlust strafte Gott diese Region mit ewigem Winter. - Die Besonderheiten des Reliefs Jakutiens haben einen starken Einfluss auf das Klima, die Permafrostböden, die Erdedie Vegetation, die Fauna die Bodenschätze, die Heufelder und die Weideflächen, sowie die Art der wirtschaftlichen Tätigkeiten der Jakuten. Das Klima ist extrem kontinental, die Winter (von Oktober bis April) sind außerordentlich kalt. Nahezu die Hälfte des jakutischen Territoriums liegt hinter dem Polarkreis. Das ist die kälteste aller besiedelten Regionen der Welt. Der dortigen Ortschaft Oimjakon gehört der Kälte-Weltrekord: 71,2 Grad unter Null. Im Sommer erreicht die Hitze nahezu 40 Grad. Das jährliche Temperaturgefälle beträgt also mehr als 100 Grad. - Es gibt Besonderheiten bei der Dauer der Tageshelligkeit. Im Winter wird der kurze Tag in ganz Jakutien von der niedrig stehenden Sonne bedingt, und nördlich des Polarkreises setzen Polarnächte ein: Die Sonne scheint diese Orte zu vergessen, Finsternis und Halbdunkel herrschen über mehrere Monate. An machen klaren Nächten erleuchtet der Himmel in grellem Nordlicht. Im Sommer überwiegen dank der relativ hoch stehenden Sonne und der klaren trockenen Luft sonnige Tage. Es beginnt die Zeit der weißen Nächte: Die Tageshelligkeit erreicht zwanzig Stunden auf dem Brteitengrad von Jakutsk, und nördlich der Hauptstadt ist es rund um die Uhr hell. Der wärmste Sommermonat ist der Juli. In den Küstenregionen und auf den Inseln ssind im Juli und August die Temperaturen ähnlich. Von Mai bis August gibt es die höchsten Temperaturen in Zentraljakutien. Die mittlere Julitemperatur in zentralen, südwestlichen und südlichen Gebieten Jakutiens, in vergleichsweise flachen, niedrigen Regionen beträgt 17-19 Grad.

Bei minus 48 Grad minus ist kindergartenfrei, ab 55 Grad schulfrei.

Natur/Umwelt: Jakutien ist ein Land voller Naturkontraste. Von einem Flugzeug aus sieht man im Sommer eine beeindruckende Kombination von Grün und Blau: Rund eine Million Flüsse und Seen liegen in der Taiga verstreut – das bedeutet rund ein Gewässer bzw. einen Wasserlauf pro Kopf. Das Wasser ist absolut klar und sauber. Es würde viel Zeit in Anspruch nehmen, alle dort vorkommenden Fischarten zu zählen – und sie sind unvergleichbar lecker. Georgi Gawriljew, Geschäftsführer des Reisebüros Yakutia, sagt, seine Heimatregion sei ein richtiges Touristenparadies. - Das alte Volk der Jakuten hat sich der Umwelt gegenüber sehr behutsam verhalten. Die Bräuche der Jakuten sind sehr umweltfreundlich. Es galt als unmöglich, etwas am natürlichen Antlitz der Natur zu verändern. Deshalb gab es dort vor dem Eintreffen der Russen fast kein Ablassen von Seen, keine Abholzung des Waldes und keine Trockenlegung von Sümpfen, um Nutzflächen zu gewinnen. Noch heute ist Jakutien reich an Wasserressourcen, wie Flüssen, Seen und unterirdischen Wasservorkommen. Die wichtigste Wasserarterie der Republik ist die Lena, einer der längsten Flüsse der Welt. Ihre wichtigsten Nebenflüsse sind Wiljui, Aldan und Oljokma, welche von ihrer Länge her mit den wichtigsten Flüssen Europas vergleichbar sind. 65 Prozent der Republikfläche befinden ich im Einzugsgebiet des Arktischen Ozeans. Insgesamt gibt es in Jakutien über 7 000 Flüsse, deren Gesamtlänge über 1,5 Kilometer beträgt. Und Jakutien hat über 7 000 Seen. Sie sind überwieend seicht und sind meist Thermokarst-Ursprungs. Einige Seen der republik sind einzigartig und werden von den Umweltschutzbehörden streng bewacht. Die Gesamtfläche der Wasserressourcen (nur Oberflächenabfluss) beträgt 844 Quadratkilometer, von denen 517 Quadratkilometer sich innerhalb der Republik formieren. In der Republik Sacha befindet sich auch der Wiljui-Stausee, der größte seiner Art im Fernen Osten. sein Volumen beträgt im Sommer 36 Milliarden Kubikmeter.

Pflanzen- und Tierwelt: Jakutien ist eine der wenigen Regionen der Erde, wo die ursprüngliche Reinheit der Natur und eine einmalige Vielfalt der Flora und Fauna erhalten geblieben sind. Die nördliche Tundra ist bedeckt mit Moos und Rentierflechte, hier wachsen Zwergbirken, die ganz bequem Platz auf einer Handfläche finden. In der Taiga wachsen Kiefern, Fichten, Lärchen, Zedern, Birken und Espen; Jakutien wird zu 40 % von Lärchentaiga eingenommen, außerdem von Flechten- und Strauchtundra (im Norden) sowie von Gebirgstundra. Die Blumen des Nordens zeichnen sich durch ihre hellen, satten Farben aus, und die Beeren haben einen besonders vollen Geschmack. Die Lieblingsblume der Bewohner Jakutiens ist die Dahurische Lilie, hier wird sie Sardaana genannt. Nur in Jakutien gedeiht der Rosenwurz, eine seltene Art des Vogelknöterichs, die Hornmelde und andere seltene Pflanzen.

"Vor über zehntausend Jahren könnte die arktische Tundra anders ausgesehen haben als bisher gedacht. Bisons und Mammuts fraßen sich den Winterspeck nicht nur mit Gräsern an, sondern nutzten auch proteinhaltige Kräuter. Das schließen dänische Forscher aus einer genetischen Bestandsaufnahme der Eiszeit-Flora. Diese zeige ein ganz anderes Bild der prähistorischen Tundra, berichtet Eske Willerslev von der Universität Kopenhagen in `Nature´. Das Gebiet sei nicht von Gräsern dominiert gewesen, sondern von krautigen Pflanzen!"

