Vorab!

Leider kommt im Internet bei meinem (inzwischen veralteten) FrontPage-Programm  längst nicht alles so, wie von mir in html angegeben. Farben kommen anders, als von mir geplant, Satzbreiten wollen nicht so wie von mir markiert, Bilder kommen manchmal an der falschen  Stelle, und - wenn  ich  Pech  habe  -  erscheint  statt  des  Bildes  gar  eine  Leerstelle.

Was tun? Wer kann helfen?

 

*

Wird laufend bearbeitet!

 

 

Ich bin ein Baschkire: Die .

 

Foto:

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

 

"Die Seele, denke ich, hat keine Nationalität."

Juri Rytchëu (tschuktschischer Schriftsteller, 1930 bis 2008) in: Im Spiegel des Vergessens, 2007

 

Wenn wir für das eine Volk eine Zuneigung oder gegen das andere eine Abneigung hegen, so beruht das, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, auf dem, was wir von dem jeweiligen Volk wissen oder zu wissen glauben. Das ist – seien wir ehrlich – oft sehr wenig, und manchmal ist dieses Wenige auch noch falsch.  

Ich habe für die Berliner Illustrierte FREIE WELT jahrelang die Sowjetunion bereist, um – am liebsten - über abwegige Themen zu berichten: über Hypnopädie und Suggestopädie, über Geschlechtsumwandlung und Seelenspionage, über Akzeleration und geschlechtsspezifisches Kinderspielzeug... Außerdem habe ich mit jeweils einem deutschen und einem Wissenschaftler aus dem weiten Sowjetland vielteilige Lehrgänge erarbeitet.* Ein sehr interessantes Arbeitsgebiet! Doch 1973, am letzten Abend meiner Reise nach Nowosibirsk – ich hatte viele Termine in Akademgorodok, der russischen Stadt der Wissenschaften – machte ich einen Abendspaziergang entlang des Ob. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich zwar wieder viele Experten kennengelernt hatte, aber mit der einheimischen Bevölkerung kaum in Kontakt gekommen war.  

Da war in einem magischen Moment an einem großen sibirischen Fluss - Angesicht in Angesicht mit einem kleinen (grauen!) Eichhörnchen - die große FREIE WELT-Völkerschafts-Serie** geboren!  

Und nun reiste ich ab 1975 jahrzehntelang zu zahlreichen Völkern des Kaukasus, war bei vielen Völkern Sibiriens, war in Mittelasien, im hohen Norden, im Fernen Osten und immer wieder auch bei den Russen. 

Nach dem Zerfall der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zog es mich – nach der wendegeschuldeten Einstellung der FREIEN WELT***, nun als Freie Reisejournalistin – weiterhin in die mir vertrauten Gefilde, bis ich eines Tages mehr über die westlichen Länder und Völker wissen wollte, die man mir als DDR-Bürgerin vorenthalten hatte.

Nach mehr als zwei Jahrzehnten ist nun mein Nachholebedarf erst einmal gedeckt, und ich habe das Bedürfnis, mich wieder meinen heißgeliebten Tschuktschen, Adygen, Niwchen, Kalmyken und Kumyken, Ewenen und Ewenken, Enzen und Nenzen... zuzuwenden.

Deshalb werde ich meiner Webseite www.reller-rezensionen.de (mit inzwischen weit mehr als fünfhundert Rezensionen), die seit 2002 im Netz ist, ab 2013 meinen journalistischen Völkerschafts-Fundus von fast einhundert Völkern an die Seite stellen – mit ausführlichen geographischen und ethnographischen Texten, mit Reportagen, Interviews, Sprichwörtern, Märchen, Gedichten, Literaturhinweisen, Zitaten aus längst gelesenen und neu erschienenen Büchern; so manches davon, teils erstmals ins Deutsche übersetzt, war bis jetzt – ebenfalls wendegeschuldet – unveröffentlicht geblieben. 

Sollten sich in meinem Material Fehler oder Ungenauigkeiten eingeschlichen haben, teilen Sie mir diese bitte am liebsten in meinem Gästebuch oder per E-Mail gisela@reller-rezensionen.de mit. Überhaupt würde ich mich über eine Resonanz meiner Nutzer freuen!

Gisela Reller 

    * Lernen Sie Rationelles Lesen" / "Lernen Sie lernen" / "Lernen Sie reden" / "Lernen Sie essen" / "Lernen Sie, nicht zu rauchen" / "Lernen Sie schlafen" / "Lernen Sie logisches Denken"...

 

  ** Im 1999 erschienenen Buch „Zwischen `Mosaik´ und `Einheit´. Zeitschriften in der DDR“ von Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis (Hrsg.), erschienen im Berliner Ch. Links Verlag, ist eine Tabelle veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Völkerschaftsserie der FREIEN WELT von neun vorgegebenen Themenkreisen an zweiter Stelle in der Gunst der Leser stand – nach „Gespräche mit Experten zu aktuellen Themen“.