"Berliner Morgenpost" vom 6.2.2014

Die Tierwelt Jakutiens formierte sich während der extremen Veränderungen des Klimas im Paläogen. Aus dieser Zeit stammen typische Vertreter der Steppenfauna, später entstanden moderne Tierarten, sie sich an das raue jakutische Klima angepasst hatten. Diese Anpassung beinhaltete saisonale Wanderung, Speicherung von Unterhautfett, Ansammlung von Wintervorräten, dicke, flauschige Felle und Daunen., Erd- und Schneehöhlenbau sowie den Winterschlaf. Die Landwirbeltiere in Jakutien sind durch vier Arten von Amphibien, zwei Arten von Reptilien, 291 Vogelarten und 63 Säugetierarten vertreten. Von den 50 Fischarten sind 38 Süßwasser- und 12 Meeresfische. In den Küstengewässern sind 240 Arten Wirbellose und etwa 150 Arten Plankton bekannt. Die am meisten verbreiteten Fische sind Vierhörniger Seeskorpion, Polarscholle, ostsibirischer Dorsch, ostsibirischer Hering und selten wird der Polarhai angetroffen. In der küstennahen Salzwasserzone leben Halbwanderfische wie Weißlachs, Muksun, Omul und Kleine Maräne. Die Anzahl der Meeressäuger wird vom Polrbären in Balance gehalten. Manchmal schwimmen Grönlandwale die Küsten Jakutiens an. Im Sommer bilden Lummen, Möwen und Seeschwalben Vogelkolonien auf felsigen Küsten. Auf den Neusibirischen, Medwschji und anderen Inselgruppen nistet eine riesige Zahl Wasservögel. Die vielen Flüsse und Seen sind Lebensräume von Omul , Maräne, Muksun, Weißlachs, Stör, Huchen und Karausche. Die Fischartenzahl in Einzugsgebieten von Flüssen ist vielfältig: 34 in der Lena, 32 in der Jana, 31 in der Kolyma, 30 in der Indigirka, 28 im Olenjok und 22 im Anabar. - Die Tierwelt im Flachland Jakutiens verteilt sich in der Breite. Typische Tiere der Tundren und Waldtundren sind Lemminge, Polarfüchse, Tundra-Rentiere, große Polarwölfe, Tundra-Rebhühnr und Schnee-Eulen. Die Tundra ist das Hauptnistgebiet vieler Wasservögel, darunter seltener Arten wie der Rosenmöwe und des Schneekranichs. Von den seltenen, vom Aussterben bedrohten Landwirbeltieren in der Roten Liste der Russischen Föderation haben 15 Vogelarten und vier Säugetierarten ihren Lebensraum auf dem Gebiet der Republik Sacha (Jakutien).

 -2013 hat Jakutien wegen einer Wolfsplage den Ausnahmezustand ausgerufen. Mehr als 16 000 Rentiere und etwa 300 Pferde sind  im vergangenen Jahr von Wölfen gerissen worden, heißt es aus der Präsidentenverwaltung in Jakutien. Den Züchtern sei damit ein Schaden von etwa 150 Millionen Rubel entstanden, das sind umgerechnet etwa vier Millionen Euro. Die Regierung Jakutiens zahlt Jägern inzwischen pro Wolfspelz umgerechnet 500 Euro, in Zukunft sollen es sogar 750 Euro sein. In den nächsten drei Monaten sollen die Wölfe in großem stil gejagt und getötet werden – mit teuren Hubschraubereinsätzen und 140 speziell ausgerüsteten Jägertrupps. Die Jagdsaison wird auf ein Jahr ausgeweitet, wobei am Ende von den jetzigen, vom Landwirtschaftsministerium gezählten 3 500 Wölfen 500 Tiere überleben sollen.

Zitat: "Mittlerweile ist es in Russland [und somit auch in Jakutien] verboten, Wölfe  durch Fangeisen und Drahtschlingen zu fangen, auch durch starke chemische Gifte versetzte Köder dürfen nicht mehr eingesetzt werden. Der Präsident der Republik Sacha [Jakutien] Jegor Borissow will nun solche Methoden wieder anwenden lassen und bei der Zentralregierung in Moskau die Erlaubnis dafür erwirken. Es herrsche ja schließlich Ausnahmezustand in Jakutien. Auch sogenannte Präparatoren sind nun wieder gefragt, ein fast schon vergessenes Handwerk. Zur Abschreckung bereiten sie Wölfe als Attrappen auf. - In Großbritannien haben derweil Tierschützer eine Petition gegen die Wolfsjagd in Jakutien online geschaltet. 943 Namen finden sich bislang darin.“

Schorndorfer Nachrichten vom 04.02.2013

Die Jakuten halten Pferde nicht zum Arbeiten, sondern - zum Essen.

„Gekochtes und rohes gefrorenes Pferdefleisch wird in tief gefrorenem Zustand in hauchdünne Scheiben geschnitten und noch in gefrorenem Zustand in Salz und Pfeffer getunkt, das Fleisch zergeht dann auf der Zunge. Ausgezeichnet, sehr schmackhaft, ökologisch erstklassig! Es stammt von jakutischen Pferden, sie sich völlig autonom in den Wäldern und auf den Wiesen von Flechten unter dem Schnee ernähren.“

Abenteuer Osten (Internet) , Mainz

 

 

"An einem frühen Morgen weckten mich ungewöhnliche Laute zart und zugleich kraftvoll, triumphierend und erregend zugleich, als entströmten sie einer wundersamen Flöte. Man konnte nicht einmal ohne weiteres feststellen, woher, von welcher Seite sie kamen - von fern oder aus der Nähe, von der Erde oder vom Himmel. (...) Sie waren es, die mich mit ihren Spuren so lange nicht zur Ruhe kommen ließen - die Schneekraniche, von den Jakuten kytalyk genannt. Nicht umsonst gilt dieser Vogel hier als Sinnbild von Schönheit und Eleganz, sind ihm so viele Sagen, Lieder und Verse gewidmet, sind in Jakutien so viele Flüsse, Seen und Örtlichkeiten nach ihm benannt."

Sawwa Uspenski, Tiere in Eis und Schnee, 1983

Behausungen: Die Integration der Jakuten in den Bestand des Russischen Staates in den 20er bis 30er Jahren des 17. Jahrhunderts beschleunigte ihre sozialwirtschaftliche und kulturelle Entwicklung. - Im Sommer wohnte man in einer gut auf- und abzubauenden „Urasa". Sie ähnelt dem „Tschum" der Nenzen. Diese Behausung bestand aus im Kreis vertikal in die Erde gerammter Pfeiler, die den Innenraum begrenzten, weshalb sie mit Schnitzereien verziert wurden. Von der Außenseite her wurde darüber eine kegelartige Konstruktion aus langen Stangen aufgestellt, die an der Spitze zusammengebunden wurden, so dass ein Kegeldach mit einer Öffnung in der Mitte entstand, die als Rauchabzug über der Feuerstelle diente. Diese Konstruktion wurde mit Baumrinde abgedeckt. Im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts hörte man auf, eine solche „Urasa" als Wohnstätte zu nutzen. Im Winter wohnten die Jakuten in einem aus Baumstämmen erbauten „Balagan". -

Balagan - Ende des 19. Jahrhunderts: Modell eines Winterhauses, aus Baumstämmen, mit Lehm beworfen; Wohnraum und Stallung für Rinder unter einem Dach, Kaminfeuerung mit Schornstein.