(Quelle: ZA Universität Köln, Studie 6318)

 

*** Christa Wolf zur Einstellung der Illustrierten FREIE WELT in ihrem Buch "Auf dem Weg nach Tabou, Texte 1990-1994", Seite 53/54: „Aber auf keinen Fall möchte ich den Eindruck erwecken, in dieser Halbstadt werde nicht mehr gelacht. Im Gegenteil! Erzählt mir doch neulich ein Kollege aus meinem Verlag (Helmut Reller) – der natürlich wie zwei Drittel der Belegschaft längst entlassen ist –, daß nun auch seine Frau (Gisela Reller), langjährige Redakteurin einer Illustrierten (FREIE WELT) mitsamt der ganzen Redaktion gerade gekündigt sei: Die Zeitschrift werde eingestellt. Warum wir da so lachen mußten? Als im Jahr vor der `Wende´ die zuständige ZK-Abteilung sich dieser Zeitschrift entledigen wollte, weil sie, auf Berichterstattung aus der Sowjetunion spezialisiert, sich als zu anfällig erwiesen hatte, gegenüber Gorbatschows Perestroika, da hatten der Widerstand der Redaktion und die Solidarität vieler anderer Journalisten das Blatt retten können. Nun aber, da die `Presselandschaft´ der ehemaligen DDR, der `fünf neuen Bundesländer´, oder, wie der Bundesfinanzminister realitätsgerecht sagt: `des Beitrittsgebiets´, unter die vier großen westdeutschen Zeitungskonzerne aufgeteilt ist, weht ein schärferer Wind. Da wird kalkuliert und, wenn nötig, emotionslos amputiert. Wie auch die Lyrik meines Verlages (Aufbau-Verlag), auf die er sich bisher viel zugute hielt: Sie rechnet sich nicht und mußte aus dem Verlagsprogramm gestrichen werden. Mann, sage ich. Das hätte sich aber die Zensur früher nicht erlauben dürfen! – "Das hätten wir uns von der auch nicht gefallen lassen", sagt eine Verlagsmitarbeiterin.

Wo sie recht hat, hat sie recht.“

 

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring

Wenn Sie sich die folgenden Texte zu Gemüte geführt und Lust bekommen haben, Baschkortostan zu bereisen, sei Ihnen das Reisebüro ? empfohlen; denn – so lautet ein baschkirisches Sprichwort -

 Lass dich wegen eines kranken Zehs nicht von deiner Reise abhalten.

(Hier könnte Ihre Anzeige stehen!)

 

Die BASCHKIREN… (Eigenbezeichnung: Baschkort)

Die Baschkiren sind eine turksprachige Ethnie im russischen Uralgebirge. Sie sind das Namen gebende Volk Baschkortostans.

 

"Die  Baschkiren leben teils von der Jagd, teils von der Viehzucht, aber mit solcher Sorglosigkeit, daß im Winter manchmal das Futter fehlt. Die Baschkiren haben große, runde Köpfe, ein plattes Gesicht mit großen Ohren und schwachem Barte, dunkle Hautfarbe, schmalgeschlitzte Augen, eine gerade, kurze Stirn, schwarze Haare, breite Brust und breite Schultern, sind überhaupt stark und muskulös und zu jeder Arbeit und Ertragung von Beschwerden tüchtig."

Brockhaus´ Konservations-Lexikon, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien 1894

 

Bevölkerung:

Fläche:

Geschichtliches: Die Baschkiren sind aus der Vermischung finnougrischer (autochthoner) und türkischer Stämme hervorgegangen. An der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert waren die Baschkiren bereits als nomadisierende Viehzüchter und Wildbeuter in dem Gebiet zwischen Wolga, Kama und Ural ansässig. Die zu Beginn des 13. Jahrhunderts nach Westen vordringenden Mongolen unterwarfen sich auch die Baschkiren, deren Herren sie bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts blieben. Mit der Eroberung der mongolischen Khanate an der Wolga durch Iwan IV. wurden die Baschkiren Untertanen der russischen Zaren, die jedoch bis weit hinein ins 18. Jahrhundert immer wieder baschkirische Unrufen und Aufstände niederschlagen mussten. Nach der Revolution von 1917 und während des Bürgerkrieges war Baschkirien Schauplatz heftiger Kämpfe zwischen "Roten" und "Weißen", bis sich im Frühjahr 1919 erstere endgültig durchgesetzt hatten. Im März 1919 wurde von ihnen die Baschkirische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik (ASSR) als erste ASSR der Russischen Föderation proklamiert.

Staatsgefüge: Die Baschkiren sind stolz darauf, das einzige Volk der Russischen Föderation zu sein, das nie unterworfen werden konnte.

 Verbannungsgebiet:

Hauptstadt: Die Hauptstadt ist Ufa.

Wirtschaft: Die Baschkiren züchten gelockte Ponys, die sie Baschkire nennen. Sie nutzen sie als Reit- und Zugtiere und zur Fleischproduktion sowie zur Milchgewinnung.

Verkehr:  

Sprache/Schrift: Das Baschkirische gehört zur kiptschakisöchen Gruppe der westlichen Türksprachen.

Literatursprache/Literatur: Als Schrift dient seit 1940 das kyrillische Alphabet.