Foto von Wolfgag Gregor aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

 

Heutzutage werden die meisten Häuser auf Betonstelzen gebaut, damit sie den darunterliegenden Permafrostboden nicht durch Auftauung destabilisieren.

 

Ernährung: Die Jakuten lebten von der Jagd und vom Fischfang, in geringem Umfang hielten sie Milchkühe und Stuten, um Milch für ihre Kinder zu haben. Bei ihnen herrschte der Brauch „kyj". Er bestand darin, dass man nur eine bestimmte Anzahl an Haustieren hielt. Überstieg zum Beispiel die Anzahl der Pferde eine gewisse Grenze, wurden die überflüssigen zu den wilden Pferdeherden auf die Wiesen an den Oberläufen von kleinen Flüssen getrieben. Mehr Fische zu fangen und mehr Wild zu erlegen, als zur Ernährung notwendig waren, wurde hart bestraft. Wurde zufällig ein ungenießbarer Fisch gefangen oder ungenießbares Wild erlegt, zwang man den Schuldigen, es zu verzehren, weil man sonst von den Opfern verdammt werden würde. Man nannte das „buu". Ein „buu" durch Insekten, Echsen, durch alle Vögel, Hunde, Füchse und Wölfe galt als besonders gefährlich. Im Grunde genommen war das Verbot, „Ungenießbare" zu erlegen, die wohl früheste Art eines Rotbuches - etwas Zuverlässigeres hätte man sich gar nicht ausdenken können.

Der russische Schriftsteller  Vladimir Sorokin (geboren 1955) in: Der himmelblaue Speck, 2000:  "1. Das Lieblings-Essen der Jakuten ist Rentierfleisch in Rabensaft (Man presst den Saft aus einem mittelgroßen lebenden Raben, dann legt man ein Stück Rentierlende darin ein, gibt ein wenig Meersalz mit Rentiermoos hinzu und schmort das alles in einem Kessel bis zum plus-direkt.) - 2. Die Lieblingsstellung der Jakuten ist Sex auf allen vieren. - 3. Ihr Lieblings-Sensor ist `Der Traum der roten Kammer´ (?). - 4. Ihr Lieblingswitz (so alt wie der ewige Bodenfrost) geht so: Eine Toiletteneinrichtung in Jakutien besteht aus zwei Stöcken; einer, um sich die gefrorene xxx vom Hintern zu kratzen, und der zweite, um sich die Wölfe vom Hals zu halten."

Kleidung: Ihre Bekleidung nähten die Jakuten einst aus Tierhäuten und Fellen.

Festtracht einer wohlhabenden Jakutin: Der Mantel ist aus wertvollem Tuch gearbeitet, Saum Verschlussteil und Ärmelöffnungen sind rot abgesetzt, dazu gehören passende Fausthandschuhe. Der Pelzbesatz besteht aus Eichhörnchen-Schwänzen. Zur Tracht gehört festlicher Silberschmuck: eine schwere Halskette mit Gehänge, ein Halsreif, Handgelenkmanschetten, Zopfgehänge.

Foto von Wolfgag Gregor aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

Folklore:

 

Feste/Bräuche: In Jakutien, dem Land des Dauerfrostbodens, wurde der Geist des Feuers besonders verehrt. Es gab den allgemeinen Brauch, den Geist des Feuers bei festlichen Anlässem oder auch einfach beim Entfachen eines Feuers in der freien Natur zu bewirten. Bei den Jakuten galt Chatan Temierije als der Geist und der Herr des Feuers. Diese wichtigste Gottheit stellte man sich als gesprächigen, unermüdlichen und ewig hüpfenden alten Mann vor. Ehe man sich zu Tisch setzte, bewirtete man ihn mit Fleisch- und Speckstückchen, auch mit Brei, indem man das alles in die Flammen warf. Auch vor dem Genuss von alkoholischen Getränken wurde zuerst der Geist des Feuers bewirtet. In Jakutien gibt es zwei Neujahrfeste – eines davon im Sommer, am Tag der Sonnenwende. 2011 wurde ein Rekord aufgestellt, der ins Guinnessbuch einging: Am 22. Juni tanzten 15 293 Menschen beim „Lebenskreis“-Fest im Reigen. Viele von ihnen waren Touristen. Das winterliche Neujahrfest ist nicht weniger beeindruckend. Bei Jakutsk liegt beispielsweise das „Permafrost-Reich“, eine gigantische Höhle mit vielen Eis-Sälen, wo Möbelstücke und Skulpturen ebenfalls aus Eis sind. Die Touristen bekommen Rengeweih-Wodka in Eis-Gläsern eingeschenkt und Renfleisch auf Eis-Tellern aufgetischt. Zum Neujahr hat der Tschys-Chan, der Herr der Kälte aus jakutischen Mythen, dort seine Residenz. Die vom regionalen Tourismus-Ministerium initiierte „Jakutische Brillantwoche“ ist das jüngste Projekt aus dieser Reihe. Auf dem Besuchsprogramm steht unter anderem das Vorkommen Mirny, das rund ein Viertel der weltweiten Diamanten-Gewinnung ausmacht. Höhepunkt ist der so genannte Brillanten-Ball.

Religion: Die Jakuten sind orthodoxe Christen und schamanische Animisten. - In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war ein großer Teil der Jakuten zum Christentum übergetreten, aber auch der Schamanismus blieb bis heute erhalten. Im Leben der Jakuten spielte die Religion stets eine führende Rolle, sie  betrachteten sich als Kinder des guten Geistes, die selbst Geister werden konnten. Zu den schamanisch-religiösen Praktiken gehören die musiktherapeutischen Praktiken traditioneller Heiler, bei denen die Maultrommel (Chomus) gespielt wird oder von Schamanentrommeln begleitete Geisteranrufungsgesänge. Es gab "weiße Schamanen", die Opferungen ausführten und Gebetsspezialisten waren, aber keine Seelenreise unternahmen und keinen Kontakt zu Geistern hatten und im Gegensatz zum eigentlichen Geisterbeschwörer nicht in Ekstase verfielen.

Ereignisse nach dem Zerfall der Sowjetunion, sofern sie nicht bereits oben aufgeführt sind:

"Nicht nachhaltige industrielle Entwicklung schadet den indigenen Völkern in Russland noch mehr als der Klimawandel. Schon ab den 1990ern gab es Konflikte, doch seit 2008 eskaliert die Situation. Damals überarbeitete die russische Regierung die Gesetzgebung zum Jagen und Fischen; für Firmen ist es seitdem einfacher, auf indigenen Territorien Rohstoffe zu fördern. Seit 2014 sehe ich einen wachsenden Druck auf die indigenen Völker, auch durch Polizei und Strafverfolgungsbehörden."

Dmitri Bereschkow, ehemaliger Mitarbeiter von Russlands Verband Indigener Völker, lebt als Asylant in Norwegen in: Frankfurter Rundschau vom 21. 01.2016

2012 fand ein internationales Festival unter der Schirmherrschaft der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, der UNESCO, statt. Die UNESCO-Meisterwerke sind Überlieferungen mündlichen und immateriellen Kulturerbes. Die Liste wurde nach dem Vorbild der UNESCO-Liste der Weltnatur- und Kulturerbestätten eingerichtet und umfasst mehr als 230 Objekte aus 90 Ländern. Dazu gehören zum Beispiel Volksbrauchtümer, Berufstraditionen, Folkloreobjekte, alte Musikinstrumente, seltene ethnische Gruppen oder Zubereitungsarten von Gerichten. Russland ist zwei Mal vertreten, Jakutien gehört ebenfalls dazu. Genauer gesagt das  antike jakutische Epos Oloncho, welches nicht selten mit Homers Odyssee verglichen wird.

2014 trafen sich 18 Liebespaare in Jakutsk, der kältesten Stadt Russlands, anlässlich des Valentinstages zu einem Kuss-Marathon im Freien bei 29 Grad unter Null auf einer tief verschneiten Straße des Stadtzentrums. Die Sieger des Kuss-Wettbewerbs drückten ihre Lippen fast eineinhalb Stunden aufeinander.

2014 betrug die Arbeitslosigkeit in der Republik Sacha (Jakutien) im Jahresdurchschnitt 7,4 Prozent, arbeitslos waren im Jahresdurchschnitt 37 300 Menschen.

Kontakte zur Bundesrepublik Deutschland: Montblanc – ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Hamburg begann 1906 mit der Produktion von Füllfederhaltern; seit 1988 gehört Montblanc zum Schweizer Luxusgüterkonzern Richemont. Bis heute (2015) sind Füller neben Uhren, Schmuck und Lederwaren das Kerngeschäft des Unternehmens. Das schwarz-goldene Füller-Standardmodell „Meisterstück 149“ kostet 750 Euro. Was das alles mit Jakutien zu tun hat? Scheichs, Oligarchen und sonstigen Großgeldbesitzern erfüllt man bei Montblanc gern auch Sonderwünsche - zum Beispiel einen Füller-Korpus aus Mammuthorn, gefunden auf dem Territorium Jakutiens! Ein solches super-rares Schreibgerät kostet ab 250 000 Euro, die Wartezeit beträgt ein bis zwei Jahre. Da müsste sich ein jakutisches Mammut doch geradezu im Grab umdrehen…

 

Interessant, zu wissen..., dass sich der Kältepol aller bewohnten Gebiete der Erde in Jakutien befindet.

Als „Kältepol der Erde“ gilt das Hochland von Oimjakon in der sibirischen Republik Sacha (Jakutien). Das Dorf Oimjakon - mit 518 Einwohnern - gilt als der kälteste besiedelte Ort der Erde - 1933 wurden hier minus 67,8 Grad Celsius gemessen. Dem Rekord von minus 71,2 Grad Celsius aus dem Jahr 1926 wurde sogar ein "Kälte-Denkmal" gesetzt - ein monumentaler Obelisk am Ortseingang. Dabei haben Forscher diese Temperatur gar nicht direkt gemessen, sondern im Nachhinein berechnet. Im Januar liegt die Durchschnittstemperatur in Oimjakon bei minus 50 Grad. Doch im Juli nimmt dieser jakutische Ort seine Einwohner zuweilen in den Schwitzkasten – mit fast 100 Grad Temperaturunterschied zum Winter. Oimjakon hält mit minus 15,6 Grad auch den Rekord für die tiefste Jahresdurchschnittstemperatur besiedelter Orte.

 

Besser Sohle in der Heimat, denn Schamane in der Fremde.

Sprichwort der Jakuten

 

Die JAKUTEN: Für Liebhaber kurzer Texte

Jakutien [seit 19   Republik Sacha] liegt in Ostsibirien, zu 40 Prozent nördlich des Polarkreises. In Jakutien, das so groß ist, dass zum Beispiel Armenien über einhundert Mal Platz fände, liegt m Oberlauf der Indigirka. In der kleinen Siedlung Oimjakon befindet sich der Kältepol der Nordhalbkugel der Erde mit dem absolutem Minimus um minus 70 Grad. Stammesentwicklung und Herkunft der Kälte trotzenden Jakuten sind bis heute nicht ganz aufgeklärt. Aller Wahrscheinlichkeit nach stammt das turksprachige Volk der „Sacha“ sowohl von mongolischen als auch von Turkstämmen ab. Jedoch ist auch eine noch ältere vor dem entstehen dieser Völker liegende Herkunft nicht auszuschließen. Im Laufe ihrer Geschichte haben sich die heute über dreihundertachtzigtausend Jakuten außerdem mit anderen am Fluss Lena ansässigen Völkern vermischt. Die ursprünglich in den Gebieten um den Baikalsee lebenden Rinder- und Pferdenomaden sind seit dem 13. Jahrhundert nachdrängenden Mongolen in den Norden Sibiriens ausgewichen. Der größere Teil der Jakuten ließ sich zu beiden Seiten der mittleren, ein kleinerer teil auch an der unteren Lena nieder. Im 17. Jahrhundert war die Stammesentwicklung der Jakuten abgeschlossen. Indem sie sich den in ihren neuen Territorien vorgefundenen Lebensformen anpassten, sind die nördlichen Jakuten vorrangig Jäger, Fischer, Rentierzüchter und phantasievolle Bernstein- und Mammutschnitzer, während bei den südlichen Jakuten nach wie vor Rinder- und Pferdezucht die entscheidende Rolle spielen. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts waren die Jakuten von den Russen unterworfen worden. Ihre Christianisierung erfolgte seit Beginn des 18. Jahrhunderts, sie konnte jedoch die traditionelle schamanistische Religion nie ganz verdrängen. Der Schamanismus wird von vielen Gelehrten als die bedeutendste geistige Erscheinung im Kulturbild der Jakuten von gestern angesehen, obwohl er in ihren Sprichwörtern kaum eine Rolle spielt. Mit dem Begriff „Schamanismus“ wird ein ekstatisches Priestertum bezeichnet, das sich bei nahe allen Naturvölkern der Erde in Ansätzen oder in reicherer Ausbildung findet, unter den sibirischen Stämmen aber am eindrucksvollsten entfaltet ist.