Bildung:

Gesundheitswesen:

Klima: Das Klima ist kontinental mit warmen Sommern und mäßig kalten Wintern. Die mittlere Temperatur im Januar beträgt minus 14,6 Grad C, die minimale minus 40 Grad C; im Juli beträgt die mittlere Temperatur plus 19,0 Grad C, die Höchsttemperatur plus 40 Grad C.

Natur/Umwelt:

Pflanzen- und Tierwelt:

Behausungen:

Ernährung:

Kleidung:

Folklore:

Feste/Bräuche:

Religion: Die Baschkiren sind überwiegend sunnitische Muslime. Aber: Die Republik Baschkortostan ist ein Beispiel dafür, wie verschiedene Religionen - Orthodoxie, Islam, Judentum und eine katholische und eine evangelische Gemeinde - friedlich koexistieren können.

Ereignisse nach dem Zerfall der Sowjetunion, sofern sie nicht bereits oben aufgeführt sind:

Kontakte zur Bundesrepublik Deutschland:

 

Interessant, zu wissen..., dass die Zeidlerei als Wirtschaftszweig auf der ganzen Welt ausgestorben ist - nur nicht in Baschkortostan.

Als Zeidlerei wird die Gewinnung des Honigs von wilden Bienen bezeichnet. In den Wäldern des Südural, vor allem im baschkirischen Nationalpark Schulgan-Tasch, werden bis auf den heutigen Tag die Holzklötze der Zeidler von der wilden Biene "Bursjanka" bevölkert. Der Wildhonig ist ein würziges graues Mus aus Honig, Wabenwachs und anderen Bestandteilen - zu kostbar, um noch geschleudert zu werden. So mühsam die Gewinnung des Honigs ist, so schwierig ist die Vermarktung. Deshalb legte sich der baschkirische Präsident selbst ins Zeug. Sogar eine Delegation aus arabischen Ländern habe er schon angelockt, sagte Rutem Chamitow. Da habe er erfahren, dass guter Honig dort für bis zu 150 Dollar das Kilo verkauft werde. Im Nationalpark wird ein Kilo für etwa 60 Euro verkauft, in Moskau kostet der baschirische Wildhonig 120 bis 200 Euro. Für eine gute Vermarktung muss man eine gleichbleibende Qualität und stabile Absatzmengen garantieren, was bei einem solchen Naturprodukt wie dem Honig von wilden Bienen schwierig ist.

In der Heimat sind Freund dir sogar die Häusermauern.

Sprichwort der Baschkiren

 

Die BASCHKIREN: Für Liebhaber kurzer Texte

Wie die Bären klettern die baschkirischen Imker, nicht anders als zu Zeiten des Khans Kutschum, in die Baumhöhlen ihrer uralten uralischen Wälder, um den Honig der schwarzen Waldbiene einzusammeln. Und auch das „Fest der Gans“, uralter dörflicher Herbstbrauch, hat sich bis heute behauptet. An diesem Festtag haben die fetten Gänse ausgeschnattert, und statt ihrer singen die traditionell gekleideten alten und jungen Dorffrauen vom frühen Morgen bis in die späten Abendstunden uralte baschkirische Volksweisen, oft noch von Sessenen, den Volkssängern, angestimmt. – Das Baschkirische gehört zur kiptschakischen Gruppe der westlichen Turksprachen. Vom 10. Jahrhundert an hatten vor allem wolgabulgarische Kaufleute und Prediger den sunnitischen Islam unter ihnen verbreitet. Die Herausbildung des Volkes der Baschkiren vollzog sich zwischen dem 9. und 13. Jahrhundert. In dieser Zeit waren die westlichen Stämme von den Bulgaren unterworfen worden, die östlichen blieben selbständig. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts eroberten die Mongolen baschkirisches Gebiet. Nach dem Zerfall der Goldenen Hode gerieten die Baschkiren unter die Herrschaft der Nogaiischen Horde, das gesamte 15. Jahrhundert und die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts wird deshalb als Nogaiische Periode bezeichnet. Der Anschluss Baschkiriens an Russland war zu Beginn des 17. Jahrhunderts abgeschlossen. Die Unzufriedenheit der Baschkiren über die russische Vormundschaft führte zu großen Volkserhebungen, die als „Baschkirische Aufstände“ in die Geschichte eingegangen sind. 1773/75 beteiligten sich am Bauernkrieg zahlreiche Baschkiren unter Jemelan Pugatschow, dessen engster Vertrauter der Baschkire Salawat Julajew war. Erstmals kämpften dazumal mohammedanische Baschkiren an der Seite russischer Christen. Dieser kämpferische Geist des heute fast eineinhalb Millionen zählenden Volkes, das sich selbst „Baschkort“ nennt, spricht auch aus vielen ihrer Sprichwörter.

Diesen unveröffentlichten Text habe ich geschrieben, als ich für das

Bibliographische Institut in Leipzig von 1986 bis 1991 ein Sprichwörterbuch von fünfzig Völkern der (ehemaligen) Sowjetunion erarbeitete,

das wegen des Zerfalls der Sowjetunion nicht mehr erschienen ist.