Diesen unveröffentlichten Text habe ich geschrieben, als ich für das

Bibliographische Institut in Leipzig von 1986 bis 1991 ein Sprichwörterbuch von fünfzig Völkern der (ehemaligen) Sowjetunion erarbeitete,

das wegen des Zerfalls der Sowjetunion nicht mehr erschienen ist.

Als Journalistin der Illustrierten FREIE WELT – die als Russistin ihre Diplomarbeit über russische Sprichwörter geschrieben hat - habe ich auf allen meinen Reportagereisen in die Sowjetunion jahrzehntelang auch Sprichwörter der dort ansässigen Völker gesammelt - von den Völkern selbst,  von einschlägigen Wissenschaftlern und Ethnographen, aus Büchern ... - bei einem vierwöchigen Aufenthalt in Moskau saß ich Tag für Tag in der Leninbibliothek. So ist von mir erschienen: 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Ich bin, wie man sieht, gut damit gefahren, es mit diesem turkmenischen Sprichwort zu halten: Hast du Verstand, folge ihm; hast du keinen, gibt`s ja noch die Sprichwörter.

Hier fünfzig jakutische Sprichwörter:

(Unveröffentlicht)

 

Ein Adlerjunges ist schon ein Adler, ein Rabenjunges schon ein Rabe,

Von einem Alten nimm Rat entgegen, von einem Jungen Freundschaft.

Arbeit bringt Nachtisch, Faulheit leeren Tisch.

Aufkäufer und Wiederverkäufer sind ohne Kreuz.

Ein „Nein“ zerhackt nicht einmal die Axt.

Beere für Beere füllt sich der Tuessok*.

Bitte und Gebet werden nicht umsonst gesprochen

Lachen und Weinen sind Blutsbrüder.

Auch einem Braven kann ein böses Kind geboren werden.

Wo das Beil nichts ausrichtet, tut´s ein guter Rat.

Ein tüchtiger Busche, der im Wald einen Elch erlegt und einen Bären in seiner Höhle.

 

 

Dieser "tüchtige Bursche" ist 82 Jahre alt.

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

Der Faule rät oder schmäht.

Die Frau des Schamanen lässt sich gern bewirten, die Frau des Gemeindevorstehers lässt gern für sich arbeiten.

Für einen Freund sei bereit, dir ein Bein zu brechen.

Freundschaft stärkt das Rückgrat.

Ein Gauner geht mit Fuchskragen einher.

Die Gedanken von Vater und Mutter sind beim Sohn, die des Sohnes – in den Bergen.

Soviel Gesetzesparagraphen wie Himmelssterne.

Der Gewitzte verliert nie den Boden unter den Füßen.

Das Glück ist oft auf beiden Augen blind.

Besser, sich an einem großen Happen verschlucken als an einem geheuchelt´ Wort.

Aus nichts ist weder Harz noch Teer zu gewinnen.

Wer hastet, kommt langsamer voran.

Eine Hausfrau muss beim Feuermachen noch an vierzig andere Pflichten denken.

Die Hinterbeine holen die Vorderbeine nicht ein.

Ein gieriger Hund muss mehr Prügel einstecken.

Ein Hund erstickt nicht an einem Knochen, ein russischer Beamter nicht an einen Jakuten.

Die Jugend hat Glück von allen vier Seiten.

Wenn schon Kascha, dann mit Butter.

Setz den Kessel nicht vor der Zeit aufs Feuer.

Der Kopf eines Richters ist der einer Eule, dreht sich da hin, wo er gebraucht wird.

Die Kraft des Volkes überwindet alles.

Stärker die Kraft des Volkes als der Eisgang des Flusses.

Verlass dich nicht auf die Kugel, sondern auf den Treffer.

Das Leid geht nicht durchs ganze Dorf.

Bei einem Lügner stimmen nur die Spuren im Schnee.

Trifft ein Maulheld einen Maulhelden wird er zum Schoßhündchen.

Ein erfahrener Hund bellt nicht ohne Grund. 

 

 

 

 

 

 

Erfahren, Zuverlässig, ausdauerstark - das sind Jakutiens Schlittenhunde, die auch bei der Jagd eingesetzt werden.

Foto aus: Rellers Völkerschafts-Archiv

 

 

 

Zweimal wird kein Mensch geboren.

Menschenwort brennt mehr denn Fegefeuer.

Ein Messer schneidet nicht in den eigenen Griff, eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Besser, mit einem kurzen Messer auf einen Bären zugehen als ohne Bestechung zum Herrn gehen.

Das Ohr hört sogar Fernes, das Auge sieht nur Nahes.

Von einem Pferd mit wunden Stellen lassen die Fliegen nicht.

Des Popen Taschen sind tief.

Rechtsstreit frisst das Pferd und den Stier dazu.

Lieber tausend Rubel verlieren als sein Wort brechen.

Schlechtes ist geschwänzt.

Schmiede sind oft ohne Messer, Töpfer – ohne Topf.

Warten macht den Tag, Eifersucht die Nacht endlos.

Unterschätze dich nicht, wenn du jung bist, überschätze dich nicht, wenn du alt bist.

 

* Tuessok = Gefäß aus Birkenrinde.

 

Interlinearübersetzung aus dem Russischen: Gertraud Ettrich; gesammelt und in Sprichwortform gebracht: Gisela Reller

 

 

Zitat: "Ich musste an die jakutischen Sagen über Mammuts denken, die unter der Erde leben. Und wenn sich die Tundra durch das im Grund gefrorene Eis wölbte, glaubten die Jakuten, dass in der Erdentiefe ein Mammut vorbeigegangen sei. Wenn sie in einer Schlucht ein ausgeweidetes Mammut fanden, dachten sie, es sei gestorben, weil es zufällig aus der Erde ins Sonnenlicht geraten war."

Sergej Lebedew in: Der Himmel auf ihren Schultern, 2013

 Als Reporterin der Illustrierten FREIE WELT begegnete mir 1972 im Botanischen Garten in Kiew (Ukraine) Rosa Netschajewa. Ich schrieb damals in der Tageszeitung "Der Morgen" vom 13. August 1972:

Sehnsucht nach dem Rosenstrauch

"Im Botanischen Garten in Kiew beobachtete ich eine Frau, die entzückt von Rose zu Rose ging, behutsam über die samtenen Blätter strich, den Kopf schüttelte, als könne soviel Schönheit überhaupt nicht wahr sein, ein Tuch von der Schulter nahm, um die gedruckten Blüten mit den farbenprächtigen Naturprodukten zu vergleichen. Ganz fassungslos stand sie vor den kohlrabenschwarzen Rosen - einer Kiewer Züchtung. Dann setzte sie sich zu uns auf die Bank, ringsum von Rosen umgeben, mit dem glücklichen Lächeln eines beschenkten Kindes, das alles, aber auch alles bekommt hat, was es sich seit langem gewünscht hat.

Vor Freude mitteilungsbedürftig, erzählte sie: `Ich bin Postangestellte in Kanku. Einmal kam eine Ansichtskarte mit Rosen aus Kiew zu uns. Seitdem wünschte mich Kiew kennenzulernen. Wo ich wohne, gibt es Polarfüchse und Rentiere, Gold und Diamanten. Aber ich wünschte mir so sehr, einmal einen Rosenstrauch zu sehen. so schön habe ich mir Rosen jedoch nicht vorgestellt.´

Vielleicht müsste man wissen, wo Kanku liegt? Ich wusste es nicht. Aber Gold? Jakutien wird als das Klondyke der Sowjetunion bezeichnet. Und Diamanten? Die jakutischen Vorkommen gehören zu den größten der Welt; mit jakutischen Diamantbohrern vollbringen aserbaidshanische (aserbaidschanische) Erdölarbeiter das Wunder, Tiefen von über 7 000 Metern zu bohren. Und Polarfüchse? Aus Jakutien kommt ein Drittel der gesamten sowjetischen Polarfuchsfelle.

Doch, so überlege ich, Jakutien liegt mehr as 7 000 Kilometer von Kiew entfernt... Rechtzeitig fällt mir ein jakutisches Sprichwort ein: Minus 40 Grad sind kein Frost, 40 Prozent kein Wodka, 70 Jahre kein Alter, 1 000 Kilometer keine Entfernung." Ich wage es zu fragen: `Sie sind aus Jakutien?` - `Ja´, ist die Antwort, `Kanku gehört zu der Stadt Aldan.´ Und meine Gesprächspartnerin stellt sich vor: `Ich heiße Rosa Michailowna Netschajewa. Viele heißen bei uns Rosa. Das ist die Sehnsucht nach dem, was man nicht hat... Die Jakutische ASSR ist über 3 Millionen Quadratkilometer groß, hat nur 600 000 Einwohner: Jakuten, Russen, Ewenken, Ewenen, Tschuktschen... Minustemperaturen von 60 Grad sind bei uns keine Seltenheit. Riesige Flächen sind ewig gefrorener Boden, die Häuser auf Pfählen gebaut. Der Frühling gibt nur eine Stippvisite, bringt das sibirische Schneeglöckchen und krokusartige Blumen an den Tag, die die Hänge für kurze Zeit in ein blauweißes Blütenmeer verwandeln.´

Ich frage, Rosa Michailowna, ob sie lieber in Kiew leben würde. `Ohne Rentiere? Oh, nein...´ Ihr Blick aber streift bewundernd die Könign der Blumen. So habe ich wieder gelernt, die Schönheit eines Rosenstrauchs zu bewundern.

 

 

 

 

 

 

Rezensionen und Literaturhinweise (Auswahl) zu den JAKUTEN

 

 

Rezension zum Thema in meiner Webseite www.reller-rezensionen.de

 

* Edeltraud Maier-Lutz, Flußkreuzfahrten in Rußland, Unterweg auf Wolga, Don, Jenissej und Lena, Trescher-Reihe Reisen, herausgegeben von Sabine Fach und Bernd Schwenkros, mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen, Trescher Verlag, 4. Auflage, Berlin 2002.

 

 

Literaturhinweise (Auswahl)

 

* Die Sonnentochter und andere Märchen der Tundra, darin das jakutische Märchen "Der Vogelzug", Die von Margarete Spady übersetzten Märchen wurden von Lieselotte Fleck nacherzählt, Zeichnungen: N. G. Basmanowa, Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin 1954.

 

Von 1953 bis 1956 habe ich im Berliner Verlag Kultur und Fortschritt Verlagsbuchhändlerin gelernt. Als 1954 "Die Sonnentochter und andere Märchen der Tundra" erschien, erfuhr ich das erste Mal von Völkern wie   Eskimos, Ewenen, Ewenken, Itelmenen [Kamtschadalen], Jakuten, Jukagiren, Keten, Korjaken, Mansen, Nanaier, Nenzen, Nganassanen, Niwchen,  Oroken,  Saamen [Lappen], Selkupen, Tschuktschen, Udehen. Ich war fasziniert! Es sollte dann noch fast ein Vierteljahrhundert vergehen, bis ich die Lebensorte dieser Völker als Journalistin der Illustrierten FREIE WELT selbst bereiste.                                                                                                 Gisela Reller

* Märchen der Nordvölker, Die Herrin des Feuers, Verlag Progreß, Moskau 1974 (in deutscher Sprache).

Darin auch Märchen der Jakuten.

 

* Die goldene Schale und andere Märchen der Völker der Sowjetunion, darin: das jakutische Märchen "Das Schachtelhalmmädchen",  aus dem Russischen von H. Eschwege und L. Labas, Verlag Progess, Moskau 1975 (?).

 

* Märchen aus dem hohen Norden der Sowjetunion, Die Kranichfeder, Für Kinder nacherzählt von N. Gesse und S. Sadunaiskaja, Mit Illustrationen von Manfred Butzmann, 4. Auflage, Der Kinderbuchverlag, Berlin 1983.

Jäger und Rentierzüchter sind die Helden dieser Märchen. Sie fahren mit dem Schneesturm um die Wette, ringen mit eisernen Ungeheuern, messen ihre Kräfte mit Waldriesen und verehren die Herrin des Feuers. Vielfältig spiegelt sich das Leben der Völker aus dem hohen Norden in seiner reichen Folklore, auch das der Jakuten.

 

 

 

 

 

Bibliographie zu Gisela Reller

 

Bücher als Autorin:

 

Länderbücher:

 

*  Zwischen Weißem Meer und Baikalsee, Bei den Burjaten, Adygen und Kareliern,  Verlag Neues Leben, Berlin 1981, mit Fotos von Heinz Krüger und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Diesseits und jenseits des Polarkreises, bei den Südosseten, Karakalpaken, Tschuktschen und asiatischen Eskimos, Verlag Neues Leben, Berlin 1985, mit Fotos von Heinz Krüger und Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Von der Wolga bis zum Pazifik, bei Tuwinern, Kalmyken, Niwchen und Oroken, Verlag der Nation, Berlin 1990, 236 Seiten mit Fotos von Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

Biographie:

 

* Pater Maksimylian Kolbe, Guardian von Niepokalanów und Auschwitzhäftling Nr. 16 670, Union Verlag, Berlin 1984, 2. Auflage.