Als Journalistin der Illustrierten FREIE WELT – die als Russistin ihre Diplomarbeit über russische Sprichwörter geschrieben hat - habe ich auf allen meinen Reportagereisen in die Sowjetunion jahrzehntelang auch Sprichwörter der dort ansässigen Völker gesammelt - von den Völkern selbst,  von einschlägigen Wissenschaftlern und Ethnographen, aus Büchern ... - bei einem vierwöchigen Aufenthalt in Moskau saß ich Tag für Tag in der Leninbibliothek. So ist von mir erschienen: 

 * Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel. 

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT. 

* Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch. 

Ich bin, wie man sieht, gut damit gefahren, es mit diesem turkmenischen Sprichwort zu halten: Hast du Verstand, folge ihm; hast du keinen, gibt`s ja noch die Sprichwörter.

Hier fünfzig baschkirische Sprichwörter:

(Unveröffentlicht)

Wenn du selber keinen Airik* hast, erwarte von andern keinen Kumys**.

Bevor der Bart nicht grau, wird der Mann nicht schlau.

Ein Batyr*** ohne List hat kein langes Leben.

Den Berg ziert der Gipfel, den Menschen der Verstand.

Hat der Besuchte ein Herz findet sich immer etwas Leckres für den Gast.

Wer sich einmal bewährte, den erprobe nicht tausendmal.

Wenn du zur Deichsel greifst, verschweige, dass du ein Gespann nicht zu führen verstehst.

Der Dshigit**** wird zu Hause geboren und stirbt auf dem Schlachtfeld

Der Dumme rühmt den Dussel.

Den Dshigiten miss an seinem Gefährten.

Wo man dich kennt, gilt die Ehrerbietung dir, wo man dich nicht kennt – deinem Pelz.

Wer ohne Entschlusskraft ist, bleibt ohne Erfolg.

Vor der Erde musst du dich verneigen, sie kommt nicht zu dir hinauf.

Der Faulpelz ist nicht aufs Feld zu treiben und vom Basar nicht zu vertreiben.

Störe die Fontäne nicht, wenn sie sprudeln soll.

Isst du Fleisch, bleibt´s dir zwischen den Zähnen, isst du keins, will´s dir nicht aus dem Kopf.

Bei einer liederlichen Frau fädele den Faden selbst ein.

Bei Freude halte Maß, bei Leid behalte Geduld.

Hast du einem Freund dein Pferd geliehen, bitte ihn nicht, es zu schonen.

Wohl dem, der einen Freund hat, mit dem er Kumys* trinken kann.

Den Freund verletzte nicht, dem Feind vertraue kein Geheimnis an.

Mit des Freundes Messer kannst du Stein schneiden, mit des Feindes Klinge höchstens Filz.

Ein Gast – schön, zwei Gäste – einer zuviel, drei Gäste – lästig.

Bleibt ein Gast auch nur ein Weilchen zu Besuch, sieht er doch genug.

Jammere nicht, dass kein Geld da ist, jammere, dass keine Arbeit da ist.

Ein Gesicht, mit Gewalt enthüllt, wird nicht vor Freude strahlen.

Wie die Gestalt, so der Schatten.

Wer nie krank war, weiß Gesundheit nicht zu schätzen.

Wenn schon hungrig, dann wenigstens reinen Gewissens.

Verliert der Gierige den Verstand, angelt er im Brunnen; verliert der Faule den Verstand, arbeitet er am Festtag.

Den Helden macht die Schlacht.

Arbeite, dass das Herz klopft, iss, dass die Ohren wackeln.

In einem Herzen haben nicht zwei Lieben Platz.

Bevor du hinein gehst, bedenke, wie du wieder heraus kommst.

Ist eine Hochzeit auf deiner Straßenseite, tanze nicht auf der anderen.

Obwohl der weiße Hund schuld ist, bestraft wird der schwarze.

Berate dich sowohl mit einem Klugen als auch mit einem Einfältigen.

Der eine mag keinen Kumys, der andere mag keine jungen Mädchen.

Was du mit dem Löffel zusammengetragen, kipp mit dem Napf nicht wieder aus.

Auf eine große Mühsal folgt ein großes Hochgefühl.

Du bist Mullah, ich bin Mullah, wer aber gibt Heu der Kuh?

Unter den Nichtigen ein Batyr, unter Batyri – ein Nichts.

Wo ein Pfeil nicht durchkommt, fuchtele nicht mit dem Säbel.

Das Pferd ziert seine Mähne, den Dshigiten seine Kühnheit.

Ein miserables Pferd kann man verkaufen, einen erbärmlichen Gefährten verlassen, was aber macht man mit einem bösen Nachbarn?

Eine Redewendung bringt Trost, ein Sprichwort weist den Weg.

Besser eigene Salma***** essen als fremde Chalwa.

Nichts wissen ist keine Schande, nichts wissen wollen ist schändlich.