 

 

... als Herausgeberin:

 

Sprichwörterbücher:

 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Aphorismenbuch:

* 666 und sex mal Liebe, Auserlesenes, 2. Auflage, Mitteldeutscher Verlag Halle/Leipzig, 200 Seiten mit Vignetten und Illustrationen von Egbert Herfurth.

 

... als Mitautorin:

 

Kinderbücher:

 

* Warum? Weshalb? Wieso?, Ein Frage-und-Antwort-Buch für Kinder, Band 1 bis 5, Herausgegeben von Carola Hendel, reich illustriert, Verlag Junge Welt, Berlin 1981 -1989.

 

Sachbuch:

 

* Die Stunde Null, Tatsachenberichte über tapfere Menschen in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges, Hrsg. Ursula Höntsch, Verlag der Nation 1966.

 

 

... als Verantwortliche Redakteurin:

 

* Leben mit der Erinnerung, Jüdische Geschichte in Prenzlauer Berg, Edition  Hentrich, Berlin 1997, mit zahlreichen Illustrationen.

 

* HANDSCHLAG, Vierteljahreszeitung für deutsche Minderheiten im Ausland, Herausgegeben vom Kuratorium zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland e. V., Berlin 1991 - 1993.

 

 

 

 

Pressezitate (Auswahl) zu Gisela Rellers Buchveröffentlichungen:

Dieter Wende in der „Wochenpost“ Nr. 15/1985:

„Es ist schon eigenartig, wenn man in der Wüste Kysyl-Kum von einem Kamelzüchter gefragt wird: `Kennen Sie Gisela Reller?´ Es ist schwer, dieser Autorin in entlegenen sowjetischen Regionen zuvorzukommen. Diesmal nun legt sie mit ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik Berichte aus Kalmykien, Tuwa und von der Insel Sachalin vor. Liebevolle und sehr detailgetreue Berichte auch vom Schicksal kleiner Völker. Die ethnografisch erfahrene Journalistin serviert Besonderes. Ihre Erzählungen vermitteln auch Hintergründe über die Verfehlungen bei der Lösung des Nationalitätenproblems.“

B(erliner) Z(eitung) am Abend vom 24. September 1981:

"Gisela Reller, Mitarbeiterin der Illustrierten FREIE WELT, hat autonome Republiken und gebiete kleiner sowjetischer Nationalitäten bereist: die der Burjaten, Adygen und Karelier. Was sie dort ... erlebte und was Heinz Krüger fotografierte, ergíbt den informativen, soeben erschienenen Band Zwischen Weißem Meer und Baikalsee."

Sowjetliteratur (Moskau)Nr. 9/1982:

 "(...) Das ist eine lebendige, lockere Erzählung über das Gesehene und Erlebte, verflochten mit dem reichhaltigen, aber sehr geschickt und unaufdringlich dargebotenen Tatsachenmaterial. (...) Allerdings verstehe ich sehr gut, wie viel Gisela Reller vor jeder ihrer Reisen nachgelesen hat und wie viel Zeit nach der Rückkehr die Bearbeitung des gesammelten Materials erforderte. Zugleich ist es ihr aber gelungen, die Frische des ersten `Blickes´ zu bewahren und dem Leser packend das Gesehene und Erlebte mitzuteilen. (...) Es ist ziemlich lehrreich - ich verwende bewusst dieses Wort: Vieles, was wir im eigenen Lande als selbstverständlich aufnehmen, woran wir uns ja gewöhnt haben und was sich unserer Aufmerksamkeit oft entzieht, eröffnet sich für einen Ausländer, sei es auch als Reisender, der wiederholt in unserem Lande weilt, sozusagen in neuen Aspekten, in neuen Farben und besitzt einen besonderen Wert. (...) Mir gefällt ganz besonders, wie gekonnt sich die Autorin an literarischen Quellen, an die Folklore wendet, wie sie in den Text ihres Buches Gedichte russischer Klassiker und auch wenig bekannter nationaler Autoren, Zitate aus literarischen Werken, Märchen, Anekdoten, selbst Witze einfügt. Ein treffender während der Reise gehörter Witz oder Trinkspruch verleihen dem Text eine besondere Würze. (...) Doch das Wichtigste im Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee sind die Menschen, mit denen Gisela Reller auf ihren Reisen zusammenkam. Unterschiedlich im Alter und Beruf, verschieden ihrem Charakter und Bildungsgrad nach sind diese Menschen, aber über sie alle vermag die Autorin kurz und treffend mit Interesse und Sympathie zu berichten. (...)"

Neue Zeit vom 18. April 1983:

„In ihrer biographischen Skizze über den polnischen Pater Maksymilian Kolbe schreibt Gisela Reller (2. Auflage 1983) mit Sachkenntnis und Engagement über das Leben und Sterben dieses außergewöhnlichen Paters, der für den Familienvater Franciszek Gajowniczek freiwillig in den Hungerbunker von Auschwitz ging.“

Der Morgen vom 7. Februar 1984:

„`Reize lieber einen Bären als einen Mann aus den Bergen´. Durch die Sprüche des Kaukasischen Spruchbeutels weht der raue Wind des Kaukasus. Der Spruchbeutel erzählt auch von Mentalitäten, Eigensinnigkeiten und Bräuchen der Adygen, Osseten und Dagestaner. Die Achtung vor den Alten, die schwere Stellung der Frau, das lebensnotwendige Verhältnis zu den Tieren. Gisela Reller hat klug ausgewählt.“

1985 auf dem Solidaritätsbasar auf dem Berliner Alexanderplatz: Gisela Reller (vorne links) verkauft ihren „Kaukasischen Spruchbeutel“ und 1986 das extra für den Solidaritätsbasar von ihr herausgegebene Sprichwörterbuch „Dein Freund ist Dein Spiegel“.

Foto: Alfred Paszkowiak

 Neues Deutschland vom 15./16. März 1986:

"Vor allem der an Geschichte, Bräuchen, Nationalliteratur und Volkskunst interessierte Leser wird manches bisher `Ungehörte´ finden. Er erfährt, warum im Kaukasus noch heute viele Frauen ein Leben lang Schwarz tragen und was es mit dem `Ossetenbräu´ auf sich hat, weshalb noch 1978 in Nukus ein Eisenbahnzug Aufsehen erregte und dass vor Jahrhunderten um den Aralsee fruchtbares Kulturland war, dass die Tschuktschen vier Begriff für `Freundschaft´, aber kein Wort für Krieg besitzen und was ein Parteisekretär in Anadyr als notwendigen Komfort, was als entbehrlichen Luxus ansieht. Großes Lob verdient der Verlag für die großzügige Ausstattung von Diesseits und jenseits des Polarkreises.“

 

 Gisela Reller während einer ihrer über achthundert Buchlesungen

in der Zeit von 1981 bis 1991.