* Airik =  dicke Milch / ** Kumys =  ein dem Kefir ähnliches vergorenes Sauermilchgetränk aus Stutenmilch / *** Batyr =  Held / **** Dshigit = junger verwegener Reiter, auch Krieger oder überhaupt: junger Bursche / ***** Salma = Teigware, eine Art Nudeln. 

Interlinearübersetzung aus dem Russischen von Gertraud Ettrich; gesammelt und in Sprichwortform gebracht von Gisela Reller

  

Als Reporterin der Illustrierten FREIE WELT bereiste ich 1978 KARELIEN. In meinem Buch „Zwischen Weißem Meer und Baikalsee“, 207 Seiten, mit zahlreichen Fotos von Heinz Krüger und ethnographischen Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring, 1981 im Verlag Neues Leben, Berlin, erschienen, habe ich über die Burjaten, Adygen und KARELIER geschrieben.

 

Vor-Karelisches (LESEPROBE aus: "Zwischen Weißem Meer und Baikalsee")

 „Nach dem hochsommerlichen Burjatien und dem schon herbstlichen Adygien verlangte es sowohl Kamerabesitzer als auch Notizbucheigentümerin nach einem anderen „Zeitabschnitt zwischen Aquinoktium und Solstitium“. Johann Warkentin, beauftragt, von Moskau aus meteorologische Erkundungen über den hohen Norden im allgemeinen und Karelien im besonderen einzuziehen, sandte poetische Antwort – ein Gedicht des karelischen Autors Jaakko Rugujew:

Die Jahreszeiten in Karelien // Reich ist Kareliens Sommer. / Wunderbar weich ist die Luft. / Blüten, geweckt von der Sonne, / verströmen den süßesten Duft. / Und Erdbeeren jede Menge / am Waldrand, im Wiesengrund. / Pflück Brombeeren an den Hängen - / blau sind im Nu Hand und Mund. / Silbern wallt in der Frühe / auf tauiger Heide der Dampf. / Die Sense schwing! / Für die Mühe / goldige Sonnbräune dankt. // Der Herbsthimmel ist zwar verhangen, / und freilich, zu tun gibt´s genug: / Das Korn wartet schon auf die Kammer, / das Stoppelfeld auf den Pflug. / Auch Fischnetze gilt es zu stellen… / doch hast du das alles getan, so schau in später Taghelle / die rührige Herbstzeit dir an: / So ganz ohne drückende Schwere / ihr festlicher Glanz ist und warm. / Wie köstlich blinken die Beeren / im Borkenkörbchen am Arm. // Und später – tief eingeschneit alles, / des kurzen Wintertags Grau: den Menschen aus Kalevala / sind Stürme von klein auf vertraut. / Weither aus den Waldparzellen / tönt emsiger Äxte Schlag. / Was tut´s, dass die beißende Kälte / die Wangen gerötet hat! / Dann gehen die Stämme auf Reisen, / und wir kommen richtig in Fahrt. / Es schüttelt hoch über der Schneise der Sonnenball seinen Bart. // Und erst dieser herrliche Frühling! / Wer unseren Frühling nicht schätzt, / was weiß der von menschlichem Fühlen! / Verkümmert, verdorrt ist sein Herz! / Die Sonne klopft sacht an die Scheiben, / schon klingt´s unterm Dachrand: twit-twit. / Der Schwalben geschäftiges Treiben / besänftigt ein jedes Gemüt, / und jeder fühlt plötzlich begeistert - / sei´s auch für den Augenblick nur – der Säfte ewigen Kreislauf / der uralten, jungen Natur. // 

Nachdichtung aus dem Russischen: Johann Warkentin

Was tun? Besonders verlockend scheint fürwahr der herrliche karelische Frühling zu sein.  hin, Kreislauf der uralten, jungen Natur her, wir entscheiden uns für das

 

 

Warnung: Karelien ist zwischen Russland und Finnland geteilt. Der russische Teil umfasst die Republik Karelien und reicht in die Leningrader Oblast hinein, der finnische Teil teilt sich in die Landschaften Südkarelien und Nordkarelien. Es soll schon Reisende gegeben haben, die eigentlich in
die russische Republik Karelien wollten, sich aber in Süd- oder Nordkarelien in Finnland wiedergefunden haben – und umgekehrt!

 

 

 

Rezensionen und Literaturhinweise zu den MUSTER

 

 

Rezension zum Thema in meiner Webseite www.reller-rezensionen.de

 

* Edeltraud Maier-Lutz, Flußkreuzfahrten in Rußland, Unterweg auf Wolga, Don, Jenissej und Lena, Trescher-Reihe Reisen, herausgegeben von Sabine Fach und Bernd Schwenkros, mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen, Trescher Verlag, 4. Auflage, Berlin 2002.

 

 

Literaturhinweise

 

* Die goldene Schale und andere Märchen der Völker der Sowjetunion, darin: das baschkirische Märchen "Altyn-Saka, das Goldknöchel",  aus dem Russischen von H. Eschwege und L. Labas, Verlag Progess, Moskau 1975 (?).

 

 

1. Streifenornament

 

 

 

 

Bibliographie zu Gisela Reller

 

Bücher als Autorin:

 

Länderbücher:

 

* Zwischen Weißem Meer und Baikalsee, Bei den Burjaten, Adygen und Kareliern,  Verlag Neues Leben, Berlin 1981, mit Fotos von Heinz Krüger und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Diesseits und jenseits des Polarkreises, bei den Südosseten, Karakalpaken, Tschuktschen und asiatischen Eskimos, Verlag Neues Leben, Berlin 1985, mit Fotos von Heinz Krüger und Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

* Von der Wolga bis zum Pazifik, bei Tuwinern, Kalmyken, Niwchen und Oroken, Verlag der Nation, Berlin 1990, 236 Seiten mit Fotos von Detlev Steinberg und Zeichnungen von Karl-Heinz Döhring.

 

Biographie:

 

* Pater Maksimylian Kolbe, Guardian von Niepokalanów und Auschwitzhäftling Nr. 16 670, Union Verlag, Berlin 1984, 2. Auflage.

 

 

... als Herausgeberin:

 

Sprichwörterbücher:

 

* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel, Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), von mir übersetzt und herausgegeben, illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel, ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, von mir gesammelt und zusammengestellt, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, die Illustrationen stammen von Karl Fischer, die Gestaltung von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

 * Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber mit Sprichwörtern zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, von mir (nach einer Interlinearübersetzung von Gertraud Ettrich) in Sprichwortform gebracht, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.

Aphorismenbuch:

* 666 und sex mal Liebe, Auserlesenes, 2. Auflage, Mitteldeutscher Verlag Halle/Leipzig, 200 Seiten mit Vignetten und Illustrationen von Egbert Herfurth.

 

... als Mitautorin:

 

Kinderbücher:

 

* Warum? Weshalb? Wieso?, Ein Frage-und-Antwort-Buch für Kinder, Band 1 bis 5, Herausgegeben von Carola Hendel, reich illustriert, Verlag Junge Welt, Berlin 1981 -1989.

 

Sachbuch:

 

* Die Stunde Null, Tatsachenberichte über tapfere Menschen in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges, Hrsg. Ursula Höntsch, Verlag der Nation 1966.

 

 

... als Verantwortliche Redakteurin:

 

* Leben mit der Erinnerung, Jüdische Geschichte in Prenzlauer Berg, Edition  Hentrich, Berlin 1997, mit zahlreichen Illustrationen.

 

* HANDSCHLAG, Vierteljahreszeitung für deutsche Minderheiten im Ausland, Herausgegeben vom Kuratorium zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland e. V., Berlin 1991 - 1993.

 

 

2. Streifenornament

 

 

 

 

Pressezitate (Auswahl) zu Gisela Rellers Buchveröffentlichungen:

Dieter Wende in der „Wochenpost“ Nr. 15/1985:

„Es ist schon eigenartig, wenn man in der Wüste Kysyl-Kum von einem Kamelzüchter gefragt wird: `Kennen Sie Gisela Reller?´ Es ist schwer, dieser Autorin in entlegenen sowjetischen Regionen zuvorzukommen. Diesmal nun legt sie mit ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik Berichte aus Kalmykien, Tuwa und von der Insel Sachalin vor. Liebevolle und sehr detailgetreue Berichte auch vom Schicksal kleiner Völker. Die ethnografisch erfahrene Journalistin serviert Besonderes. Ihre Erzählungen vermitteln auch Hintergründe über die Verfehlungen bei der Lösung des Nationalitätenproblems.“

B(erliner) Z(eitung) am Abend vom 24. September 1981:

"Gisela Reller, Mitarbeiterin der Illustrierten FREIE WELT, hat autonome Republiken und gebiete kleiner sowjetischer Nationalitäten bereist: die der Burjaten, Adygen und Karelier. Was sie dort ... erlebte und was Heinz Krüger fotografierte, ergíbt den informativen, soeben erschienenen Band Zwischen Weißem Meer und Baikalsee."

Sowjetliteratur (Moskau)Nr. 9/1982:

 "(...) Das ist eine lebendige, lockere Erzählung über das Gesehene und Erlebte, verflochten mit dem reichhaltigen, aber sehr geschickt und unaufdringlich dargebotenen Tatsachenmaterial. (...) Allerdings verstehe ich sehr gut, wie viel Gisela Reller vor jeder ihrer Reisen nachgelesen hat und wie viel Zeit nach der Rückkehr die Bearbeitung des gesammelten Materials erforderte. Zugleich ist es ihr aber gelungen, die Frische des ersten `Blickes´ zu bewahren und dem Leser packend das Gesehene und Erlebte mitzuteilen. (...) Es ist ziemlich lehrreich - ich verwende bewusst dieses Wort: Vieles, was wir im eigenen Lande als selbstverständlich aufnehmen, woran wir uns ja gewöhnt haben und was sich unserer Aufmerksamkeit oft entzieht, eröffnet sich für einen Ausländer, sei es auch als Reisender, der wiederholt in unserem Lande weilt, sozusagen in neuen Aspekten, in neuen Farben und besitzt einen besonderen Wert. (...) Mir gefällt ganz besonders, wie gekonnt sich die Autorin an literarischen Quellen, an die Folklore wendet, wie sie in den Text ihres Buches Gedichte russischer Klassiker und auch wenig bekannter nationaler Autoren, Zitate aus literarischen Werken, Märchen, Anekdoten, selbst Witze einfügt. Ein treffender während der Reise gehörter Witz oder Trinkspruch verleihen dem Text eine besondere Würze. (...) Doch das Wichtigste im Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee sind die Menschen, mit denen Gisela Reller auf ihren Reisen zusammenkam. Unterschiedlich im Alter und Beruf, verschieden ihrem Charakter und Bildungsgrad nach sind diese Menschen, aber über sie alle vermag die Autorin kurz und treffend mit Interesse und Sympathie zu berichten. (...)"