Berliner Zeitung vom 2./3. Januar 1988:

„Gisela Reller hat klassisch-deutsche und DDR-Literatur auf Liebeserfahrungen durchforscht und ist in ihrem Buch 666 und sex mal Liebe 666 und sex mal fündig geworden. Sexisch illustriert, hat der Mitteldeutsche Verlag Halle alles zu einem hübschen Bändchen zusammengefügt.“

Neue Berliner Illustrierte (NBI) Nr. 7/88:

„Zu dem wohl jeden bewegenden Thema finden sich auf 198 Seiten 666 und sex mal Liebe mannigfache Gedanken von Literaten, die heute unter uns leben, sowie von Persönlichkeiten, die sich vor mehreren Jahrhunderten dazu äußerten.“

Das Magazin Nr. 5/88.

"`Man gewöhnt sich daran, die Frauen in solche zu unterscheiden, die schon bewusstlos sind, und solche, die erst dazu gemacht werden müssen. Jene stehen höher und gebieten dem Gedenken. Diese sind interessanter und dienen der Lust. Dort ist die Liebe Andacht und Opfer, hier Sieg und Beute.´ Den Aphorismus von Karl Kraus entnahmen wir dem Band 666 und sex mal Liebe, herausgegeben von Gisela Reller und illustriert von Egbert Herfurth."

 

Schutzumschlag zum „Buch 666 und sex mal Liebe“ .

Zeichnung: Egbert Herfurth

 

FÜR DICH, Nr. 34/89:

 

"Dem beliebten Büchlein 666 und sex mal Liebe entnahmen wir die philosophischen und frechen Sprüche für unser Poster, das Sie auf dem Berliner Solidaritätsbasar kaufen können. Gisela Reller hat die literarischen Äußerungen zum Thema Liebe gesammelt, Egbert Herfurth hat sie trefflich illustriert."

Messe-Börsenblatt, Frühjahr 1989:

"Die Autorin – langjährige erfolgreiche Reporterin der FREIEN WELT - ist bekannt geworden durch ihre Bücher Zwischen Weißem Meer und Baikalsee und Diesseits und jenseits des Polarkreises. Diesmal schreibt die intime Kennerin der Sowjetunion in ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik über die Kalmyken, Tuwiner und die Bewohner von Sachalin, also wieder über Nationalitäten und Völkerschaften. Ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird uns in fesselnden Erlebnisberichten nahegebracht."

Im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel schrieb ich in der Ausgabe 49 vom 7. Dezember 1982 unter der Überschrift „Was für ein Gefühl, wenn Zuhörer Schlange stehen“:

„Zu den diesjährigen Tagen des sowjetischen Buches habe ich mit dem Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee mehr als zwanzig Lesungen bestritten. (…) Ich las vor einem Kreis von vier Personen (in Klosterfelde) und vor 75 Mitgliedern einer DSF-Gruppe in Finow; meine jüngsten Zuhörer waren Blumberger Schüler einer 4. Klasse, meine älteste Zuhörerin (im Schwedter Alten- und Pflegeheim) fast 80 Jahre alt. Ich las z.B. im Walzwerk Finow, im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder, im Petrolchemischen Kombinat Schwedt; vor KIM-Eiersortierern in Mehrow, vor LPG-Bauern in Hermersdorf, Obersdorf und Bollersdorf; vor zukünftigen Offizieren in Zschopau; vor Forstlehrlingen in Waldfrieden; vor Lehrlingen für Getreidewirtschaft in Kamenz, vor Schülern einer 7., 8. und 10 Klasse in Bernau, Schönow und Berlin; vor Pädagogen in Berlin, Wandlitz, Eberswalde. - Ich weiß nicht, was mir mehr Spaß gemacht hat, für eine 10. Klasse eine Geographiestunde über die Sowjetunion einmal ganz anders zu gestalten oder Lehrern zu beweisen, dass nicht einmal sie alles über die Sowjetunion wissen – was bei meiner Thematik – `Die kleinen sowjetischen Völkerschaften!´ – gar nicht schwer zu machen ist. Wer schon kennt sich aus mit Awaren und Adsharen, Ewenken und Ewenen, Oroken und Orotschen, mit Alëuten, Tabassaranern, Korjaken, Itelmenen, Kareliern… Vielleicht habe ich es leichter, Zugang zu finden als mancher Autor, der `nur´ sein Buch oder Manuskript im Reisegepäck hat. Ich nämlich schleppe zum `Anfüttern´ stets ein vollgepacktes Köfferchen mit, darin von der Tschuktschenhalbinsel ein echter Walrosselfenbein-Stoßzahn, Karelische Birke, burjatischer Halbedelstein, jakutische Rentierfellbilder, eskimoische Kettenanhänger aus Robbenfell, einen adygeischen Dolch, eine karakalpakische Tjubetejka, der Zahn eines Grauwals, den wir als FREIE WELT-Reporter mit harpuniert haben… - Schön, wenn alles das ganz aufmerksam betrachtet und behutsam befühlt wird und dadurch aufschließt für die nächste Leseprobe. Schön auch, wenn man schichtmüde Männer nach der Veranstaltung sagen hört: `Mensch, die Sowjetunion ist ja interessanter, als ich gedacht habe.´ Oder: `Die haben ja in den fünfundsechzig Jahren mit den `wilden´ Tschuktschen ein richtiges Wunder vollbracht.´ Besonders schön, wenn es gelingt, das `Sowjetische Wunder´ auch denjenigen nahezubringen, die zunächst nur aus Kollektivgeist mit ihrer Brigade mitgegangen sind. Und: Was für ein Gefühl, nach der Lesung Menschen Schlange stehen zu sehen, um sich für das einzige Bibliotheksbuch vormerken zu lassen. (Schade, wenn man Kauflustigen sagen muss, dass das Buch bereits vergriffen ist.) – Dank sei allen gesagt, die sich um das zustande kommen von Buchlesungen mühen – den Gewerkschaftsbibliothekaren der Betriebe, den Stadt- und Kreisbibliothekaren, den Buchhändlern, die oft aufgeregter sind als der Autor, in Sorge, `dass auch ja alles klappt´. – Für mich hat es `geklappt´, wenn ich Informationen und Unterhaltung gegeben habe und Anregungen für mein nächstes Buch mitnehmen konnte.“

Die Rechtschreibung der Texte wurde behutsam der letzten Rechtschreibreform angepasst.

Die JAKUTEN wurden am  30. 09.2014 ins Netz gestellt. Die letzte Bearbeitung erfolgte am 20.02.2016.

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Zeichnung: Karl-Heinz Döhring