Neue Zeit vom 18. April 1983:

„In ihrer biographischen Skizze über den polnischen Pater Maksymilian Kolbe schreibt Gisela Reller (2. Auflage 1983) mit Sachkenntnis und Engagement über das Leben und Sterben dieses außergewöhnlichen Paters, der für den Familienvater Franciszek Gajowniczek freiwillig in den Hungerbunker von Auschwitz ging.“

Der Morgen vom 7. Februar 1984:

„`Reize lieber einen Bären als einen Mann aus den Bergen´. Durch die Sprüche des Kaukasischen Spruchbeutels weht der raue Wind des Kaukasus. Der Spruchbeutel erzählt auch von Mentalitäten, Eigensinnigkeiten und Bräuchen der Adygen, Osseten und Dagestaner. Die Achtung vor den Alten, die schwere Stellung der Frau, das lebensnotwendige Verhältnis zu den Tieren. Gisela Reller hat klug ausgewählt.“

1985 auf dem Solidaritätsbasar auf dem Berliner Alexanderplatz: Gisela Reller (vorne links) verkauft ihren „Kaukasischen Spruchbeutel“ und 1986 das extra für den Solidaritätsbasar von ihr herausgegebene Sprichwörterbuch „Dein Freund ist Dein Spiegel“.

Foto: Alfred Paszkowiak

 Neues Deutschland vom 15./16. März 1986:

"Vor allem der an Geschichte, Bräuchen, Nationalliteratur und Volkskunst interessierte Leser wird manches bisher `Ungehörte´ finden. Er erfährt, warum im Kaukasus noch heute viele Frauen ein Leben lang Schwarz tragen und was es mit dem `Ossetenbräu´ auf sich hat, weshalb noch 1978 in Nukus ein Eisenbahnzug Aufsehen erregte und dass vor Jahrhunderten um den Aralsee fruchtbares Kulturland war, dass die Tschuktschen vier Begriff für `Freundschaft´, aber kein Wort für Krieg besitzen und was ein Parteisekretär in Anadyr als notwendigen Komfort, was als entbehrlichen Luxus ansieht. Großes Lob verdient der Verlag für die großzügige Ausstattung von Diesseits und jenseits des Polarkreises.“

 

 Gisela Reller während einer ihrer über achthundert Buchlesungen

in der Zeit von 1981 bis 1991.

Berliner Zeitung vom 2./3. Januar 1988:

„Gisela Reller hat klassisch-deutsche und DDR-Literatur auf Liebeserfahrungen durchforscht und ist in ihrem Buch 666 und sex mal Liebe 666 und sex mal fündig geworden. Sexisch illustriert, hat der Mitteldeutsche Verlag Halle alles zu einem hübschen Bändchen zusammengefügt.“

Neue Berliner Illustrierte (NBI) Nr. 7/88:

„Zu dem wohl jeden bewegenden Thema finden sich auf 198 Seiten 666 und sex mal Liebe mannigfache Gedanken von Literaten, die heute unter uns leben, sowie von Persönlichkeiten, die sich vor mehreren Jahrhunderten dazu äußerten.“

Das Magazin Nr. 5/88.

"`Man gewöhnt sich daran, die Frauen in solche zu unterscheiden, die schon bewusstlos sind, und solche, die erst dazu gemacht werden müssen. Jene stehen höher und gebieten dem Gedenken. Diese sind interessanter und dienen der Lust. Dort ist die Liebe Andacht und Opfer, hier Sieg und Beute.´ Den Aphorismus von Karl Kraus entnahmen wir dem Band 666 und sex mal Liebe, herausgegeben von Gisela Reller und illustriert von Egbert Herfurth."

 

Schutzumschlag zum „Buch 666 und sex mal Liebe“ .

Zeichnung: Egbert Herfurth

 

FÜR DICH, Nr. 34/89:

 

"Dem beliebten Büchlein 666 und sex mal Liebe entnahmen wir die philosophischen und frechen Sprüche für unser Poster, das Sie auf dem Berliner Solidaritätsbasar kaufen können. Gisela Reller hat die literarischen Äußerungen zum Thema Liebe gesammelt, Egbert Herfurth hat sie trefflich illustriert."

Messe-Börsenblatt, Frühjahr 1989:

"Die Autorin – langjährige erfolgreiche Reporterin der FREIEN WELT - ist bekannt geworden durch ihre Bücher Zwischen Weißem Meer und Baikalsee und Diesseits und jenseits des Polarkreises. Diesmal schreibt die intime Kennerin der Sowjetunion in ihrem Buch Von der Wolga bis zum Pazifik über die Kalmyken, Tuwiner und die Bewohner von Sachalin, also wieder über Nationalitäten und Völkerschaften. Ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird uns in fesselnden Erlebnisberichten nahegebracht."

Im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel schrieb ich in der Ausgabe 49 vom 7. Dezember 1982 unter der Überschrift „Was für ein Gefühl, wenn Zuhörer Schlange stehen“:

„Zu den diesjährigen Tagen des sowjetischen Buches habe ich mit dem Buch Zwischen Weißem Meer und Baikalsee mehr als zwanzig Lesungen bestritten. (…) Ich las vor einem Kreis von vier Personen (in Klosterfelde) und vor 75 Mitgliedern einer DSF-Gruppe in Finow; meine jüngsten Zuhörer waren Blumberger Schüler einer 4. Klasse, meine älteste Zuhörerin (im Schwedter Alten- und Pflegeheim) fast 80 Jahre alt. Ich las z.B. im Walzwerk Finow, im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder, im Petrolchemischen Kombinat Schwedt; vor KIM-Eiersortierern in Mehrow, vor LPG-Bauern in Hermersdorf, Obersdorf und Bollersdorf; vor zukünftigen Offizieren in Zschopau; vor Forstlehrlingen in Waldfrieden; vor Lehrlingen für Getreidewirtschaft in Kamenz, vor Schülern einer 7., 8. und 10 Klasse in Bernau, Schönow und Berlin; vor Pädagogen in Berlin, Wandlitz, Eberswalde. - Ich weiß nicht, was mir mehr Spaß gemacht hat, für eine 10. Klasse eine Geographiestunde über die Sowjetunion einmal ganz anders zu gestalten oder Lehrern zu beweisen, dass nicht einmal sie alles über die Sowjetunion wissen – was bei meiner Thematik – `Die kleinen sowjetischen Völkerschaften!´ – gar nicht schwer zu machen ist. Wer schon kennt sich aus mit Awaren und Adsharen, Ewenken und Ewenen, Oroken und Orotschen, mit Alëuten, Tabassaranern, Korjaken, Itelmenen, Kareliern… Vielleicht habe ich es leichter, Zugang zu finden als mancher Autor, der `nur´ sein Buch oder Manuskript im Reisegepäck hat. Ich nämlich schleppe zum `Anfüttern´ stets ein vollgepacktes Köfferchen mit, darin von der Tschuktschenhalbinsel ein echter Walrosselfenbein-Stoßzahn, Karelische Birke, burjatischer Halbedelstein, jakutische Rentierfellbilder, eskimoische Kettenanhänger aus Robbenfell, einen adygeischen Dolch, eine karakalpakische Tjubetejka, der Zahn eines Grauwals, den wir als FREIE WELT-Reporter mit harpuniert haben… - Schön, wenn alles das ganz aufmerksam betrachtet und behutsam befühlt wird und dadurch aufschließt für die nächste Leseprobe. Schön auch, wenn man schichtmüde Männer nach der Veranstaltung sagen hört: `Mensch, die Sowjetunion ist ja interessanter, als ich gedacht habe.´ Oder: `Die haben ja in den fünfundsechzig Jahren mit den `wilden´ Tschuktschen ein richtiges Wunder vollbracht.´ Besonders schön, wenn es gelingt, das `Sowjetische Wunder´ auch denjenigen nahezubringen, die zunächst nur aus Kollektivgeist mit ihrer Brigade mitgegangen sind. Und: Was für ein Gefühl, nach der Lesung Menschen Schlange stehen zu sehen, um sich für das einzige Bibliotheksbuch vormerken zu lassen. (Schade, wenn man Kauflustigen sagen muss, dass das Buch bereits vergriffen ist.) – Dank sei allen gesagt, die sich um das zustande kommen von Buchlesungen mühen – den Gewerkschaftsbibliothekaren der Betriebe, den Stadt- und Kreisbibliothekaren, den Buchhändlern, die oft aufgeregter sind als der Autor, in Sorge, `dass auch ja alles klappt´. – Für mich hat es `geklappt´, wenn ich Informationen und Unterhaltung gegeben habe und Anregungen für mein nächstes Buch mitnehmen konnte.“

Die Rechtschreibung der Texte wurde behutsam der letzten Rechtschreibreform angepasst.

Die BASCHKIREN wurden am  14.10.2015 ins Netz gestellt. Die letzte Bearbeitung erfolgte am 16.01.2016.

Die Weiterverwertung der hier veröffentlichten Texte, Übersetzungen, Nachdichtungen, Fotos, Zeichnungen, Illustrationen... ist nur mit Verweis auf die Internetadresse www.reller-rezensionen.de gestattet - und mit korrekter Namensangabe des jeweils genannten geistigen Urhebers.

Zeichnung: Karl-Heinz Döhring